DEDALUS - Acervo - FM 3664 Ji 10700060682 - *y^ä**i. *•••<• ~y~-~., , DIAGNOSTIK UND THERAPIE DER MAGENKRANKHEITEN I. THEIL. ALLGEMEINE DIAGNOSTIK UND THERAPIE DER MAGENKRANKHEITEN. DIAGNOSTIK UND THERAPIE DER MAGENKRANKHEITEN. NACH DEM HEUTIGEN STANDE DER WISSENSCHAFT BEARBEITET VON DR. I. BOAS, SPECTALARZT FÜR MAGEN- UND DARMKRANKHEITEN IN BERLIN. I. THEIL. Allgemeine Diagnostik und Therapie der Magenkrankheiten. Mit 41 Holzschnitten. Vierte vermehrte und neubearbeitete Auflage. LEIPZIG. VERLAG VON GEORG THIEME. 1897 Alle Rechte vorbehalten. Yorrede zur ersten Auflage. JDie folgenden Blätter verdanken ihre Entstehung einem mir seitens meiner Zuhörer in den praktischen Cursen wiederholt ge­ äusserten Wunsche nach einer kurzen, zusammenfassenden Darstellung der modernen Diagnostik und Therapie der Magenkrankheiten. W e n n ich mich nach längerem Zögern zu der Herausgabe der­ selben entschlossen habe, so leitete mich hierbei zugleich die er­ freuliche Wahrnehmung, dass diesem Gebiete auch von vielen älteren, mit den neueren Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht vertrauten Aerzten ein nachhaltiges und ernstes Interesse entgegen­ gebracht wird. So wendet sich denn die Darstellung in Form und Inhalt wesentlich an den Praktiker, dem sie in möglichster Knappheit und doch Vollständigkeit die Errungenschaften der neueren diagnosti­ schen und therapeutischen Methoden, die wir mit Stolz als Frucht deutscher Arbeit und deutschen Fleisses bezeichnen können, vor­ zuführen sich zur Aufgabe gestellt hat. Als Arzt mit den Bedürfnissen der Praxis vertraut und durch meine Collegen auf diejenigen Momente hingewiesen, die dem den klinischen Hörsälen Entrückten am meisten abhanden gekommen, habe ich theoretische Erörterungen und Hypothesen, soweit sie nicht zum Verständniss einzelner Vorgänge nothwendig erschienen, thun- lichst von der Darstellung fernzuhalten gesucht. VI Vorrede zur ersten Auflage. Ausser an den Arzt, der bei dem Uebermass der an ihn heran­ tretenden Ansprüche nicht die Zeit hat, der mannichfach zerstreuten Literatur eine genügende Aufmerksamkeit zu widmen und den Fort­ schritten derselben gleichmässig zu folgen, wendet sich das Buch auch an alle diejenigen, welche theils gebend, theils empfangend dem Gebiete vertrauter gegenüberstehen. Die letzteren werden finden, dass die Darstellung keine sklavische Anlehnung an »be­ rühmte Muster« in sich schliesst, sondern fast überall einen eigenen, durch unbefangene mehrjährige Beobachtung erworbenen Standpunkt einnimmt. Mag derselbe auch nicht überall zutreffen und mag, woran ich nicht zweifle, der nimmer rastende Forschung^ trieb manches, was uns heute gesichert scheint, wieder umstossen, ich bescheide mich nach dem Grundsatze »in magnis voluisse satis«! Möge es mir im Sinne dieser Grundsätze gelungen sein, auch durch die folgenden Blätter das Interesse für die Krankheiten der Verdauungswerkzeuge, dieser eigentlichen Domäne des ärztlichen Wirkens und Schaffens, weiter zu erwecken und anzufachen. Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Sanitäts- rath Dr. S. Guttmann in Berlin für die mannichfachen Anregungen und praktischen Winke bei der Abfassung dieses Buches meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Berlin, im Juli 1890. Der Verfasser. Yorrede zur vierten Auflage. D i e vorliegende Auflage des allgemeinen Theilcs der Diagnostik und Therapie der Magenkrankheiten erscheint im Stadium der Klä­ rung. Viele vordem lieiss umstrittene Fragen, besonders die Art und der Nachweis der Magensäuren, sind ihrem Abschluss nahe ge­ bracht. Dadurch ist der Schwerpunkt wieder mehr und mehr in jene universell-klinische Auffassung verlegt, die kühl abwägend ihre Schlüsse nicht ans einem Symptom, sondern aus der S u m m e der gesammten Erscheinungen zieht. Im Sinne dieses Standpunktes hat der Verfasser manche sich neuerdings allzu stark vordrängenden Entcrsuchungsmethoden, wie z. 1). die Magendurchleuchtung und die Gastroskopie, auf das richtige Maass der Bewerthung zurückführen zu sollen geglaubt. Hierin und in manchen anderen Fragen werden Meinungsverschiedenheiten nicht ausbleiben; sie sind der characteristische Ausdruck der regen Arbeit, welche Anerkennung verdient, selbst wenn sie im ersten Augenblick über das Ziel hinausschiesst. Eine wesentliche Vermehrung und Umgestaltung erfuhr der zweite Theil: die allgemeine Therapie. Da das Werk ausschliess­ lich für Aerzte geschrieben ist, so erwuchs dem Verfasser in immer höherem Maasse die Pflicht, seinen Collegen alles das an therapeuti­ schem Material zu unterbreiten, was sich nach anderer und eigener Beobachtung als zweckmässig erprobt hat. Selbst scheinbar Neben- VHI Vorrede zur vierten Auflage. sächliches erschien ihm in diesem Abschnitt für die Erörterung nicht zu unbedeutend. So erscheint die vorliegende Auflage nicht als frischer Aufguss, sondern als eine durchaus neue und den Fortschritten der letzten Jahre Eechnung tragende Bearbeitung. Möge ihr das Wohlwollen der Aerzte in dem Grade wie bisher beschieden sein. Berlin, im September 1897. Der Verfasser. Inhalts -Verzeichniss. Seite Einleitung 1 Erstes Capitel. Anatomische und histologische Vorbemerkungen 4 Grösse und Capacität des Magens 6 Befestigung des Magens 6 Histologisches 7 Cefässe und Nerven des Magens. 12 Zweites Capitel. Physiologisch-chemische Vorbemerkungen 14 Der Speichel 15 Der Magensaft 21 Salzsäure 21 Pepsin«»gen und Pepsin 23 Labzymogen und Labenzym (Chymosin) 27 Die Gährungsvorgänge im normalen Magen 29 Die Resorption im Magen 34 Die motorischen Verrichtungen (Peristole, Peristaltik) des Magens 3(3 I. Die allgemeinen Untersuchung-smethoden 45 Drittes Capitel. Die Anamnese 47 Viertes Capitel. Die Krankenuntersuchung 68 Die Inspection 68 Die Palpation des Magens 71 Die Percussion des Magens 85 Die Auseultation des Magens . 92 Die Sondenuntersuchung des Magens 94 Technik der Sondeneinführuug 98 Indicationen und Contraindicationen für die Explorativsondirung des Magens 100 Insufflation des Magens 102 Bestimmung der Lage und Capacität des Magens 106 Gastro diaphanie und Gastroskopie 113 Anhang. Anwendung der Röntgenstrahlen in der Diagnostik der Magenkrankheiten 122 X Inhalts -Verzeichniss. Seite Fünftes Capitel. Chemische Untersuchungsmethoden 125 Untersuchung des gemischten Mundspeichels 125 Prüfung der chemischen Functionen des Magens 128 Untersuchung des nüchtern gewonnenen Mageninhalts. 138 Untersuchung der Magenfunctionen nach Einwirkung verschiedener Reize 143 Sechstes Capitel. Mageninhaltsprüfung 147 Makroskopische Untersuchung des Mageninhalts 147 Chemische Untersuchung des Mageninhalts 150 Reaction des Mageninhalts 152 Die Reaction auf freie Salzsäure. 154 Praktischer Werth der Salzsäureproben ., 158 Quantitative Bestimmungen der Salzsäure 160 Praktischer Werth der einzelnen Säurebestimmungsmethoden 180 Diagnostische Bedeutung des Salzsäurenachweises 180 Organische Säuren 183 Untersuchungen auf Enzyme 196 Untersuchung auf Eiweisskörper im Mageninhalt. 202 Untersuchung der Kohlenhydratverdauung im Magen 205 Prüfimg der motorischen Function des Magens 206 Praktischer Werth der einzelnen Methoden 212 Prüfung der Resorptionsfähigkeit des Magens. 214 Abnorme Bestandtheile des Mageninhalts 216 Abnorme Gährungs- und Fäulnissproducte im Mageninhalt 221 Mikroskopische Untersuchungen des Mageninhalts 226 Uebersichtlicher Gang der Mageninhaltsuntersuchung 246 Siebentes Capitel. Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung hei Magenkrankheiten 24S Achtes Capitel. Diagnostische Bedeutung der Blutuntersuchung hei Magenkrankheiten 259 II. Die allgemeine Therapie 265 Neuntes Capitel. Die Diätetik 267 Künstliche Nährpräparate 288 Nährklystiere 293 Anhang. Diätetische Kuren bei Magenkrankheiten 301 Zehntes Capitel. Balneotherapie 308 Elftes Capitel. Massage, electrische, hydriatische, orthopädische Be­ handlung 324 Die Massage 324 Die electrisclie Behandlung 328 Die hydriatische Behandlung 334 Die orthopädische Behandlung 335 Inhalts -Verzeichnis«. Zwölftes Capitel. Magenausspülung, Mugenpumpe, Magendouche Technik der Magenausspülung Indicationen der Mageiian>spülung Die Magendouche Dreizehntes Capitel. Anwendung von Säuren und Alkalien Die Säuren. Die Alkalien Vierzehntes Capitel. Künstliche Fermente Ptyalin, Malzdiastase, Takadiastase Pepsin Pancreatin Papayotin und Papain Fünfzehntes Capitel. Amara und Stomachica Amara Stomachica (sive Digestiva) Anhang. Die Bedeutung und Grundsätze der operativen Behandlung bei Magenkrankheiten Sachregister N a m e n r e g i s t e r • > % < Einleitung. JDie Diagnostik der Magenkrankheiten gehört, obgleich sich dieselbe seit den frühesten .Anfängen der Heilkunde eines besonderen Interesses erfreute, zu den schwierigsten Abschnitten der klinischen Pathologie. Anatomie und Physiologie haben im Laufe vieler Jahr­ hunderte die grössten Wandlungen erfahren, von denen die Lehre von den krankhaften Störungen des Digestionsapparates nicht unberührt bleiben konnte. Aus einem Gemisch von Falschem und Richtigem, von Irrlehren und lange Zeit hindurch als Dogmen geltenden Phan­ tasmen hat die neuere Medicin das Wahre und Brauchbare heraus­ geschält und der Diagnostik zugänglich zu machen gesucht. Die moderne Zeit knüpft an den epochemachenden Ausbau der physikalischen Methoden, die Remission und Auscultation an, durch welche unsere Anschauungen über die Lage und Grösse des kranken Magens werthvolle Aenderungen und Verbesserungen erfuhren. In­ dessen blieb der Erfolg dieser Bestrebungen im ganzen weit hinter dem auf dem Gebiete der Herz- und Lungenkrankheiten zurück. Die Verwirrung, die bis dahin in der Nosologie geherrscht hatte, wurde wenig gemindert, wie sich denn auch bis in die neueste Zeit hinein die Trugschlüsse einer ausschliesslich auf die physikalischen Ergeb­ nisse begründeten Lehre deutlich verfolgen lassen. Die Einführung der Magensonde in die Diagnostik durch v. Leube, die der Magenpumpe durch Kussmaul in die Therapie und die sich daran knüpfenden Ergebnisse sind weitere Marksteine in der Geschichte der Magenkrankheiten. Hierdurch erhielt die klinische Richtung gegenüber der bisherigen, wenig befriedigenden pathologisch-anatomischen eine neue Directive: es entwickelte sich die Methode der functionellen Diagnostik. Eine grosse Reihe von Gelehrten hat sicli in erfolgreicher Weise an dem Ausbau des durch Leube s und K u s s m a u E s Arbeiten geschaffenen Funda­ mentes betheiligt, und es ist hierdurch eine nicht geringe Zahl neuer umgestaltender Gesichtspunkte geschaffen worden, die bereits Boas, Allg. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Aufl. [ 2 Einleitung. heute als gesicherter Besitz unseres ärztlichen Könnens betrachtet werden dürfen. Hierbei hat sich freilich die anfänglich etwas san­ guinisch hervortretende Erwartung, die Diagnostik des Verdauungs- tractus gewissermassen auf chemische Formeln zu stützen, als Täuschung erwiesen, und man weiss jetzt, dass auch die Magen­ sonde nicht alle diagnostischen Fragen und Räthsel löst. Mit der zunehmenden Erfahrung wird aber die functionelle Methode den ihr zukommenden Platz erhalten: als ein wichtiges, ja unentbehrliches Glied in der Reihe unserer Explorationsmethoden. Ihr Werth wird vielleicht am besten mit der Bedeutung der Harnuntersuchung bei Nierenkrankheiten verglichen. Kein Arzt dürfte die Diagnose eines Nierenleidens allein auf den Palpationsbefund hin und ohne Rücksicht auf die Urinbeschaffenheit stellen wollen, wie auch um­ gekehrt der sorgfältige Diagnostiker die Harnuntersuchung allein niemals für ausreichend erachten wird. Dieser Auffassung fehlt es nicht an Freunden, aber auch nicht an Gegnern. Die letzteren stehen auf dem Standpunkt, dass aus der Mageninhaltsprüfung weder die Diagnose noch die Therapie der Magenkrankheiten bisher wesentliche Vortheile gezogen habe. Es hängt dieses ungünstige Urtheil, wenn ich recht sehe, damit zu­ sammen, dass man von der functionellcn Prüfung mehr verlangt, als sie leisten kann. Man fordert von ihr entscheidende Criterien, wo sie billiger Weise nur zur Klärung und Sicherung der Diagnose bei­ tragen kann. Wer den in diesem Sinne gewonnenen Fortschritt nicht anerkennt, hat die Pflicht zu beweisen, wie man auf andere Weise chronische Gastritiden, Insuffizienz der Magenmuskulatur, Neu­ rosen, beginnende Carcinome u. s. w. nicht blos vermuthen, sondern sicherstellen und wie man andererseits, worauf es recht häufig an­ kommt, eine etwa in Frage kommende Magenerkrankung ausschliessen will. Dass dies ohne Magenfunctionsprüfung nicht möglich ist, zeigt die Verwirrung, die bis noch vor wenigen Jahren in der Literatur dieser Disciplin geherrscht hat. Noch unbestreitbarer ist der Fortschritt auf therapeutischem Ge­ biete: der Gesundungsprocess spricht sich wohl am besten darin aus, dass das Heil heutzutage nicht mehr in Bitter- und Digestivmitteln, sondern in einer streng individualisirenden, rationellen Lebensweise im weitesten Sinne des Wortes gesucht wird. Die wenigen Mittel, mit denen der auf der Höhe der Wissenschaft stehende Arzt bei Magen- affectionen operirt, werden nicht mehr der Reihe nach durchprobirt, wie es früher allen Ernstes gerathen wurde, sondern auf Grund be­ stimmter Ueberlegungen, dann aber auch consequent, angewendet. Einleitung. 3 Ein eigenartiges Interesse, wie es in ähnlicher Weise kaum ein zweites Gebiet der Pathologie gewährt, liegt in den vielfachen und verschlungenen Wechselbeziehungen zwischen Magen- und anderen Krankheiten. D e m Beobachtungsvermögen des Kranken drängen sich Störungen im Bereiche der Verdauung naturgemäss am frühesten und anhaltendsten auf, während sie vor dem kritisch abwägenden Blick des umsichtigen Arztes in der Symptomatologie nur eine nebensächliche Rolle spielen. Wie oft kommt es vor dass Kranke als Dyspeptiker das Sprechzimmer betreten, u m es als Tabiker oder Nephritiker zu verlassen! In solche scheinbar wirren Symptom­ gruppen Licht und Klarheit zu bringen, ist die Aufgabe des denken­ den Arztes, und in dem Emstande, dass hierzu reiche Erfahrung und Detailkenntniss erforderlich ist, liegt die Berechtigung, die Dis- ciplin der Verdauungskrankheiten als Solidergebiet praktisch und wissenschaftlich zu eultiviren. Wie sich aber die Krankheiten des Nervensystems von dem Mutterstamm der inneren Mediän losgelöst haben, ohne damit den Zusammenhang mit dieser zu verkennen, so darf die Pathologie der Verdauungskrankheiten, will sie ihren Besitzstand wahren, keinen Augenblick den t'onnex mit der allgemeinen Klinik aus den Augen verlieren. i- ERSTES CAPITEL. Anatomische und histologische Vorbemerkungen.1) Der Magen bildet das Anfangsglied eines häutigen Röhren­ systems, das zunächst von jenem ausgeht und sich in Gestalt eines Knäuels (Dünndarm) fortsetzt, dann in Form regelmässiger Schlingen (Dickdarm) verläuft und schliesslich steil abfallend (Mastdarm) nach unten und aussen endigt. Lage Der Magen, der weiteste und am meisten ausgebuchtete Theil " des Verdauungscanales, ist gleichsam zwischen Oesophagus und Dünn­ darm eingeschaltet. Er grenzt nach oben an das Zwerchfell und die Leber, nach unten an den Dünndarm und das Colon transversum, welche gleichzeitig für ihn eine Art Polster bilden, nach vorn an die falschen Rippen und die vordere Bauchwancl. Links grenzt er an die Milz, rechts berührt er den medianen Rand der Gallenblase. Drei­ viertel des Magens gehören der linken Körperhälfte an, das der rechten Hälfte angehörende Viertel nimmt ein Theil des Fundus sowie die Pylorusregion ein, welche leztere unter normalen Verhältnissen von dem linken Leberlappen bedeckt ist, so dass sie der Inspection und Palpation in der Regel nicht zugängig ist. Die lange .Achse des Magens geht von links oben und vorn nach rechts unten und rückwärts. pars pyioriea. Die Pars pylori ca (Antrum pyloricum) steigt etwa in der Mittel­ linie empor, wobei sie sich dem rechten Rippenbogen nähert. Sie hat die Form eines conischen Sackes, dessen Achse schief von links vorn und unten nach rechts hinten und oben verläuft. Nach hinten liegt sie auf den Stämmen der Pfortader und der Arteria hepatica. pyioms. Der Pylorus selbst liegt in der Höhe der 7. oder 8. Rippe, und zwar in der Ebene des Schwertfortsatzes, so dass eine Linie, welche zwischen rechter Sternal- und Parasternallinie nach unten gezogen wird, genau die Mitte des Pylorus trifft, Hiervon kommen aber ') Mit Benutzung der Lehrbücher der Anatomie von Henle, Quain-Hoff- inann, Hyrtl, Cegenbaur, Rüdinger, sowie des Werkes von Luschka: Die Lage der Bauchorgane des Menschen, Karlsruhe 1873, und des Artikels: »Magen« in Eulenburg's Realencyclopädie 2. Auflage, Bd. 12 (Klemensiewiczi. Anatomische und lii>tologi>che Vorbemerkungen. ,") selbst unter physiologischen Verhältnissen nicht unbeträchtliche Ab­ weichungen vor. Der Fundus des Magens schmiegt sich in seinem oberen Theil Fundus genau dem Zwerchfell an, von links nach rechts fortschreitend wird ve,,friculi- er vom linken Lcborlappen bedeckt. Die Verbindung des oberen Eundustheiles mit dem Zwerchfell ist durch Verwachsung der Serosa des Magens mit der Peritonealbekleidung desselben eine innige und feste. Der höchste Punkt des Fundus liegt in der Mammillarlinie im 4. Intercostalraum, nahe der f>. Rippe, von da an bis zur Insertion der 7. Rippe ist der obere Fundusabschnitt, von Lunge bedeckt. Der untere (vordere) Fun dusabschnitt liegt bei gefülltem Magen der Thoraxwand an, in leerem Zustande schiebt sich entweder die Elexur des Colon oder ein Theil des grossen Netzes dazwischen. Die Pars cardiaea des Magens (Pars abdominalis oesophago, Pars cardiaca. Luschka) also der Theil, welcher zwischen dem Hiatus oesophageus und dem eigentlichen Beginn des Fundus ventriculi liegt, befindet sich in der Höhe des Sternalrandes der (>. oder 7. Rippe. Es würde dies hinten dem Beginn des 11. Brustwirbelkörpcrs entsprechen. Die Gardia selbst ist, zwischen Fundus und kleiner Curvatur eingeschaltet und liegt 2 — 3 cm unterhalb des Zwerchfells. Da sie vom linken Leberlappen vollkommen bedeckt ist, so sind Gardiageschwülste nur unter ausnahmsweisen Verhältnissen (Descensus des Magens) zu fühlen. Die hintere Magenfläche ist theils der Rückwand der Bauch- Hintere höhle zugekehrt, der sie indessen nirgends aufliegt, theils nach ab- Ma§'enflache- wärts gerichtet. Die kleine Curvatur kreuzt daselbst das Fancreas. Von der Mittellinie an läuft dem Rande der Bauchspeicheldrüse ent­ sprechend die Arteria lienalis, was bei perforirenden Magengeschwüren der hinteren Magenwand leicht zu profusen Blutungen Veranlassung geben kann (Klemensiewicz). Von Wichtigkeit in praktischer Hinsicht ist der Verlauf der den Magen begrenzenden gekrümmten Linien, d. h. der grossen und kleinen Curvatur. Die grosse Curratur ist mit ihrer Convexität dem linken Grosse Ilypochondrium und der vorderen Bauchwand zugekehrt. Der dem Curvatur- oberen Eundusabschnitt angehörige Theil ist fast ganz von der linken Lunge bedeckt, der Bauchwand anzuliegen beginnt sie erst etwa an der Verbindungsstelle zwischen 9. und 10. Rippe. Von dieser Stelle an ist die Krümmung eine geringe, grösser wird sie erst in der Medianlinie, wo sie nach rechts und oben ansteigt und an der medianen Fläche der Gallenblase unter der Leber verlaufend in die Pars pylorica des Magens übergeht, Den tiefsten Punkt der grossen 6 Anatomische tmd histologische Vorbemerkungen. Curvatur bildet eine die Insertion von 9. und 10. Rippe treffende Horizontale, eine Linie, welche etwa 3 —4 cm oberhalb des Nabels liegt. Der höchste Punkt der grossen Curvatur beginnt mit der 5. Rippe. Kleine Die kleine Curvatur, vollkommen vom linken Leberlappen be- '' deckt und daher bei normaler Lage der direkten Untersuchung un- zugängig, verläuft zunächst in einem leicht gekrümmten Bogen links von der Wirbelsäule nach unten, macht dann in der Höhe des 12. Brustwirbels, bezw. 1. Lendenwirbels eine kurze brüsque Biegung, u m dann rechts von der Mittellinie, der ersten Krümmung ziemlich parallel laufend, die Pars pylorica zu begrenzen. Grösse und Capacität des Magens. Im gefüllten Zustande beträgt der grösste Durchmesser 25 bis 30 cm; der Durchmesser des Querschnittes beträgt an der weitesten Stelle 8—10 cm, am Pylorus dagegen nur 2—5 cm. Bei leerem Organ beträgt der längste Durchmesser nur 18—20, der breite 7—8 cm, während die Pylorusschleimhautfalten einander ziemlich berühren. Die Capacität des Magens ist naturgemäss sehr ver­ schieden; nach Ewald's') Messungen fasste der kleinste Magen 250, der grösste 1680 ccm. Der genannte Autor hält nur eine über 16 bis 1700 ccm hinausgehende Capacität für pathologisch. Befestig-ung- des Magens. Unter normalen Verhältnissen besitzt nur der untere Fundus­ abschnitt Locomotionsfähigkeit, unbeweglich sind dagegen der obere Fundusabschnitt, die Pars pylorica und cardiaca, etwas beweglich der Pylorus. Der erstere ist mit der Peritonealbekleidung des Zwerchfells eng und fest verbunden, so dass der Fundus den Be­ wegungen desselben folgt. Nach rechts tritt von der Cardia das Ligamentum hepatogastricum s. Omentum minus zu, wodurch eine Verschiebung der Cardia zur Unmöglichkeit wird. Das Pylorusende wird durch das Duodenum, mit dem es unmittelbar zusammenhängt, an die Seite der Wirbclkörper angeheftet; das Fehlen einer eigent­ lichen bandartigen Befestigung gestattet dem Pförtner gewisse Ex- cursionen, special nach unten, so dass man nicht selten an der Leiche ein starkes Herabsinken des Pylorus, selbst bis ins Becken hinein, ') Ewald, Klinik der Verdauungskrankheiten, Theil II, 3. Aufl., S. 86. Anatomische und histologische Vorbemerkungen. 7 wahrnehmen kann. Von der grossen Curvatur geht das grosse Netz (Omentum inajus) gegen die Beckenhöhle herab und deckt wie eine Schürze (Ilyrtl) das Sehlingeiiconvolut des Dünndarms, schlägt sich dann u m und steigt nach aufwärts, u m am Colon transversum zu endigen. Der zwischen Magen und Colon transversum liegende Theil heisst das Ligamentum gastroeolicum. Bei übermässiger Distension des Magens kann der Fundus trotz dieser Befestigung, wie die Erfahrung lehrt, sich beliebig weit nach unten hin ausbreiten. Zwischen Magen und Milz findet gleichfalls eine ligamentöse Verbindung statt: das Ligamentum gastrolicnalc, desgleichen zwischen Pancreas und Magen das Ligamentum pancreatico-gastricum. Histologisches.l) Die innere Oberfläche des Magens ist durch vielfache gitter- förinig angelegte Falten in eine grosse Anzahl von Feldern getheilt, innerhalb deren kleine Höckerchen wahrnehmbar sind, die man als Mammelons bezeichnet. Dieses höckrige Aussehen wird denn auch, wo es besonders ausgeprägt ist, Etat rnammelone genannt. Durch die vielfachen Faltungen ist die Unterbringung eines äusserst reichen Drüsenapparates ermöglicht; durch Zug lassen sich dieselben aus­ gleichen. Gegen die übrige Schleimhaut heben sich besonders die Oeff- nungen des Magens, das Antrurn eardiueum und pglorieum ab, jenes durch seine röthlich graue, glatte Oberfläche gegen den ge­ zackten, hellen Rand der Oesophagusschleimhaut, dieses durch eine starke Duplicatur (Valvula pylori) gegen das Duodenum hin abge­ schlossen. Die im gehärteten Zustande 2 — 3 m m dicke Magenwand setzt sich aus vier Schichten zusammen: der Mucosa, Submucosa, Muscularis und Serosa, (s. Fig. 1, S. 8). Die Mucosa besteht aus dem Epithel, der Tunica propria und der Muscularis mucosae. Das Epithel, welches die ganze Fläche der Magenschleimhaut Epithel. einnimmt und sich nach aussen behufs Bildung der Magengruben umstülpt, ist ein einfaches Cylinderepithel, welches eine schleimige Substanz enthält. Bei der Production von Schleim geht das Proto- i) Unter Benutzung der oben citirten Literatur sowie der vortrefflichen Darstellung von Ileidcnhain in llermann's Ilandb. der Physiologie Bd.."», Stöhr, Lehrbuch der Histologie, 3. Aufl. 1889 und A. Oppel, Lehrbuch der vergleichenden mikrosk. Anatomie der YYirbelthiere 1. Theil: Der Magen. Jena 181«). 8 Anatomische und histologische Vorbemerkungen. Tunicapropria. plasma gewisse Veränderungen ein, die sich tinctoriell scharf von einander abheben. Danach kann man einen oberen schleimigen und einen unteren, den ovalen Kern enthaltenden protoplasmatischen Theil unterscheiden. Epithelzellen, deren Schleim ausgetreten ist, nehmen das Aussehen von »Becherzellen« an. Die Tunica propria setzt sich aus einem fibrillären, stellen­ weise reticulären Bindegewebe zusammen, zwischen dem Leucocyten- anhäufungen von grösserer oder Fig. 1. Epithel- Magendrüsen. Mucosa Muscularis Tunica propria Muse. mueos. Submu- cosa Innere Ringfaser- lage Acussere Faserlage Serosa — 'Hyy geringerer Mächtigkeit eingestreut sind. Im übrigen bildet sie die schmale Zwischensubstanz zwi­ schen und unter den Drüsen. Nur in der Pylorusregion ist das interstitielle Bindege­ webe etwas mächtiger entwickelt. Den wesentlichen Bestandtheil der Tu­ nica propria bilden die Magendrüsen, von denen man Fundus- und Pylorusdrüsen unterscheidet. Die Drü­ sen des Fundus, wel­ chen im wesentlichen die secretorische Auf­ gabe der Säure und Fermente zufällt, sind tubulöse einfache oder auch gabiig getheilte Schläuche, welche in die sogenanntenMagen- gruben (Don der s) oder Drüsenausgänge (Heidenhain) münden (Fig. 2). Der Magengrube zunächst folgt der dünnste Theil der Drüse, der Drüsen/mZs, dann ein dickerer, der DrüscnÄ'ör/ycr, dem der an Dicke in der Regel nach unten hin etwas abnehmende Dvüsengrund folgt Rollett unterscheidet die Magengrube, das innere Schaltstück, das äussere Schaltstück.und das Endstück. Durch die neueren Untersuchungen •f!-'£ y?y^$ycyye <* x Senkrechter Schnitt quer durch die Magenwand des Menschen. Die Tunica propria enthält so dicht neben einander stehende Drüsen, dass ihr Gewebe nur am Grunde der Drüsen gegen die Muscularis mucosae sichtbar ist. (Nach Stöhr.) Anatomische und histologische Vorbemerkungen. 9 von H e i d e n h a i n 1 ) , Pollett2), Jukes 3), Edinger4), StöhrÄ), Kupfferß), Sachs) 7 Bonnet*), u.a. sind un­ sere Vorstellungen über den histologischen Bau der Magendrüsen wesent­ lich gefördert wrorden. Danach besitzen dieEun- dusdrüsen zweierlei Zel­ len, FTaupt- und Beleg- zellcn. Die erstcren sind belle, eubische oder cy- lindrische Zellen mit kör­ nigem Protoplasma, das einen kugeligen Kern um- giebt. Sie färben sich nach Krause1') mit Hä- matoxylin, Karmin, Ani- ') Ileidenhain, Archiv für mikrosk. Anat. Bd. l>. 1870. 2i Uollett, rntersuchungen aus d. Institut f. l'hysiol. u. Histologie zu Graz 1870. 2.H. 3) Jukes, Inaug.-Diss. Göt­ tingen 1871. 1) Edinger Arch. f. mi­ krosk. Anat. Bd. 17. 1*80. 5) Stöhr, Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 20. '') Kupffer, Epithel und Drüsen des menschlichen Ma­ gens. München 188.">. ~C) Sachs, Arch. f. experim. Pathol. Bd. 2-2 und 24. s) Bonnet, Deutsche medi- cinische Wochenschrift lSU.'K \o. 18. '•M Krause, Allgem. u. mi­ krosk. Anat. il'.d. I: Iland­ ltuch d. menschlichen Anat.) Hannover 1876, citirt nach Oppel 1. c. S. 471. Fig. 2. m— v //,y. Längsschnitt einer Labdrüse (nach Stöhr). a. Magengrube, b. inneres, c. äusseres Schaltstück. d. Endstück, m. Muskelfasern. 10 Anatomische und histologische Vorbemerkungen. lin, doppeltchromsaurem Kalium schwächer als die Cylinderzellen des Ausführungsganges und desgleichen die Belegzellen. Bei Be­ handlung mit 0,5—5°/oiger Essigsäure und 0,02 bis 0,05% iger Salpetersäure hellen sich die Belegzellen auf, während das Pro­ toplasma der Hauptzellen sich trübt. Die Hauptzellen färben sich mit Anilinfarben stärker während der Verdauung als im Hunger­ zustande. Die Belegzellen sind grössere, mehrkernige, meist rund­ liche oder auch dreieckige Gebilde. Die Vertheilung von Haupt- und Belegzellen ist derart, dass die letzteren besonders im Drüsen­ hals und -Körper sich vorfinden, während der Grund nur einige spärliche Belegzellen enthält1). Während sie an einzelnen Stellen der Fundusdrüse buckelartig angelagert erscheinen, liegen sie an anderen, besonders nach dem Drüsengrund, innerhalb der Drüse nach ihrer Peripherie hin. Ueber die Bedeutung der Haupt- und Belegzellen sind die Ansichten getheilt. Während Heidenhain2), Grützner3), v. Swie- cicki4) und Sehrwald 5) behaupteten, dass die Hauptzellen die Fermentbildner, die Belegzellen die Säurebildner darstellen, fanden S. Fränkel6), F Klug 7), Contejean8), dass von den Belegzellen Salzsäure und Pepsin gebildet wird. Fränkel und Contejean fanden in Uebereinstimmung mit früheren Angaben Edinger s fer­ ner die Reaction der gesammten Magenschleimhaut, auch die des Pylorusabschnittes, deutlich sauer, im Gegensatz zu den Resultaten der Untersuchungen von Ebstein, Klemensiewicz und Heiden­ hain, welche das Pylorussecret alkalisch fanden. Von Heiden­ hain, Stöhr, Sachs, Stintzing, H a m b u r g e r und Bonnet sind in den Belegzellen Vacuolen beobachtet worden, von den erst­ genannten Autoren neben, von Bonnet theils neben, theils an Stelle des Kerns. Ueber die Bedeutung dieses merkwürdigen Befundes sind die Ansichten getheilt, doch scheint es sich hier u m den Aus­ druck von Sccretionsvorgängen zu handeln. Bonnet ist ferner der ') Nach Heidenhain sollen die Belegzellen am Drüsengrund ganz fehlen, was indessen von Stöhr, Kupffer u. a., denen ich mich auf Grund eigener Untersuchungen anschliessen nmss, bestritten wird. 2) Heidenhain, Schultze's Arch. f. mikr. Anat. Bd. 6, 1870, S. 368. ») Grützner, Arch. f. d. ges. Physiologie Bd. 20, S. 410. i) v. Swigcieki, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 13, S. 452. 5) Sehrwald, Münch. med. Wochenschr. 1888, No. 11. ß) S. Fränkel, Pflüg. Arch. Bd. 48, S. 63. 1890. 7) Klug, Ungar. Arch. f. Medicin Bd. 1, S. 35. 1892. 8) Contejean, Arch. d. Physiol. P7., 3, S. 5H4. Anatomische und histologische Vorbemerkungen. ]] Nachweis gelungen, dass ein Theil der in den mehrkernigen Beleg­ zellen auffallend chromatinreichen Kerne zweifellos Leucocvten an­ gehört, die in allen Stadien der Einwanderung in die Belegzellen nachgewiesen werden können. Die Pylorusdrüsen sind gleichfalls schlauchförmige Gebilde, von theils einfacher, theils vielfach verzweigter Formation der Aus­ läufer. Auch hier folgt der Magengrube zunächst der Drüsenhals. sodann Körper und Grund. Die Magengrube ist mit Epithel von dem Charactcr des Oberflächenepithcls ausgestattet, während die eigentliche Drüse Zellen aufweist, welche ganz den Charactcr der Ilauptzellcn der Fundusdrüsen an sich tragen. Daneben kommen vereinzelte Zellen vor, die sich in ihrer Gestalt und Reaction mehr den Belegzellen nähern ( N u s s b a u m sehe Zellen). Die genetisch interessante Frage nach dem Zusammenhang zwischen diesen beiden Zcllformen darf hier übergangen werden. An der (frenze zwischen Pylorustheil und Fundus erhalten die Labdrüsen ein etwas anderes Aussehen, sie sind kürzer und ge­ wundener. In der Cardiagegcnd können nach KupfferM die Beleg­ zellen vollständig fehlen. Die einfachen oder gegabelten Magen­ gruben, welche sich bis zur Hälfte der Schleimhautdickc erstrecken, gehen in weite, theils kürzer, theils länger gewundene Drüsenschläuche über, die nur von einem gleichmässigen niedrigen Epithel aus­ gekleidet sind. Ausser den genannten Drüsen sind noch einfache Schleimdrüsen, d. h. ganz mit Oylinderepithel ausgekleidete Drüsen und Lymph­ drüsen beobachtet. Die letzteren liegen als Knoten im Schleimhaut­ gewebe und können bei starker Schwellung die Drüsenschläuchc auseinander drängen. Während der Verdauung ändert sich das Aussehen der Drüsenelemente in characteristischer Weise: Die Belegzellen werden grösser, schwellen an, um gegen Ende der Verdauung an Grösse wieder abzunehmen. Desgleichen vergrössern sich die Ilauptzellen, werden dunkler, trüber und erreichen erst mehrere Stunden nach der Verdauung ihr früheres Aussehen und ihre Grösse. Sogenannte Mastzollen kommen nach Stintzing2) sowohl im Fun­ dus als auch im Pylorus zahlreich vor. Im gesunden Magen verlassen sie nie das Bindegewebe, wohl aber im pathologischen: hier treten sie zwischen der Tunica propria und den Drüsenzellen auf. Sie können zwischen zwei Drüscnzellen hineingebohrt und bis ans Lumen i) 1. c. -'} Stintzing, München, median. Wochenschr. 1889, Xo, 8. 12 Anatoniische und histologische Vorbemerkungen. heranreichend gefunden werden. Dieser Vorgang ist wohl zu unter­ scheiden von der Durchwanderung der Leucocyten durch das Ober­ flächenepithel. Bindegewebe. Das Bindegeivebsgerüst des menschlichen Magens ist in dem Fundustheil äusserst spärlich. Drüse liegt dicht an Drüse, nur da und dort durch etwas Bindegewebe und die der Muscularis mucosae entstammenden Muskelfasern oder Gefässe unterbrochen. Reichlicher an Bindesubstanz und glatter Muskulatur dagegen ist die Pvlorus- gegend, wo auch eine bedeutende Infiltration mit Leucocyten und zahlreiche Lymphknötchen vorhanden sind (Bonnet). Muscularis Die Muscularis mucosae besteht aus zwei oder drei Lagen in mucosae, yerschiedenen Richtungen sich ausbreitender glatter Muskelfasern, von denen Ausläufer auch in die Drüsenpartie emporsteigen. submucosa. Die Submucosa setzt sich aus lockeren Bindegewebsfasern oder auch elastischen Fasern zusammen und bildet das Stützgewebe der Mucosa. In den Bindegewebsmassen finden sich zuweilen mehr oder minder grosse Anhäufungen von Fettzellen. Muscularis Die Muscularis ventriculi zeigt am Pylorustheil zwei scharf ventncuii. getrennte Fasersysteme (Fig. 1, S. 8): eine innere Ringschicht und äus­ sere Longitudinalfasern: in den übrigen Abschnitten des Magens wird durch die Beimischung von Muskelfasern des Oesophagus das Bild ein sehr complicirtes, so dass man an Durchschnitten die verschie­ densten Anordnungen antrifft. Dieselbe an dieser Stelle genauer zu verfolgen, ist praktisch ohne Interesse. Gefässe und Nerven des Magens. Arterien und Die Arterien des Magens entspringen aus der Arteria coeliaca. Von ihren Aesten versorgt die direct aus der Coeliaca entspringende A. coronaria sinistra und die aus der A. hepatica entspringende A. coronaria dextra die kleine Curvatur; beide zusammen bilden den Arcus ventriculi superior. Die grosse Curvatur erhält gleichfalls einen Ast aus der A. hepatica, die A. coronaria ventricul isinistra, welche sich von der A. splenica abzweigt zum Arcus ventriculi inferior. Die Venen folgen im allgemeinen dem Arerlauf der Arterien. Die von der A. coronaria sinistra entspringenden ergiessen sich in die V. splenica, die die A. coronaria dextra begleitenden endigen in der V mesaraica oder V portae, in welche auch in der Regel die Y. coro­ naria superior mündet. A m Pylorus befindet sich ein selbständiger Venenstamm, die V pylorica, die entweder in die V coronaria inferior oder direct in die Pfortader mündet. Anatomische und histologische Vorbemerkungen. 13 Von der Serosa aus durchsetzen die Gefässe die Muscularis und bilden in der Submucosa ein in der Fläche sich ausbreitendes Netz, von dem feine, die Drüsenschläuche umziehende Capillaren nach aufwärts steigen, u m an der Drüsenmündung ein zweites Netz zu bilden. Aus diesem bilden sich wieder feine Capillaren, die kranzförmig die Mündungen der Drüsen umgeben. Aus den Ca­ pillaren entwickeln sich Venenstämmchen, welche in ähnlicher Weise wie die Arterien nach unten steigen und in der Tunica propria ein in der Fläche ausgebreitetes venöses Netz bilden. Die Ijymphgefasse bilden u m die Drüsenschläuche grosse Lymphgefässe. röhrenartige Räume, welche einerseits von der Membrana propria der Drüsen, andererseits von Endothelien des interstitiellen Binde­ gewebes begrenzt sind (Luven). Zwischen den einzelnen Schläuchen ziehen gleichfalls Lymph-(Chylus-)capillaren, welche durch vielfache Anastomosen mit einem in der Submucosa gelegenen weitmaschigen Flächennetz zusammenhängen. Die daraus entspringenden, klappen­ führenden Lymphgefässe verbreiten sich in der Tunica muscularis. Hier ergiessen sich auch die vielen in den Muskelschichten befind­ lichen Lymphcapillaren. Unter der Serosa laufen die Lymphgefässe bis zum Ansätze des Mesenteriums, zwischen dessen Platten sie weiter ziehen. Die Nerven des Magens stammen theils aus dem Vagus, theils Nerven. aus dem Plexus solaris. Die zumeist marklosen Fasern bilden unter der Serosa ein Netzwerk, dringen nach der Muscularis vor und bilden zwischen Längs- und IUngmuskelschicht ein ausgedehntes Geflecht, den Plexus myentericus (Plexus Auerbachii). An den Knotenpunkten dieses Geflechtes liegen zahlreiche multipolare Ganglienzellen. Aus diesem Geflecht entspringen Nervenfasern, welche theils in den Muskelfasern endigen, theils nach der Submucosa. vordringend ein zweites Geflecht, den Meissner sehen Plexus bilden. Von ihm ent­ springen feine Fasern, welche zwischen den Drüsen bis in die Zellen verlaufen. 14 Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. ZWEITES CAPITEL. Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. Historisches: van Helmont {'}' 1044) erwähnt ausdrücklich die Magensäure. Spallanzani und Reaumur lassen an Fäden befestigte Sehwämmehcn verschlucken und entfernen sie nach Durchtränkung mit Magensaft, 1780. Carminati, 178i3, findet, dass der in der Verdauung begriffene Magen der Gamivoren einen sehr sauren Saft absondere. Front (1824) entdeckt die Salzsäure im Magensaft In das Jahr 182;"» fallen die bahnbrechenden Untersuchungen Beaumont's an dem Canadier St. Martin. Seine erste Publication darüber erschien im American Record Vol. VUI, 1825 und hatte den Titel: The case of Alexis St. Martin, who was wounded in the stomach by a load of duck-shot with experiences. Pas Haupt­ werk führt den Titel: Experiments and observations of the gastric juice and the physiologv of digestion, Peutscli 1834 von B. Luden. (Ein unvergängliches Muster scharfer Beobachtung und klarer, knapper Darstellung!! Eberle (1834) bereitet zuerst künstlichen Magensaft. Bossow und Blondlot (1842 43) legen zuerst Magen­ fisteln an, Bidder und Schmidt, Bardeleben u. a. erweitern die Methodik und Technik. Schwann (1836) stellt das Pepsin dar und Aveist auf seine Verbindung mit Salzsäure hin. Mialhe (1846) untersucht das Product der Umwandlung der Albuminstoffe unter dem Einfluss des Magensaftes und nennt sie Albuminosen. Lehmann studirt diese Umwandlungen genauer und führt den Namen Pepton ein. 1858 stellt Busch seine berühmten Versuche über Magendarmverdauung an (s. a. die Literaturangaben am Schlüsse dieses Abschnittes). Die physiologisch-chemischen Vorgänge der Magenverdauung nehmen sich anders aus, je nachdem sie der Arzt oder Physiologe oder Chemiker betrachtet. Während es den letzteren mehr u m die Kenntniss der Vorgänge ihrer selbst wegen zu thun ist, hat der Arzt das Bestreben, aus dem normalen Verhalten Schlüsse für sein Han­ deln am Krankenbett zu ziehen. Während ferner der Physiologe das Organ getrennt von den übrigen betrachtet, fasst der Arzt die Magen­ verdauung als Theilerscheinung der Verdauung überhaupt und im Zusammenhang damit auf. Dahin gehört also auch die Mundhöhlen- und Darmverdauung. Die folgende Darstellung soll nur die cardinalen Momente der Verdauungsvorgänge berücksichtigen, ausführliche Be­ lehrung bieten die unter Literatur bezeichneten Handbücher. Dass die Verdauung mit der Zerkleinerung der Bissen oder dem Hinunterschlucken der Flüssigkeit beginnt, weiss jeder. Auch dass hierbei eine innige Vermischung mit dem Speichel (Einspeiche- lung) vor sich geht, die sich im Magen fortsetzt und daselbst wich- I'hysii»logisch-chemische Vorbemerkungen. 15 tigc Umsetzungen zu Stande bringt, und dass gleichzeitig der Bissen dünnflüssiger und schlüpfriger wird, ist eine jedem Arzt geläufige Thatsaeho. Man weiss ferner, dass bei schlechter Beschaffenheit der Zähne, Fäulnissvorgängen im Munde, Erkrankungen der Speichel­ drüsen die Verdauung mehr oder weniger beeinträchtigt wird Die Störungen weisen mit grosser Bestimmtheit auf bacterielle Ursachen hin, in deren Kenntniss wir durch die Forschungen der letzten Jahre die ersten Schritte gethan haben. Besonders verdanken wir \V. I). Ali Her 1) ausgezeichnete Untersuchungen über Mundpilze und deren Beziehungen zu den Verdauungsvorgängen, auf die wir noch wiederholt zurückzukommen haben werden. In der Mundhöhle und ebenso im Magen fand Miller zwei Gruppen von Organismen, welche (Jährungen hervorrufen. Die eine zerlegt Kohlenhydrate unter Bil­ dung saurer Substrate, die andere ruft Eiwei^szersetzungen unter Bildung alkalischer Producte hervor. Je nach der Anwesenheit oder dem Eeberwiegen der einen oder anderen Nährstoffe werden bald beide Arten von (Jährungen, bald nur die eine vorkommen. Miller hat ferner nachgewiesen, dass bei der Einwirkung von Microbien auf Eiweissstoffe regelmässig Fäulnisserscheinungen unter Entwick­ lung von Schwefelwasserstoff, Ammoniak, Kohlensäure u. s. w. und einer grossen Reihe von Basen (Ptomainen) auftreten. Dass hierbei eine Lösung oder richtiger ein Zerfall von Eiweissstoffen stattfinden kann, bedarf keiner Erwähnung. Von einem Vergleich dieser Wir­ kung mit der peptonisirenden Eigenschaft der uns wohlbekannten Magen- und Darmenzyme kann aber, wie dies auch Miller hervor­ hebt, keine Rede sein. Unter eiweisszersetzenden Organismen haben wir demnach den Körper und die Verdauungssphäre schädigende zu erblicken. Durch diese Untersuchungen werden die lebhaften, schon den alten Aerzten bekannten Wechselbeziehungen zwischen Mundhöhlen- und Magenverdauung dem Verständnisse näher gerückt (s. u.). Das wichtigste Sccret der Mundhöhle ist der Speichel, auf dessen Bedeutung für die Verdauung wir genauer eingehen müssen. 1. Der Speichel. Der Mundspeichel ist das Gemisch der Speicheldrüsen- und Mundspeichei. Schleinidrüsensecrete des Mundes und stellt eine klebrige, zähe, opa- lescireude Flüssigkeit dar. Die Menge des in 24 Stunden abgeschie- M W D. Miller, Die Mikroorganismen der Mundhöhle. 2. Aufl. Leipzig, G. Thieine, 1892. 16 Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. denen Speichels beträgt nach Angaben vonBidder und Schmidt 1) 1000—2000 g, das specifische Gewicht schwankt zwischen 1002 bis 1009, meist zwischen 1003 — 1004. Die Reaction ist meist alkalisch, kann aber auch sauer sein. Nach Sticker2) können 2 — 3 Stunden nach dem Frühstück und 4—5 Stunden nach dem Mittagessen Maxima der Acidität vorkommen; desgleichen kann der Speichel nach Mitternacht bis zum Morgen schwach sauer sein. Nach demselben Autor soll mit gesteigerter Aufnahme von Amylaceen während der Hauptmahlzeit der Alkaligehalt des Speichels steigen, bei reiner Fleischkost abnehmen. Die Menge der festen Stoffe schwankt zwischen 5—10%o, und zwar bestehen sie aus Epithelien und Schleim, Ptyalin, Albumin und Salzen. Eine dem Speichel eigenthümliche Substanz ist das Mucin. Rhodankaiium. Ferner enthält der gemischte Mundspeichel Rhodankaiium, auch Schwefelcyankalium oder rhodanwasserstoffsaures Kalium ge­ nannt, eine an Kalium gebundene, bis jetzt noch nicht rein darge­ stellte Säure, die praktisch, wie es scheint, von untergeordneter Be­ deutung ist. Z u m Nachweis derselben säuert man den Speichel mit Salzsäure an und fügt tropfenweise sehr verdünnte Lösung von Eisen­ chlorid hinzu, wodurch er dunkel bis burgunderroth gefärbt wird (Bildung von Eisenrhodanid). Oder man fügt zum Speichel etwas Jodsäure, welche vom Rhodan unter Bildung freien Jods, das leicht durch Kleister nachweisbar ist, reducirt wird (Reaction von Soleva). In Fällen von chronischer Pharyngitis und abnormer Sehleim­ bildung, ferner beim Vomitus matutinus, ist der Gehalt des Speichels an Rhodankaiium häufig gesteigert. salpetrige Im Speichel kommt auch, nach der Beobachtung Sehönbein s3), salpetrige Säure vor. Giebt man nämlich zu Speichel mit Schwefel­ säure angesäuerten Jodkaliumstärkekleister, so entsteht sehr häufig blaue Jodstärke. speichei- Die wesentliche Wirkung des Mundspeichels ist die diastatische, diastaso. s|e })era]^ ailf cier (legenwart eines äusserst haltbaren und energisch wirkenden Enzyms, des Ptyalin oder besser der Speicheldiastase, durch welche sämmtliche Amylumarten, sowie das Glykogen ver­ zuckert werden. Das Ptyalin wirkt bei schwach alkalischer, neutraler und äusserst schwach saurer Reaction. A m kräftigsten scheint es nach den Angaben von Schmidt und Chittenden in neutraler oder in einzelnen Fällen ganz schwach saurer Reaction zu wirken. ') Bidder imd Schmidt, Die Verdauungsgefässc und der Stoffwechsel. Mitau u. Leipzig 1852. 2) Sticker, Deutsche Medizinalzeitung 1889, No. 2. a) Schönbein, Journ. für praktische Chemie Bd. 80, S. 451. Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. 17 Es ist nicht Aufgabe dieser Darstellung, den Begriff Enzym, dem wir noch weiter begegnen worden, auf Grund der neuerdings hierüber geäusserten Anschauungen näher zu erläutern, umsoweniger, als befriedigende Aufschlüsse hierül»er noch nicht vorliegen. Sicherlich wird die Reindarstellung von Enzymen und die Kenntniss ihrer niolecularen Zusammensetzung unsere Anschauungen über ihre Wirkung wesentlich modificiren, bis dahin müssen wir uns mit den biologi­ schen Unisetzungen begnügen, die für uns das Critcrium ihrer Anwesenheit bilden. Unter der Einwirkung der Speicheldiastase wird Stärke in Producta der Maltose (Musculus und v. Mering 1), B r o w n und Heroii)2), bezw. Verdauung. Isonadtose (E. Külz und J. Vogel3) K. Hamburger) 4) und geringe Mengen Traubenzucker umgewandelt. Die Umwandlung geschieht schneller bei gekochter (Kleister) als bei roher Stärke, doch geht, wie ich gefunden habe5) und wie man sich leicht überzeugen kann, auch die Convertirung der letzteren schon in wenigen Minuten vor sich, keineswegs langsamer als bei Einwirkung von Pancreasdiastase. Die Schnelligkeit der Speichelwirkung ist eine fast augenblickliche, so­ dass man in wenigen Secunden bereits reducirende Substanz in dem Gemisch nachweisen kann. Trotzdem lassen sich bis zur endgültigen Verzuckerung mehrere Zwischenstufen unterscheiden, die besonders von Brücke 6) sorgfältig studirt worden sind, und zwar folgende drei: 1. Die Stärke wird unter dem Einflüsse der Diastase verflüssigt, sie stellt im Gegensatz zu dem Kleister eine wirkliche Lösung dar. Dieses Product, Amidulin oder Amylodextrin genannt, giebt mit verdünnter Jodjodkaliumlösung (Jod. pur. 1,0, Kalii jodat. 2,0, Aqu. (lest, 100,0) noch deutliche Blaufärbung. 2. Allmählich wird die mit Jodlösung eintretende Färbung mehr violettblau, violett, rothviolett, roth oder mahagonibraun. Alan be­ zeichnet diese Stärkemodification als Erythrodextrin. 3. Bei weiterer Einwirkung nimmt die violette oder braune Färbung immer mehr ab, und man bekommt mit Jod ein farbloses Dextrin, das man Acliroodaetrin nennt, Während ferner die lösliche Stärke durch Gerbsäure und Alkohol gefällt wird, werden die ge­ nannten Dextrinarten nur durch letzteren gefällt. Zwischen Achroodextrin und Maltose soll nach Herz'fcld7) noch ein Pro­ duct entstellen, das er Maltodextrin nennt, welches der Maltose nahesteht, aber nach Brown und Ileron unvergährbar ist. Die speeifische Drehung für Malto­ dextrin beträgt (a) D = 174,5°. ]) Musculus und v. Mering, Zeitschi', für physiol. Chemie Bd. 2. 2) Brown und Heron, Liebigs Annalen Bd. 199 u. 204. 3) E. Külz und J. Vogel, Zeitschr. für Biologie Bd. 31. 4) K. Hamburger, Pflüger's Archiv Bd. 60, S. 543—597. 5) Boas, Zeitschr. für klinische Median Bd. 17, Heft 1 u. 2. 6 Brücke, Wiener academ. Sitzungsberichte, April 1872. ') llerzfeld, Berichte der deutsch, chemischen Gesellschaft Bd. 12, S. 2120. Boas, Allg'. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Aufl. 2 IS Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. Das Endproduct der Speicheldiastase ist die Mutlose oder Ptya- lose (Nasse) C i a H M O u + H2(). Maltose bildet rein dargestellt feine, weisse, warzig gruppirte Nadeln, welche im Wasser sowie in Aethvl- und Methylalkohol leicht löslich sind, in erst er em jedoch etwas schwerer als Dextrose. Das specifische Drehimgsvermögen der Mal­ tose beträgt («)D = 150,4 (Brown und Heron), also fast das drei­ fache der Dextrose (a) = 52,5. Maltose reducirt Fehling'sche und ähnliche Lösungen schwächer als Dextrose, indem sie nur etwa 2/s des von Dextrose abgeschiedenen Kupferoxyduls abscheidet. Das ge­ naue Verhältniss ist nach B r o w n und H e r o n 60,8:100. Bei An­ wendung einer 200 m m langen Beobachtungsröhre ist jeder abgelesene Drehungsgrad bei 17,5u C = 0,362 Maltose in 100 ccm. Durch Be­ handeln mit verdünnter Salz- oder Schwefelsäure wird die Beduc- tionsfähigkeit der Maltose erhöht, Maltose geht allmählich in Dex­ trose über. Nach Soxhlet entspricht 1 ccm F e hl in g'scher Lösung = 7,78 m g Maltose in l%iger Lösung, falls erstere unverdünnt war, und 7,4 mg, falls die Fehling'sche Lösung verdünnt war. Mal­ tose ist ferner in ihren Lösungen mit Hefe direct vergährbar. Von der Dextrose unterscheidet sich die Maltose noch dadurch, dassBar- foed's Reagens (eine schwache Lösung von essigsaurem Kupfer [0,5—4%J, welcher 1 % Essigsäure zugesetzt ist) von erstem' redu­ cirt wird, von letzterer nicht. Zur leichteren Uebersicht über die verschiedenen bei der Convertirung der Stärke sich entwickelnden Producte diene die folgende Tabelle. 1. Lösliche Stärke (Amylodextrin, Ami- ) mit Jod blau, ist durch Gerb- dulin) Dextrin­ arten 3. Maltose Ervthrodextrin Jodreaction violett bis mahagoni­ braun Aehroodextrin ) Jod bleibt Maltodextrin { ungefärbt \ säure und Alkohol fällbar. Gerbsäure fällt die Lösungen nicht, dagegen Alkohol und Aether. Fehling sehe Lö­ sung wird nicht reducirt, mit Hefe tritt keine ein. Vergährung löslich in Alkohol, unlöslich in Aether, Fehlin g sehe Lö­ sung wird reducirt, dagegen nicht Barfoed's Peagens, mit Hefe vergährbar. Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. 10 in Alkohol und Aether un­ löslich, leichter in verdünn- , 7, tem Weingeist sowohl Feh- 1, Dextrose > , ling s als auch Bartoed s Lösung werden reducirt. Mit Hefe leicht vergährbar. Glykogen wird durch Speicheldiastase gleichfalls durch mehrere Zwischenstufen hindurch in Maltose und Dextrose umgewandelt, Fügt man zu filtrirtem Mundspeichel Glykogen, so verschwindet die Braun­ rothfärbung, die Jodjodkalium mit letzterem giebt. Allmählich erhält man eine reducircnde Substanz, zunächst wahrscheinlich Maltose, später lieben Maltose auch Dextrose. Die Speichel Wirkung im Magen. Bei der Schnelligkeit der diastatischen Wirkung des Speichels müsste in kurzer Zeit eine vollkommene Verzuckerung der Kohlen­ hydrate eintreten. Dass dies nicht der Fall ist, kann man leicht durch Magoninhaltsuntersuchungen am Gesunden nach Darreichung von Amvlaceenkost erweisen. Man erhält noch nach mehrstündigem Verweilen derselben mit Jodlösungen Violettfärbung. Es ist dies teleologisch betrachtet insofern von Bedeutung, als bei abnorm schneller Verzuckerung die Möglichkeit einer rapiden Vergährung unter starker Gasbildung gegeben wäre. Die Einschränkung der Speichelwirkung wird bedingt durch Einwirkung die zuue/tmende HCl-Seevetion, wie dies von van den Velden1), ™Vspl\cheT- dann Ellenberger und Hofmeister2) und Ewald und mir3) nach- '"as^ so. gewiesen wurde. Es hat sich nämlich gezeigt, dass freie Säuren die Speicheldiastase schon in kleiner Menge hemmen, in grösseren völlig vernichten. Die folgende kleine Tabelle, der ich die von Ewald und mir gefundenen Werthe, die übrigens mit denen anderer Forscher ( H a m m a r s t e n , C bittenden und Griswold, Xvlen, Langlev und Eves u. v. A.) ziemlich genau übereinstimmen, zu Grunde lege, giebt die betreffenden Zahlen. ') van den Velden, Deutsches Archiv für klinische Mediän, Bd. 25, S. 105. 1880. 2) Ellenberger und Hofmeister, Arch. f. wissenschaftl. und praktische Thier- heilkunde 188C». Bd. 12, S. :V.',2. 3) Ewald und Boas, Virch. Arch. Bd. 104, S. 271. 2* 20 Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. Die Speichelwirkung wird Salzsäure Milchsäure Buttersäure Essigsäure gehemmt 0,07%' 0,1 o/o J 0,2 % zerstört iurch 0,12 % 0,15 % 0,4—0,5 °/o Da nun unter normalen Verhältnissen der Salzsäuregehalt bis 0,2% und selbst darüber steigen kann, so ist hieraus die Thatsache der Verzögerung der Amylolyse ohne weiteres erklärlich. Zugleich erhellt hieraus auch der ungünstige Einfluss, den starke Superacidität auf die Verzuckerung ausüben muss, ebenso wie umgekehrt bei un­ gehinderter Diastasewirkung Gährungsproducte in excessiver Weise sich entwickeln können, worauf wir noch weiter zurückkommen werden. Es schliesst sich hieran die wichtige Frage, die, wie es scheint, weder klinisch noch physiologisch bisher genügend gewürdigt ist, ob das diastatische Ferment durch Säureexcess dauernd oder nur facul- tativ zerstört wird, mit anderen Worten, ob bei Absinken der Säure- secretion oder Tilgung durch Alkalien die Diastase wieder reactivirt wird. Ich habe versucht, diese Fragen zu entscheiden, und bin zu dem Resultat gekommen, dass eine nachträgliche Alkalisirung oder auch Herabminderung der Säure die Ptyalinwirkung wieder hervor­ ruft. So konnte ich z. B. an einem mit 0,15% HCl versetzten Speichel nach einstündigem Stehen durch Alkalisirung mit Sodalösung in kurzer Zeit reducirencle Substanz bei Kleisterzusatz beobachten. Daraus folgt, dass in den späteren Stadien der Magenverdauung bei Nachlass der Säureproduction eine Verzuckerung wahrscheinlich wieder vor sich gehen kann. Einzelne Autoren, zuerst van den Velden1), haben auf Grund der obigen Thatsachen zwei Stadien der Verdauung unterschieden: ein amylolytisches und ein proteolytisches. Dies ist insoweit richtig, als die Amylumverdauung beim Fehlen von HCl in der ersten Zeit überwiegt, die Albuminverdauung, die der freien Salzsäure nicht ent- rathen kann, dagegen relativ geringfügig ist. 'trotzdem sind auch in diesem Stadium die Producte der Proteolyse deutlich nachweisbar. Wechsel- Ausser der diastatischen Wirkung scheint dem Speichel noch SohenllspeiZchei eine besondere Einwirkung auf die Magenverdauung zuzukommen, und Magenver­ dauung. !) van den Velden, 1. c. I'liYsiologiM'h-chemiselic Vorbemerkungen. 0\ die besonders von Sticker1) und Biernacki2) studirt worden ist. Der erstgenannte Autor stellte fest, dass ein Ausfall der Mundspeichel- wirkung von einer Aufhebung oder Verminderung der Magensaft- secretion gefolgt sei. An der Hand weiterer Untersuchungen zeigte Biernacki, dass nicht der Speichel als solcher sondern vielmehr die Berührung der Speisen im Munde mit, Speichel die Verdauung begünstige. Zu denselben Resultaten wie Biernacki gelangte auch A. Schuld 3). 2. Der Magensaft. Der Magensaft ist im reinen Zustande eine klare, fast farblose, sauer rcagirende Flüssigkeit von einem faden säuerlichen Geschmack und einem spec. Gewicht von etwa 1002—100:5. Die festen Be- standtheile darin betragen nur 0,5(5%. Die Menge des in 24 Stun­ den abgesonderten Saftes wird verschieden angegeben; B e a u m o n t berechnet sie auf ca. ISO g, Grunewald auf 1580, offenbar ent­ spricht die letztere Zahl unseren heutigen Vorstellungen mehr als die B e a u m o n U s . Der Magensaft ist ausgezeichnet durch eine kräf­ tige Mineralsäure — die Salzsäure — sowie durch mehrere Enzyme, welche in Verbindung mit ihr digestive Eigenschaften entfalten. 1. Salzsäure. Der Salzsäuregohalt beträgt beim Menschen 0,1—0,22%, beim Hunde steigt er bis auf 0,o und darüber.4) Dass es sieb im Magen- satt um Salzsäure handelt, hat Schmidt (1847) zuerst analytisch festgestellt. Wurden nämlich in einem Magensäfte sämmtliche Basen: Kali, Natron, Kalk, Magnesia, Eisenoxyd und Ammoniak und die Menge des Chlors bestimmt, so ergab sich nach Sättigung aller Basen mit Salzsäure noch ein Chlorrest, der einein Salzsäuregehalt von 2,5—5 g im Liter entsprach. Genau dasselbe Ergebniss hatte die titrimetrische Untersuchung mittelst Kalk- und Barytwasser. ') Sticker, Wechselbeziehungen zwischen Speichel und Magensaft. Yolkm. Sammlung klinischer Vortrüge Xo. 2',l7. 2) Biernacki, Die Bedeutung der Mundverdauung und des Mundspeichels für die Thiitigkeit des gesunden und kranken Magens. Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. 21, lieft 1 und 2. 3) A. Schuld, Inaug.-IMssert. Leiden 1892. Maly's Jahresb. für Thier- cheinic. 1S(.>,">, S. 2.">7 4) Schouniow-Sinianowski (Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. Bd. e.:je fand in ganz reinem unvermischten Hundeniagensafte einen Säuregrad von 4,0~r>,ö0/oü. 22 Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. Den oben genannten Säuregrad erreicht die Salzsäure nicht so­ gleich, sondern erst auf der Höhe der Digestion; im Beginn und gegen Ende der Verdauung sinkt der Säurewerth erheblich. Die Salzsäure wirkt nach fünf verschiedenen Eichtungen hin, die alle von grosser Bedeutung für den normalen Ablauf der Ver­ dauung sind. 1. Die Magensalzsäure wirkt antizymotisch und antiseptisch, sie verhindert abnorme Gährungen und vernichtet pathogene Orga­ nismen (Koch 1), Falk 2), Frank 3), Wesener 4), Miller5), M a c ­ fadyen6), Strauss und Wurtz 7), Kurloff und Wagner 8), Käst9), H. Hamburger 1 0) u. a.), welche mit den Ingestis oder auf andere Weise in den Magen gelangen. Diese antibacilläre Wirkung erstreckt sich nicht allein auf den Magen, sondern auch auf das Duodenum, vielleicht noch auf weitere Dünndarmabschnitte. Einzelne Forscher, z. B. Bunge 1 1), sind soweit gegangen, in der antizymotischen Wir­ kung der Magensäure die Hauptfunction des Magens zu erblicken, was offenbar übertrieben ist. 2. Die Magensäure hat die Fähigkeit, aus den inactiven Proen­ zymen des Magens (Pepsinogen, Labzymogen) active Enzyme abzu­ spalten, und zwar in kurzer Zeit (nach Langley binnen einer Minute) und in grossem Umfange. 3. Der Salzsäure kommt vermuthlich eine gewisse regulatorische Bedeutung für den Ablauf der Peristole zu. Doch scheinen auch bei Ausfall derselben regulatorische Centren vicariirend hierfür eintreten zu können. 4. Salzsäure bildet mittelst des Pepsins aus Eiweisskörpern Peptone, aus Leim Leimpeptone, aus Elastin Elastinpeptone. Doch ist hierbei das Wesentliche das Pepsin, da die Salzsäure auch durch andere Säuren (Salpetersäure, Phosphorsäure, Oxalsäure, Schwefel­ säure, Milchsäure, Buttersäure u. a.) ersetzt werden kann. >) Koch, Mittheil. a. d. Kaiser!. Gesundheitsamt 1881 u. 1884. 2) Falk, Yirch. Arch. Bd. 93, 188:3. 3) Frank, Deutsche medicinische Wochenschrift 1884, Xo. 20. 4) Wesener, Fütterungstuberkulose. Freiburg 1885. s) Miller, Deutsche medicinische Wochenschrift 1885, Xo. 49; 1886, Xo. 8. fi) Macfadyen, Journ. of Anat. and Physiology, Vol. 21, 1887. *') Strauss et Wurtz, Arch. de medec. experim. I, Xo. :',. 1889. 8) Kurloff und Wagner, Wratsch 1889, No. 42 u. 48. 9) Käst, Festschrift zur Eröffnung des neuen Krankenhauses zu Hamburg- Eppcndorf 1889. 10) II. Hamburger, Centralblatt für klinische Medicin 1890, Xo. 24. •i) Bunge, Lehrb. der physiol. und pathol. Chemie. Leipzig 1887. Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. 23 5. Durch Salzsäure wird Bohrzucker in Invertzucker (Dextrose und Laevulo-e) unigewandelt, Diese Eigenschaft theilt die Salzsäure mit einer Reihe von Spaltpilzen, welche, wenn auch erst nach län­ gerer Zeit, Bohrzucker gleichfalls invertiren. 2. Pepsinogen und Pepsin. Pepsin wandelt bei Gegenwart freier Salzsäure Eiweisskörper in Peptone um, nimmt dem Leim seine Fähigkeit zu galatiniren unter Bildung von Leimpepton. Keine andere Mineralsäure, noch weniger die organischen, geben mit Pepsin gleiche oder bessere Digestions­ resultate, a.ls die Pepsin-Chlorwasscrstoffsäure; es scheint dies darauf zu beruhen, dass HCl aus Pepsinogen am schnellsten und intensivsten Pepsin abspaltet. Nach Untersuchungen von Langlev und Edkins 1), sowie von Podwvssotzki 2) und neuerdings Herzen 3) ist das Secret der Fundusdrüsen nur das inactive Proenzym. Dasselbe characteri- sirt sich ausser durch seine schnelle Umwandlung in Pepsin durch HCl noch durch sein Vorhalten zu Natriumcarbonat und Kohlensäure. Während erstcres das Pepsin schon innerhalb weniger Minuten zer­ stört, wird Pepsinogen durch Kohlensäure rasch zerstört, während das Pepsin nur langsam vernichtet wird. Im allgemeinen besitzt das Pepsinogen eine hohe Resistenz, es wird selbst bei hochgradigen Veränderungen der Magenschleimhaut, bei Catarrhen, selbst bei Krebs des Magens, nicht vollständig zerstört, Ein Mageninhalt, der gar kein Pepsinogen enthält, gehört nach meinen Erfahrungen zu den seltenen Befunden. Die Peptone, das Product der Einwirkung der Pepsinchlor- Peptone und wasserstoffsäure, zeigen gewisse auch praktisch wichtige Eigenschaften. ulmoseu- Die Umwandlung der Eiweisskörper und Leimsubstanzen erfolgt wie beim Amylum nicht auf einen Schlag, sondern stufenweise. Fs ge­ lingt schwer, diese Zwischenproducte, da es sich u m eine »Reihe in Bewegung« handelt und die Zusammensetzung in jedem Augenblick schwankt, genau zu fixiren. Indessen kann man aus dem compli- cirten Eiweissgemisch einige constante, chemisch gut characterisirte Verbindungen isoliren und aus ihrem Vorhandensein (s. hierüber den Abschnitt über die Untersuchung des Mageninhalts) einige Schlüsse i) X. X. Langlev und J. S. Edkins, Journ. of Phyiol. Vol. 7, p. 371—-415. 2) Podwvssotzki jun., Pflügers Archiv Bd. 39, S. 502—574. 3) Herzen, Annali di chim. e di farmac. Bd. 8, S. 302. Malv's Jahresb. für Thierchemie Bd. 18. S. 193. 24 Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. ziehen. Die erste Verbindung, die entsteht, ist das Acidalbumin, auch Syntonin, genannt; sie ist einfach eine mehr oder weniger innige Verbindung von Eiweiss mit Säure. Das Syntonin hat die Eigenschaft, in Säuren und Alkalien gelöst zu bleiben, bei neutraler Reaction dagegen gefällt zu werden (daher auch Neutralisationsprae- cipitat genannt). Bei fortgesetzter Einwirkung des Magensaftes er­ folgt zunächst und wesentlich die Bildung von Albumosen, während eigentliche Peptone im Sinne K ü h n e s (sogen. Amphopeptone) nur in geringem Maasse gebildet werden. Durch die neueren Untersuchungen von K ü h n e und (mittenden1), Wen z 2 ) , jj. Neumeister3) haben unsere früheren Anschauungen über die all­ mähliche Eiweissumwandlung unter dem Einfluss des Magensaftes eine wesentliche Veränderung erfahren. Danach entstehen aus dem Syntonin zwei verschiedene Albumosen (bisher als Propepton oder Hemialbumose bezeichnet), die Protalbu- mose und die Heteroalbumose. Aus jeder dieser beiden Albumosen entwickelt sich in der weiteren Folge der Magenverdauung je eine Deuteroalbumose, die aber in ihren Eigenschaften wenig verschieden sind. Erst diese Deuteroalbumosen werden durch weitere Spaltungen in echte Peptone übergeführt. Zur besseren Uebersicht dieser Verhältnisse geben wir (nach R. Neumeister) das folgende Schema: Natives Eiweiss Syntonin Protalbumose Heteroalbumose Deuteroalbumose Deuteroalbumose Pepton. Pepton. Beactionen der Albumosen und Peptone. Unter Albumosen verstand man früher Eiweisskörper, welche beim Sieden nicht gerinnen. Speciell studirt hiervon war die Hemi­ albumose, welche bei Sättigung ihrer essigsauren Lösung mit Koch- ') Kühnen, ('bittenden, Zeitschr. f. Biol. X.-F Bd. 1, 1883, S. 159. Ebenda Bd. 2, 1884, S. 11; Ebenda Bd. 4, 1886, S. 42:1. W Kühne. Verband], d. natur- hist. Ver. z. Heidelberg N.-F. Bd. 3, 1885, S. 28«. Zeitsclir. f. Biol. X.-F Bd 11 1893, S. 1. 2) Wenz, Zeitschr. f. Biologie. X.-F. Bd. 4, 1886, S. 11. 3) R. Xeumeister, Zeitsclir. für Biolog. X.-F. Bd. 5, 1SS7, S. 381; ferner Bd. 6, 1888, S. 267; vgl. ausserdem des Verf. Lehrbuch der physiol. Chemie 1893 S. 182 u. f. Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. 25 salz in der Kälte ausscheidet, in der Hitze löst. Dieselbe Reaction tr.il auch bei Behandlung mit überschüssiger Salpetersäure ein. Durch Essigsäure und Ferrocvankalium wurde die Ilemialbumose gleichfalls aus Lösungen ausgeschieden. Als Peptone bezeichnete man früher in Wasser leicht lösliche, in der Hitze nicht gerinnbare Eiweisskörper, deren Lösungen im Gegensatz zu der Ilemialbumose weder durch Salpetersäure, noch durch Xeutralsalze und Säure, noch durch Fssig- säure und Ferrocvankalium gefällt werden. Man schrieb früher den Peptonen und Albumosen folgende Eigenschaften zu: sie geben die sämmtliclien Farhenreactionen des Eiweisses, besonders die Biuretprobe. diese aber im Gegensatz zum Eiweiss in purpurrother Nuance. Sie werden gefällt von: ammoniaka- lischer Bleiessiglösung, Sublimat, Alkohol, Gerbsäure, Phosphor- wolfram- und Phosphormolybdäiisäure, Kaliumquocksilberjodid und Salzsäure und endlich auch von Pikrinsäure. Albumosen und Pep­ tone sind ferner diffusionsfähiger als die nativen Fiweisskörper, und zwar u m so stärker, je pcptonhaltigor sie sind. Neuerdings benutzt man nach dem Vorgänge von Hevnsius und K ü h n e als Trennungsmittel von Albumosen und Pepton das Ammoniumsulfat. Die Verdauungsproducte, welche bei Behandlung mit Ammoniumsulfat in Substanz gefällt werden, werden als Albu­ mosen, die hierbei in Lösung gehenden Körper dagegen als echte Peptone bezeichnet. W a s die Reactionen der einzelnen Albumosen betrifft, so gilt ganz allgemein der Satz, dass je weiter die Verdauung fortschreitet, desto schwerer die Fällung von Albumosen mittelst che­ mischer Reagentien erfolgt. Im Einzelnen unterscheiden sich nach der Darstellung X e u m eist er 's, der wir hier folgen, die Verdauungsproducte durch folgende Reactionen: Die primären Albumosen lassen sich aus ihren neutralen Lösungen mit Kochsalz aussalzen, die neutralen Lösungen der Datteroallwuiosen dagegen bleiben klar, eine Ausscheidung erfolgt erst bei Säurezusatz. Salpetersäure fällt Protalbumose und Heteroalbumose ohne (Jegenwart von Salzen, die Deuteroalbumosen gar nicht oder doch nur bei (Gegenwart von Salzen, aber selbst dann nur unbedeutend. Ferrocvankalium und Essigsäure, überschüssige Pikrinsäure sowie neutrale Kupfersulfatlösung fällen die primären Albumosen kaum schwieriger als die Eiweisskörper; die T>euteroalbuniosen werden dagegen durch Fssigsäure und Ferro­ cyankalium erst nach längerem Stehen gefällt, Kupfersulfat trübt reine Deutero­ albumose gar nicht. Die rcliten Peptone bilden honiggelbe, ungemein hygroskopische, amorphe Pulver, von ekelhaft bitterem Ucschmack. Benetzt man sie mit wenig Wasser, so zischen sie auf wie Pliosphorsäureanhydrid, und zwar unter beträchtlicher Wärmeentwicklung. 26 Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. Von den Albumosen unterscheiden sich die Peptone durch folgende Reac­ tionen: sie sind völlig indifferent gegen Sättigung mit Xeutralsalzen, sie diffun- diren leichter als Albumosen. Die meisten Fällungsreagentien der Eiweisskörper und der Albumosen (Salpetersäure mit oder ohne Kochsalz, Essigsäure und Ferro­ cvankalium, überschüssige Pikrinsäure, Trichloressigsäure. Jodquecksilberjod­ kalium und Salzsäure) bleiben bei Peptonen unwirksam. Sie werden nur gefällt durch absoluten Alkohol, Gerbsäure, Phosphorwolframsäure und Sublimat. Die im Obigen angegebenen Reactionen beziehen sich nur auf die Albumosen des Fibrin, doch zeigen auch andere Eiweisskörper ein analoges Verhalten. Salzsäure und Pepsin müssen in einem bestimmten Mengen­ verhältnis* zu einander stehen, d. h. es darf die Säure im Verhältniss zum letzteren nicht excessiv hoch werden. Das Optimum der Säure liegt (nach Untersuchungen an natürlichen Magensäften von Dr. Trze- binski in meinem Laboratorium) bei 0,25%, höhere und niedere Säuregrade wirken entschieden verlangsamend auf die Albuminver­ dauung. Quantitative Bestimmung des Pepsins. Für die quantitative Bestimmung des Pepsins existiren eine Reihe von Methoden. Von den für physiologische Zwecke brauchbaren erwähnen wir die von Brücke, Grützner und Samojloff. Brücke's 1- Methode von Brücke 1)- Man fügt zu jeder Vergleichs- Methodo der flussigkejt soviel HCl, class jede davon 1 °/on enthält. Ausserdem relativen •' ' uu Pepsin- braucht man eine Salzsäurelösung, die gleichfalls l"/oo enthält. Xun bestimmune'. ,.. , ,. TT , . . n , , . ., , . . verdünnt man die erste Vergleichsnüssigkeit auf '/2, '/s, '/4, '/s u. s. w., erhält sie aber dadurch, dass 1 °/ooige Salzsäurelösung verwendet wird, auf demselben Säuregrade. In derselben Weise verfährt man mit der zweiten Flüssigkeit. In jede der Verdünnungsflüssigkeitcn kommt nun eine Fibrinflocke. Durch Vergleichung der Verdauung erhält man einen brauchbaren Zahlenausdruck für die relative Pepsinanwesenheit. Nennen wir z. B. die Vergleichsfiüssigkeiten A und B und finden wir, dass 72 A der Verdauungsflüssigkeit B entspricht, so ist in A 2 mal soviel Pepsin vorhanden als in B. Grützner-s -• Methode von Grützner.2) Die Methode ist eine colori- Methode. metrische und beruht auf der vergleichenden Abschätzung der Farben­ intensität des durch die pepsinhaltigen Flüssigkeiten gelösten Carmin- ') Brücke, Sitzungsber. der Wiener Acad. Bd. 37. S. 131, 2) Grützner, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. s, S. 452. 1847. Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. 27 flbrius.1) Zur besseren Vergleichung dient eine Earbenscala von 10 Gliedern, zu deren Herstellung Uarminlösuneen im Verhältniss von li),!l Wasser zu 0,1 Glyeorinearmin, lil.-s Wasser und 0,2 Glycerin- Ciirmin u. s. w. verwendet werden. 3. Methode von Samojloff.2) Hühnerei weiss wird in enge samojiofrs (1 m m Durchmesser) Glasröhrchen eingezogen und bei SU>° (• coagu- lirt. Nach 2 — 3 Tagen werden die Glasröhrchen in kleine (ungefähr 12 nun lange) Stücke zerschnitten. Je zwei Röhrchen werden in je ein Reagensglas, welches die saure Pepsinlösiing enthält, geworfen und 10 Stunden lang bei 37 — 40° C im Thermostaten gelassen. Darauf misst man die Länge des nicht verdauten Fiweisscvlinders, welcher demnach einen direkten Ausdruck der enzvinatischeii Kraft der Verdauungsflüssigkoit darstellt. Aus der Schnelligkeit der Ver­ dauung (durch die obigen Zahlen ausgedrückt) berechnet man die relativen Pepsinmengeii nach dem zuerst von Schütz3) gefundenen Gesetz, wonach die Poptondrehungen sich wie die Quadratwurzeln aus den Pepsinmengeii verhalten. Ueber die quantitative Bestimmung des Pepsins im Magen­ inhalt zu diagnostischcn Zwecken s. Capitel (>. 3. Labzymogcn und Labenzym (Chymosin). Im normalen menschlichen Alagen kommt bereits von der frühesten Kindheit (Leo) an ein Enzym vor, welches die Eigen­ schaft besitzt, in neutraler Lösung .Milch zu coaguliren, d. h. das Uasein derselben auszufällen. Das Verdienst, das Labenzym ent­ deckt und in umfassendster Weise studirt zu haben, gebührt dem berühmten schwedischen Physiologen Hamniarsten 4) (1H72). A m Menschen wurde es zuerst von Schumburg 5) untersucht, dann von mir6), Raudnitz7) (an Säuglingen), Klemperer s) Johnson,9) i) Carniinfibrin stellt man sich nach Grützner so dar, dass man Fibrin 20 Stunden lang in eine animoniakalische Carminlösung einlegt, wäscht und dann in verdünnter Salzsäure quellen lässt. 2) Samojloff, Arch. des sciences biologiques, Bd. 2, S. (598—72!). 3) Schütz, Zeitsclir. f. physiol. Chemie Bd. 0, S. 077—590. ') Hamniarsten, Fpsala Lackareförenings Förhandlinger Bd. 2. 1S72. &) Schumburg, Yireh. .Arch. Bd. 97, S. 260. «) Boas, Centralblatt f. d. med. Wissenschaften 1887, Xo. 23. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 1H87, S. 24«. 1—279. '! Raudnitz, Prager med. Wochenschrift 1887, Xo. 24. «) Klemperer, Zeitschrift f. klin. Med. Bd. 14, S. 280. •') Johnson, Ibid. S. 240, 28 Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. C. Rosenthal,1) Leo,2) Arthus und Pages3) u. a. an Gesunden und Kranken geprüft. Meine ITntersuchungen an Gesunden, die später durch C. Bosenthal in den wesentlichsten Punkten Bestäti­ gung gefunden haben, ergaben, dass das Labenzym mit Beginn der Anwesenheit freier HCl auftritt und dann parallel mit dem Anstieg derselben zunimmt, mit dem Abfall sich vermindert. Wie das Pepsin besitzt auch das Labenzym eine Vorstufe, das Labzymogen, welches, mit Säuren behandelt, binnen Kurzem in Labenzym übergeht. Des Weiteren theilt das Labenzym mit dem Pepsin die Eigenschaft, durch Alkalien bereits in geringer Concentration zerstört zu werden, während das Labzymogen, wie das Pepsinogen, sich relativ resistent dagegen verhält. Dagegen wirken nach meinen Untersuchungen (1. c.) Pepsin, Mundspeicliel, Fette auf das Labenzym gar nicht ein, und Galle nur insoweit, als sie dem Magensaft einen Theil der Säure raubt und dadurch die Umwandlung des Proenzyms in actives Enzym hindert. In einer mit 3 % HCl-Lösung versetzten kräftig wirkenden Infusion reiner Magenschleimhaut kann durch Erwärmen auf 37 bis 40° C während 4) Vermehrter Zusatz von Kalilauge zerstört auch das Labzymogen. Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. 2!' Quantitative Bestimmungen des Labs. In ähnlicher Weise wie beim Pepsin kann man, wie Unter­ suchungen, die ich in Gemeinschaft mit Dr. Trzebinski angestellt habe, lehren, durch allmähliche Verdünnung den Gehalt eines Magen­ inhaltes an Labfcrment und Labzymogen ziemlich genau bestimmen. Für das Labferment konnten wir als äusserste Verdüimungsgrenzc 1 : 30 — 40. für das Labzymogen 1:75 bis 1:50 feststellen. Diese Methode gestattet, wie in dem Abschnitt über Magcninhaltsunter- suchungen näher ausgeführt werden soll, wichtige diagnostische Schlüsse für die Secretionsstärke der .Magendrüsen. Ausser den genannten Eigenschaften ist die Magenschleimhaut auch be­ fähigt, Neutralfette in Glycerin und Fettsäuren zu zerlegen (Ogatai. Die Menge der Lettsäure beträgt nach Klemperer und Scheurlen1) unter normalen Be­ dingungen 1—2u/oo, bei excessiven Gührungsvorgüngeii im dilatirten Magen bis (PVoo. l'äne Aufsaugung des neutralen Fettes oder der freien Fettsäuren findet nach den genannten Autoren im Magen nicht statt. In den letzten Jahren ist vielfach die Frage an der Hand einschlägiger Versuche erörtert worden, ob dem Magen auch die Ligenschaft zukomme, körper­ fremde Substanzen auszuscheiden. Nachdem dieselbe durch eine grosse Reihe von Forschern (Leineweber, Blanchier und Kochefontaine, Kandidoff und Bongers) in positivem Sinne beantwortet worden war, hat Xencki, wie ich glaube, einwandsfrei gezeigt, dass eine derartige Ausscheidung nicht statt­ findet. Lin mit den obengenannten Autoren übereinstimmendes Resultat erhielt Xencki nur dann, wenn dem Magensaft Galle beigemischt war. Die Gätirung-svorgfängre im normalen Magen. Da wir mit unserer Nahrung Gährungserregcr der verschie­ densten Art in den .Magen bringen, so kann man sich leicht vor­ stellen, dass sich dieselben unter geeigneten Bedingungen vermehren und weitere Gährungsprocessc veranlassen. Andererseits ist durch die schönen Untersuchungen Miller s2) bekannt, dass im Speichel, resp. in der Mundhöhle zahlreiche gährfähige Mikroorganismen (Milch- säurebacillen u. a.) vorkommen, die in den Magen gelangend fer- mentative Umsetzungen hervorrufen. Es ist dies a priori u m so wahrscheinlicher, als nach den Untersuchungen Miller's erst durch •) Klemperer und Scheurlen, Zeitschrift für klin. Med. Bd. Li, S. 370. '-') Miller, deutsche medicinische Wochenschrift 188f>, Xo. 4P. 30 Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. so hohe Salzsäuregrade, wie sie der Magen erst auf der Höhe der Verdauung erlangt, eine H e m m u n g der Gährung eintritt. Es wird sich hierbei im wesentlichen u m Kohlenhydratgährung handeln, da Eiweisszersetzung bei saurer Reaction entweder gar nicht oder nur in sehr beschränktem Maasse vorkommen kann. Bevor wir das Auftreten von Kohlenhydratvergährung im Magen selbst erörtern, ist es nothwendig, die hierbei in Frage kommenden Umsetzungen zu besprechen. Es handelt sich hierbei um: Milchsäure- I Milchsäuregährung. Bei dieser wird der Milchzucker g&hrung. (^ jp ^ o u ) , wahrscheinlich nach vorgängiger Umwandlung in 2 Mole- cüle Glykose = 2 (C 6H r j0 6), einfach in 4 Molecüle Milchsäure ge­ spalten = 4(C 3H 60 3). In anderen Fällen werden neben Milchsäure noch Kohlensäure und Wasserstoff, desgleichen Essigsäure, Ameisen­ säure, Bernsteinsäure und vielleicht Buttersäure gebildet. Schon im Jahre 1857 zeigte Pasteur1), dass die Entwicklung von Milchsäure aus Milchzucker auf der Gegenwart eines Mikroorga­ nismus beruht (ferment lactique). Aber erstHueppe 2) hat aus der Milch einen bestimmten Bacillus nach Koch'schen Methoden ge- Hueppe's J ^ l i l ^ ^ ^ ^ züchtet(Fig.3). Dieser von H u e p p e Milchsäure- <^M^^ ? "* ; als Bacillus acidi lactici bezeich- gahrung. JSSEKSS'^V i , '.'7 nete Mikroorganismus bildet kurze plumpe Stäbchen von 1 —1,7 // "•*Äe. Länge und 0,3—0,4// Dicke, ist -» *w^ unbeweglich, bildet Sporen. Die Ä X X^X Temperaturgrenzen der Entwicke- * Y<4 lung liegen zwischen 10° und 45,5° C, das Optimum zwischen 35 bis 42° C. Neben der Milchsäurebil- Bacillus acidi lactici (Hueppe). düng besitzt der Bacillus acidi (Nach Günther, Einführimg in das Studium lactici invertirende Eigenschaften der Bacteriologie.) unci spaltet ferner auch aus Rohr­ zucker, Milchzucker und Mannit Milchsäure unter gleichzeitiger Kohlensäureentwickelung ab. Ausser den genannten Stäbchen sind noch eine Reihe anderer (etwa 15) Bacterienarten bekannt, welche in Kohlenhvdratlösungen Milchsäurebildung hervorrufen. Von Miller3) ist aus dem Mund- Fig. 3. ') Pasteur, Annales de Chimie et de Physiologie 1857. 2) Hueppe, Mittheil. a. d. Kaiser!, Gesundheitsamt Bd. 2, S. 307. 3) Miller, Die Mikroorganismen der Mundhöhle. 2. Aufl. Leipzig 18'J2. Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. 31 Speichel ein Pilz gezüchtet worden, welcher morphologisch und physio­ logisch mit dem von H u e p p e entdeckten identisch zu sein scheint. Ob derselbe auch im Magen die Milclisäuregährung bewirkt, oder oh hieran, was wahrscheinlicher, mehrere Bacterienarten Theil nehmen, isl noch nicht festgestellt. Durch IICl-Anwcsenheit schon in geringer Concentratioii (über 0,7%>) wird nach den übereinstimmenden Untersuchungen von F- Colin'), E- IlirschfeUE), Strauss und Bialocou r3) die Milcli­ säuregährung sistirt. II. Buttersäuregä/iruug. Untersuchungen von Fitz4) und nuttersäure- Flügge:') haben es wahrscheinlich gemacht, dass die Elitwickelung ffährung- Fig. 4. Bacillus butyricus. n, b Kaulquappen- und Spindelformen, z. Th. mit Sporen, c Zoogloeazustand. A Keimung einer Spore. (Nach Prazinowski.) von Buttersäure durch verschiedene Bacterienformen bewirkt wird. Die meisten der Buttersäuregährung hervorrufenden Pilze sind anaerob, wodurch ihre Reinzüchtung auf grosse Schwierigkeiten stösst. A m besten gekannt ist der von Prazino wski6) studirte Pilz der Butter­ säuregährung (Bacillus butyricus oder Clostridium butvricum). Er Bacillus bildet Stäbchen von 2 — 12/7 Länge und wächst entweder einzeln oder in langen Ketten oder endlich in Zoogloeaform. Bei der Sporen­ bildung treten eigenthümliche Veränderungen auf, wodurch Spindel-, Ellipsoid- und Kaulquappenformen entstehen (Fig. 4). Durch Luft- i) F. Colin, Leber die Einwirkung des künstlichen Magensaftes auf Essig­ säure und Milclisäuregährung. Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 14, S. 75. 2) L. llirschfeld, Leber die Einwirkung des künstlichen Magensaftes auf Essigsäure- und .Milclisäuregährung. Pflüg. Arch. Bd. 47, S. 560. ») Strauss u. Bialoeour. Zeitschr. f. klin. Mediein. Bd. 28, S. 507—578. 4) Fitz, Ber. d. deutsch, ehem. (Gesellschaft Bd. 15, S. 867—881. 5) Flügge, Die Mikroorganismen. Leipzig 1886. S. 296. 6) Prazmowski, Untersuchungen über die Entwicklung und Fermentwirkung einiger Bacterienarten. Leipzig 1880. 32 Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. zutritt wird die Gährungsthätigkeit des Bacillus butyricus gehemmt oder aufgehoben. Der Buttersäurepilz zeigt eine charakteristische Reaction gegen Jod, welche im Verein mit seiner Form die Auffindung des Pilzes in Gemischen wesentlich erleichtert. Er färbt sich mit Jod blau bis schwarzviolett, diese Färbung tritt aber nur in Stärke-Cellulose- lösungen, sowie bei Gegenwart von Glycerin und milchsaurem Kalk ein, während sie in Dextrin- und zuckerhaltigen Lösungen meist fehlt. Ich habe mehrmals im nüchternen Magensecret die charakteristischen Buttersäurebacillen beobachtet, die normaler Weise sich bekanntlich auch in den Faeces in grosser Menge finden; sie lagen theils einzeln, theils in grossen Haufen und hatten Citronen- oder Wetzsteinform. Ob die Gegenwart des Buttersäurebacillus in solchen Fällen als pathologisches Vorkommniss anzusehen ist, vermag ich nicht zu ent­ scheiden. In der Milch entwickelt sich nach Flügge') die Buttersäure- gährung nach vorgängiger Bildung von Milchsäure. Den Vorgang können wir uns durch folgende Gleichung ver­ anschaulichen : 2 (C2H603) - C 4 H 8 0 , + 2 CO, + 4II Milchsäure Butter- Kohlen- Wasser­ säure säure st off Danach würde auch neben Buttersäure noch Kohlensäure und Wasserstoff frei. Die Milclisäuregährung schafft übrigens insofern für Fig. 5. die Buttersäurebildung günstige Verhältnisse, als Ö 0 0 ^ der Milchsäurepilz in exquisiter Weise Sauerstoff o absorbirt. Essigsäure- j> III. Essiqsäureqährunq. Zur Bildung von gährung. 0& , . , oo&~ 0 /

l u d " gahrung. alnvolutionsformen C 2 H 4 0 -f- 0 = G,H 40 2 700:1. Aldehyd Ess'igsiiure Durch denselben Pilz sollen auch kleine Mengen CiL und ILO gebildet werden (Xaegeli). Diese Unisetzung findet im Magen, ') 1. c. Plivsiologisch-cheinische Vorbemerkungen. 33 weil bereits bei 35° C die Essigsäure sistirt. nicht statt auch sind durch die Mageubewegungen für die Entwickelung des Mykoderma aceti, welches nur Oberfiächcnwaohsthum zeigt ungünstige Bedin­ gungen geschaffen. Endlich wird nach den Versuchen von F Colin1) sclion durch einen Salzsäuregelialt von 0,05 m. p. die Entwickelung der Fssigsäuregährung verhindert. IV TIefegähruug. Dieselbe beruht auf der Gegenwart ver- Heie- schiedener Formen von Saccliaromyces (S. cerevisiae, vini), welchen ealiruns" allen die Eigenschaft zukommt, Glykose unter Abspaltung von Alko­ hol und Kohlensäure zu vergäliren nach der Formel: CJI 1 2O f i=2(C. 2IEO) -f-2C02 Aethylalkohol Kohlensäure Dieser Process beruht wahrscheinlich auf der Bildung eines specifischen Fermentes, des Invertin, das man auch isolirt aus Hefe gewinnen kann. Auch Rohrzucker und Milchzucker werden vergährt aber erst nach vorgängiger Spaltung in Glykosen, wobei Rohrzucker in Dextrose und Laevulose, Milchzucker (durch das Ferment gewisser in der Luft vorkommender Pilze) in Galactose und Dextrose über­ geführt wird. Bei dem Process der Glykosegährung kommt es aber, wie schon unehsäu Pasteur gezeigt hat, gleichzeitig zur Bildung von Glycerin- und e ^ ™ Bernsteinsäure und Spuren von Essigsäure und Amylalkohol. Doch ist es nicht testgestellt, ob hierbei die Mitwirkung anderer Organis­ men absolut ausgeschlossen werden kann. Das Optimum der Hefewirkung liegt bei 25° C, doch ist die Temperaturgrcnze unter verschiedenen Bedingungen ungleich. Hem­ mend auf die llefogährung wirken: Freie Alkalien, schweflige Säure, Sublimat, Chloroform, während Schwefelwasserstoff, arsenige Säuren, Carbolsäure, Strychnin, Blausäure entweder gar nicht oder erst in höheren Conccntrationsgraden hemmend wirken. Auch HCl in den im Magen vorkommenden Concentrationen wirkt auf die Hefegährung, wie wir jetzt durch vielfache Beobachtungen erfahren haben, keines­ wegs ungünstig ein. Bei der Erörterung der Milclisäuregährung im normalen Magen muss man folgende drei Möglichkeiten auseinander halten: 1. Anwesenheit von Milchsäure bedingt durch Einführung fort- pfianzungsfähiger Milchsäurebacillcn in geeigneten Nährböden (z. B. in saurer Milch, Buttermilch, Sauerkraut, sauren Gurken u. a.). 2. Anwesenheit von Milchsäure bedingt durch Einführung von >) 1. c. Boas, Allg. Diagnostik u. Therapie m. Betz1), Lesshaft2) und B a u m 3 ) scheint indessen festgestellt, dass weder eine active Rotation durch Contraction der Magenmuskulatur noch passiv eine Achsendrehung stattfinden könne. Die einzige Be­ wegung, die der Magen im angefüllten Zustande macht, ist die, dass die im leeren Zustande nach unten gerichtete grosse Curvatur sich nach vorn und demgemäss die vordere Mageiiwand etwas nach oben wendet, Hierbei rückt die kleine Curvatur nach hinten. Ueber die aetiven Bewegungen des Magens sind die Ansichten Active noch getheilt, Alan nimmt an, dass mit der Einführung der Ingesta Bewoguneei eine kurze Zeit hindurch eine tonische Zusammenziehung des Magens u m dieselben stattfindet, Dieselbe macht etwa x j % — \ Stunde dem regelmässigen Spiel der Peristole Platz. Ueber die letztere selbst weiss man, dass in kurzen Zwischenräumen Wellen vom Fundus nach dem Pylorus hin verlaufen. Schon B e a u m o n t hat darauf hinge­ wiesen, dass dieses Wellenspicl eine ganz besondere Activität in Ge­ stalt ringförmiger Erscheinungen (transversal band) am Pylorus er­ hält, B e a u m o n t konnte mittelst der in die Magenfistel (de.^ Cana­ diers St. Martin) eingeschobenen Thermometerkugel zeigen, dass feste Körper vom Antrum pyloricum gefasst, bis in den Pylorus gewälzt, dort festgehalten und endlich durch aiitiperistaltisehe Wellen wieder in das Magencavuni, und zwar längs der kleinen Curvatur zur Cardia zurückgedrängt werden und von hier wieder in den Fundus zur grossen Curvatur u. s. f. wandern. Mögen wir uns den Vorgang der Peristole in der genannten Weise oder nach der analogen An- i) Betz, Prager Vierteljahrsschrift f. prakt. Heilkunde 1853, S. 10G. 2) Lesshaft, Virchow's Archiv 1S82, Bd. S7, S. 09. 3) Baum, Deutsch. Zeitschr. f. Thiermedicin und vergl. Pathologie Bd. 15, S. 401, 1889. 38 Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. schauung von Brinton1) vorstellen, der den Magen mit einem (Minder verglich, in welchem ein in der Mitte durchbohrter Stempel vorgeschoben wird, wobei auf die peripheren Schichten ein Druck in bestimmter Richtung geübt wird, während die centralen gezwungen werden, in der entgegengesetzten Richtung auszuweichen, soviel scheint festzustehen, dass am Pylorus eine lebhafte, die innige Durchtränkung des Chymus bezweckende Bewegung stattfindet. Welcher Art diese Bewegung ist, von wo sie ausgeht und durch welchen Impuls sie ausgelöst wird, ist eine der interessantesten, aber auch umstrittensten Fragen der Physiologie des Magens. Nach Untersuchungen von Hof­ meister und Schütz2) am ausgeschnittenen Magen frisch getödteter Hunde soll es sich u m zwei typische Bewegungsphasen handeln. Die erste beginnt mit Bewegungen im Fundustheil, dessen Ringmuskulatur sich allseits contrahirt. Gleichzeitig sieht man verticale Einschnü­ rungen von der Cardia nach dem Pylorustheil fortschreitend, die am stärksten an der grossen Curvatur und an der Grenze des Pylorus- theiles ausgebildet sind. Die zweite Bewegungsphase erstreckt sich ausschliesslich auf den Pylorustheil; von der tiefen Einschnürung an der Grenze beginnend, contrahirt sich die Längs- und Ringmuskulatur des Pvlorus, so dass dieser Theil stark verkürzt und verschmälert wird, und endet mit kräftiger Contraction des Sphincter pylori. Nach Aufhören derselben beginnt das Spiel von Neuem. Rückläufige, vom Sphincter pylori ausgehende Contractionswellen im Sinne Beau­ mont's sahen Flof meist er und Schütz nur, wenn der Magen feste Partikel enthält, sodass dem Pylorus, entsprechend der alten Theorie van Helmont's, eine Art electiven Vermögens zukommt. Wesentlich gestützt werden die genannten Beobachtungen durch die neuesten Untersuchungen von A. Hirsch3) und Fr. Moritz4). Der erstge­ nannte Autor hat an Thieren mit hoher Duodenal- oder Dünndarm­ fistel experimentirt und kam hierbei zu dem Resultat, dass die Ex- pulsion des Chymus in directer Abhängigkeit von der Verdauungs­ fähigkeit der aufgenommenen Nahrung steht, Während nämlich die compacte Nahrung geraume Zeit im Magen verweilte und ganz all­ mählich und in kleinen Quantitäten eliminirt wurde, erfolgte die Aus- stossung von Flüssigkeiten in erheblich kürzerer Zeit. Durch Auf­ nahme massiger Quantitäten frischen Wassers wurde die Expulsion ') Brinton, Lcctures on the diseases of the stomach. London 1864. 2| Hofmeister und Schütz, Archiv f. exp. Pathol. Bd. 20, S. 1. 3) Hirsch, Centralbl. f. klin. Medicin 1892, S. 993. ^ F. Moritz, Verhandl. der 65. Versammlung der Gesellschaft deutsch. Naturf. und Aerzte in Nürnberg. Lhvsioloia-cli-chemische Vorbemerkungen. 39 auch fester Substanzen erheblich beschleunigt, In guter Ueberein- shmniung mit diesen Resultaten stehen die Ergebnisse von Fr. Moritz. Derselbe beobachtete bei Versuchen, die er theils an sich, theils an Tliieren mit hoher Duodcnalfistel anstellte, dass der Fundus nur schwache, der Pvlorus dagegen stärkere Contractionswellen aufweist. Im ersteren geht eine Art Sortirung der Speisen vor sich, so dass die flüssigen Aufhelle zuerst befördert werden. Die Bewegungen des Magen- erfolgen im übrigen rhythmisch. Wir haben demnach am Magen zwei in motorischer Hinsicht ganz verschiedene Abschnitte zu unterscheiden: den Magenfundus, der nur als eine Art Reservoir oder Digesfionskamme;' (Fr. Moritz) dient und sich an der Aus­ treibung des Chymus nicht oder nur höchst unbedeutend betheiligt, und den Pvlorusthcil, an welchem sicli Contractionswellen fast aus­ schliesslich abspielen. In mancher Hinsicht ähnlich sind auch die Beobachtungen OpcnehowskUs 1). Hiernach gewahrt man an der Grenze zwischen dem oberen und mittleren Drittel des Magenkörpers, zuweilen auch etwas tiefer, eine Mittelfurche, die solange erhalten bleibt, bis der Magen seine Bewegungsphase beendet hat. Letztere besteht darin, dass eine peristaltische Welle gieichmässig von dieser Muskelfurche bis zur Pars pylorica herübergeht und sich besonders am Antrum pvlori deutlich markirt, Das der Cardia anliegende obere Magendrittel nimmt hieran keinen Antheil. Cardia und Py­ lorus zeigen besondere, abwechselnde Schliessung und Hoffnung, und zwar im entgegengesetzten Sinne. O p c n c h o w s k i führt diesen Sehluss- und Heffnuiigsmechanismus auf das Vorhandensein gewisser in der Serosa gelegener und mit Vagosympathicusfasorn in Verbin­ dung stellender Ganglienzellengruppen zurück. Zu wesentlich anderen Resultaten ist Rossbach 1) bei Unter­ suchungen an Hunden gelangt, Nach seinen Beobachtungen beginnen im vollen Magen die peristaltischen Bewegungen zuerst schwach, ver­ stärken sich allmählich und dauern 4 — H Stunden fort, Die Bewegun­ gen verlaufen ausschliesslich in der dem Pylorus benachbarten Magen­ hälfte, der Fundustheil bleibt während der ganzen Verdauungszeit ohne jegliche Bewegung und ist nur massig um seinen Inhalt contra­ hirt. Die Bewegungen des Magens beginnen immer an derselben Stelle ungefähr in der Mitte de^ Magens, schnüren den Magen da­ selbst tief ein und laufen in circa 20 Secunden wellenförmig zum ') Tb. v. Opcnchowski, Deutsche medicinische Wochenschrift 1SS9, Xo. 35. 2) Hossbach, Beiträge zur Lehre von den Bewegungen des Magens, des Pylorus und Duodenums. Deutsch. Arch. f. klin. Modicin Bd. 40, S. 29(1. 40 Physiologisch-chemische Vorbemerkmi gen. Pylorus, wo sie wie abgeschnitten aufhören. Die Contractionswello schneidet auf der Höhe der Verdauung so tief ein, dass das Lumen des Magens verschwindet. Die peristaltischen Bewegungen können durch nicht zu grosse Mengen kalten und warmen Getränkes vermehrt werden, grosse Mengen kalten Wassers heben die Bewegung auf, was therapeutisch wichtig ist, ebenso hemmen die Narcotica. Der nüch­ terne Magen erscheint klein und welk, zeigt nur selten schwache Contractionen, meist ist er ohne Eigenbewegung'. Der Pylorus soll nach Rossbach während der ganzen 4—8 Stunden Verdauuugszeit fest geschlossen sein und keinen Tropfen Speisebrei ins Duodenum lassen (?). Diese Entleerung in den Darm erfolgt plötzlich, und zwar spritzend in mehreren Absätzen. Während und ausserhalb der Verdauung ist der Schliessmuskel des Pylorus in solcher Spannung, dass der Magen vom Darm abgeschlossen ist. Das Duodenum bleibt während der ganzen Magenverdauung ohne jede Eigenbewegung, wohl aber geht die Secretion von statten; erst wenn der Pylorus sich öffnet, beginnen die peristaltischen Bewegungen des Duodenum und dauern solange fort, als noch Speisebrei übertritt; hört der Magen auf zu arbeiten, so sistiren auch die Bewegungen im obersten Theil des Darmes. Rossbach ist ferner der Ansicht, dass ein Zu­ sammenhang zwischen Innervation des Magens, des Pylorus und des Duodenum, und zwar in der Weise besteht, dass die durch die Speisen gesetzten sensiblen Reize der Magenschleimhaut refleetorisch zuerst eine starke Innervation des Pylorusschliessrnuskels und eine Hem­ mung der Duodenalmuskelbewcgiing bewirken; zuletzt findet das Gegentheil statt. Die Duodenalruhe während der Magenverdauung bezweckt, die Darmsäfte sich ansammeln zu lassen und dadurch den Magensaft zu neutralisiren. Die Widersprüche zwischen den einzelnen Ergebnissen und hiermit zugleich die Schwierigkeit der definitiven Lösung der Peri- stolefrage treten am schärfsten hervor in den neuesten Untersuchun­ gen von Oser1), die ergaben, dass der Pylorusverschluss bei ver­ schiedenen Thicrcn verschieden ist und selbst bei demselben Thiere während der Dauer des Versuches wechselt, Begünstigt wird der vollständige Verschluss des Pylorus durch sehr rasches Einfliesscn des Wassers in den Magen; ähnlichen Einfluss schienen auch sehr niedrige Temperaturen der Flüssigkeit zu haben, während höhere Temperaturen keinen solchen Einfluss hatten. i) Oser, Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. 20, S. 285. I'hvsiologiM-h-chcuiiM'hr Vorbemerkungen 4 1 De- Weiteren hat <>>er ^elir einrollend die Innervation des Emfiu^ d« Magens an curnivsirlen Hunden studirt. Hierbei kam der Verlader lnnorva,i011 zu folgenden Resultaten: Sowohl bei intaeten aE auch bei durch- schniHenen Nerven bestehen spontane Maumbewegungen. die ohne bestimmten Rhythmus verlaufen. Mitunter findet man Thiere. deren Magen in vollständiger Ruhe verharrt. Die Vagusreizung bewirkt eine starke, den Reiz nicht wesentlich liberdauernde * ontraction und darauf folgende Erweiterung, die eine kurze Zeit andauert. Die Vagusroizung hemmt nicht den Verlauf der vor derselben bestehen­ den Peristaltik des Magens. Die Splaiichnieusreizuiig verursacht eine sehr schwache Contraction, aber eine den Reiz lange überdauernde Erweiterung des Magens. Der Ablauf der vor der Splanchnicus­ reizung bestellenden spontanen Bewegungen wird gehemmt. Als Nachwirkung der Splanchnicusreizung entwickelt sich häufig eine gesteigerte Peristaltik, die viel lebhafter ist als vor der Reizung. Die als Nachwirkung der Splanchnicusreizung eintretende gesteigerte Peristaltik kann durch Splanchnicusreizung gehemmt werden. Bei gleichzeitiger Vagus- und Splanchnicusreizung tritt zu Beginn der motorische Effect der Vagusreizung ein, es wird, aber durch dieselbe nicht die Wirkungsweise der Splanchnicusreizung in ihrem weiteren Verlaufe vorändert, Während der durch die Splanchnicusreizung bewirkten Magenruhe ist die Vagusroizung mehr oder weniger un­ wirksam, es steigert sich der Effect derselben, je später die Vagus­ reizung nach der Splanchnicusreizung ausgeführt wird. Die Vagus­ reizung ist im Stande, die als Nachwirkung entstehende lebhafte Peristaltik zu hemmen. Der Vagus sowohl als der Splanclmicus wirken unmittelbar während und nach der Reizung im motorischen und hemmenden Sinne, nur ist des Verhältniss zwischen der moto­ rischen und hemmenden Wirkung beider Nerven ein verschiedenes, d. h. es überwiegt bei dein Vagus die motorische, bei dem Splanch- nicus die hemmende Function. Die Vagusreizung überdauert den Reiz nur sehr kurze Zeit, während die Splanchiiicuswirkung sich erst im vollen Maasse nach der Reizung, und zwar in doppelter Weise entwickelt, zutriebst als Hemmung, dann als lebhafte Peristaltik. Trotz dieser anscheinend sehr complicirten Einrichtung scheint der Process der Magenperistaltik im wesentlichen so vor sich zu gehen, wie es die Untersuchungen von Hofmeister und Schütz, Opcnchowski, Hirsch und Moritz uns gelehrt haben: Es findet die Entleerung in rhythmischer Weise, und zwar wesentlich in der Pvlorusreuion statt. Dabei werden zuerst die flüssigen und breiartigen Substanzen ausgetrieben, während die festen zu. 42 Physiologisch-chemische Vorbemerkungen. nächst noch zurückgehalten werden. Da ferner der Druck im Magenfundus sehr gering ist, so werden auch hierdurch nur die leichter beweglichen, flüssigen Antheile des Mageninhaltes nach dem Pylorus zugeschwemmt, wodurch sich eine Art Sortirvorrichtung ent­ wickelt. Das die Von Interesse ist weiter die Fragt; nach dem die peristaltische auflösende Aetion auslösenden Moment. Wir können uns vorstellen, dass dies Moment, ei n mal durch den mechanischen Einfluss der Ingesta, oder durch die erhöhte Congestion zu den Blutgefässen der Magenschleimhaut ge­ schieht. Man hat aber seit Brücke 1) die Ansicht nie wieder auf­ gegeben, dass die Magensäure die FVsaehe für die Bewegungen des Magens darstellt. Andrerseits hat v. Pfungen 2) die Hypothese auf­ gestellt, dass die Alkalien eröffnend, die Säuren hemmend auf den Pylorusverschluss einwirken. Versuche, diese Widersprüche zu lösen, sind von A. Hirsch3) unternommen. Derselbe fand bei Thieren mit Duodenalfisteln, dass sowohl neutral als auch alka­ lisch reagirende Flüssigkeiten in kurzer Zeit aus dem Magen ins Duodenum übergeführt werden, desgleichen aber auch verdünnte Essigsäurelösungen. Nur Salzsäurelösungen von 1 — ö%o Salzsäure­ gehalt verweilten längere Zeit im Magen. Noch stärker saure Lö­ sungen (gleichgültig ob Essigsäure oder Salzsäure) führten zu Er­ brechen. An sich scheint demnach der Pylorusschluss von der Reaction des Inhaltes unabhängig zu sein; erst dann, wenn die Magenschleimhaut ein inadäquater Reiz trifft, erfolgen lebhafte Be­ wegungen des ganzen Magenkörpers, die sich dann auf den Pvlorus übertragen. Bei einer gewissen Stärke des Reizes kann dann nach der Ansicht von Hirsch die Contraction eine solche Energie er­ reichen, dass am Pvlorus eine Art Tetanus entstellt; brechen sich die Wellen am tetanisch geschlossenen Pylorus. so werden sie rück­ läufig; es erfolgt reflectorisch eine Erweiterung der Cardia und des Oesophagus, und die Scene endigt mit einem Brechaet. L i t e r a t u r . Zum Studium der Physiologie der Verdauung sind chronologisch geordnet die folgenden Lehrbücher und Monographieen zu empfehlen: Prerichs' Artikel Verdauung in Wagner's Handwörterbuch der Physiologie. Bd. HI. 1846. ') Brücke, Lehrbuch der Physiologie 4. Aufl., Bd. I, S. 322. 2) v. Pfungen, Leber Atonie des Magens. Klin. Zeit- und Streitfragen. Wien 1887. 3j Hirsch, Centralbl. f. klin. Med. 1893, Xo. 4. Pliysiologi-ch-eliemisehe Vorbomerk innren 43 Bidder und Sclnnidt, Die Verdauungssäfte und der Stoffwechsel. 1S52. Leipzig und Milan. C (L Lehmann, Lehrbuch der physiol. Chemie. 2. Aufl. 1 s."i3. Bd. II 11. III. C (>. Lehmann, Zoochcmic (Gmelin's Handbuch der Chemie. Bd. Villi. IsöS, Cl. Bernard, Lecons siir les liipiides de lorganisme. Paris 1859. \V. Kühne, Lehrbuch der physiol. Chemie. Leipzig 1SGS. M. Schiff, Lecons sur la physiologie de hl digestion. Llorence et Turin isils. v. Gorup-Besaiiez, Lehrbuch der physiologischen Chemie. 4. Auflage Braunschweig 1878. F. Iloppe-Seyler, Physiologische Chemie. Bd. IL Die Verdauung und Resorption der Nährstoffe. 1878. IL Maly, Chemie der Verdauungssäfte und der Verdauung. HermannV Handbuch der Physiologie. Bd. Va. 1X80. Pönsgen, Die motorischen Verrichtungen des menschlichen Magens. Stra**- burg 1882. (Reichhaltige Literaturangalien namentlich aus der älteren Zeit.) Brücke, Vorlesungen über Physiologie. Bd. I. 4. Auflage. |SRT>. Grünhagen, Lehrbuch der Physiologie. ;.. Auflage, issfi. C A. Ewald, Klinik der Verdauungskrankheiten. I. Die Lehre von der Verdauung. 3. Auflage. 1890. Bunge, Lehrbuch der physiologischen und pathologischen Chemie. 2. Auf­ lage. Leipzig 1889. Hamniarsten, Lehrbuch der physiologischen Chemie. 2. Auflage. Wies­ baden 1895. (Hierselbst auch die chemische Technik.) R, Xeumeister, Lehrbuch der physiologischen Chemie. Th. I. Die Er­ nährung. Jena 1893. Canigee. Die physiologische Chemie der Verdauung-. Deutsche Ausgabe von L. Asher u. IL R. Beyer. Leipzig u. Wien. 1897. Ausserdem gewähren die sorgfältigen und eingehenden Jahresberichte für Thierchemie, sowie die Jahresberichte über die Anatomie und Physiologie, heraus­ gegeben von Hofmann (seit 1SS5 Hermann) und Schwalbe reiche Belehrung über die Detailforschungen auf dem Gebiete der Physiologie und physiologischen Chemie der Verdauung. I. Die allgemeinen Untersuchungsmethoden. DRITTES CAPITEL. Die Anamnese. Dass eine erschöpfende, die springenden Punkte scharf ins Auge fassende, dabei nicht allzusehr in die Breite gehende Anamnese einen integrirendeii Theil der Diagnose in sich schliesst, ist von allen Klinikern und klinischen Lehrbüchern so oft hervorgehoben, dass eine Betonung ihrer Bedeutung an dieser Stelle überflüssig er­ scheinen niuss. Eingehende Besprechung verdient dagegen die Technik der Anamnese bei Krankheiten der Verdauuiigsorgane, weil, wie ich mich wiederholt überzeugt habe, die Erhebung der in Betracht kommenden Thatsachen und Daten in der Regel nicht mit der Sorgfalt und Genauigkeit zu geschehen pflegt, wie sie für die richtige Auffassung des Krankheitsbildes unerlässlich ist. Der localen, auf die Verdauungswerkzeuge und deren Functio- Allgemeine neu gerichteten, niuss ausnahmslos die allgemeine, sich auf sämmt- liclie früheren Erkrankungen, sowie auf die hereditären Verhält­ nisse erstreckende Anamnese vorausgehen. Ja man wird im Interesse einer möglichst unbefangenen Prüfung in allen Fällen gut thun, sich durch die bereits früher (s. S. 3) erwähnte Prädilection der Kranken, die Anomalieen ihres Verdauungsvormögens in den Vordergrund des Interesses zu rücken, nicht täuschen zu lassen. Bei den häufigen Wechselbeziehungen zwischen Digestionsanonialieen und anderen Organerkrankungen, sowie bei der rein symptomatischen Folie, welche die ersteren in dem Uoinplex der Erscheinungen bei constitutionellen Leiden (Tuberculose, Syphilis, Diabetes mellitus, Farcinose, Gicht, Leukämie, Chlorose, pernieiöse Anämie u. a.) spielen, niuss man sich vor übereilten Schlüssen ganz besonders hüten. Die loeale- auf die speciellen Störungen im Bereich des Vor- u>caie dauungscaiials gerichtete Anamnese niuss alle Punkte berücksichtigen, Anamnese- die für die Diagnose irgend in Betracht kommen können. Alan wird 48 Die Anamnese. am wenigsten Unterlassungssünden begehen, wenn man so handelt, als sei die Erhebung des status praesens aus irgend einem Grunde überhaupt unmöglich. Die folgenden Fragen dürften besser als langathuiige Ausein­ andersetzungen die bei der Anamnese ins Gewicht fallenden Momente erkennen lassen. 1. W a n n trat das Leiden auf und wie lange besteht es? 2. Trat es plötzlich oder allmählich auf; falls ersteres: unter welchen Umständen oder Begleiterscheinungen (Fieber, Frost, Infectionskrankheiten) oder durch welche Ursachen bedingt (Indigestion, plötzliche Abkühlung, Trauma, Schreck u. a.) ?). Wie äusserte sich das Leiden im Beginn der Krankheit; traten im weiteren Verlaufe derselben bis jetzt Acnderungen im Krank­ heitsbilde auf und welche ? 4. Worin bestehen die augenblicklich vorhandenen Klagen? A. Wie verhält sieh der Appetit? a) ist er regelmässig oder nicht? b) besteht vollkommene Appetitlosigkeit? c) oder launische, auf gewisse Substanzen gerichtete Appetenz? d) besteht Appetitsteigerung oder selbst krampfhafter, trieb­ artiger Heisshunger? e) ist Appetitlosigkeit vorhanden, die sich beim Fssen verliert, oder umgekehrt, geht der gute Appetit nach wenigen Bissen verloren ? f) besteht zeitweiliger, mit Anorexie wechselnder oder ein von normaler Appetenz oder selbst Anorexie in Heisshunger um­ schlagender Appetit? g) ist nach der Speiseaufnahme Gefühl von Sättigung vorhanden oder nicht? B. Besteht vermehrter Durst? a) Ist die Urinsecretion der Wasseraufnahme entsprechend? C. Wie ist der Geschmack? a) Normal, fade, pappig, unangenehm, faulig? h) Wechselt der Geschmack nach Tageszeiten oder Stunden? I). Beschaffenheit und Zeit der einzelnen Mahlzeiten? a) Approximative Angaben über die Quantitäten von Nahrungs­ mitteln und Flüssigkeiten? b) Wie verhält sich die Xahrungseinfuhr mit Bücksicht auf Ei­ weisskörper, Kohlenhydrate, Fette, Salze, Flüssigkeiten (Al­ coholica, Theo, Kaffee, Cacao, Milch, Wasser | Mineralwässer I)? Die Anamnese. 49 E. Bestehen Schi uckbaseh werden oder Symptome ron Dysphagie? a) in Form eines Knäuels? b) Gefühl eines Widerstandes oder Fremdkörpers (an welcher Stelle)? c) Treten Schmerzen im Gebiete des Pharvnx oder Oesophagus auf (welcher Art: regelmässig oder tmregelmässig, in oder ausser Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme, Intensität derselben)? d) besteht ein directes Hinderniss für die Passage der Ingesta (an welcher Stelle und für welche Nahrungsmittel [feste, halbfeste, breiige, flüssige Substanzen])? e) sind Blutungen aus Bachen und Speiseröhre vom Kranken beobachtet oder ärztlich festgestellt? F Besteht Druck in der Magengeigend? a) an welcher Stelle, wo am stärksten? b) nur mich dem Essen oder auch unabhängig von der Nahrungs­ aufnahme? c) beginnt der Druck unmittelbar oder erst einige Zeit (genaue Angabe erwünscht!) nachher? d) wie langt1 hält der Druck an (stundenlang oder nur während der Verdauungsperiode, u m sich dann wieder zu verlieren)? e) übt die Qualität und Quantität der Speisen einen Einfluss auf das Auftreten und die Intensität des Druckes aus? G. Ist ein Gefühl von Völle (Vollsein) nach dem Essen vor­ handen? a) in der Magengrube oder weiter unten oder im ganzen Ab­ domen? b) auch nach den kleinen Mahlzeiten oder nur nach den Haupt­ mahlzeiten ? c) sofort oder erst im Verlaufe der Verdauung? d) Ist die Qualität und Quantität der Speisen und Getränke von Einfluss auf das Völlegefühl? (Fleisch, Gemüse, Fette, Flüssigkeiten.) e) besteht das Gefühl von Völle auch ausserhalb der Mahlzeiten? IL Bestehen Sehmerzen in de)- Magengegend? a) im Anschluss an die Mahlzeiten oder unabhängig davon? b) wenn letzteres, treten die Schmerzen zu regelmässigen Stun­ den, Tagen, Wochen, Monaten und immer in derselben Inten­ sität und mit demselben Charactcr (krampfartig, bohrend, stechend, brennend u. s. w.) auf? Boas. Allg. Diagnostik u. Therapie il. Magenkrankheiten. 4. Aufl. i 50 Die Anamnese. c) an welcher Stelle localisiren sich die Schmerzen? (ungefähr zu beschreiben!), innerhalb einer circumscripten Stelle, Gegend oder eines Abdominaltheils, oder wechseln sie ihren Ort? d) sind sie auf die betreffenden Stellen fixirt, oder strahlen sie nach verschiedenen Bichtungen und welchen aus? e) Character der Schmerzen (bohrend, reissend, nagend [Gefühl einer wunden Stelle!], brennend [Sodbrennen!], krampfartig), kann Patient hierbei seiner Thätigkeit nachgehen, oder mnss er das Bett aufsuchen? f) werden die Schmerzen durch Speisezufuhr dauernd oder vor­ übergehend gelindert, oder exacerbiren sie im Gegentheil, oder bleiben sie hierdurch unbeeinflusst? g) falls sie durch Nahrungszufuhr provocirt werden, geschieht dies mehr durch flüssige, weiche Kost oder durch feste Sub­ stanzen ? h) werden die Schmerzen in ruhiger Lage gelindert und durch Bewegung vermehrt? i) beseitigt oder lindert Druck auf die schmerzhafte Stelle den Schmerz, oder steigert er den letzteren? I. Aufstossen (Repetiren). a) leicht oder quälend? b) leise oder laut hörbar (explosiv)? c) im Anschluss an die Digestion oder auch bei leerem Magen? d) Character der Ructus: geruchlos oder riechend (nach faulen Eiern, fäculent; nach Säuren [fettig, ranzig])? e) gleichzeitig damit Regurgitiren von Speisen (Geschmack, Ge­ ruch, sonstige Beschaffenheit des letzteren)? f) Dauer der Ructationsperiode (Stunden lang oder kürzer oder den ganzen oder halben Tag über)? K. Erbrechen und Uebelkeit. a) Ist die Uebelkeit dauernd oder vorübergehend, in Zusammen­ hang mit der Nahrungsaufnahme oder nicht? b) Beschaffenheit des Erbrochenen: Speisen, Schleim, Galle, Säure; Menge, Farbe, Geruch? c) findet das Erbrechen täglich statt, und wenn dies der Fall, zu welchen Zeiten? d) tritt es bei leerem, nüchternem Magen oder nach dem Fssen auf und eventuell wie lange nachher? e) zeigte das Erbrochene jemals Blut oder sonstige abnorme Beimengungen, bestand es überhaupt daraus? Die Anamnese. 51 f) ist das Erbrechen periodisch (mit Intervallen normalen Be­ findens.-'), und in welchen Perioden erfolgt dasselbe? g) Beschreibung des Vomitusactes (vorher Druck, Völle, Uebel­ keit, Würggefühl, heftige, krampfartige Schmerzen)? h) geht dem Brechact ein Stadium des Unbehagens voraus, oder werden die Speisen ohne derartige abnorme Sensationen herausgeworfen V i) tritt mit dein Brechact Erleichterung ein oder nicht? k) wiederholt sich das Erbrechen mehrmals am Tage oder in der Nacht und in welchen Intervallen? Stuhlentleerung. a) besteht Verstopfung oder Diarrhoe? b) wenn ersteres, erfolgen überhaupt spontane Stuhlgänge und in welchen Zeiträumen? c) falls nicht welche Hilfsmittel wurden verwendet (Abführ­ mittel |milde oder scharfe!], Fingiessungen oder Clysniata) und mit welchem Erfolg? d) Aussehen, Farbe, Geruch, abnorme Beimengungen der Stühle (Sehleim, Blut, Eiter, theerfarbene Stühle)'? e) erfolgten die Stühle unter Schmerzen und an welcher Stelle? f) besteht abnorm häufiger Stuhlgang und in welcher Häufig­ keit und Consistenz; von welchem Aussehen, Farbe? g) sind Hämorrhoiden, Blutungen, Schleimabsonderung oder ähnliche Absonderungen aus dem After vorhanden? Welcher Natur und wie stark sind dieselben? h) besteht Wundgefühl oder Brennen, waren am After einmal Fisteln, Proctitis oder Poriproctitis vorhanden? i) war jemals Blinddarmentzündung vorhanden, oder eine Bruch­ einklemmung oder Darmverschlingung ? Blähungen (Flatulenz). a) Character derselben und Begleiterscheinungen (starke Auf- treibung des Leibes, unangenehme Sensationen [Kopfschmerz, allgemeine Abgeschlagenheit u. a.|)? b) nur nach gewissen oder nach allen Speisen? e) in welcher Dauer und zu welchen Zeiten (sofern längere Zeit nach dem Essen, kurze oder längere Zeit anhaltend, regelnlässig oder periodisch, mit typischen Perioden oder unrogeimassigen Intervallen) ? d) Borborygini, Kollern, Gurren, Wühlen? 4* 52 Die Anamnese. N. Subjectiv wahrnehmbare peristultische Bewegungen. a) in welcher Gegend des Abdomens? b) abhängig oder unabhängig von den Verdauungszeiten ? c) regelmässig oder unregelmässig? 0. Fremdkörpergefühl im Abdomen. a) an welcher Stelle, bei Körperbewegungen die Lage wechselnd oder nicht? b) auf Druck schmerzhaft oder nicht; sind an der betreffenden Stelle spontane Schmerzen vorhanden? c) hat der vermeintliche Fremdkörper an Grösse zugenommen? Während einzelne Punkte der Anamnese hinsichtlich ihres dia­ gnostischen Werthes ohne weiteres klar sind, bedürfen einige andere einer eingehenden Besprechung. Das Verhalten des Appetits ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die extremsten Grade pathologischer Abweichungen des Anorexie. Nahrungsbedürfnisses bezeichnet man als Anorexie einer- und Bu- limie andererseits. Anorexie, d. h. absoluter Mangel an Esslust ist grossentheils der Ausdruck eines Nervenleidens und kommt besonders im jugendlichen Alter vor. Sie ist häufig in den höheren Ständen zu finden und prädominirt beim weiblichen Geschlecht schon wegen der bei letzterem so häufigen Hysterie. Starke Gemüthsbewegungen, anhaltende geistige und körperliche Ueberanstreiigungen, auch Furcht vor Beschwerden oder Schmerzen nach dem Essen erzeugen einen Alangel au Esslust oder selbst Ekel vor Speisen. Hierbei können im übrigen objeetive und subjeetive Magenbeschwerden fehlen oder, falls vorhanden, durch die Art ihres Auftretens den Verdacht auf ein nervöses Leiden bestätigen. Häufig beobachtet man hartnäckiges Daniederliegen des Appetits bei beginnender Lungenphthise. Es ist daher eine gründliche Untersuchung der Lungen in jedem Falle hartnäckiger Anorexie unabweisbar. Bei Magenleiden organischer Art wird absolute, lang anhaltende Anorexie nach meinen Erfahrungen nur in besonders schweren Fällen beobachtet. Das umgekehrte Verhalten des Appetites, die krankhafte Stei- ßuiimio. gerung wird als Bidimie (Ochsenhunger) oder als Cgnorexie (Hunde­ hunger) bezeichnet. Sie ist der Ausdruck einer excessiven Erreg­ barkeit der centripetalleitendcn, das Hungergefühl vermittelnden Nerven. In den meisten Fällen ist Bulimie Theilerscheinung ner­ vöser Störungen; in anderen kann sie auch als Coniplication ner­ vöser oder organischer Magen- und anderer Leiden vorkommen (LT- Die Anamnese. 53 cus ventriculi, Bandwurm, Soxualcrkrankungon. Gchirnaffectinnen, Neurasthenie). Von der Bulimie müssen wohl unterschieden werden die Poly- p0iyPhaj phagie und Aeorie Bei ersterer werden ohne besondere Steigerung Acono- der Appetenz abnorm grosse Mengen von Speisen und Getränken aufgenommen, und zwar kann dies die Folge abnormer Umsetzungen im Körper sein oder — und ich habe mehrere solcher Fälle be­ obachtet — auf einem Mangel an Sättigungsgefühl beruhen. Dieser Zustand kann als selbständige Neurose des Magens oder als Theilorscheinung allgemeiner Neurasthenie vorkommen und wird dann als Aeorie bezeichnet. Fälle dieser Art haben in neuester Zeit A. Beyer') und ich2) beschrieben. Polyphagie wird am häu­ figsten beobachtet bei Diabetes, bei der Beconvalesccnz von schweren Krankheiten (Typhus, Intcrmittens u. a.), sie erreicht unter U m ­ ständen eine erschreckende Flöhe bei Geisteskrankheiten (Epilepsie, Hydrocephalie, Gehirntumoren u. a.). Zwischen diesen Extremen liegen die verschiedensten Formen der Appetitveränderung' ( Parorexie) Ihre Aeusscrungen sind so parorexii verschiedenartig und gleichzeitig in so hohem Grade von äusseren und physischen Einflüssen abhängig, dass das Verhalten der per­ versen Appetenz als Symptom von Magenleiden sich schwer für die Diagnostik verwenden lässt Die im Folgenden aufgestellten An­ haltspunkte, die das Resultat eigener vierjähriger Beobachtungen darstellen, beanspruchen nur eine relative Gültigkeit. A m meisten liegt der Appetit bei den schwersten organischen Appetit Magenleiden danieder, bei Krebs, bei Atrophie der Magenschleim- Q ™ 1 ^ haut, bei der Gastritis chronica in ihren schweren Formen, bei amyloider Degeneration u. a. Hier fehlt der Appetit zeitweilig fast ganz, oder er ist auf gewisse, in der Hegel verbotene Substanzen (meist saure, scharf gewürzte) gerichtet. Viele Krebskranke verlangen dringend Heringsalat, saure Gurken, Salate, Bier u. a. Fast in allen Fällen besteht, director Widerwille, selbst Ekel vor Fleisch und an­ deren Eiweisssubstanzen. Zeitweiligen Heisshunger habe ich dagegen hierbei nie zu beobachten gehabt, wohl aber normalen Appetit, Sehr verschiedenartig ist das Verhalten des Appetits bei Magen- Appetit er Weiterung je nach Ursache, Grad sowie nach dem Zustande des e r ^ E Chemismus. Es besteht normale Appetenz, zuweilen selbst Heiss- ') A. Peyer, Feher 3Iagcnaffeetionen bei männlichen Genitalleiden. Volkm. Samml. klin. Vorträge Xo. 356, S. 25. -') Boas, Diagnostik und Therapie der Magenkrankheiten. II. Theil. 3. Aufl, S. '212. 54 Die Anamnese. hunger bei den mit Hyperchlorhydrie verlaufenden Dilatationen, da­ neben häufig excessives Durstgefühl. Schlechte, zeitweilig gänzlich mangelnde Appetenz besteht bei den mit Fäulnissprocesscn im Magen verbundenen Ectasieen. Appetit bei Bei Ulcus ventriculi ist der Appetit im allgemeinen erhalten, uicus ven- j a es k a n n .mca ^ev intercurrent ein krankhaft gesteigertes Nahrungs­ verlangen, zumal in den schmerzfreien Intervallen bestehen. In sel­ tenen Fällen kann aber das Hungergefühl auch herabgesetzt sein. Davon ist wohl zu unterscheiden die Furcht vor Nahrungsaufnahme wegen der hierdurch gesetzten Gastralgieen; sind die letzteren be­ seitigt, so äussert sich auch wieder das Nahrungsbedürfniss. Das Verhalten des Appetites bei den Folgezuständen des Ulcus (Pylorusstenose, Dilatation, Uebergang in carcinomatöses Geschwür) ändert sich allmählich und zeigt den Character, den dieselben auch sonst aufweisen. Appetit Becht clifferent ist das Nahrungsverlangen bei Gastroneurosen. beiMaegJn°-sen Ein Haupttypus dieser Art ist das Schwinden der Appetenz nach affectioDon. e j n e r |)ej ausgezeichnetem Nahruiigsverlangen begonnenen Mahlzeit; es tritt schon »nach dem ersten Löffel Suppe« Gefühl von Sätti­ gung ein, der Magen erscheint voll »wie eine centnerschwere Last«. In anderen Fällen ist der Appetit launenhaft, bizarr, je nach der Gemüthsstimmung, bald gesteigert, bald wieder auf Null reducirt. Auch wechseln Perioden guten mit solchen weniger guten, selbst fehlenden Appetits. Gerade hierbei k o m m e n eine Menge von Varia­ tionen der eigenthümlichsten Art vor, die sänimtlich aufzuzählen hier zu weit führen würde. Allen gemeinsam ist der wechselnde, sprin­ gende, ins Extreme umschlagende Character, der auf den nervösen Ursprung des Leidens mit grosser Deutlichkeit hinweist. Appetit bei Ein verschiedenes, gleichfalls in weiten Grenzen schwankendes den Mag«?-" Verhalten zeigen diejenigen Verdauungsstörungen, die als Bcgleit- oder affectionen. Folgeerscheinungen anderer chronischer Krankheiten, z B. Lungen-, phthise, Malaria, Herzfehler, Nephritiden auftreten: hier lässt sich ein bestimmtes Verhalten auch nicht einmal annähernd abstrahiren, da hierbei die Art und der Grad des zu Grunde liegenden Leidens den Zustand der Verdauungsfünotionen wesentlich heeinflusst. Schliesslich möchte ich zu erwähnen nicht unterlassen, dass das Verhalten der Appetenz keinen Schluss auf die Beschaffenheit der Magenftinetionen gestattet, Ich habe mich bei völlig danieder­ liegendem Nahrungsverlangen wiederholt von dem normalen Verhalten der ersteren überzeugen können und kenne unigekehrt eine grosso Die Anamnese. 55 Reihe von Fällen, wo bei schweren Functionsstörungen der Appetit ein vortrefflicher ist Von grosser Wichtigkeit ist das Verhalten des Durstes. Nur Durst. ausnahmsweise ist der Durst vermindert, bei vielen Magenaffectionen verhält er sich normal. Line auffallende Vermehrung des Durstes kommt bei Magenaffectionen mit daniederliegender Alagenmotion vor, am ausgesprochensten bei Mageneotasie. Hier besteht zugleich der diagnostisch ungemein wichtige Antagonismus zwischen Wasser- einfuhr und Urinsecrction. Auch bei Ulcus ventriculi ist der Durst und die Diuresc nicht selten gesteigert. Desgleichen besteht bei manchen Alagenneurosen vermehrter Durst, Das Verhalten des Geschmackes ist für die Diagnose von sehr <;Cschmac beschränktem Werthe. Er kann bei schworen Magenaffectionen nor­ mal, bei leichten in den verschiedensten Graden altcrirt sein. Fade, pappig, bitter ist er häufig bei chronischen Gastritidcn und beim Carcinom, faulig bei starken Gährungsprozessen und bei ulccrirenden Carcinomen im Magen, desgleichen bei Zersetzungen im Gebiete der Intestina, Auch bei nervösen Dyspepsieen kann der Geschmack qualitativ verändert sein. Dagegen ist er bei Ulcus und bei allen mit Superacidität verbundenen Magenstörungen gewöhnlich normal. Selbstverständlich kann ein schlechter Geschmack auch durch Krank­ heiten der Mundhöhle und des Pharynx bedingt sein. Auch cariöse Zähne, Periodontitis, Alveolar- und Pulpaentzündungen, Tonsillarpröpfe (J. Herzfeld)1) können faden, fauligen oder bitteren Geschmack bedingen. Die Beschaffenheit und Zahl der einzelnen Mahlzeiten kann Reiatioi werth volle Anhaltspunkte für die Diagnose ergeben. Namentlich ist TnTiTrp die Berücksichtigung der Diät für die Beurtheilung des Ernährungs- gewiew zustandes, sowie von Körpergewichts-Zu- und Abnahmen von grossem Werth. Sehr häufig sind nämlich Klagen über Gewichtsverlust nicht sowohl, mindestens aber nicht allein der Ausdruck eines destruetiven Leidens, sondern weit mehr der einer verkehrten Ernährung. So wird uns z. B. ein Gewichtsverlust bei Personen, die längere Zeit hindurch lediglich von Milch und Fleisch leben, nicht Wunder nehmen können, ebenso wie auch die Abstinenz von Fett und Fette enthaltenden Nahrungsmitteln verringerten Fettansatz bewirken muss. Wie häufig wird nicht unter Ausscrachtlassung dieser scheinbar trivialen Gesichtspunkte ein ernstes prognostisch ungünstiges Leiden diagnosticirt, das sich bei richtiger Anordnung des Speisezettels als gutartig erweist! ij J. Ilerzfeld, Therapeutische Monatshefte 1897, Januarheft, 56 Die Anamnese, Wichtig ist auch die Menge und Art der Getränke. Grosso Quantitäten Flüssigkeiten, mögen sie in Suppen, Kaffee, Theo, Mineral­ wässern oder alkoholischen Getränken bestehen, disponiren immer zur Erschlaffung der Magenmuskulatur, wenngleich, wie die Studenten­ zeit lehrt, der Magen nach dieser Hinsicht eine bewundernswerthe Connivenz zeigt. Practisch ist von Wichtigkeit, dass der Suppeu­ schi'endri'an in der von. manchen lerzten noch immer beliebten, mögliehst ausgiebigen Anwendung nicht wenig zur Verschlim­ merung vieler Magenleiden und zur Gewiehtsreduction führt. Diagnostische Die anamnestischen Angaben über dysphuyische Beschwerden BedderUng sind zwar ohne Zuhülfenahme der objeetiven Untersuchung kaum Dysphagie, verwerthbar, vermögen indessen der Diagnose häufig eine bestimmte Richtung zu geben. Hierbei hat man zunächst die Frage zu ventiliren, ob den Schluckbeschwerden Deglutitionshindernisse oder Hindernisse in der Passage zu Grunde liegen Erstere weisen auf Affectionen des Pharynx, letztere auf solche im Bereich des Oeso­ phagus hin. Von grösster Bedeutung bei letzteren ist der Grad der Behinderung, welcher sich aus der augenblicklichen Ernährungsweise des Kranken (feste, festweiche, flüssige Substanzen) ergiebt. Nicht übersehen darf die Frage werden, ob die Schluckbe­ schwerden nur zeitweilig vorhanden sind und ob Tage oder Stunden mit normaler Durchgängigkeit der Speiseröhre vorkommen. Auch ist zu eruiren, ob der Krampf oder Aehnliches unabhängig von der Nahrungsaufnahme auftritt, Man würde unter diesen Umständen an Oesophagismus zu denken haben. Bei Verdacht auf Divertikel ist ein diagnostisch nicht werth- loser Anhaltspunkt das Begurgitiren von Speisen oder Flüssigkeiten und deren Character (sauer, fade, schleimumhüllt), obgleich letz­ terem Punkte keine übergrosse Bedeutung zugemessen werden darf. Ausserdem vermögen die Kranken selbst die Aufmerksamkeit des Arztes auf eine gewisse Anschwellung der Halsgegend des typi­ schen Sitzes der Oesophagusdivertikel — nach Nahrungsziifuhr zu lenken. Das Globusgefühl bei Hysterischen wird wohl kaum bei sorg­ fältiger Erhebung der Anamnese unbeachtet bleiben, doch wird, wie vielleicht hervorzuheben nicht überflüssig ist, ein dem Globus sehr ähnliches Gefühl durch zähe, der Pharynx- oder Oesophaguswand anliegende Schleiimnassen bewirkt, Schmerzen während der Passage der Pissen ohne Stenose sprechen für einfache und entzündliche Processe im Oesophagus oder dessen nächster Eingebung (Mediastinum, Lymphdrüsen u. a.). Die Anamnese. 57 Die Provenienz von Blutungen bei Dysphagie lässl sich in der Hegel durch die anamnostischen Angaben nicht sicherstellen und er­ fordert daher eingehende weitere Untersuchung. Druck tm Epigastrium ist ein vielen Krankheiten des Magens Druck im gemeinsames Symptom. Diagnostisch kann dasselbe daher zur Diffe- E]'"' renzirung der in Betracht kommenden Affortionen kaum verwendet werden. Doch kann der Grad des Druckgefühls vielleicht einen Sehluss auf die Intensität der Digestionsstörung gestatten. In den leichteren Fällen besteht kurz nach dem Essen ein leichter, erträg­ licher, im Laufe der Verdauung schwindender Druck, während bei schweren Oastropathieen der Druck Stunden lang anhält; in wieder anderen Fällen stellt sich der Druck erst auf der Höhe der Magen­ verdauung ein. Schliesslich giebt es Kranke, die stets ein Gefühl von Druck und Völle in der Magengegend, selbst bei leerem Magen empfinden; dieses Druckgefühl wird häufig durch Lebersehreellungen hervorgerufen, kommt aber auch in einzelnen Fällen bei nerveisen Magenaffectionen, bei Verstopfung, Hämorrhoiden u. a. vor. Mit dem Druck ist häufig, aber nicht immer das Gefühl von ocruhi von Völle verbunden. Meist geht mit dem letzteren auch das erstere Fland in Hand, während umgekehrt Druck allein ohne Völlegefühl vorkommt, Es gestattet ebensowenig wie der epigastrische Druck irgend wie brauchbare diagnostische Schlüsse, indess niuss man bei hochgradiger Völle in erster Linie an abnorm langes Verweilen der Ingesta, also auf Störungen in der motorischen Sphäre denken. Schmerzen in der Maigemjegend bilden ein ungemein bedeu- si-umer« tungsvolles und diagnostisch wichtiges Symptom, wenn man sieb Mag.en^'P die Zeit nimmt, die Eocalisirung, die Intensität, den Character und das zeitliche Auftreten derselben genau zu erheben. In erster Reihe ist es wichtig, sich darüber zu unterrichten, ob die »Magen­ schmerzen« wirklich vom Magen ausgehen Selbst intelligente Pa­ tienten führen Schmerzen an irgend einer Stelle des Abdomens con- sequent auf den Magen zurück. Man thut daher gut, diesen Behaup­ tungen nicht zu viel Gewicht beizulegen und niuss hier neben Cardialgieen an Cholelithiasis, Nephrolithiasis, Darmkoliken denken und darauf hin examiniren. Hat die Anamnese es wahrscheinlich gemacht, dass Magenschmerzen vorliegen, so kommt es darauf an festzustellen, ob ein Zusammenhang zwischen letzteren und der Nahrungsaufnahme besteht. Ein solcher Zusammenhang findet sich theils bei organischen, theils bei nervösen Magenaffectionen, am häufigsten bei ersteren. Es ist ferner von Interesse, dass eine urosse Leihe chronischer Magenatfectionen ganz ohne Schmerz ver- 58 Die Anamnese. laufen können. Dies ist z. B. bei den sogenannten subacuten Dys- pepsieen ferner bei den meisten chronischen Magencatarrhen (im engeren Sinne) in ihren verschiedenen Stadien, endlich auch bei manchen nervösen Magenaffectionen der Fall. Auch Magencarci- nome, wenn sie nicht, direct am Pylorus sitzen, können völlig schmerzlos oder wenigstens ohne grössere Schmerzen verlaufen. Bei Pvloruscarcinomen sind dagegen Schmerzen namentlich in vorge­ schritteneren Stadien die Regel, Fehlen derselben zählt zu den Aus­ nahmen. Verschieden verhält es sich mit dem Schmerz bei Myasthenie und Magendilatationen.; geringere Grade derselben können durch­ aus ohne Schmerzen verlaufen, erst bei starken Abfiussbehindcrungen, besonders aber bei Gährungsprocessen stellen sich (wohl infolge der starken Gasansanimluiig, vielleicht auch wegen abnormer Reizungen durch die hierbei gebildeten Toxine) mehr oder weniger hochgradige Schmerzen ein. Jedenfalls deuten heftige Schmerzen bei Magendila­ tation (falls frisches Ulcus und Carcinom auszuschliessen) auf wesent­ liche Anomalieen im Magenchemismus hin. Selten fehlt Schmerz beim Ulcus ventriculi oder duodeni. Doch können Magengeschwüre, wie die zufällig bei Sectionen gefun­ denen ITcusnarben und plötzliche, ohne vorgängige Erscheinungen eintretende Perforationen eines Ulcus pepticum lehren, fast völlig symptomlos verlaufen. Der UIcusschmerz hat einen ganz bestimmten Character, der ihn von den übrigen an dieser Stelle vorkommenden Schmerzarten in der Regel ziemlich scharf unterscheidet: er ist na­ gend, brennend, wie von einer 'wunden Stelle herrührend. K o m m t es zum Magenkrampf, so strahlt er entweder diametral oder seitlich und hinten nach den Brustwirbeln zu aus. In seltenen Fällen ist der Wirbelschmerz ausgesprochener als der epigastrische. Für Ulcus ventriculi spricht das Eintreten des Schmerzanfalles etwa 80 bis 45 Minuten nach der Nahrungsaufnahme, bei Ulcus duodeni tritt der Schmerz erst erheblich später (!)0 bis 120 Minuten) nach der Nahrungsaufnahme auf. Bei letzterem ist der Ausgangspunkt des Schmerzes in der linken ParaSternallinie, bei Ulcus ventriculi am häufigsten genau in der Mittellinie. Im übrigen kommen für die Differentialdiagnose im wesentlichen Gastralgieen und Cholelithiasis in Betracht, Sehr ähnlich, wenn nicht identisch sind die Schmerzattaquen, wie sie bei hochgradiger Ilyperohlorhydrie auftreten. A m meisten unterscheiden sie sich vom UIcusschmerz dadurch, dass Eiweissdar- reichung (Milch Fleisch, Eier, Gallerten u, a.) sie auf kürzere Zeit Die Anamnese. 59 i'egohnässig beseitigt, doch kommt dies auch zuweilen bei Ulcus vor Wahrscheinlich wird der Superaciditätssclnner/ hervorgerufen durch kleine, folliculäre Ulcerationen, die bei weiterer Einwirkung von In­ sulten allmählich zunehmen und zur Bildung des tvpisehon Ulcus führen. Denn dass Hyporchlorhydrie an sich keineswegs heftige Schmerzen zu verursachen braucht, davon habe ich mich wiederholt überzeugen können. \ 011 grossem diagnostischen und prognostischen Interesse sind criscv, periodische Gasfrulgieen, wie sie entweder aU Crises gastriques bei -a";trir|l"'s- Tabes dorsalis oder als Vorläufer derselben oder als selbständige Neurose vorkommen (Levden 1), H ö m o n d 2 ) , Boas 3), Vagedcs1))- Der Schmerz, der in solchen Fällen nur selten ganz fehlt, zeichnet sich durch eine ausserordentliche Acuität, durch krampfartige Zu- saminenschiiürungen dos Epigastriums aus, die nach unten sowie nach dem linken Hypochondriuni bis zur Wirbelsäule bin ausstrahlen. Meist ist hiermit copiöses, sich über mehrere Tage, selbst Wochen hinziehen­ des Erbrechen verbunden. Derartige in verschieden langen Inter­ vallen auftretende Attaquen sind meist als InitiaEyinpt.omc von Tabes aufzufassen, falls nicht andere Krankheiten zu Grunde liegen, welche den Symptomenoomplex erklären. Hierher gehört auch die Gustroxynsis (Hossbuch Ü) oder oastrox.vnsii Gastro,eie (Lepine), bei welcher gleichfalls in unregelmässigen In­ tervallen mitten im völligen Wohlbefinden plötzlich heftige, mit dem Gefühl der Schärfe und Anälzung der Magenwand und intensiven Kopfschmerzen einhergehende und in copiöses Erbrechen auslaufende Schmerzen auftreten. Zu erwähnen bleibt noch das sogen. Sodbrennen, die Pip-osis, eyrosis. welches einmal durch Einwirkung scharf sauren, in den Oesophagus regurgitirenden Chymusbreies (Pvrosis hydrorhloriea, Sticker)'1), so­ dann leicht auch durch die im Verlaufe der Verdauung entstehenden Gase (Ammoniak u. a,), eventuell auch durch organische Säuren hervor­ gerufen wird. Doch können auch, wie Ale Naught gezeigt hat, bei normalem Säuregehalt des Magens die Symptome der Pvrosis vor- i) Levden, Zeitsclir. f. klin. Medicm 1882, Bd. 4, 11.4, S. (!05. -') Remond, Arch. .ueueral. de medecine 1880. 3) Boas, Deutsche medicinische Wochenschrift lsso, Xo. 42. 4) Vagedcs. Inaug.-Diss. Berlin 180 1. • rn Ifusshach, Deutsches Archiv f. klin. Med. 188.1, Bd. :;.!. <>) Sticker, Ilypersccrotion und llyperacidität des Magensaftes. Münchener med. Wochcusehr. l.s,S(>, Nu. '02 u. oo. 60 Die Anamnese. banden sein. E w a l d 1 ) , dem sich neuerdings auch v. Leube 2) an- schliesst, glaubt das Sodbrennen als eine Art motorischer Neurose, und zwar als einen Roizzustand der motorischen Sphäre ansehen zu sollen. Das Aufstossen kann je nach dem Character, den es zeigt, schon ungefähr auf die Art dos Leidens hinweisen. Ist es andauernd, krampfhaft und geschmacklos, so weist es ohne weiteres auf ein nervöses Magenleiden (Kruetatio nervosa) hin. Desgleichen spricht das Aufstossen und Hochkommen von Speisen für eine Neurose, wahrscheinlich eine Cavdiupavese. Hierbei macht es einen Enter­ schied, ob die Speisen ausgespieen oder nochmals hinuntergeschluckt werden. Im letzteren Falle liegt Ruminution vor; häufig stellt das Regurgitiren den ersten Beginn der Rumination dar. Das Aufstossen kann ferner sauer sein: es ist dies nach meiner Erfahrung selten durch Salzsäure, sondern meist durch organische Säuren, speciell Milch- und Buttersäure bedingt, Nur wo scharf ätzende, die Zähne stumpfende Massen in den Mund regurgitiren, darf man an Superacidität, durch Salzsäure bedingt, denken. U m ­ gekehrt spricht fauliges, nach Schwefelwasserstoff riechendes oder sonst fötides Aufstossen für hochgradige Gährungs-, bezw. Fäulniss- processe im Magen. Auch die Provenienz des Aufstossens ist unter Umständen nicht ohne Bedeutung. Zuweilen ist, wie ich mich mehr­ fach überzeugen konnte, die Quelle des Aufstossens gar nicht der Magen, sondern der Darm. Su ist dies 55. B. hei einem meiner Patienten der Fall, bei dem ein höchst explosives Aufstossen in fast regelmässigen Intervallen erfolgt. Die Auscultation ergiebt, dass die Gasbildung zuerst im Colon descendens, sowie auch im Bezirk der Dünndarnischlingen hörbar ist, erst einige Seeunden später hört man auch im .Magen Geräusch, und dann erst erfolgt eine mit starkem Gepolter einher­ gehende absatzweise Eructation. Bei demselben Patienten ergiebt die Auscultation des Magens ausser den gewöhnlichen Geräuschen nichts abnormes, wohl dagegen die Auscultation des Colon ascendens, descendens und der Dünndarnischlingen, an welchen Partieen man kurz vor dem Anfalle ein starkes Sausen (wie das Rauschen der Blätter im Walde bei starkem Wind) vernehmen kann. Erwähnenswert!) ist noch, dass bei manchen Kranken die Eruc­ tation, weil sie im Publicum als ein Zeichen des Wohlbefindens gilt, sportmässig betrieben wird, woraus sich allmählich eine Frschlaffüng der Cardia entwickeln kann. >j kwald, Klinik der Verdauungskrankheiten IL 8. Aufl., S. ;10.1. j^ v. Leube, Specielle Diagnose der inneren Krankheiten I, S. 240. Die Anamnese. 61 Die auainiiestischon Angaben über Uebelkeit und besonders über Erbrechen ~,jn,l von hoher serniotisrher Bedeutung, ja sie können unter Umständen allein die Diagnose sichern. Uebelkeit kommt bei einer grossen Leihe von Magenleiden vor, uebelkeit. namentlich ist sie bei den verschiedenen Formen des chronischen Mageneatarrhs ein häufiges Symptom. \uch beim Careinoin de> .Magens kommt die Uebelkeit in Begleitung von Erbrechen oder auch ohne dasselbe vor. Sie ist ferner auch ein häufiges Symptom des Baudwurmleiden.s. Sodann kommt Uebelkeit bei verschiedenen ner­ vösen Magenleiden vor; bei Myasthenie und Gastrectasie mit Gäli- ruiigserschcinungen ist sie neben Erbrechen oder auch allein ein häufiges Symptom. Auch bei Anäniieen und den damit verbundenen dyspeptisehen Beschwerden gehören Uebclkcitcn zu den alltäglichen Erscheinungen. In der Hegel schliesst sich das Gefühl von Uebel­ keit oder Unbehagen unmittelbar an die Nahrungsaufnahme an, doch kann es auch auf der Höhe der Verdauung eintreten. Uebelkeit bei leerem Magen tritt häufig ein bei nervösen Magenleiden, besonders bei Bulintie, bei Hysterischen, bei auf nervöser Basis beruhender Ilyperacidität; hierbei wird die Uebelkeit durch Nahrungsaufnahme meist schnell beseitigt, Weit wichtiger noch ist das Erbrechen. Erbrc.her Zunächst niuss man wohl unterscheiden, ob es sich bei dem in Frage stehenden Falle u m wirkliches Erbrechen oder u m andere ähn­ liche Zustände handelt. Fs kommen hiermit in Betracht: 1. Re. w. In keinem dieser Fälle darf man sich auf die Aus­ sagen der Kranken verlassen sondern ist verpflichtet eine genaue Inspeetion, bezw. Digitalexploration vorzunehmen. Blähungen (Flatulenz) kommen sowohl als Begleiterscheinungen Flatulenz. von Magen-, als auch Darmerkrankungen vor. Das zeitliche Auftreten ergiebt oft einen brauchbaren Hinweis der Ursache der Flatulenz. So spricht Auftreten bald nach dem Essen für abnorme Gasbildung im Magen, während es nach Beendigung der Digestion auf Gährungs- proecsse im Darm hindeutet, Der gut beobachtende Kranke weiss häufig auch anzugeben, ob hierbei die Qualität der Ingesta (Gemüse, Mehlspeisen u. a.) eine Rolle spielt. Periodisch in unregelmässigen Intervallen auftretende Flatulenz, unabhhängig von der Art der Nah­ rung, spricht für die nervöse Genesis der Störung. Kollern, Gurren spricht gleichfalls für abnorme Fermentationsprooesso im Darm, die Ursache derselben kann indessen ohne genaue Untersuchung nicht festgestellt werden. Subjeetiv waJirnehmbare pcristaltische Bewegungen im Ab- Peristaiusc dornen beobachten zuweilen die Kranken selbst und geben es direct an. Sie haben dabei das Gefühl, als wenn ein W u r m sich langsam fortschlängelt (daher die sehr richtige Bezeichnung »wurmförmige Bewegung«). Welchem Abschnitt diese in jedem Falle abnormen Vorgänge entsprechen, muss die weitere Untersuchung lehren. Die diagnostische Bedeutung derselben s. unter Inspeetion S. 70. Bei manchen Individuen, die einen Tumor in ah domine herum- Premdkörp tragen, besteht ein characteristisches Fremdkörpergefülil. Dies &efuhl- kommt allerdings mehr bei verschieblichen, mit der Respiration auf_ und absteigenden Tumoren vor, doch auch bei Geschwülsten des Magens wird es nicht so selten von den Kranken erwähnt, Die Kranken vermögen auch ungefähre Angaben über den Sitz, die Grösse, die Sehmerzhaftigkeit, das Wachsthum u. a. zu machen Dass solchen Angaben ein wesentlicher diagnostischer Werth nicht beigemessen werden darf, ist selbstverständlich, indessen kann man die Angaben bei der Erhebung des Status praesens mitunter doch mit Vortheil, aber auch mit \'orsicht benutzen. 5* 68 Die Krankenuntersuchung. VIERTES CAPITEL. Die Krankenuntersncliung. 1. Die Inspeetion. Die Inspeetion, die bei der Diagnostik innerer Krankheiten zwar keine so hervorragende Rolle als die übrigen Untersuchungs­ methoden spielt, unter gewissen Umständen jedoch einen nicht zu unterschätzenden Factor bei der Diagnose in sich schliesst, ist eins der schwierigsten und ein nur durch grosse Uebung und Erfahrung am Krankenbett zu erlernendes diagnostisches Hilfsmittel. Die Inspeetion hat alle diejenigen Momente zu berücksichtigen, die überhaupt bei der Diagnose eines inneren Leidens in Betracht kommen. Für die genaue Diagnose von Digestionskrankheiten kom­ men aber noch einige besonders wichtige Punkte hinzu, deren Kennt- niss unerlässlich ist. Hierzu gehört in erster Linie eine sorgfältige Inspeetion der Mundhöhle. Dieselbe soll uns unterrichten: 1) über die Beschaffenheit der Zähne und des Zahnfleisches, 2) über Aussehen und Yerhalten der Zunge, 3) über etwaige Abnormitäten des Gaumens, 4) über den Zu­ stand des Pharynx, eventuell auch des Nasenrachenraums! inspeetion Das Aussehen und der Zustand der Zähne gewährt insofern An- nundhönie. haltspunkte, als cariöse Zähne oder Gingivitis und Stomatitis sehr leicht die Ursache eines Magenleidens bilden, bezw. es befördern können. Ebenso kann der Mangel einer gehörigen Mastication bei Fehlen von Zähnen hartnäckige, lang anhaltende Reizzustände des Magens im Gefolge haben. Eine besondere Beachtung verdient auch der Zustand etwa vorhandener Gebisse. Dieselben können bei tech­ nisch mangelhafter Ausführung chronische Reizzustände der Zahn- und Mundschleimhaut mit ihren ungünstigen Folgen für die Magen­ verdauung nach sich ziehen. Ferner bilden, wie jeder erfahrene Praktiker weiss, Gebisse bei ungenügender Sauberkeit wahre Brut­ stätten für Pilzinvasion, die theils durch locale Reizung, theils durch Hineingelangen in den Magen den Digestionsablauf stören kann. Miller1) giebt in seinem mehrfach angezogenen, trefflichen i) Miller, 1. c. Die Kranken Untersuchung. 69 >>orke eine lehrreiche Darstellung dieser in der Praxis viel zu wenig gewürdigten Thatsachen. Das \ussefni»eti-n zu den letzterwähnten diagnostischen Hilfsmitteln meines Erachtens immer noch weit überschätzt. Ich kann nach Erfahrungen an einem reichen Material Magen- und Darmkranker sagen dass die diagnostische Bedeutung des Aussehens der Zunge, wenn auch nicht vollkommen werfhlos, so doch von höchst untergeordneter Bedeutung ist, Ich habe Patienten mit »belegten« Zungen gesehen, die sich eines beneidenswertben Appetites und, wie die Sondenuntersuchung lehrte, der besten Magenverdauung erfreuten, und ich kenne um­ gekehrt Patienten mit den reinsten Zungen, die an Wochen- und nionatolangor Anorexie litten. Namentlich auffallend ist die meist glatte Beschaffenheit der Zunge bei Magenkrebs. Die Beschaffenheit der Zunge ist im allgemeinen (von acuten fieberhaften Krankheits- zuständen abgesehen) im wesentlichen nichts anderes als ein Aus­ oder besser Abdruck der' Mund- oder Raeheuhö/ilenbesehaffeuheit. Bei sorgfältiger Untersuchung der letzteren wird man kaum jemals als Ursache der schlechten Zunge Zahncaries, Periodontitis, Gingivitis? Stomatitis, Pharyngitis, Schwellungen im Nasenrachenraum, adenoide Vegetationen, Salivation, veränderte Beschaffenheit des Mundspcichels u. a. vermissen. Häufig sieht man auch bei absoluter Milchernährung eine belegte Zunge, ohne dass der Magen hieran betheiligt ist. Erst wenn man alle diese Zustände mit Sicherheit ausschliessen kann, gewinnt der Gedanke eines Zusammenhangs der Zungenveränderiing mit dem Magenleiden an Wahrscheinlichkeit. Aber selbst für diese Fälle glaube ich mich auf Grund direct auf diesen Punkt gerichteter Untersuchungen zu dem Schluss berechtigt, dass bei chronischen. Verdauungsaffcctioiien 1) Appetenz und Beschaffenheit der Zunge nicht in direetem, ersichtlichem Zusammenhang mit einander stehen, •J) dass die Beschaffenheit der Zunge absolut keinen Schluss auf das Verhalten des Magens, die Art und den Grad der Störung gestattet, A m weichen Gaumen kommen am wesentlichsten die Bo- inspeetion schatfenheit der Tonsillen (Grösse, Narben, Entzündungen, Geschwüre) t.^ha™. in Betracht, insofern sie zu einer vermehrten Speicholsoeretion führen und hierdurch zu Digestionsstörungen Veranlassung bieten können. Der Pliarqnx ist besonders wegen der hauptsächlich bei Rauchern und Potatoren häufigen chronischen Entzündung desselben von grosser Bedeutung. Da nicht selten chronische Magenleiden Eolgozustände verschleppter Pharyngitiden darstellen, so kann gerade dieser Zusammenhang diagnostisch wie therapeutisch nicht sorgfältig 70 Die Krankenuntersuchung. genug beachtet werden. Ich habe jahrelang als »Magencatarrhc« be­ handelte Fälle nach Beseitigung des Pharynxcatarrhs in überraschend kurzer Zeit heilen sehen. inspeetion Die Inspeetion des Abdomens selbst bietet zwar in manchen Abdomens Bällen nur spärliche, in anderen dagegen recht brauchbare Resultate, Bevor man an die Inspeetion des Abdomens geht, muss man sich klar machen, was man überhaupt sehen kann. Man kann unter günstigen Verhältnissen, namentlich bei abnormer Luftansammlung', die Umrisse des Magens, besonders seine vordere untere Fläche, bei Dcscensus ventriculi die kleine und grosse Curvatur, ferner auch Umrisse einzelner Darmschlingen oder selbst Darmpartieen sehen; weiter kann man mehr oder weniger scharf hervortretende abnorme Hervorwölbungen gewisser Theile der Abdominalwand oder, be­ sonders bei dünnen Bauchdecken, Neubildungen erkennen und auch deren Grösse und Grenzen einigermassen abschätzen. Namentlich wenn Sonnenlicht oder von einer Sammellinse Lampenlicht vom Kopfe des zu Untersuchenden her auf die Abdominalwand fällt, kann man eine grosse Menge feiner Nuancen wahrnehmen, welche für dann folgende Palpation eine brauchbare Directive bieten. In manchen Fällen hat man Gelegenheit, peristaltische Bewe­ gungen im Bereich des Magens und Darmcanals zu sehen. Die­ selben sind entweder ohne weiteres sichtbar oder sie werden es auf äussere Reize hin (Aetherspray, Faradisirung u. a.). In der Magen­ gegend verlaufen die Bewegungen in der Richtung der physio­ logischen Peristole, in seltenen Fällen (z. B. bei Enterostcnosen oder auch bei hochgradiger Pylorusstenose) beobachtet man auch anti- peristaltische Bewegungen. peristaltische W o die abnormen Bewegungen am Magen stark ausgesprochen mruhe. g-n(1 un(1 aU(,|1 nnahhängig von der Nahrungsaufnahme vorkommen, spricht man nach dem Vorgang von Kussmaul1) von »peristaltischer Unruhe« des Magens. Dieselbe ist entweder der Ausdruck eines er­ schwerten Exportes aus dem Magen und beweist immer eine Ver­ engerung am Pförtner oder stellt eine Art Motilitätsneurose dar (Tormina ventriculi nervosa). Ich habe Gelegenheit gehabt, einen derartigen Fall von nervöser peristaltischer Unruhe des Dünn­ darms mit gleichzeitig bestehender Obstipation und Schmerzen im Bereich des Darmcanals längere Zeit zu beobachten. i) Kussmaul, Die peristaltische Pnruhe des Magens etc. Volkmann's Samml. klin. Vorträge No. 181, 1SS0. Die Krankenuntersuchung. 7] Eichhorst1) giebt in einigen Fällen an, während tles Lebens das Botehen einer Sanduhrform dos Magens an einem tiefen Ab­ schnitt etwa in der Mitte der grossen Curvatur erkannt und durch die Section totgestellt zu haben. Auch ich verfüge über einen Fall von Gastrectasie mit deutlich sichtbarer Sandurtheiluug des Magens, allerdings ohne Seetionsbefund. 1 ober die Inspeetion dv< Magens nach Kolileiisäureaufblähung s. S 102. 2. Die Palpation des Magens. Die Palpation des Magens ist ein (Ren so schwieriger wie an diagnostischen Ergebnissen fruchtbarer Theil der Untersuchungs- methoden. Sie ist gleichsam die Quintessenz aller diagnostischen Eiiehciroson und als solche unentbehrlich. Allerdings ist es mit dem »blossen Hineingreifen ins volle Menschenleben« nicht gethan, als Bedingung niuss vielmehr gelten, denkend zu palpiren und pal- pirend zu danken. Die Technik des Palpirens ist, wie leicht hegreiflich, nicht aus Beschrei- hungen zu lernen, sondern es kommt hierbei mehr oder weniger auf die persön­ liche Fehung an. Febrigens weicht auch die Technik *\vv Palpation hei ver­ schiedenen Untersuchen] in weiten Grenzen ah. So z. B. wird von manchen hervorragenden Aerzten mit flachen, von anderen mit gekrümmten Fingern palpirf, manche Aerzte halten das Anziehen der Kniee bei der Palpation des Abdomens für erleichternd, andere nicht. Trotzdem halten sich im Laufe der Jahre einige allgemein bewährte Grundsätze eingebürgert. Ich werde gleichzeitig mit diesen meine eigenen Erfahrungen in folgenden Punkten foriniitiren. 1) Eine gründliche Palpation hat zur Voraussetzung, dass der Verdauungscanal leer ist; indessen stört in vielen Fällen massige Füllung des Magens und Darmes die Palpation nicht. Bei starker Füllung oder bei Auftreibung des Leibes durch Gase oder reichlichen Inhalt ist eine Entleerung des .Magens (durch Sonden- einführung) und des f»armes (durch Irrigation) unbedingt nothwendig. 2> Die Palpation hat mit genügend erwärmter Hand zu geschehen, Berührung mit kalten Fingern ist nicht allein für den Patienten unangenehm, sondern er­ schwert auch die Procedur wegen der hierbei auftretenden reflcctorischen Spannung der Bauchdecken. .">) Die Palpation niuss stets in Rückenlage vor­ genommen werden, weil nur so die nöthige Entspannung der Abdoniinalwand bewirkt wird; man kann zwar zuweilen die Palpationsergelmisse in Rückenlage mit denen in stehender Stellung vergleichen, bezw. sie zuweilen selbst ergänzen, im wesentlichen alter vermag man in der Regel in Rückenlage alle der Palpation überhaupt zugänglichen Theile am sichersten und schärfsten durchzuführen.'-'} -L F m auch sonst den nöthigen Entspannungsgrad zu erreichen, thut man gut, die Auf­ merksamkeit des Patienten durch Fragen anamnestischer oder mit dvv eigent- M Eichhorst, Lehrbuch der physikalischen Untersuchungsmethoden, Bd. II., S. 107. -j Von Chlapowski. Lennhoff, Schuster u. A. ist neuerdings die Palpation im Bade, besonders zur Erkennung zweifelhafter Tumoren, lebhaft empfohlen worden. 72 Die Krankenuntersuchung. liehen Krankheit in keinem Zusammenhang stehender Natur von dem unter­ such tingsub je et abzulenken. 5) Bei manchen Patienten ist Beugung der Kniee oder auch Hüftgelenke behufs Erschlaffung cmpfchlenswerth, in anderen ist auch hierdurch wenig zu erreichen. (>) Dagegen ist kurzes schnelles Athmen fast immer von günstigem Einfluss. 7) Ein für alle Tumoren des Abdomens empfeh- lenswerther Handgriff besteht in der bimanuellen Palpation, die theils so zu geschehen hat, dass man sich mit der einen Hand den fraglichen Tumor ent­ gegendrückt, so dass dann die andere ihn bequem abtasten kann. In vielen Fällen hat es sich mir bei Tumoren des Magens, Darms und der Leber, des Pancreas, der Milz u. a. zweckmässig erleichternd erwiesen, mit der einen Hand einen kräftigen Druck auf den Rücken zu üben und hierdurch tiefliegende Neoplasmen der palpirenden Hand zu nähern.]) 8) Häufig wird ein Tumor des Magens erst in linker oder rechter Seitenlage gefühlt, der sonst der Palpation un­ zugänglich ist oder Schwierigkeiten bereitet. 9) Bei genügender Erschlaffung ist in erster Linie eine kurze Orientirang über die Topographie der Abdominal­ organe äusserst wichtig. Man palpire demnach vom Epigastrium anfangend der Reihe nach das Mcsogastrium, die Hypochondrien, die Pnibilicalgegend, die Regio iliaca, bezw. die Ileocöcalgegend, das Hypogastrium und die Inguinalgegend. Hierbei achte man sofort auf etwaige Schnierzhaftigkeit, überzeuge sich von der Beschaffenheit der Bruchpforten und achte auf das Vorhandensein einer abnormen Resistenz, auf etwa vorhandene acustische Phänomene. Plätschern, Gurren oder eine Neubildung und sonstige Abnormitäten. 10) Es folgt jetzt eine nochmalige systematische Palpation der wichtigsten Abdominalorgane. Man beginnt zweck­ mässig mit der Abtastung der Magengegend, berücksichtigt sofort das Quercolon, palpirt die Leber- und Gallenblasengegend, geht dann das Colon abwärts, tastet die Dünndarmpartieen ab, geht zum Colon descendens und palpirt die Milzgegend. Bei der Häufigkeit von dislocirten oder Wandernieren thut man in jedem Falle gut, beide-Nieren gegenden bei der Palpation der betreffenden Colonabschnitte mit zu berücksichtigen. 11) Der Palpation des Abdomens hat bei Frauen die Unter­ suchung der Genitalien bei irgend welchem Verdacht auf organische Erkrankungen zu folgen. 12) Bei Männern mid Frauen thut man gut, in den meisten Fällen die Untersuchung per rectum vorzunehmen und hierbei auf etwaige Fissuren, Proc- titis oder Periproctitis Analfisteln, Hämorrhoiden, Geschwülste oder Geschwüre sorgfältig zu achten. Wo Blutungen, Schleim- oder Eiterabsonderung aus dem Mastdarm staltfinden darf, die Rectalexploration nie versäumt werden.-) Hat die in der genannten Weise ausgeführte Palpation ein ano­ males Verhalten ergeben, so ist dasselbe weiter genau zu prüfen. In Betracht kommen hierbei: !) Feh erinnere mich mehrerer Fälle meiner Consultativpraxis, bei denen die betreffenden Collegen einen Tumor trotz genauester Untersuchung nicht zu fühlen vermochten, während er mittelst des erwähnten Handgriffes mit über­ raschender Deutlichkeit zu Tage trat. '*) L e u b e erwähnt in seiner ausgezeichneten «Diagnostik innerer Krank­ heiten«, wie oft von anderen Aerztcn als Hämorrhoidalleiden diagnosticirte Fälle sich als Carcinome des b'ectuins entpuppt hätten. Ich kann mich auf Grund der­ gleichen in den letzten Jahren mindestens ."> Mal gemachte Erfahrung, wobei es sich übrigens stets u m jüngere Individuen handelte, dem eindringlichen Rath dieses erfahrenen Forschers in jeder Hinsicht ansehlicssen. Die Krankenuntersuchung. 73 a) Druckempfindlichkeit, S c h m e r z , Druckpunkte. Man stellt zunächst den Ort und die Ausbreitung der schmerz­ empfindlichen Gegend fest, wodurch man Anhaltspunkte gewinnt, welchem Theile der Bauchhöhle dieselbe angehört. Schmerzhaftigkeit der liegio epigastrica ist nicht immer auf den Magen zu beziehen, da auch Entzündung und Schwellung des linken Febcrlappons, viel­ leicht auch des Pancreas, schmerzhaften Druck hervorrufen kann. Auch Schmerzhaftigkeit in der Gegend der grossen Curvatur spricht keineswegs in allen Fällen für Betheiligung des Magens, sondern mit derselben Wahrscheinlichkeit für Affection des Quoreolon. des Dünndarms oder des Netzes, Eine sichere Eocalisirung der schmerz­ haften Partie ist, falls der Magen nicht nach unten dislocirt ist, fin­ den Pylorus und die regio pylorica. sowie die Gegend der kleinen Uurvatur, da beide von der Leber bedeckt sind, unmöglich oder mindestens unsicher. Diagnostisch wesentlich verschieden sind Druokcinptindliohkeit, directer eircumseripter oder auch diffuser Schmerz und Druckpunkte theils im Gebiete dax Magens, theils am Dorsum. DruckempflndJiehkeit prägt sich dadurch aus, das der Patient Druck beim Palpiren des Epigastriums — u m dieses handelt es sich ja in ' nip[|oit! der Pegel -- eine nicht genauer zu definirende, unangenehme Empfin­ dung, aber keinen Schmerz hat.1) Es ist diese Druekompfindliehkeit ein häutiges aber durchaus nicht immer vorhandenes Symptom bei chronischen Entzündungszuständen der Magenschleimhaut der verschie­ densten Art, also namentlich bei der chronischen Gastritis in ihren verschiedenen Stadien, bei Neurosen des Magens, bei Verdickung der Pylorusmuskulatur, bei fiäehenhaft wachsenden, noch nicht bis zur Palpation fortgeschrittenen Carcinomen u. a. Auch beim Ulcus ven­ triculi (s. u.) kann Druckempfindlichkeit, namentlich in späteren Stadien, bei nicht völliger Vernarbung, bei etwaigen Verwachsungen u. s. w. bestehen. Man sieht hieraus, dass die Druekompfindliehkeit allein zu keinem oder nur zu einem höchst vorsichtigen diagnostischen Schluss berechtigt. M Für den Anfänger sei bemerkt, dass jeder brüsque Druck auf die Magen­ gegend nicht allein für den Kranken sein- unangenehm ist sondern auch sehr leicht pathologische Zustände vortäuscht. Man vergesse nie. dass das Epigastrium, zumal bei fettarmen Personen, auch schon normaler Weise auf starken Druck schmerzhaft ist. 74 Die Krankenuntersuchung. Dor ch-cum- Der eigen.fliche, circumscripta^ chronische Schmerz hat etwas g^ensojimVrz. *o Charaetcristisehes, dass es ihn von allen übrigen Formen des Magenschmerzes scharf scheidet. Dieser Schmerz ist »wund«, bren­ nend, höchst unangenehm, so dass der Patient beim Palpircn nicht selten Abwehrbewegungen macht. Ein recht häutiges Zeichen des typischen Magenschmerzes, das ich regelmässig Gelegenheit habe, meinen Zuhörern zu demonstriren, ist das schmerzhafte Verziehen des Gesichtes schon bei vorsichtiger Berührung der betreffenden Stelle. Zuweilen, aber keineswegs constant, wird bei Betastung der schmerz­ haften Stelle ein diametral gelegener Schmerzpunkt an der Wirbel­ säule angegeben, ja in einzelnen Fällen überwiegt die Schmerzhaftig­ keit an jener Stelle die im Epigastrium. Diese Art der Schmerzem- pfindung ist, wo sie deutlich ausgesprochen und scharf auf den Magen- bezirk localisirt ist, ein ungemein werthvolles diagnostisches Zeichen für das Bestehen eines Ulcus ventriculi oder — was praktisch das­ selbe ist — hämorrhagischer Erosionen. Hiermit soll indessen nicht gesagt sein, dass ein minder heftiger Schmerz den Verdacht auf Ulcus ausschlicsst. Acut- oder chronisch-entzündliche Verwachsungen oder Verklebungcn von Magen- mit Darmabschnitten können zwar dem Ulcus ähnliche Schmerzhaftigkeit hervorrufen, in solchen Fällen muss aber stets das ätiologische Moment (Trauma, Peritonitis, Phleg­ mone des Magens) nachweisbar sein. Diffuse Diffuse, d. h. über den ganzen epigastralen Theil des Magens schmerz- selbst bis zum Nabel ausstrahlende Schmerzhaftigkeit kommt 1. bei haftigkoit.. , phlegmonöser Gastritis. 2. bei Perigastritis, .3. bei perforativer Ver­ wachsung des Magens mit Nachbarorganen, namentlich dem Quer- colon oder Pancreas und der Leber, dem Duodenum u. a. nach Ulcus- durchbruch vor. Die erstere ist vom Ulcus durch das Fieber, die hochgradigen Collapscrscheinungen, den Meteorismus zu unterscheiden, die letztere u. a. durch die dem Bilde der acuten Peritonitis gleichende, bei leisester Berührung zu den schwersten Paroxysmen sich steigernde Schmerzhaftigkeit, auch sonst durch die schweren Allgemeinerschei- nungen. Für Perigastritis sprechen starke Druckempfindlichkeit des gesammton Epigastriums oder ein starker Schmerz lud Druck hart am linken unteren Thoraxrand, besonders wenn er sich bei starkem Becken oder Bückwärtsbeugen äussert. Doch lassen die genannten Symptome immerhin nur eine Vermuthungsdiagnose zu. Aus dem Sitz des Ulcusschmerzes kann die Differontialdiagnose zwischen Ulcus ventriculi oder eluodeni unter günstigen Bedingungen entschieden werden. W o z. B. die Schmerzhaftigkeit constant rechts von der Mittellinie, in der Linea parasternalis sich befindet, wo ausser- Die Kranken Untersuchung i o dem auch spontan die genannte Stelle Sitz der Schmerzen ist, wo ferner kein Bluterbrechen, sondern ausschliesslich Blutabgaim in der charac- toristisehcn Form per rectum erfolgt ist, gewinnt die Diagnose Ulcus duodeni wesentlich an Wahrscheinlichkeit. Praktisch ist ührieens diese Scheidung, die, wie gesagt, nur unter günstigen Umständen mit annähernder Sicherheit ermöglicht wird, ohne wesentliche Be­ deutung, da sowohl die klinischen Erscheinungen im acuten Stadium, als auch die Folgezustände und schliesslich auch die Therapie in Nichts von denen beim Ulcus ventriculi abweichen. Schmerzhafte Druckpunkte im Bereich der vorderen M;mon- in-n.-kpunk<.o. fläche kommen nicht selten zur Beobachtung. Dieselben unterscheiden sich nach meinen Beobachtungen dadurch, dass sie weit weniger heftig sind, tiefer liegen, auch nicht einer eorrospondirenden Stelle an der Wirbelsäule entsprechen. Die am häufigsten in Betracht kommenden Druckpunkte betreffen die Gegend des Plexus coeliacus s. solaris (die Arteria coeliaca umgebend), und des Plexus aorticus abdominalis. Häufig sind mehrere eircumseripte Druckpunkte zu beobachten, von denen einzelne selbst ausserhalb der Magengrenzen liegen. In solchen Fällen kann man Ileus mit grosser Wahrscheinlichkeit aus- schliessen, in anderen müssen die übrigen Momente für die Diagnose herangezogen werden. Da es sich bei Vorkommen von multiplen schmerzhaften Druckpunkten wesentlich um die Frage handelt, ob nervöse Dyspepsie vorliegt und da, gleichzeitig mit letzterer in der Pegel andere Nervengebiete functionelle Anomalleen zeigen, so wird bei sorgfältiger Berücksichtigung dieser Punkte tue Entscheidung nur selten auf Schwierigkeiten stossen. Doch darf nicht vergessen wer­ den, dass Ulcus ventriculi sich auch bei Neurasfhenikern, bezw. bei nervöser Dyspepsie etabliren kann. Nicht selten kommen subjeetive und objeetive Schnierzcmprin- dungen am Magen bei epiga st ri sehen Hernien (Ilerniae lineae albno) vor. Sie liegen besonders in der oberen Hälfte der Medianlinie, mehr oder weniger weit vom Xabelring entfernt, sind von sehr be­ scheidener Grösse oder erreichen einen ausserordentlichen Umfang: sie sind bald mehr, bald weniger schmerzempfindlich und lassen zu­ weilen ein cigenfhümliches Phänomen (Spritzphänonion, Litten), ähnlich dem bekannten llydatidenschwirren, erkennen. Sie bestehen meist aus Nefzparticen. Näheres darüber s. im spccicllen Theil. Eine nicht geringe diagnostische Bedeutung kommt, worauf ich zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt habe, den Druckpunkten au. der Wirbelsäule zu. 76 Die Krankenuntersuchung. Wir können hiervon unterscheiden: 1) Druckpunkte oder besser Druckbezirke bei Ulcus ventriculi, 2) bei Cholelithiasis, 3) bei Gastro- neurosen. Die crsteren haben bei Ulcus ventriculi, wo sie sich mindestens in einem Drittel aller Fälle finden, ihren Sitz links von der Wirbelsäule, hart um Körper des 12. Brustwirbels. Davon kommen, wie das bei der Veränderlichkeit des Alagens und des Geschwürssitzes nicht Wunder nehmen kann, gelegentlich auch Ab­ weichungen vor: indem der Schmerzbezirk höher, etwa am 10. oder 11. Brustwirbel, oder tiefer bis zur Höhe des ersten Lenden­ wirbels liegen kann. Gelegentlich findet man eine correspon- dirende Schmerzhaftigkeit auf der rechten Seite, doch ist in diesem Falle der links gelegene Druckpunkt der empfindlichere; zuweilen ist nur die rechte Seite, und zwar hart am Wirbelkörper Sitz der Schmerzhaftigkeit. Namentlich ist dies beim Sitz des Ileus am Pylorus oder Duodenum der Fall. Der Druckbezirk bei Cholelithiasis befindet sich gleichfalls in der Gegend des 12. Brustwirbels, aber 2 — 3 Fingerbreit von den Wirbelkörpern entfernt. Derselbe dehnt sich von da aus häufig noch weiter nach rechts hin aus, bisweilen bis zur hinteren Axillarlinie. Linksseitig findet man entweder gar keine oder eine erheblich ge­ ringere Schmerzhaftigkeit. Ausser dieser localen Druckernpfindlich- keit kommt in acuten Anfällen noch eine diffuse, sich über die ganze hintere Leberfläche erstreckende Schmerzhaftigkeit vor. Die erst­ genannte kann Wochen und Monate lang nach dem Anfall noch be­ stehen bleiben und auf diese Weise in zweifelhaften Fällen die Diagnose auch da ermöglichen helfen, wo die Leberschwellung be­ reits lange vorüber ist. Im Gegensatz zu diesen local gut begrenzten Druckbezirken findet man bei Neurosen des Magens die allerverschiedensten Schmerz­ zonen, bald rechts, bald links stärker ausgeprägt, bald mehr in Form einzelner unzusammenhängender Bezirke, theils in Form mehr diffuser, einen grossen Theil des Bückcns einnehmender Partieen, theils hart an die Wirbelkörper angrenzend, theils mehr die seitlichen Partieen umfassend. Die folgenden drei Schemata stellen Typen der drei verschiedenen Formen von Druckpunkten an der Wirbelsäule dar (s. Fig. 6). W e n n von einzelnen Autoren diese praktisch wichtigen Druck­ punkte theils gänzlich ignorirt, theils (Biegel1) gering angeschlagen i) liiegel, Die Erkrankungen des Magens, I. Th., S. 27. Die Krankenuntersuchung. 77 werden (nur L e o 1 ) hält sie für diagnostisch verwerthbar), so niuss ich demgegenüber nach jahrelanger Prüfung die Wichtigkeit derselben aufs Neue hervorheben. In wirklich typischen Fällen von Ulcus Fig. 6. Typischer Druckpunkt bei Ulcus ventriculi. b. '1 ypischer Druckpunkt Cholelithiasis. *K .'7 K: / / QliQ K \ <-. Druckbezirke bei Magenneurosen. und Uholelithiasis dürften dieselben bei sorgfältiger Untersuchung selten ganz vermisst werden, in anderen Fällen k o m m e n sie wenigstens so häufig vor dass sie die zweifelhafte Diagnose stützen, zuweilen i) Leo, Diagnostik der Krankheiten der Bauehorgane, 2. Aufl., S. 'S~t 78 Die Krankenuntersuchung. Fig. 7. erst ermöglichen. In einer grossen Reihe von Fällen habe ich auf Grund der Druckpunkte die Diagnose Cholelithiasis gestellt, wo bis dahin von sehr hervorragender Seite Ulcus ventriculi diagnosticirt war: meine Diagnose wurde durch späteren Abgang von Concre- menten und Icterus bestätigt. Behufs Messung der Intensität des Schmerzes an einem be­ stimmten Abschnitt des Gastrointestinaltractus hat sich ein von mir construirter »Algesimeter-(0) ausser­ ordentlich bewährt. Der Apparat (s. Fig. 7) besteht aus einem Hohl- cylinder, in welchem sich eine Spi­ ralfeder befindet. An dem Cylinder ist eine ganze, halbe und viertel Theilstriche aufweisende Scala an­ gebracht, welche die Belastung der Spiralfeder, und zwar von 0,5 bis 10 Kilo anzeigt. Eine u m den Cy- linder gelegte Feder folgt der Spi­ rale so, dass man nach erfolgter Com- pression unmittelbar den mittelst des Handgriffs auf die Unterfläche aus­ geübton Druck an der Scala ablesen kann. U m einen Schmerzbezirk ge­ nau abzugrenzen, kann der Apparat an seinem unteren Ende mit drei verschiedenen pelottenartigen, leicht abhebbaren Ansätzen armirt werden. Die Prüfung der Schmerzhaftigkeit des Epigastrium hat nun folgende Resultate ergeben:. Bei normalem Magen beträgt die Druckempfindlich­ keit von 5 Kilo aufwärts bis zu 10 Kilo. A m ausgesprochensten ist Algesimeter. . , .,., . . . . . . . sie bei l lcus ventriculi; sie schwankt hier zwischen 0,5—3 Kilo-). Geht die Schmerztoleranz darüber !) Zu beziehen durch Instrunientcnmachcr W . Tasch, Berlin, Oranienburger­ strasse 27. 2) Auch bei acuter Gastritis und Gastroenteritis kann eine circumscripte und ausgeprägte Schmerzhaftigkeit bestehen, doch ist das Leiden durch den Ver­ lauf und den übrigen Syinptoinencomplex so scharf characterisirt, dass falsche Deutungen kaum denkbar sind. Die Krankenuntersuchung. 7 Magens, sowie etwaige abnorme von demselben aus­ gehende Neubildungen festzustellen. Technik der Percussion des .Magens. Die Percussion des Magens erfordert gegenüber den supradiaphragmal ge- Tivhnik der legenen Organen eine ausserordentlich subtile Technik. Fs handelt sich hier zu- PerctisMon. weilen tun die Abgrenzung der allerfeinsten Kchalldifferenzen, falls den Resultaten eine brauchbare diagnostische Bedeutung beigemessen werden soll. Daher ist zur Festslellung der Magengrenzen ausschliesslich die Fingerpercussion anzuwenden, besonders auch deshalb, weil dvr ]iercutirende Finger bei einiger Uebung durch die Palpation den Befund controlliren, bezw. ergänzen kann. Die Fingerpercussion hat im allgemeinen leise zu geschehen, namentlich ist behufs Feststellung <](,'v unteren Magengrenze ausschliesslich leise Percussion anzuwenden, während bei Abgrenzung des von der linken Lunge überlagerten Fundusabschnittes etwas stärkere Percussion unter Umständen zweckdienlicher ist. A m geeignetsten für die Percussion des Magens ist die Rückenlage, da hierbei die Bauchmuskulatur genügend entspannt wird; sie ist diejenige Lage, bei der sich die Abgrenzung am genauesten vornehmen lässt doch ist unter Umständen auch die Percussion bei aufrechtem Körper von Nutzen, namentlich bei gefülltem Magen, da hierbei die Flüssigkeit nach vorn tritt, was die Bestim­ mung der unteren Magengrenze wesentlich erleichtert. Freilich darf man nicht vergessen, dass das Resultat der Percussion bei aufrechter Körperstellung durch die in contrahirtem Zustande schon an sich eine leichte Dämpfung gebende Bauchmuskulatur nicht unwesentlich alterirt wird. In anderen Fällen ist auch Percussion in Seitenlage mit Vortheil verwend­ bar, indem hierbei der flüssige Mageninhalt nach der Seite fällt, auf der der Kranke liegt, wobei die in Rückenlage gedämpft klingende Zone tynipanitisch erscheint. Welchen Theil des Magens man zuerst percutirt, ob man von oben oder von unten, in der Mammillar- oder ParaSternallinie beginnt, ist von keiner ein­ schneidenden Bedeutung. Man percutirt nach meiner Ansicht am besten zunächst die untere Grenze, als die wichtigste Orientirungslinie und zwar in der verlän­ gerten Parasternallinie von der Symphyse an aufwärts. Sodann percutirt man von der 4. Eippe abwärts nach der vorderen Axillarlinie, bis man auf tympani- tischen Schall kommt. Von dieser durch Blaustift zu bezeichnenden Crenzc wen­ det man sich in horizontaler Richtung nach rechts, bis man auf den Dämpfung's- bezirk kommt, der durch den Debergang des unteren Leberrandes mit der unteren llcrzgrenze (etwa im ö. Intcrcostalraum zwischen Parasternal- und Mammillarlinie) bezeichnet wird. Denkt man sich die genannte Linie bis zum Rippenrand ver­ längert, so hat man ungefähr den ganzen im Ilypochondriuni liegenden Fundus­ theil umschrieben. Leichtonstern"1) machte den Vorschlag, die untere Magengrenze mittelst »Stäbchen-Plessinieterpercussion« zu bestimmen. W e n n man nämlich den Magen i) Leichtenstern, Deutsche Klinik 1873, Xo. 23. S6 Die Krankenuntersuchung. auscultirt und gleichzeitig in der Nähe des Stethoskops das Plessimeter mit einem metallenen Körper (z.B. mit einem silbernen Katheter) percutirt, so gelingt es meist einen schönen Metallklang über dem Magen hervorzurufen, der sich von dem gleichfalls Metallklang gellenden Colon acustisch gut differenziren lasse. Die Methode, die nach Weil1) zu Täuschungen Veranlassung geben kann, hat sich in der Praxis nicht eingebürgert. Es handelt sich bei der Percussion des Magens (s. Fig. 8 u. !)) lediglich u m den der vorderen Thorax-, bezw. Bauchwand anliegenden Abschnitt, da dieser in der Begel allein der Percussion zugängig ist. Fig. 8. Lage des Magens, von vorn gesehen. 1. Magen. 2. Leber. 3. Herz. 4. Lungen. 5. (komplementäre Pleuraräume. 6. Colon transversum. (Nach Eichhorst.) Indessen gilt dies nur für normale Verhältnisse und auch da nur unter gewissen Umstanden. Ist nämlich der Magen in tote nach abwärts gerückt, so kann auch die kleine Curvatur bei stark ge­ fülltem Organ in ihrer ganzen Ausdehnung percutorisch gegen die ') Weil, Handbuch u. Atlas der topograph. Percussion. 2. Aufl. 1880, S. 173. Die Krankenuntersuchung. 87 Ueber abgegrenzt werden. Dasselbe ist auch zuweilen bei normaler Magongrössc möglich, wenn man den Magen stark mit Luft anfüllt, Es handelt sich bei der Percussion des Magens um die folgen­ den Grenzen: 1. Die untere Grenze; '1. Die obere Grenze; o. Die rechte Grenze; 4. Die linke Grenze. Fig. 9. kann ähnlic Sie w (also weist Lage des Magens, von hinten gesehen. 1. Magen. 2. Milz. 3. Nieren. (Nach Eichhorst.) Die Bestimmung der unteren, der Hauptgrenze des Magens wegen der Angrenzung an das acustisch gleichen oder sehr hen Klang gebende Quercolon auf Schwierigkeiten stossen. Percussion der unteren Grenze. rerden am grössten sein, falls beide denselben Inhalt haben beide Luft oder Luft und feste Substanzen u. s. w.). Dies uns zugleich auf den einzuschlagenden W e g hin: es ist noth- 88 Die Krankenuntersuelmng. wendig, gut differenzirbure Sehalldifferenzen zwischen beiden In- testinalabschnitten zu schaffen. Enthalten z. B. Quercohui und Magen nur Luft, so kann man den letzteren mit Wasser füllen, wodurch an Stelle des früheren nicht differenzirbaren, laut tympanitischer ge­ dämpft tympanitischer oder sogar gedämpfter Schall tritt. Enthält das Guercolon und der Magen feste Substanzen, so kann die Ab­ grenzung zwischen beiden, falls man nicht auf andere Hilfsmittel (Aufblähung) recurrirt, resultatlos bleiben; indessen ist auch in solchen Fällen zwischen dem in diesem Falle starke Dämpfung auf­ weisenden Gucrcolon und dem meist tympanitisch gedämpften Magen­ schall eine Differenz erkennbar. Dass in solchen übrigens nicht häutigen Fällen eine zweite Untersuchung nach erfolgreicher Darm- evaeuirung folgen muss, ist bereits früher (S. (UV) betont. Bei flüssigem Inhalt im Colon wird man, wie P a c a n o w s k D ) mit Becht hervor­ hebt, in aufrechter Stellung, wo sich der Darminhalt nach unten senkt, zwischen Magen und Darm eine Zone hell tympanitischen Schalles erhalten, der bei Bückenlagc wieder schwindet. Methode von Die Erfahrung lehrt indessen, dass in einer nicht geringen Zahl un^Dehio v o n Fällen die Abgrenzung nach unten brauchbare Resultate nicht ergiebt. Alan benutzt daher, wie bereits erwähnt, künstliche Schall­ differenzen meist in Gestalt von Luft (s. S. 102) oder Flüssigkeits­ einführung in den Magen. Die letztere, zuerst von Piorry in neuerer Zeit von Penzoldt-) empfohlen, beruht auf folgenden Beob­ achtungen: Lässt man einen Gesunden bei nüchternem Magen 1 Liter Flüssigkeit trinken, so befindet sich die der grossen Curvatur ent­ sprechende Dämpfung stets oberhalb des Nabels. Bei eetatischem Magen dagegen kommt die Dämpfung mehr oder weniger tief unter Nabelhöhe zu stehen. Noch zweckmässiger und eleganter ist die von Pehio 3) ge­ gebene Modification des Piorry-Penzoldt'schen Verfahrens. Der­ selbe lässt zunächst Vi Liter Wasser trinken und bestimmt die Lage der grossen Curvatur, darauf folgen in kurzen Abständen noch drei­ mal Dosen von je Vi Liter Wasser. Der gesunde Magen erreicht dann, wie oben erwähnt, die Nabelhöhe nicht, während der mecha- nisch-insufficiente Magen dieselbe weit überschreiten kann. Auch ge­ stattet diese Methode, was sie uns besonders werthvoll erscheinen lässt, den Tonus der Magenmuskulatur zu prüfen, indem bei My- V Pacanowski, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 40. *) Penzoldt, Die Magenerweiterung. Erlangen 1877. • !) Dehio, Verhandlungen des siebenten Congresses für innere Mcdicin. 1888. Die Krankenunteisuchung. 'S1) asthenie schon nach 1 bis •_> Glas Walser der Magen schnell nach unten sink!. Es irostattel dieses Vorfahren also auch ohne Zuhülfenahme der Sonde Erschlalfungs/ustände der Mauenwand leicht /u erkennen. Obrastzow 1) hat mit Hilfe der percu.torischen Palpation da-1 Verhalten der unteren Magengrenze zum Gegenstand einer eingehenden Studie gemacht. Er theilt den supraumbilicalen Abschnitt, d. h. die Entfernung zwischen Processus xiphoi- deus und Nabel in drei gleiche Theile und findet danach die untere Magengrcnze sowohl bei Männern wie bei Weihern im untere nsupraumhiliealen Drittel. Bei Kin­ dern unter fünfzehn Jahren rückt die untere Magengrcnze selten bis zur Nabel- horizontalen, jenxäts der fünfziger dagegen kommt sie öfter unter dem Nabel vor, zwischen diesen (bvnzen ist der Einfluss des Alters undeutlich. -- Durch vorher­ gegangene Schwangerschaften wird die untere Magengrcnze nach abwärts gedrängt. Ebenso wird die untere Magengrenze durch alle mit Tiefstand des Zwerchfells einhergehendeii Krankheiten nach unten gerückt, also durch Emphysem, Pleuritis. Pneumothorax. In gleicher Weise wirken Leber- und Milzvergrössorungcn. Ein­ gekehrt wirken alle das Zwerchfell hinaul'driingeuden Processe, also der schwan­ gere Pferus, die prall gefüllte Harnblase. Ausser den genannten Millionten kommt für die Höhe der unteren Magen­ grenze die Ernährung in Betracht, indem dieselbe bei guter Constitution und Er­ nährung im mittleren supraunibilicalcn Drittel, bei mittlerer Ernährung an der Crenze der mittleren und unteren, bei schlechter Ernährung nahe der Nabelhöhe zu liegen kommt. Die Bestimmung der oberen Grenze (Magcn-Lungengrcnze) he- u.siininnin- gegnet gleichfalls nicht, geringen Schwierigkeiten, da, eine ohne ''^,1'(',,'^'J" weiteres unterscheidbare Schalldiffercnz zwischen linkem unteren Lungenrand und dem höchsten Theil dos Magenfundus nicht existirt. Doch gelingt nach meinen Beobachtungen bei mittlerem Luftfüllungs­ grade und sonst normaler Magengrösse und -Lage die Abgrenzung wenigstens einiger müssen. Nach den Bestimmungen von Pacanowski-), die mit früheren von Wagner"') gut übereinstimmen, liegt die obere Grenze: in der linken ParaSternallinie am unteren Bande dax fünften Bippc oder im fünften Inton-ostaUaum (selten an der vierten Bippc oder im sechsten Interoosfalraum); in der linken Mamillarlirrie im fünften Iniep-oslalr m m bis zur sechsten Bippe (mitunter auch schon im vierten Intcr- costalraum) oder erst auf der siebenten Bippe; in der vorderen, linken. Axillarlinie am unteren Bande der siebenten oder achten Bippe, selten unterhalb der sechsten Bippc, niemals unter der achten Bippe. i) Obrastzow, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. PJ, S. 417—löO. •-!) Pacanowski. 1. c. S. :V\2. '.) Wagner, Inaug.-Dissert. Marburg ISIj'.J. 90 Die Krankenuntersuchung. Bestimmung der rechten und linken Die Abgrenzung des genannten Abschnittes ist gegenüber der unteren Magengrcnze von geringer Pignität. Dagegen kann sie in anderer Richtung von Wichtigkeit werden, nämlich bei linksseitigen pleuritischen Exsudaten, Pneumonieen, linksseitigem Emphysem, Pneu­ mothorax, wobei der »halbmondförmige Raum« Traube's (welcher bekanntlich oberhalb des Rippenbogens zwischen diesem, dem Rand der Leber, Lunge und Milz gelegen ist, also etwa dem Fundus des Magens entspricht) mehr oder weniger verkleinert wird. Hieraus allein folgt schon, dass eine Verkleinerung des Fundusabschnittes des Magens bestehen kann, ohne dass dieser selbst irgend wie in seiner Grösse oder Lage verändert ist. Ebenso schwer zu bestimmen und gleich wenig diagnostisch verwerthbar ist die rechte Magengrenze (Magen-Lebergrenze). Mit Mag-ongrenze. ^ e cht nimmt Pacanowski (s. o.) eine untere unterhalb des vorderen Leberrandes und rechts von der Medianlinie und eine obere, von dem linken Loberlappen begrenzte rechte Magengrenze an. Nur der obere Theil ist bestimmbar, er findet sich 5 cm von der Medianlinie entfernt. Die linke Magengrenze (Milz-Magengrenze) ist bei der Schwierig­ keit der pereutorischen Milzbestimmung nur unter besonders günstigen Verhältnissen construirbar und gleichfalls von untergeordneter Be­ deutung. Nicht ohne Interesse für die Diagnostik ist die percutorische Bestimmung der grössten Magenhöhe und Magenbreite, d. h. des Abstandes des höchsten und tiefsten, sowie des am meisten nach rechts und links gelegenen Punktes von dem durch Percussion nach­ weisbaren Magenschallraum. Pacanowski (s. o.), der nach W a g n e r hierüber die genauesten Messungen angestellt hat, fand, dass die grösste Flöhe immer weniger als die grösste Breite beträgt. Speciell betrugen bei: Magenhöhe und Magenbreite. Männer krauen Höhe 11—14 cm 10 cm Breite 21 cm IS cm Höhe zu Breite 1 : 1,5—2 1: 1,8—2 Aenderuugen der Die Percussionsfigur des Magens kann sich im wesentlichen Perfusions- unter dreierlei Umständen verändern: fl£ur- 1. wenn bei normalem Magen die benachbarten Grenzorgane eine Verkleinerung oder Vergrösserung erfahren. 2. wenn der Magen selbst durch welche Ursachen auch immer sich vergrössert oder verkleinert, wenn der Magen seine Lage oder Stellung verändert. Die Krankenuntersuchung. «U ad 1. Verkleinerung der pereutorisehen Figur kommt vor: a) bei Vergrössorungeii des linken Leborlappons. hierbei wird die Magon-Loborgrenze nach unten und links verschoben: b) bei linksseitiger Pleuritis, selten auch Pneumonie, links­ seitigem Emphysem, Pneumothorax, Milzvergrösserung und Ilcrzhypcrtrophie; hierbei wird der obere Magenabschnitt (Alagen-Lungengrenzc) verkleinert. Vergrösserungeu erfahrt die Pereussionsfigur: a) bei Verkleinerung des linken Leberlappens, b) bei linksseitiger Lungenschrumpfung. c) bei Descensus ventriculi durch Tumoren, dislocirte Niere u. a. d) bei grossem, aber sonst physiologischem Magen {Megaslrie; Ewald). ad '2. Verkleinerung des Alagens ist klinisch mit Sicherheit selten nachweisbar; höchstens ist es erlaubt, die Diagnose ver- muthungsweise zu stellen, falls trotz Kohlensäure- oder Luftauf­ blähung die grosse Curvatur höher als .">— f> cm über Nabelhöhe bleibt. Doch kann es sich in solchen Fällen auch u m adhäsive Ver­ wachsungen einzelner Magenabschnitto mit dem Quercolon, der Gallen­ blase u. a. bei normal grossem Magen handeln. Vergrösserung des Magens wird in den meisten Fällen durch Magenerweiterung bedingt, jedoch ist der Nachweis einer Magcn- vergrösserung allein für die Diagnose Ectasie nicht ausreichend. Magenerweiterung kann ferner zusammen mit Tiefstand des Magens vorkommen. ad 3. Aenderung der Pereussionsfigur durch Lageaerände- rung kommt vor: a) bei Verticalstellung des Magens; dieselbe kann erworben (starkes Schnüren) oder angeboren sein, b) bei Situs inversus, wobei Cardia und Fundus rechts, Py­ lorus links zu liegen kommt, c) bei Tumoren, z. B. am Pylorus, wodurch besonders die Portio pylorica stark dislocirt werden kann. Neben der pereutorisehen Abgrenzung des Magens ist, die Per­ cussion auch für etwaige von der Alagcnwand ausgehende Tumoren von Bedeutung. Dieselben geben, da sie auf einer lufthaltigen Mem­ bran sitzen, in der Regel einen gedämpft tympanitischen Schall zum Unterschied von Leber- und Pancreastumoren, welche absolut ge­ dämpften Schall geben. Doch kann, wie v. Leube gezeigt hat, auch bei Magentumoren der Schall gedämpft sein. !>2 Die Kraiikcnuntersuclmng. 4. Die Auscultation des Magens. Obwohl der Auscultation des Magens keine entscheidende Be­ deutung zukommt, ist sie doch nicht ganz ohne diagnostischen Werth. Es handelt sich dabei um: f. Auscultation der Schluckgeräusche. schluck- Bekanntlich hört man während des Schluckens, wenn man in cnuische. (jcj, (-;e„.clh| {p,s Schwertfortsatzes auscultirt, zwei Gerauscht;. Das erstere erfolgt unmittelbar im Anschluss an den Schluckact und macht den fandruck, als ob eine Flüssigkeit durch einen lufthaltigen Raum mit einiger Energie durchgespritzt wird. Daher hat es Mjoltzer1) auch als »Durchspritzgeräusch« bezeichnet. Ewald-) nennt es »primäres Geräusch«. Diesem folgt einige bis zu 12 Se- eunden darauf ein zweites, weniger helles und klangvolles, mehr »grossblasiges« Geräusch, das Ewald als »seeundäres«, Meltzer als »Durchpressgeräusch« bezeichnet. Während das primäre Ge­ räusch aus noch nicht bekannten Gründen zuweilen fehlen kann, ist das zweite weit constantcr, indessen kann auch dieses in einzelnen Fällen fehlen. Unter pathologischen Verhältnissen, d. h. bei Ver­ engerung der Cardia, wird das normale Auftreten des zweiten Ge­ räusches sich wesentlich verzögern müssen, auch der Timbre des­ selben wird ein anderer, indem die Flüssigkeit sich allmählich, stoss- weise, gurgelnd hindurchzwängt,. Unter diesen Umständen kann das­ selbe erst nach 50 — 70 Secunden eintreten und mehrere Secunden bis zum völligen Verschwinden gebrauchen. Bei totalem oder nahezu totalem Cardiaverschluss kann sowohl primäres als auch seeundäres Geräusch vollständig fehlen, indessen ist dies nicht absolut beweisend, da, wie gesagt, auch bei normaler Durchgängigkeit der Cardia die Schluckgeräusche fehlen können. Umgekehrt, spricht Vorhandensein des ersten und zweiten Geräusches innerhalb der normalen Zeiten unbedingt gegen Oesophagus-, bezw. Cardiastenose. "2. Auscultation der Magengeräusche. Magen- Unter manchen Umständen hört man, falls der Magen mit eräusche. Flüssigkeit und Luft gefüllt wird, bei Lagewechsel des Kranken, zu- i) Meltzer, Centralhl. f. d. medic. Wissenschaften. 1883, Xo. 1. a) Ewald, Klinik der Verdauungskrankheiten. Theil I, S. 64 u. f. Die Krankenuntersuchung. !*:] weilen auch bei einfacher Bewegung (schnellem Gehen) oder endlich bei wechselnder Contrartion und Erschlaffung der Bauchdecken (worin manche Menschen es bis zu einer bewundernswert heil Virtuosi­ tät bringen) ein plätscherndes Geräusch, auch Sueeussionsgeräuseh genannt, ähnlich dem, wenn Wasser in einer schlaffen Blase langsam geschüttelt wird. Diagnostisch zeigt dieses Symptom, auch wenn es bei subjeetiv gesunden Personen vorkommt, eine abnorme Erschlaffung der Magenmuskulatur, bezw. auch eine Relaxation der Ligamente des Magens an. K o m m t es auch bei nüchternem Magen schon zur Beob­ achtung, so ist es. namentlich im Verein mit dem Ergebniss der Palpation und Percussion, ein recht wichtiges unterstützendes Moment. für die Diagnose1: Ectasie des Magens. Ausser den oben erwähnten Plätschergcräuschen hört man in einzelnen Fällen auch Gurrgeräusche, und zwar, wie Kussmaul 1) betont, wenn der Inhalt, des Magens im wesentlichen aus Luft be­ steht, Diagnostische Bedeutung kommt diesem Geräusch indessen nicht zu. Wichtiger sind die »spritzenden«, brodelnden, singenden Ge­ räusche, die man bei der Auscultation des Magens hört. Nach meinen recht zahlreichen Beobachtungen kann man einmal Gerauscht; unterscheiden, welche in gewissen Intervallen auffreien und, wie es scheint, den acustischen Ausdruck der Peristole und deren Ein­ wirkung auf den Chymus darstellen; diese Geräusche haben einen mehr »schlürfenden« Character, als wenn eine Flüssigkeit schnell eine Wand entlang strömt. Die übrigen Geräusche verdanken ihre Entstehung mehr dem Aufsteigen von Luftblasen, das im Verlaufe des Vcrdauungsactes schon normaler Weise statt zu haben pflogt, bei abnormer Gasgährung aber besonders hohe Grade erreichen kann. Bei nüchternem Magen fehlen Geräusche dieser Art vollkommen, Vor­ handensein derselben lässt daher mit einiger Sicherheit auf abnorme Betention von Chymus schliessen. Im übrigen ist das Auftreten der genannten Geräusche nur für Abnormitäten der Verdauung beweisend, wenn es noch längere Zeit nach der Ingestion (also 5 — 7 Stunden nach der Hauptmahl­ zeit, ?>—\ Stunden nach den kleinen Mahlzeiten) beobachtet wird und in besonders starker Intensität auftritt. In seltenen Fällen wollen einige Beohachter (Williams, Thorspeckl er) hei Ruptur des Magens ein deutliches, knallähnliches Geräusch wahrgenommen Indien. Eigene Erlalirungen hierüber stehen mir nicht zu Gebote. Strümpell'-) M Kussmaul, Volkmanns Sammlung klin. Vorträge., Xo. 1S1. -') Strümpell, Berlin, klin. Wochenschr., 1879, No. 30. 94 Die Krankemmtersuchung. berichtet über weit hörbare, mit der Respiration isochrone Geräusche in einem Falle von Magenerweiterung, und Lakeri) theilt eine interessante Klangerschei­ nung (»Läuten«) hei einem Magenkranken mit, die nach seiner Ansicht durch die stark pulsirende Bauchaorta oder den Ilerzstoss, welche einen Stoss auf den an­ liegenden etwas dilatirten Magen übten, bedingt war. 5. Die Sondenuntersuchung des Magens. Die Anwendung der Magensonde kann diagnostisch zu ver­ schiedenen Zwecken in Betracht kommen: 1. zur Feststellung etwaiger Hindernisse im Oesophagus, bezw. in der Cardia, 2. zur Feststellung der Lage eventuell auch der Grösse des Magens, o. behufs Entnahme von Mageninhalt, u m den chemischen Ab­ lauf der Digestion im Einzelfalle kennen zu lernen. ad 1. Man kann sich hierzu entweder der sogenannten englischen Sonden oder der für die Magensondirung jetzt wohl allgemein ge­ bräuchlichen Nelaton-Schläuche bedienen. Ich bin mit v. Leube 2) der Ansicht, dass die erstmalige Untersuchung einer Stenose stets am besten mit der Nelatonsonde (Tube Faucher) geschieht. Erst nach localer Feststellung des Hindernisses kann man vorsichtig zur Application der englischen Sonde übergehen. Geringe hierbei ent­ stehende Blutungen fürchte ich nicht, da sie, ein genügend schonendes Verfahren vorausgesetzt, fast niemals von ungünstigen Folgen be­ gleitet sind. Andererseits kann man unter günstigen Umständen aus der mikroskopischen Untersuchung etwaiger an der Sonde haftender Gewebsbestandtheile die Diagnose des der Strictur zu gründe liegen­ den Leidens stellen (z. B. bei Carcinom des Oesophagus oder der Cardia). Die schwarzen, sogenannten französischen Sonden, welche aus biegsamem Hartgummi bestehen, halte ich wegen der Unmög­ lichkeit einer exaeten Säuberung und wegen ihrer leichten Brüchig­ keit für ungeeignet. Sonden- ad 2. Zur Feststellung der Lage, eventuell auch der Grösse '• des Magens hat v. Leube früher die harten englischen Sonden ver­ wendet. Hierbei ist es zuweilen möglich, die Sondenspitzc bei schlaffen Bauchdecken hindurchzufühlen und dadurch, eventuell auch durch Palpation vom Rectum aus die untere Grenze des Magens fest­ zustellen, v. Leube 3) selbst ist indessen von dieser in der That 0 Laker, Wien. med. Presse, 18S0, Xo. 43 u. 14. 2) v. Leube, Specicllc Diagnose der inneren Krankheiten, 1889, S. 224. 3) v. Leube 1. c. S. 253. Die Krankenuntersuchung. !>f> diagnostisch unsicheren und nicht ungefährlichen Methode zurück­ gekommen. Eine sehr viel einfachere und durchaus ungefährliche Methode der Feststellung der Lage dos Magens, bezw. der grossen Curvatur stellt, wie ich nachgewiesen habe-1) die Palpation des in den Magen eingeführten weichen Magenschhiuchcs durch die Bauch- decken dar. Fig. 10. U m etwaige Zweifel zu beseitigen, ob die Sonde wirklich der Richtung der grossen Curvatur folgt, habe ich im Verein mit meinem früheren Assistenten Schmilinsky-) den W e g der Sonde im aus- i) Boas, Centrallil. f. innere Medicin, 1896, Xo. 6 und Deutsche Medicinal- Zcitung, lS'.K), Xo. 22. i Referat eines in der II ufcland'sehen Gesellschaft zu Berlin gehaltenen Vortrages.) -) s. a. Schmilinsky, Archiv für Verdauungskrankheiten Bd. 2, lieft 2. 96 Die Krankenuntersuchung. geschnittenen, mit dem Oesophagus verbundenen Magen verfolgt. Es hat sich dabei folgendes herausgestellt: Die Sonde geht zunächst gerade auf den absteigenden Schenkel der grossen Curvatur zu (Fig. 10). Erst hier stösst der Sondenknopf auf Widerstand, er weicht' demselben aus, indem er längs der grossen Curvatur bis zur pars pylorica gleitet. Dort findet die Sondenspitze wiederum ein Hinder- niss. Schiebt man nun von aussen weiter, so macht die Sonde nun­ mehr eine Umbiegung mit der Konvexität nach dem Fundus zu, und zwar ist der Bogen zuerst flach, vertieft sich aber immer mehr, wobei zugleich ein mehr oder weniger vollkommenes Anlegen der Sonde an den tieferen Fundusabschnitt erfolgt. Bei grosser Gewandt­ heit ist das Verfahren bei fast allen Magenkranken, namentlich den in der Einführung des Schlauches Geübten, möglich. Schon bei meinen ersten Versuchen gelang es mir in mehr als 80 % aller Fälle, jetzt ist die Procentzahl noch gewachsen. Was die Technik der Sondenpalpation betrifft, so sind hierbei folgende Punkte zu beachten: Die Untersuchung geschieht am besten bei leerem oder massig gefülltem Magen (Va — 1 Liter Flüssigkeit und in liegender Position des Kranken). U m ein Ausströmen von Magensaft zu vermeiden, thut man gut, das vordere (obere) Sonden­ ende durch einen Quetschhahn abzuklemmen. Kennt man die Lage und Grösse des Magens nicht, so ist es immer vorzuziehen, eine recht lange (etwa 80—100 cm) Sonde einzuführen. Ausser im Liegen kann man die Sonde auch zuweilen im Stehen palpiren. Unter diesen Umständen gelingt es, einen bald grösseren, bald geringeren Theil der an der grossen Curvatur liegenden Sonde zu palpiren W o man etwa unsicher ist, ob der fragliche Körper die Sonde oder koii- trahirte Darmschlingen sind, thut man gut, den Patienten anzu­ weisen, die Sonde langsam herauszuziehen. Verschwindet hierbei die fragliche Resistenz, so hat man es zweifellos mit der Sonde zu thun gehabt. Ausser der Feststellung der grossen Curvatur vermag man mittelst der Sondenpalpation auch unbestimmte Tumoren (Magen, Darm, Leber, Netz, Nieren), sowie zweifelhafte Schmerzbezirke (Magen, Darm, Netz u. a.) besser zu lokalisiren. Jedenfalls ist die genannte Palpationsmethode bei ihrer Ein­ fachheit und Sicherheit die beste, und zugleich physiologisch ein­ wand freieste Methode der Feststellung der grossen Curvatur und des Pylorus, die wir bisher haben. Andererseits kann auch die weiche Sonde mittelbar zum Auf- schluss über die Lage und Grösse des Magens verwendet werden, I de Kranken Untersuchung. 97 wenn man mittelst derselben den Magen mit Luft aufbläst oder das Organ durchleuchtet (s. darüber S 102 u. 113). ad. .'5. Die wichtigste und bedeutungsvollste Bereicherung unserer diagnostischen Hilfsmittel stellt die Entnahme von Mageninhalt mittelst der Sonde dar. Wir erhalten hierdurch nicht nur einen deutlichen Ueberbliek über die chemischen Vorgänge im Magen, sondern auch über dessen motorische Thätigkeit. Daraus ziehen wir ferner einen nicht, hoch genug zu taxirenden Vortheil für die Therapie. Wir können z. B. dem Kranken auf Grund der hierbei gewonnenen Er­ fahrungen eine Diät verordnen, welche sich nicht auf theoretische Voraussetzungen, sondern auf die Ergebnisse der chemischen und mikroskopischen Analyse stützt. Form und Beschaffenheit der Magensonde. Eine brauchbare Magensonde niuss nach meinen Erfahrungen folgenden An- neschaffenheit forderungen entsprechen: 1. Sie niuss aus elastischem, aber doch nicht zu bieg- ein Länge und 6 m m Lichtung haben (für Kinder ent­ sprechend kürzen- und taiger). In manchen Fällen, z. B. bei abnormer Länge des Oesophagus oder Tiefstand, bezw. Dilatation des .Magens, niuss die Länge 80 bis 100 cm betragen. 3. Sie niuss an ihrem unteren Ende abgestumpft oder leicht konisch verjüngt sein. 4. Von Fenstern enthalte sie nur zwei seitliche, letztere dem Ende möglichst nahe. Der grosse Durchmesser der seitlichen Fenster soll 1 T/y —13 eia betragen. 5. Weitere kleine Oeffmmgen, wie Schütz und mich ihm Ewald empfohlen haben, halte ich nicht für zweckdienlich, da sie die exaete Peinigung der Sonde hindern, bezw. erschweren, auch sonst keine Vortheile bieten. Von grosser Wichtigkeit ist, zumal für denjenigen Arzt der zahlreiche Antiseptik. Mageninhaltsuntersuchungen oder auch Mag'enausspühingen vornimmt, eine pein­ liche Antiseptik. Fs gilt dies ganz besonders für die Sondenapplication bei Lues. Carcinom und Tuberkulose. Während ich früher für diese Fälle besonders ge­ zeichnete und in besonderen Gelassen liegende Instrumente empfahl, wende ich seit kurzem einen von Dr. Wob. Kutner1; zum Sterilisiren von weichen Ka­ thetern angegebenen einfachen Apparat an (Fig. 11, S. 98)-) Der in der Flasche (aus Weissblech bestellend) entwickelte Dampf tritt bei a ein, geht durch die Glas- röhre a l>, dann durch ein Stückchen Guniniiscblaueh und tritt bei c in eine zweite Glasröhre cd und gleichzeitig in die grosse Hohlröhre- die bis zum Flaschen- boden reicht. Bei d ist an die Glasröhre cd der Magenschlauch aufgesetzt. Der Dampf niuss also durch das Innere der Sonde gehen, zum Auge derselben hin­ austreten, die inneren Wände der llohlröhre und gleichzeitig die äusseren der i) It. Kutner, Therap. Monatshefte, 1892, S. 627. '-) Der Apparat ist durch die Firma Dr. 11. Pohrbeck, Berlin, Karistr. 24 zu beziehen. Boas, AIIJJ'. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Autl. 7 98 Die Krankeinmtersuclnme-. Sonde bestreichen und kann endlich am Ende / der Glasröhre fg eintreten und bei ;/ den Apparat definitiv verlassen. Zur Schonung der Sonde senkt man den­ selben erst in die grosse llohlröhre, wenn die Dampfentwicklung in vollem Gange ist. Nach 10 Minuten langem Aufent- Technik der Sondir-ung. " ^^^. halt der Sonde in der llohlröhre ist die Sterilisinuig erfolgt und dieselbe kann entweder im Apparat bleiben oder herausgenommen werden. W o ein derartiger Apparat nicht zur Hand ist, kann man sich des auch sonst zur Desinfection von Instru­ menten mit Vortheil angewendeten sogenannten Fischkochers bedienen. Andere Methoden der Sterili- sirung haben sich bisher nicht be­ währt. Technik der Sonden- einführungf. Seit der Einführuung der elastischen (Nelaton-) Sonde in die Magendiagnostik (Oser, E w a l d ) hat die Sondenappli- cation an Einfachheit und Ge­ fahrlosigkeit wesentlich gewon­ nen. Unglücksfalle in Folge oder nach der Sondirung, wie sie früher mit der starren Sonde nicht selten beobachtet wurden, kommen bei Anwendung des weichen Magenschlauches, zu­ mal bei gehöriger Berücksich­ tigung der Oontraindicationen (s. S 100) kaum vor. Für die Technik der Son­ dirung möchten wir einige wich­ tige Punkte hervorheben, die besonders dem Anfänger, wie ich beobachtet habe, Schwierig­ keiten machen. 1. Der Sondirung niuss stets eine genaue Inspeetion des Mun­ des und des Pharynx vorausgehen, u m eventuell anomale, der Son­ dirung hinderliche Verhältnisse (chronische Pharyngitis, Tonsillitis, Pharynxgeschwülste, Syphilome u. a.) festzustellen. Gleichzeitig ist Sonden-Sterilisations-Apparat nach IC Kutner. Die Krankenuntersuchung. 99 ein etwa vorhandenes Gebiss, falls es nicht vollkommen fest sitzt, zu entfernen. '2. Man vermeide bei der Sondirung das Einführen eines oder gar mehrerer Finger (wie dies bei der Application der starren Sonde üblich), sondern fordere den Patienten auf, selbst zu schlucken. Gleichzeitig damit versucht man, langsam über das Ostium larvngo- pharyngeuni hinwegzukommen, was man gewöhnlich an einem kleinen Ruck spürt. Nach dem Passiren dieser Stelle niuss, falls nicht ein Ilinderniss im Oesophagus liegt, die Sonde durch leichtes Fortschieben in den Magen gleiten. Den Febergang aus der Cardia in das Magen­ innere fühlt man in seltenen Fällen gleichfalls an einem kleinen Puck. •\. Während der Sondenapplication fordert man den Patienten auf, tief zu athmen; zugleich lässt man sich scharf ansehen. Solange letzteres gut möglich, ist alles in Ordnung. 4. Die meisten Patienten haben instinetiv die Neigung, beim Sondiren den Kopf rückwärts zu beugen. Hierdurch wird die Ath- mung erschwert und der Blutabüuss gehindert, .Man achte also auf gerade Haltung und auf Vorwärtsbeugung des Kopfes. 5. Es kommt bei ungeschicktem Verhalten oder grosser Auf­ regung des Kranken vor, dass die Sonde in den Larynx gleitet, Man merkt das natürlich sofort an der sich deutlich entwickelnden Oya- nose und dem larvngealen Athmen. Es wäre ein grober Fehler, unter diesen Umständen die Sonde nicht sofort zu entfernen. (!. Nur in seltenen Fällen ist es bei hochgradiger allgemeiner Hyperästhesie oder bei chronischer Pharyngitis wünschenswerth, den Pharynx zu anästhesiren. Ich bediene mich hierzu mit Vortheil ent­ weder einer energischen Pinselung des Pharynx mit fO°/0iger Cocain- lösung oder wiederholter Gurgelungen mit 1 0 % igen Bromkalium­ lösungen kurz vor der beabsichtigten Sondenapplication. 7. Auch bei den behufs Exploration und Ueberwindung von Oesophagusstricturen zur Anwendung gelangenden starren (englischen) Sonden, ebenso den Eischbeinsonden halte ich die Einführung von Fingern stets für ein erschwerendes Moment. Ich führe die Sonde federhalterförmig bei möglichst weit offenem Munde sofort bis an die hintere Pharynxwand und führe sie unter vorsichtigen Pendel- bewegungen langsam über die Epiglottis hinweg. Ich habe auch hierbei oft genug erfahren, wie man durch ein möglichst einfaches. ungekünsteltes Verfahren sich und dem Patienten die in jedem Falle unangenehme Proccdur erleichtern kann. Dass die übliche Digital- einführung ein überflüssiges Hilfsmittel ist, sehen wir am besten an den Patienten, die sich die Sonde selbst einzuführen gelernt haben. 7* 100 Die Krankenuntersuchung. Warum sollte dem Arzte bei gutem Willen und einiger Uebung nicht dasselbe gelingen? 8. Stösst man beim Sondiren auf ein Hinderniss, so bestimmt man durch eine Marke an der Sonde den Sitz desselben, wobei man als Ausgangspunkt die vordere Zahnreihe anzunehmen pflegt, achtet beim Herausziehen der Sonde auf etwaige Blut-, Eiter-, Gewebe-, Speisepartikel sorgfältig und bewahrt sie zur weiteren Untersuchung auf. Man sondirt nun noch einmal und überzeugt sich, ob das Hin­ derniss an der markirten Stelle sitzt, für welches Sondencaliber es durchgängig ist, ob neben dem ersten eine zweite Verengung und endlich ob eine Ausbuchtung bestellt oder nicht. Zuweilen wird eine Ergänzung dieses Befundes durch Sondirung mit der soge­ nannten englischen Sonde nothwendig sein, in vielen Fällen (ulce- rirendes Carcinom u. a.) ist aber der Application der Nelatonsonde als dem schonenderen Verfahren der Vorzug zu geben. Für die Bestimmung der Lage des Hindernisses sind die folgenden Zahlen von Wichtigkeit: die Länge des Oesophagus beträgt beim Erwachsenen durch­ schnittlich 25 cm, die Entfernung von den Schneidezähnen bis zur Cardia beim Erwachsenen ca. 40 cm (beim Neugeborenen etwa 17 cm), die Entfernung von den Schneidezähnen bis zur Bifurcation der Trachea beträgt ca. 21—22 cm. Indicationen und Contraindieationen für die Explorativ- sondirungr des M a g e n s . Nicht in jedem Falle von Verdauungs- oder- selbst. Mafien­ störungen ist die Anwendung der Sonde indicirt, in einer grossen Zahl von Krankheiten erachten wir sie direct als contraindicirt. Allgemein ausgedrückt kann man sagen, dass die Explorativsondirung nur in solchen Fällen indicirt ist, wo die übrigen Symptome eine bestimmte Diagnose schwer oder gar nicht zulassen. Contraindicirt ist sie entweder, wo die Sondirung überhaupt mit Gefahr für den Kranken verbunden ist oder wo die übrigen Symptome allein eine bestimmte Diagnose ermöglichen. Von einer relativen Indication können wir sprechen, wo die Sondirung zur Ergänzung der Diagnose oder zur Gewinnung von Anhaltspunkten für die Therapie dient. Die Zahl der Indicationen, die sich schwer detailliren lassen, wird sich leichter aus der Betrachtung der Contraindieationen ergeben. Contraindicirt ist die explorative Anwendung der Sonde: conh-aindi- A. Bei eonstitutioneUen oder localen Erkrankungen, bei sondirung. ivelchen durch den mit der Sondirung verbundenen Reiz das Leiden gesteigert oder das Leben bedroht werden könnte. Die Krankenuntersuchung. 101 Hierzu gehören: 1. Herzfehler im Stadium der mangelhaften Compensation und Ilcrzneurosen, Angina pectoris, Mvocarditis. Cor adiposum in ausgeprägtem Zustande; 2. Aneurysmen der grossen Arterien; :>. kurz voraufgegangene Blutungen, welcher Art sie auch sein mögen (Einigen-, Magen-, Nieren-, Blasen-, Darm-, Uterus-, Gehirn-Blutungen, hämorrhagische Infarcte u. a,); 4. Eungonphthise in vorgeschrittenem Stadium; 5. Lungenemphysem mit Bronchialcatarrh in vorgeschrittenen Stadien; (>. Apoplexieen completer oder incompleter Art; Gehirnhyperä- mieen, Epilepsie; 7. Gravidität1); . leicht blutende Magenschleimhaut (geringe capilläre Blutun­ gen bilden dagegen keine Contraindication); (i. seeundäre Magenaffectionen, deren Abhängigkeit von dem Grumtleiden ohne weiteres erkenntlich ist. Während die obige Formulirung im ganzen kaum auf Widerspruch stossen dürfte, niuss ich ein ergänzendes Wort zu meiner Stellung gegenüber der Sonden­ anwendung bei Ulcus ventriculi anführen. Ich halte die Anwendung der Sonde auch bei Uleusverdächfigen oder bei Fällen von atypischem Plcus nicht für ge­ rechtfertigt, und zwar, weil dem etwaigen Mageninhaltsbefund in keinem Falle eine entscheidende Rolle zukommt. Man thut am heuten, einen zweifelhaften Plcusfall einfach als Plcus ventriculi zu betrachten und zu behandeln. i) In der (iravidität wird bekanntlich die Sonde behufs Magenausspülung bisweilen auch mit gutem Erfolg angewendet. Für die Explorativsondirung scheint mir in der (iravidität entschieden eine Contraindication zu liegen. 102 Die Krankenuntersuchung. Insufflation des Magens. (Kohlensäure- und Luftaufblähung.) Kohlensäure- a) Die Kohlensäureaufblähung mittelst Brausemi seh nngen, nut^Brauso- v o n Krerichs und M a n n k o p f in die Diagnostik der Magenkrank- mischungen. }ieitcn eingeführt und seitdem Gemeingut der ärztlichen Praxis, hat den Zweck, die Lage und Grösse des Magens bequemer und besser zur Anschauung zu bringen. Dieselbe wird am besten so ausgeführt, dass man 1—2 g Acidum tartaricum in Va Glas Wasser löst und trinken lässt und hierauf die gleich grosse Menge Natriumbicarbonat in demselben Quantum Wasser gelöst nachschickt, v. Ziemssen 1) wendet viel höhere Dosen (7,0 Na­ triumbicarbonat und (i,0 Acidum tartaricum für den männlichen, 6,0 Natriumbicarbonat und 5,0 Acidum tartaricum für den weiblichen Magen) an. Gefahren sind mit der Kohlensäureaufblähung nicht verbunden, nur ist es selbstverständlich, dass man beim Ulcus rotundum oder bei Verdacht auf frische adhäsive Verklebungen des Magens mit an­ deren Intestinalabschnitten von derselben unter allen Umständen Abstand nehmen muss. Die Besorgnisse PacanowskiV-) hin­ sichtlich einer abnormen Dehnung des Magens durch Kohlensäure bei sonst intactem Organ kann ich in Uebereinstimmung mit v. Ziemssen nicht theilen. Die Vortheile des Verfahrens sind unverkennbar, es wird der Magen in toto aus der Bauchhöhle gleichsam herausgehoben, seine Formen heben sich dem Auge und dem palpirenden Finger des Untersuchers scharf ab, undeutlich oder gar nicht sieht- oder fühl­ bare Tumoren kommen zur Perception. Allerdings nur, solange die C02-Entwickelung dauert; ist der chemische Process abgelaufen, so entweicht die Kohlensäure sehr bald nach oben oder unten, und der Magen fällt wieder zusammen. Es ist dies für sorgfältige Untersuchungen, namentlich in complicirt liegenden Fällen äusserst störend. Hierzu kommt noch, dass die Kohlensäureentwickeliing nicht in allen Fällen die Magengrenzen scharf hervortreten lässt, vielleicht, weil durch den Beiz der Kohlensäure die Peristole stark angeregt wird und ein Theil derselben schnell den W e g in die Därme nimmt. i) H. v. Ziemssen, Pcber die physikalische Behandlung chronischer Magen- und Darmkrankheiten. Klin. Vorträge 1888, Xo. 12, S. 1:1. 2) Pacanowski, Deutsch. Areh.J. klin. Medicin Bd. 40. Die Krankenuntersuchung. 103 b) Luftuufblähung des Maqens mittelst Doppelballon. Man um­ wendet dieselbe zweckmässig in der Weise an, dass man eine Sonde aufblähur,i mit einem Doppelballon (wie an den Spravapparaten üblich) armirt und nach Einführung der ersteren den Magen langsam aufbläst, Das zuerst von Bunebcrg') empfohlene, von Oser-) und Ewald-1) »seil langem« geübte Verfahren ist doch erst seit der allgemeinen Ein­ führung des Magenschlauches in die Praxis zur Geltung gelangt. Die Methode der directen Luftinsuffiation besitzt vor der mittelst Kohlensäure in die Augen springende Yortheilc. Dieselben bestehen in der Möglichkeit, die Luftmenge nach Bedarf zu dosiren, zu verringern (durch Aspiration oder Expression) und nach Ent­ weichen der Luft wieder zu vergrössern. Ausserdem gewährt auch die Feststellung der Luftmenge eine Menge werth voller diagnostischer Anhaltspunkte. So bedarf z. B. ein sehr schlaffer, eetatischer Magen weit grösserer Luftmengen zur völligen Entfaltung als ein normaler mit erhaltenem Tonus. Ferner treten die Magencontouren ungleich schärfer und deut­ licher hervor, so dass sich der Magen in der Begel vollkommen in seinem der Bauchwand anliegenden Abschnitt in aller Buhe pal­ piren lässt. Doch erfordert auch die Luftinsuffiation grosse Vorsicht und sorgfältige Beobachtung des Kranken während der Procedur. Sobald der Patient irgend wie Druck oder Spannung oder gar Schmerz in der Magengegend empfindet (was er am besten durch ein vorher ver­ abredetes Zeichen zu erkennen giebt), pflege ich die Luft sofort ent­ weichen zu lassen. Auch vermeide ich jede brüsque InsufÜation und blähe den Magen möglichst langsam auf. Dank dieser Vorsicht habe ich in keinem der in meinem Ambulatorium, sowie in der Privat­ praxis vorgenommenen zahlreichen Magenaufblähungen üble Folgen beobachtet. In vielen Lallen empfiehlt es sich, nur sehr geringe Luftmengen in den Magen einztlblasen, weil hierdurch die Contouren des Magens plastischer hervor­ treten, als durch starke Luftaufblähung, Auch lässt eine geringe Luftaufblähung das Organ weit mehr in seinen normalen Grenzen erkennen, als bei abnorm starker Luftfüllung. Als Contraindieationen für die Magenaufblähung gelten einmal contraind die überhaupt für die Sondeneinführung (s. oben S. 101), sodann die °atlMagen* auch für die Kohlensäureaufblähung in Betracht kommenden, also aufbiähun* i) Runeberg, Deutsches Archiv für klin. Med. Bd. M. S. 460. •J.) Oser, Die Xeurosen des Magens und ihre Behandlung, 1885, S. 10. :C Ewald, Klinik der Verdauungskrankheiten. :J. Aufl., Bd. II, S. SO. 104 Die Krankemmtcrsuelnmg. Ulcus ventriculi und adhäsive Processe an der Magen wand, vielleicht auch starker Meteorismus des Magens und der Därme. Auch Ver­ dacht auf vorgeschrittene Atrophie der Magenschleimhaut wäre als Contraindication zu betrachten. Desgleichen pflege ich niemals bei der ersten Untersuchung oder nach der erstmaligen Sondirung die Aufblähung vorzunehmen, sondern warte damit, bis der Patient sich einige Uebung in der Sondeneinführung erworben hat, Sowohl bei der Kohlensäureaufblähung als auch besonders bei der Luftinsuffiation kommt es vor, dass der Magen sich nicht ver- grössert und in seinen Contouren hervortritt, wohl aber die Därme. Diesen Zustand hat zuerst Ebstein1) als Incontinenz des Pylorus beschrieben, später haben Stiller2) und AYilkes3) ähnliche Beob­ achtungen gemacht. Ich habe mehrfach Gelegenheit gehabt, derartige Fälle mit aller Sicherheit zu constatiren. Es bestand hierbei eine abnorm schnelle Entleerung, sodass ich die Vermuthung habe, dass Hand in Hand mit der Insufficienz des Pylorus eine allzu beschleu­ nigte Expulsion der (unverdauten) Contenta in den Darm geht. Doch habe ich andererseits, wie ich bemerken möchte, in Fällen von sehr beschleunigter Entleerung gute Verschlussfälligkeit des Magens constatiren können. Aufblähung- In ähnlicher Weise wie den Magen kann man auch das Colon Dickdarms, vom Rectum aus aufblähen, v. Ziemssen 1) hat diese Methode zu­ erst angewandt und beschrieben. Derselbe bläst dasselbe ebenso wie den Magen mit Natron bicarbonicum und Acidum tartaricum auf; zu einer straffen Aufblähung des Colon sind für den Erwachsenen ca. 20,0 Natron bicarbonicum und 18,0 Acidum tartaricum erforder­ lich, was einem Gasvolumen von ca. 5 Litern entspricht, vorausgesetzt, dass nicht alle C 0 2 zur Entwickelung gelangt. A m besten ist, wenn die Aufblähung allmählich, und zwar in ?•>—4 Absätzen mit Zwischen­ pausen von einigen Minuten vorgenommen wird. Nach v. Ziemssen (l.c) und Boscnbach'») nehmen an der Gasaufblähung im wesent­ lichen nur das Colon descendens und transversum und ascendens Theil, der Ilcocoecalverschluss hindert den Uebergang von Gas in das Duodenum. Dänisch6) ist dagegen zu dem Besultate gelangt, i) Ebstein, Volkmanns Samml. klin. Vortr. No. 155. ?) Stiller, Wien. med. Wochenschr., 1879, Xo. 4 u. 5. 3) Wilkes, Peher die Insufficienz des Pylorus. Tnaug.-Diss. Bonn. 1885. 0 v. Ziemssen, Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 33, S. 235. •"') Rosenbach, Berl. klin. Wochenschr. 1889, Xo. 28- :}0. 6) Dänisch, Berl. klin. Wochenschr. 1889, No. 15. f>ie Krankenuntersuchung ] Oö •biss ein fester Verschluss der Tleococcalkiapite nicht existirf. Die Differenzen dürften auf den Druck zurückzuführen sein, mit dem die Einblasung geschieht. In .jedem Falle ist die Aufblähung des Colon auch für die Magendiagnostik unter Umständen von Bedeutung, nament­ lich, wo deutliche Sclmlblifferenzen zwischen Colon transversum und unterer Magengrcnze nicht hervortreten. Auch zur Bestimmung von Tumoren, deren Sitz und Lage zweifelhaft ist, kann das Verfahren, wie ich mich wiederholt überzeugt habe, mit Yorfheil angewendet werden. Ich bediene mich hierzu gleichfall- der Luftaufblähung mittelst Doppelballons, die durch ihre Einfachheit und die Möglich­ keit einer oxaeten und abgestuften Dosirung vor der Kohlensäure- aufblähung manche Vorzüge besitzt. Minkowski 1) empfiehlt eine combinirte Kohlensäureauftreibung Minkowski-, des Magens und Wasserfüllung des Dickdarms. Hierbei pflegen die Xt^oue.0 Tumoren des Abdomen dahin auszuweichen, wo das Organ, eiern sie angehören, unter normalen Verhältnissen gelegen ist, Für den Magen machte M i n k o w s k i die Beobachtung, dass Tumoren der vorderen Magenwand und grossen Curvatur sich am aufgetriebenen Organ breiter und in der Begrenzung undeutlicher anfühlen, während Neubildungen an der kleinen Curvatur, indem die grosse Curvatur sich stärker nach vorn wölbt, ganz zu verschwinden pflegen.-) Tu­ moren a m Pylorus rücken gewöhnlich nach rechts und unten. Bei der Eingiessung in den Darm rücken alle Tumoren des Magens ein­ fach nach unten. Zur Bestimmung der Lage und Grösse des Dickdarms hat sich Methode v<, mir ein anderes Verfahren bewährt: Lässt man bei Gesunden nach 15ons vorheriger gründlicher Darmentleerung langsam Wasser mittelst Ilega.r sehen Trichters in den Mastdarm laufen, so füllen sich all­ mählich sämmtliciie Diekdurmabsclmittc, und man erhält nach Ein­ giessung von 5—000 ccm Wasser ein mehr oder weniger deutliches Plätschcrgeräusch, der normalen Lage des Querdarms entsprechend, also etwa handbreit oberhalb des Nabels beginnend bis zur Nabel­ höhe. Bei Lagewechsel kann man unter günstigen Verhältnissen ein leichtes Suci ussioiisgeräusch vernehmen. Desgleichen kann man in der Gegend des auf- und absteigenden Dickdarms leichtes Olapol erneut i) Minkowski, Berl. klin. Wochenschrift 188s. Xo. 31. j| Dies ist doch nicht ausnahmslos der Fall, in mehreren meiner Beobach­ tungen von Carcinom (ha1 kleinen Curvatur rückte der Tumor bei der Aufblähung olwas nach hinten, Mich aber noch deutlich palpabel. 106 Die Krankenuntersuchung. hervorrufen. Unter pathologischen Verhältnissen kann nun entweder schon bei Einlauf sehr viel geringerer Flüssigkeitsmengen Plätscher­ geräusch auftreten, was auf eine Atonie des Dickdarms hinweisen würde, oder das Plätschergeräusch des Querdarms und der übrigen Darmabschnitte befindet sich an anderen als den normalen Stellen, was für eine Verlagerung des Dickdarms sprechen würde. Häufig kommt analog wie beim Magen Atonie in Verbindung mit Tiefstand des Dickdarms vor. 6. Bestimmung der Lage und Capacität des Magens. 1. Capacitätsbestimmung des Magens durch Wasser­ füll im g. Den Capacitätsbestimmungen des Magens liegen theils Fnter- suchungen an Leichen, theils am Lebenden zu Grunde, und zwar dient als Maassstab diejenige Menge Wassers, welche die Magenhöhle vollkommen zu füllen im stände ist. Die Ergebnisse an Leichen zeigen so ausserordentlich schwankende Ziffern, dass man sie nur auf Verschiedenheiten der Versuchsbedingungen zurückführen kann. Im folgenden geben wir nach Ost1) einige Zahlen: Ewald 250—1680 g Luschka 1500—2000 » Schüren 2430» Beneke 3000 » Brinton 3130 » Soemmering 2500—5500 » Henle 2500—5500 » Ewald-') überträgt die von ihm an der Leiche gewonnenen Resultate direct auf den Lebenden, was aus naheliegenden Gründen nicht angängig ist. Kussmaul 3) bestimmte bei einem Phthisiker die Capacität dc^ Magens auf 2(i00 ccm; bei einem 140 cm langen PS jährigen Schuhmacher bezeichnet er eine Capacität von 2500 ccm als entschieden zu gross. Dieselbe Grösse fand Quincke') bei einem t) Ost, Oes. Abhandlungen a. d. med. Klinik in Dorpat, herausgegeben von Prof. Pnvcrricht. Wiesbaden 1893. '-) Ewald, Klinik der Verdauungskrankheiten. 3. Aufl., S. 86. *) Kussmaul, Yolkmann's Samml. klin. Vorträge Xo. 181. 4) Ouiuckc, Arch. f. exper. Pathologie u. Pharmakologie Bd. 25, 1889. I He Krankenuntersuchung. 107 D'jährigen, sonst gesunden Magenfistclkranken. Auch Jaworski 1) bat Versuche, den Magen mit Wasser anzufüllen, angestellt, weist aber darauf hin, dass man eigentlich nie sicher sei, ob der Magen auch vollständig gefüllt sei, da die Schwere desselben nur auf die untere Magenwand wirke und dieselbe zur Dehnung bringe, auf die oberen Wandungen dagegen wenig oder gar keinen Einfluss habe. Es sei ferner fraglich, ob wir einen lebenden Magen vollständig, d. h. bis zur Cardia mit Wasser füllen können; das Gefühl der Schwere, des Schmerzes, die Brechneigung werden dies unmöglich machen. -Jaworski hat aus diesen Gründen der Luftfüllung des Magens vor der Wasserfüllung den Vorzug gegeben. Thatsächlich hängt hierbei nach meinen Erfahrungen viel von dem augenblicklichen Zustande des Magens, von der Buhe des Pa­ tienten, seiner Gewöhnung an die Sonde und vielen anderen Um­ ständen ab, welche die Sicherheit des Verfahrens mehr oder weniger in Frage stellen können. Nur ganz excessive Flüssigkcitsmengen, also etwa über 3000, dürften als pathologisch anzusehen sein, ge­ ringere gestatten überhaupt keine irgendwie maassgebenden Schlüsse. Ausser der einfachen Wasserfüllung sind nun noch eine Reibe mehr oder weniger gekünstelter Methoden erfunden worden, theils um die Lage, theils u m die Capacität des Magens zu bestimmen: sie haben sämmtlich keine praktische Verwcrthung gefunden. Wir werden sie im folgenden nur kurz erwähnen. 1. Die Methode von 0. Rosenbach.-) Diese Methode hat neben der Lagebestimmung des Magens das Ziel, die mechanische Leistungsfähigkeit des Orgaues festzustellen. Sic geht von der Thatsache aus, dass eine Niveaubcstininmng des Flüssigkeitsstandes im Magen durch Beobachtung des Fallens und Steigen« des Spiegels ein genügendes Prite- rium abgiebt für die Beurtheilung der von dem Magenfundus dvv dehnenden Flüssigkeit entgegengesetzten Widerstände. Die Bestimmung dieses Fliissigkeits- spicgels würde die Möglichkeit gewähren, absolute Zahlen für das Fallen und Sinken desselben zu erhalten. Zu diesem Behufe verbindet man den in den Magen geführten Schlauch mit einem Kutschukballon. Sobald das Sondenfenster in die Flüssigkeit taucht, hört man mit dem an der Bauchwand angelegten Ohr ein grossblasiges, feuchtes, oft metallisches Rasseln mit nach schallendem, deutlichen Flüssigkeitsplätschern. Hört durch Zurückziehen die Verbindung der Sonde mit der Flüssigkeit auf, so vernimmt man nur das zischende, von der Luftinsuffiation herrührende Geräusch oder gar nichts. i) Jaworski, Deutsch. Archiv f. klin. Mcdicin Bd. 35. 18X4. A 0. Poseiibach, Volkmanns Sammlung klin. Vorträge 1878, Xo. 153. 108 Die Krankenuntersuchung. Für den Einzelversuch gestaltet sich nun der Vorgang folgendermaßen: Man prüft oh der Magen leer ist.1) Sodann giesst man durch die Sonde bei Erwachsenen 50 — 100 ccm Wasser (bei Kindern genügt die Hälfte) ein und auscultirt gleichzeitig mit der Compression des Ballons. Die Differenz zwischen dieser Sondenlänge und derjenigen, die man erhält Ins zum Verschwinden des Rasselgeräusches, stellt das Maass für den Flüssigkeitsstand im Magen dar. Hier­ bei entspricht die Länge des herausgezogenen Sondenstückes etwa dem Durch­ messer des Magenlumens. Bei Insufficienz der Magenmuskulatur steigt das Flüssigkeitsniveau im Magen bei Anfüllung desselben weit langsamer, wegen des erloschenen Tonus. Steigt das Flüssigkeitsniveau langsamer, so wird die Differenz der Sondenlänge, beider man Plätschern hört, und der, w o es schwindet, selbstverständlich kleiner werden. Diejenige Flüssigkeitsquantität, welche bei leerem Magen eingeführt kein Steigen oder gar ein Sinken des Niveaus im Magen angiebt, bezeichnet die äusserste Grenze der mechanischen Magenfunetion. Hierdurch erhält man auch ein Maass für das vom Magen zu bewältigende Flüssigkeitsquantum, woraus sich für die Therapie höchst wichtige Gesichtspunkte ergeben. 2. Die Methode von Neubauer.-) Das Verfahren beruht auf dem bekannten Gesetz zweier communicirender Röhren, Der Wasserspiegel in dem Trichter eines gefüllten Magenhebers ist gleich der Xiveauhöhe des Mageninhalts, falls die Luft neben der Sonde eintreten kann. A m besten erreicht man dies mit der Sonde ä double courant. Auch 0. Rosenbach (1. c.) hat gleichzeitig mit N e u b a u e r dieses Verfahren als ein­ fach und praktisch erprobt. Auch diese Methode wird heutzutage kaum mehr angewendet. 3. Die Methode von Fleischer. 3) Fleischer bringt ein kleines U-förmiges, Flüssigkeit enthaltendes Glas­ röhrchen als Manometer an das freie Ende einer gewöhnlichen Gummischlauch­ sonde. Wird nun die Sonde in den Magen eingefühlt, so wird, sobald das Sonden­ fenster unter den Flüssigkeitsspiegel kommt, die Luft in der Sonde comprimirt, die Flüssigkeit in dem der Sonde anliegenden Schenkel des U-Rohres nach unten gedrängt. Hierdurch wird der Zeitpunkt des Eintauchens in die Flüssigkeit, mit anderen Worten das Niveau der Flüssigkeit am (graduirten) Manometerrohr genau abzulesen sein. Hierbei niuss man allerdings die Respirationsschwankungen in letztcrem ausschalten, was am besten dadurch geschieht, dass man unter der oberen Oeffnung noch ein kleines Fenster schneidet. Schliesst man nun mit dem länger das Fenster und schiebt die Sonde bis zum Flüssigkeitsniveau vor, wäh­ rend der Patient den Athem anhält, so wird die mit dem Eintauchen des Sonden­ fensters erfolgende Aenderung im Manometerstande unbeeinflusst zu Tage treten. Das Verfahren hat ebenfalls keinen Eingang in die Praxis gefunden. i) Hierzu dürfte sich wohl das Expressionsverfahren am geeignetsten er­ weisen. 2) .1. W . Neubauer, Prager med. Wochenschr. 187«, No. 74. 3) Citirt bei v. Leube, Die Magensonde. 1879. S. 74. Die Krankenuntersuchung. 109 2. Capaeitätsbestimmung des Magens mittelst Luft. a) Die Methode von Jaworski. n Jaworski füllt den Magen durch einen etwas complicirten Ap- m-um,!,. v„n parat solange mit Luft, bis dem Patienten ein (ief'ühl von Spannung •,,wtJ,ski- und Schmerz im Ilvpochondrium entsteht. Der Apparat besteht (s. Fig. 12) aus einer hochgestellten, am besten graduirten Flasche von mindestens 0 Liter Inhalt. Mit dieser in Verbindung steht eine zweite Wulff sehe Flasche, welche etwa Va—1 Liter Wasser enthält, mit dreifacher liohrung. Die eine stellt die Commmiieation mit A Fig. 12. her, die zweite enthält ein Manometerrohr und die dritte steht mit der Magensoude in Verbindung. P»ei Oeffnung des Quetschhahns b füllt sich der Magen mit Luft. Behufs Ermittelung der Magon- capacität wird der nüchterne Magen durch Aspiration möglichst von (Jas und Flüssigkeit befreit, sodann in der eben geschilderten Weise so lange Luft in den Magen gelassen, bis die Empfindung der Spannung eintritt, sodann der Quetsehhahn (b) geschlossen. Die Crosse der Abnahme de^ Wassers aus dem Cefäss A oder die Zu­ nahme der Wassermenge bei II giebt die Magencapacität an. Das Verfahren von Jaworski erscheint nicht einwandsfroi: Einmal kann i] Jaworski, Angabe der Gase bei Magenkrankheiten. Deutsch. Arch. f. kl. Med. Bd. :;.->, isst, S. 8."». 110 Die Krankenuntersuchung. Luft neben der Sonde durch die Cardia entweichen, ferner in der­ selben Weise auch durch den Pylorus; endlich ist die Annahme Ja­ worski's. dass der Beginn der Spannung auch mit der Flöhe der physiologischen Dehnung der Magenwände zusammentrifft, nicht ohne weiteres zutreffend. b) Methode von Kelling1) und Ost.-) Nach denselben Principien, aber mehr mit Bücksicht für prak­ tische Zwecke, haben Kelling und Ost unabhängig von einander einen relativ leicht zusammenstellbaren Apparat construirt, mittelst dessen es durch einfache Bechnung gelingt, die in den Magen ein­ gepumpte Luftmenge zu bestimmen. Methode von Der Apparat von Kelling besteht aus einem Doppelballon, einem Magen- Keihng-. schlauch, einem gewöhnlichen Eimer (Becken, Schüssel) und einem Maasscylindcr, der am besten eine 20 ccm Thcilung besitzt und etwa 21/2—.'1 Liter fasst, ferner ist ein einlaches Manometer, bestehend aus einer mit Wasser theilweise gefüllten U-förmig gebogenen Glasröhre, eventuell mit Papierscala erforderlich. Diese Stücke werden nun mit Hülfe von stärkerem Gasschlauch und zwei gläsernen T-Stücken (a und ß) und einem an der einen Seite zu einer Spitze ausgezogenen umge­ bogenen Glasröhrchen (c) und unter Benutzung von zwei Quetschhähnen (d und e\ so zusammengestellt, wie es die folgende, ohne weitere Erläuterung verständ­ liche Abbildung zeigt (Fig. 13). Nachdem der ganz mit Wasser vollgefüllte Gy- linder umgestürzt ist, schiebt man die Spitze des unter Wasser befindlichen um­ gebogenen Glasröhrchcns so hoch herauf, dass sie etwa 8 — 1 2 cm über dem äusseren Wasserniveau steht. Letzteres geschieht zu dem Behufe, den Magen möglichst luftleer zu saugen. Die Bestimmung wird nun in folgender Weise vorgenommen: D e m Patienten, der Morgens nüchtern ein Weissbrod und zwei (das Wasser genossen hat, wird eine Stunde später der Magenselllauch eingeführt und der Magen durch Expression eventuell durch Ausspülung von seinem Inhalt befreit. Sobald der .Magen mög­ lichst leer ist, schliefst man den Magenschlauch an das obere T-Stück an; der Cuetsehhahn nach dem Maasscylindcr ist geschlossen. Jetzt wird, während der Patient auf einem Stuhle sitzt oder auf einem Sopha liegt, der Magen mit dem Doppelballon aufgeblasen. Entweicht Luft neben der Sonde vorbei durch die Cardia oder durch vorübergehende Oeffnung des Pvlorus in die Därme, so wird dafür neue eingetrieben. Ist die Grenze der Aufblähung erreicht so wird der Quetschhalm \e\ am Doppelballon geschlossen und derjenige nach dem Maasscylindcr (ic Krankenuntersuchung. Curvatur und ferner die der Hinterwand und der grossen Curvatur einfach für die Diagnose ausfallen. Und dazu nun der grosse Appa­ rat, die eminent schwierige Technik, die mit der Proccdur verbun­ dene unleugbare Gefahr, die Nothwendigkeit geschulter Assistenz und schliesslich, da es sich u m die Frühdiagnose eines Carcinoms, mithin u m Fälle handelt, bei denen der Sitz der Neubildung unbekannt ist, nicht einmal die Chance, die Diagnose mit Sicherheit zu stellen! Das sind Umstände, welche die Bedeutung der Gastroskopie noch erheblich mehr einschränken, als dies schon früher von Miku­ licz und jetzt von Rosenheim geschehen ist. Es kommt endlich hierzu noch ein Moment, das wenig gekannt und gewürdigt wird, praktisch aber stark ins Gewicht fällt; es besteht darin, dass der Verdacht einer carcinomatösen Erkrankung (von wenigen seltenen Fällen abgesehen) eigentlich erst entsteht, sobald das Carcinom schon schwere lünctionelle Störungen geschaffen hat; in diesem Stadium ist aber, nicht immer aber meist, der richtige Zeitpunkt einer leichten und gefahrlosen Exstirpation der Geschwulst schon verpasst. Das­ jenige Stadium, das in Zukunft wirklich eine erhebliche Besserung der Carcinommortalität bieten wird, ist das Latenzstadium des Carcinoms, allenfalls der Zeitpunkt, in welchem die edlerersten Reactionen des Organs auf die wachsende Neubildung beginnen. Es ist klar, dass dies auf gastroskopischem Wege nicht möglich ist, so wenig wie auf anderen bisher bekannten Wegen der diagnostischen Forschung. Die Berechtigung zu dieser resignirten Auffassung wird so recht klar, wenn wir uns einmal nach dem entgegengesetzten Pol der VerdauungsÖffnung, dem Mastdarm umsehen. Nichts leichter als die Diagnose eines Mastdarm carcinoms! Und doch wie selten kommt der Chirurg in die Lage einer wirklich vollkommenen und gefahrlosen Totalexstirpation! Angesichts dieser entmuthigenden Thatsaehe wird der Praktiker gut thun, die Hoffnungen auf die gastroskopische Aera nicht allzu hoch zu spannen. A n h a n g\ Anwendung- der Röntgenstrahlen in der Diagnostik der Magenkrankheiten. Die epochemachende Entdeckung Röntgen s, deren Bedeutung für die Chirurgie und einzelne Gebiete der inneren Mediein (Herz, Gefässe, Lunge, (ficht u. a.) unbestritten ist, hat auch die Aufmerk­ samkeit der Forscher auf deren Verwendung bei Erkrankungen der 1 >ie Krankenuntersuchung. 123 Abdominalorgane gelenkt. Zweifellos kommt die Röiitgenbeleiichtung auch hier gelegentlich mit grossem Nutzen zur Anwendung, besonders in allen solchen Fällen, wo es sich u m verschluckte metallische Fremdkörper bandelt, deren Lage mit grosser Sicherheit zu eruiren ist, So konnten Pean') undRaw-) in dem in der Höhe des Halses gelegenen Theile des Ösophagus verschluckte Münzen feststellen. White-'-) konnte auf Grund eines Skiagramms ein Mctallsternchen ope­ rativ vom Magen her herausbefördern. Miller und Heid ') fanden ein verschlucktes Gcbiss von sechs Zähnen in der Höhe des sechsten und siebenten Intercostalraums. Pöch') konnte eine Photographic zeigen, welche von einem Knaben herrührte, der eine sogenannte Brodmarke (dünnes geldstückartiges Blech) verschluckt hatte. Lei der Durch­ leuchtung sah man, wie der Fremdkörper täglich im Darm weiter rückte. Von verschiedenen Seiten ist auch der Versuch gemacht, die Grösse und Lage des Magens und der Därme sichtbar zu machen, theils durch Luftaufblähung, theils durch Einbringung geeigneter, bei Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen starke Schatten gebender Sub­ stanzen, theils endlich, nach dem Vorschlag von Wegele") durch Einführung einer Metallspirale in den Magen. Während bei dem erstgenannten Vorgehen bisher nur wenig deutliche Bilder von der Lage des Magens gewonnen wurden, hat E. Lindemann 7) auf letz­ terem Wege in jüngster Zeit vortreffliche Skiagrammc erzielt, und es unterliegt gar keinem Zweifel, dass eine Feststellung mindestens der grossen Curvatur, vermuthlich auch des Fundus, mittelst dieser Methode möglich sein wird. Es wird sich zeigen, inwieweit hierbei die Durchleuchtung mehr leistet als die Gastrodiaphanie oder die von mir kürzlich angegebene Sondenpalpation. Für die Diagnose von Magen- und Darmgeschwülsten mittelst Röntgenstrahlen liegen bis jetzt im wesentlichen nur negative Ergebnisse vor; es bestehen auch wenig Aussichten, durch Verbesserung der Technik Günstigeres zu erreichen. Pöch s) behauptet einzelne Darmschlingen von einander abgegrenzt, ja selbst die Haustra gesehen zu haben, was indessen von WUllstein51) bezweifelt wird. i) Pean, La Semaine medicale 1896, S. 494. '-') Kaw, British niedic. Journ. 1896, S. 1678. •'«) White, Lniv. med. Magaz. VIII, 9. i) tAIiller und IJeid, citirt nach Lew-Dom, Deutsche medicinische Wochen­ schrift 1897, Xo. s. •">) Pöch, München, niedic. Wochenschr. 1807, No. 8. !'•) Wegele. Deutsche medicinische Wochenschrift 1896, No. 78. ') Lindemann, Deutsche medicinische Wochenschrift 1897, No. 17. s) Pöch, 1. c. t') Wullstein, Berl. klin. Wochenschr. 1897, No. 16. 124 Die Krankenuntersuchung. Literatur. Ausser der im Text angeführten Literatur sind die folgenden Lehrbücher, Monographieen und Schriften für das Studium der physikalischen Untersuch ungs- mcthoden geeignet: Piorry, Tratte de la percussion mediale und Traite de plcssinictrisine et d'organographisme. Paris 1866. Leichtcnstern, Physikalisch-diagnostische Bemerkungen zu II. v. Luschka's Lage der Bauchorgane des Menschen. Deutsche Klinik 1873, No. 28. Niemeyer, Physikalische Diagnostik. Erlangen 1874, S. 298. Gruttmann, Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden. 8. Aufl. 1892. Gerhardt, Lehrbuch der Auscultation und Percussion. 5. Aufl. 1890. Eichhorst, Lehrbuch der physikalischen Untersuchungsmethoden innerer Krankheiten. 3. Aufl. Berlin 1889, Bd. IL Skamper, Ueber die Bestimmung der Magengrenzen. Inaug.-Dissertation. Berlin 1879. Penzoldt, Die Magenerweitcrung. Habilitationsschrift. Erlangen 1875. Ferber, Ein Beitrag zur Lehre von der Magenpercussion nebst einigen dia­ gnostischen Notizen über Magenectasie. Deutsch. Zeitschr. f. praktische Mediein f876, No. 42. Ad. Weil, Handbuch und Atlas der topographischen Percussion. 2. Aufl. Leipzig 1880. v. Pfungen, Ueber Atonie des Magens. Klin. Zeit- und Streitfragen Bd. 1, 1887, Heft 7—10. Lewandowski, Das electrische Licht in der Heilkunde. Wien u. Leipzig 1892. ('hemische Untersuchungsniethoden. 12.") FÜNFTES CAPITEL. Chemische Untersuchungsniethoden. Untersuchung- des gfemischten Mundspeichels. Für die Untersuchung des Mundspeiehels kommen in Petraelit: die Menge, die Reaction, die Beschaffenheit des Fermentes und das Vorhandensein abnormer Bestandtheile. Die Menge des Speichels, die schon unter normalen Verhält- Menge. nissen schwankt — .lawein1) bezeichnet als normale Tagesmenge 3(>0—liOO ccm — kann abnorm gross oder gering sein. Fei einer nicht geringen Zahl von Magenleiden finden wir starke Speichel- vermehrung. Es ist dies Symptom offenbar refiectorischer Natur. Wir finden es nach meinen Erfahrungen bei den allcrdifferentesten Krankheiten, so dass es für die Diagnose kaum verwerthbar ist. Andere dagegen gehen wieder mit mehr oder weniger starkem Versiegen der Speichelabsonderung einher. A m häufigsten scheint dasselbe bei Magenkrebs und bei catarrhalischen Erkrankungen der Magenschleimhaut vorzukommen. Beide Anomalieen, Speichelvermehrung und -Verminderung findet man bei den vielgestaltigen Formen der nervösen Dyspepsie und Enteropathie. Die Reaction des Speichels beträgt nach den Untersuchungen Reaction. von Schlesinger-) 0,013—0,044°/,. Xa._>U03, in pathologischen Fällen kann sie bis 0,07 °/„ Na.(>03 steigen. Eine diagnostische Bedeutung kommt diesen Alkalcscenzschwankungen nicht zu. Wiederholt habe ich, zumal bei hysterischen Frauen, sauren Speichel beobachtet, in Fällen von organischen Magenleiden war der Befund ein so wechselnder dass es mir unmöglich ist, einen be­ stimmten Tvpus nachzuweisen. E'Heritier fand in fünf Fällen von Magenkrebs den Mundspeichel constant sauer und Frerichs schliesst sich ihm auf (Irund von sechs Beobachtungen von ulce- i) ,law ein, Wien. med. Presse 1892, No. 15 u. IG. -'i Schlesinger. Virch. Arch. Bd. 125, S. 14G—181 und 340—803. 126 Chemische Untersuchungsniethoden. rirtem Magen carcinom an. Auch Stick er1) fand in zwei Fällen von Magenkrebs saure Reaction; 0. H ü b n e r dagegen ist der Ansicht, dass dies nicht die Regel sei. Auch ich habe in sechs darauf hin untersuchten Fällen theils alkalische, theils saure Reaction angetroffen. Vielleicht beruhen die älteren positiven Beobachtungen auf dem Mangel vorgängiger Reinigung der Mundhöhle, die absolut unerläss- licli ist. — In den beiden Fällen von Sticker war die saure Re­ action durch Milchsäure bedingt. Fermontgehatt. Der Fermentgehalt des Mundspeichels bei Erkrankungen des Digestionsapparates ist bisher wenig geprüft, wie denn hierüber auch für andere Krankheiten auffallende Lücken bestehen. Die Frage, ob es überhaupt Fälle mit Ptyalinschwund oder Verminderung giebt (den man in Analogie mit der Secretionssufficienz bei anderen Drüsen doch supponiren könnte), ist daher mit Sicherheit nicht zu beant­ worten. Nach meinen in diesem Punkte allerdings wenig belangreichen Erfahrungen bin ich der Ansicht, dass Ptyalinmangel bei Magen­ affectionen vorkommen kann.-) Ich glaube dies aus zwei Fällen ab­ leiten zu sollen, bei denen trotz absoluten Mangels an H U I im Magen­ inhalt grosse Mengen Jod blaufärbenden Amidulins nach längerem Verweilen im Magen zu constatiren waren. Die Untersuchung des Speichels ist aus äusseren Gründen in beiden Fällen leider unter­ blieben. Auch Klemperer 3) erwähnt gelegentlich einen Fall, bei dem der Ptyalingehalt direct verringert gefunden wurde. Andererseits scheint im ganzen das Ferment gegen äussere Ein­ flüsse ziemlich widerstandskräftig zu sein. Bei Stomatitis, Periodon­ titis, Alveolitis u. a. habe ich wiederholt die amylolytische Wirksam­ keit des Speichels geprüft und erhalten gefunden. Vielleicht dürften aber genaue Zuckerbestimmungen Differenzen gegen die Norm ergeben. Bei Ptyalismus dürfte der Ptyalingehalt wegen der starken In­ anspruchnahme der Drüsenthätigkeit in der Regel vermindert sein; ich selbst habe in einem Falle von Ptyalismus indess gute sacchari- ficirende Fälligkeit gefunden, gleichfalls ohne über quantitative Be­ stimmungen zu verfügen. Aus dem Erwähnten folgt die Notwendigkeit, den Speichel auf b (4. Sticker, Die Bedeutung des Mundspeichels in physiologischen und pathologischen Zuständen. Berlin 1889, S. 23. -) Auch Javcin (1. e.) fand bei chronischer Nephritis, Ascites, Scorbut, Diabetes, Broncekrankheit die Fernientbildung verringert. •'<) Klemperer, Verhandlungen des (Jongresses für innere Mediein 1889, S. 276. Chemische Untersuchungsniethoden. 227 seinen Eeimcntgehalt zu prüfen. Namentlich wenn in einem IIU1- Ireien Magensaft viel Dextrine, bezw Amylum enthalten sind, ist die Untersuchung des Speichels erwünscht. Auch hier ist eine vorher­ gehende sorgfältige Mundsäuberung dringendes Erforderniss. Qualitative Aenderungeu des Speichels wurden von älteren Qualitative Aerzten vielfach angegeben und mannichfach discutirt. Wright und Al"llf''u""vn- mit ihm noch Wunderlich und Oppolzer nahmen einen festen, süssen, albuminösen, galligen, blutigen, kalkhaltigen, eitrigen, stin­ kenden etc. Speichel an. Im allgemeinen ist klar, dass mit der Steigerung der Speichel- secretion der Gehalt an festen Substanzen und namentlich an orga­ nischen Bcstandtheilcn abnehmen werde. Untersuchungen des Spei­ chels bei Chlorose, Albuminurie, Pneumonie, Erysipel, Febris in- fiammatoria vonUHeritier ergaben, verglichen mit dem Gesunden, ziemlich grosse Differenzen bezüglich des Gehaltes an organischen Stoffen und Salzen. Inwieweit dies auch für andere Zustände und spcciell für Stö­ rungen der Digestionsorgane gilt, ist bei dem Mangel einschlägiger Untersuchungen nicht zu beantworten. Praktisch von Bedeutung ist die bereits früher (S. 1(>) erwähnte Ktiodangohait Zunahme des Speichels an Rhodansalzcn, wie sie besonders in dem ' Spcichelcrbrechen bei dem Wasserkolk (Vomitus matutinus) gefunden wird. Andererseits fand Fenwick 1) bei Magcncarcinoni sehr geringe Anwesenheit oder selbst völligen Mangel des Rhodankaiium. Rosenbach-) hat neuerdings die Aufmerksamkeit auf einige Farben- Farbcn- reactionen des Speichels gelenkt, die auch diagnostisch für gewisse Formen ri'ai-tmneu Ues Speichels. lunctioncller Störungen verweraibar sein sollen. Versetzt man Speichel mit über­ schüssiger Salpetersäure, so erhält man Canaricngelbfärbung, Zusatz von Alkalien im Ueberschuss ruft braungelbe oder orangefarbene Nuance hervor. Bei allmäh­ lichem Zusatz von kochender Salzsäure im Ueberschuss beobachtet man eine Rosafärbung, die unter gewissen, noch nicht näher bekannten, Bedingungen all­ mählich in Rothviolett übergeht und bei Zusatz von Natronlauge dunkelviolett wird. Bei weiterem Kochen mit Salpetersäure geht der Farbstoff in schwaches oder auch gesättigtes Gelb über und bildet bei Zusatz überschüssiger Kalilauge ein dunkleres Gelb, doch nie das oben erwähnte Braun- oder Rothgelb. Jul. R o s c n t h a P ) hat sich genauer mit diesen Farben reactionen beschäftigt und fand, dass der Rosafarbstoff bei normalen Menschen ohne stärkere Reizung (z. B. nach Rauchen, Genuss von Gewürz, Pilocarpinin jeefionon) der Speicheldrüsen nicht zu erzielen ist. Dagegen bind der genannte Autor die Farbenreaetion in grösster Intensität bei Carcinom des Magens und starker Nephritis. t) Fenwick, Med.-chir. Transactions 1882, Bd. 55, S. 116. •-') O. Kosenbach, Centralbl. f. klin. Mediein 1891, No. 8. 3) Jul. Rosenthal, Berl. klin. Wochenschr. 1892, No. 15. 128 Chemische Untersuchungsniethoden. Prüfung- der chemischen Functionen des Magrens. A. Ohne Sondenanwendung'. Das Erbrochene. D e m Erbrochenen kommt bald eine weitgehende diagnostische Bedeutung zu, ja dasselbe kann mitunter eine bis dahin zweifelhafte Diagnose vollständig aufklären, in anderen Fällen ist sie für letztere weniger zu verwerthen. In jedem Falle ist es aber als Symptom von grösster Wichtigkeit und erfordert eine eingehende Beachtung. Man hat beim Erbrechen ebenso wie bei der Untersuchung des Mageninhalts Aussehen, Menge, Geruch, Geschmack, chemische Be­ schaffenheit und mikroskopischen Befund, sowie etwaige abnorme Bei­ mischungen zu berücksichtigen. Da diese Punkte zumeist im Capitel über Mageniiihaltsuntersuchungen ausführlich behandelt werden, so erübrigt es an dieser Stelle, den speciellen semiotischen Werth des Erbrochenen zu besprechen. Von Bedeutung ist, ob das Erbrochene Speisereste enthält oder nicht. Speisereste Im ersteren Falle ist von Wichtigkeit, sich über die letzte und irbrochenen. (^e früheren Mahlzeiten, sowie über die nach der letzten Mahlzeit' verstrichene Frist zu orientiren, weil sich hieraus werthvolle Schlüsse für den Ablauf der Digestion ergeben. Befinden sich z. B. in dem Mageninhalt noch Nahrungsreste von vortägigen Mahlzeiten, so spricht dies mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine mechanische Behinderung der Peristaltik (Stenose des Pylorus, Sanduhrmagen, oder auch My­ asthenie u. a.). Häufig geben intelligentere Patienten auch an, dass das Er­ brochene starke Uasbildunng zeigt, woraus dann die Diagnose einer schweren motorischen Insufficienz, zumal in Verbindung mit den übrigen Ergebnissen der I ntersuchuiig selbst ohne Exploration mit der Sonde völlig gesichert wird. Von Bedeutung ist ferner die Qualität des Erbrochenen. Hierbei kommt in Betracht, ob die Ingesta. verdaut, zum Theil verdaut oder gar nicht verdaut sind, ob ein Unterschied zwischen Albumin- und Kohleiihydratverdauung statt hat, ob grosse Fettmengen, bezw. Fett- säuremengen vorhanden sind oder nicht. Sind die Ingesta gut verdaut, so deutet dies auf eine nervöse Magenerkrankung oder auf reflectorisches oder cerebrales oder spinales Erbrechen hin. Doch kann auch bei organischen Magenleiden, z. B. Chemische Untersuch ungsin et linden. [-)\) bei l ICHS ventriculi und bei Magenc-itarrlien im Anfangsstadium. das Aussehen des Erbrotdieiien dem normalen Cltvniu- durehum ähnlich sein. Bei mangelhaft verdauten Ingestis ist nicht ohne weitere-, ein ungünstiger Schluss auf den Ablauf der Digestion zu ziehen, da schon vor dem Brechact grössere Schleimniengeii theils producirt, theils hin- untcrge würgt sein können, die der Verdauung entgegenwirken. Falls der \ omitusnct ohne Uebelkeit verlaufen ist, so hätte man in der Qualität des Erbrochenen schon ein nicht zu unterschätzendes Cri- teriuni für etwaige Verdauungsanomalieeii. Hierbei wird Vorhanden­ sein oder Fehlen von Schleim und Speichel für die Beiirtheilung dieses Momentes gewürdigt werden müssen. Absoluter Mangel an Verdauung (Apepsie), der übrigens nur selten — nach meinen Erfahrungen nur bei atrophirondeii Processen der Magenschleimhaut — vorkommen dürfte, spricht, wenn zwischen der letzten Nahrungsaufnahme und dem Voniitusactc ein längerer Zeitraum (also "J—o Stunden) liegt, mit Wahrscheinlichkeit für hoch­ gradige Störungen im Drüsenapparat. Doch ist zumal bei ge­ mischter Mahlzeit die Entscheidung, ob thatsäehlieh Apepsie vorliegt, nicht so einfach. Einzelne unverdaute Fleischreste können auch im chemisch sufficienten Magen liegen bleiben. Nur abnorm grosse Mengen von Fleisch sind hier entscheidend. Dem Erbrochenen können nun fremdartige Substanzen bei­ gemischt sein, haups-ichlich Blut, selten Eiter, Schleim, Speichel, Galle, Darmsaft oder -Inhalt, Schleimhaut oder Gesehwulstpartikol, Roth, Parasitenfragmente u. a. a) Blut. In der Pegel hat das Blut unter dem Einfluss des niut im Erbrochenen bereits starke Veränderungen erlitten, in einzelnen Fällen ist es frisch. Wir können aus der Beschaffenheit des Blutes werthvolle Schlüsse auf den Character des Erbrochenen ziehen. Be­ findet sich mach mehrstündigem Stellen in dem Erbrochenen noch klares Blut und zeigi die Untersuchung unter dem Mikroskop noch wohlerhaltene Erythroovteii, so ist von einer wesentlichen Säurc- produetion des Magens keine Bede. Der veränderte Blutfarbstoff verleibt dem Erbrochenen je mich der Beschaffenheit und dem Säure- gra.de, auch nach drv Dimer der Beimischung verschiedene Farben- t.öne vom Tiefsehwarzen bis zur Farbe von Kaffee oder Cacaoaufguss. Die letztgenannte Färbung deutet stets nuf eine bereits vor vielen Sl iimlen stattgefundene Blutung hin. Die genannten Veränderungen können Blutungen einerseits leicht übersehen lassen, andererseits -.olehe vortäuschen. IS ist daher in diesen Fällen eine gründliche Boas. Atlg-. tJiayuustik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. ,\uil. n 130 Chemische Untersuchungsmethoden. chemische und mikroskopische Untersuchung nothwendig (s. hierüber das Capitel Mageninhaltsuntersuchung). Eiter im b) Eiter. In seltenen Fällen (Gastritis phlegmonosa, diphtherica Erbrochenen. c a r c j n o m a exulcerans u. a.) sind mehr oder weniger grosse Eiter­ mengen dem Erbrochenen beigemischt. Falls die Beimengung des­ selben nicht schon makroskopisch zweifellos ist, kann man durch einen Blick in das Mikroskop die Diagnose stellen. Hiermit ist aber keineswegs die Provenienz des Eiters erwiesen, es kann der Eiter von den Luftwegen oder aus dem Pharynx und dem Nasenrachen­ raum, desgleichen aus einem Abscess des Dickdarms, der zu Ver- löthungen mit dem Magen geführt hat, desgleichen von einer eitrigen Pancreatitis, aus Leberabscessen, endlich auch aus dem Dünndarm herstammen. schleim und c) Schleim und Speichel ist im Erbrochenen stets anwesend. ErbrollhenM I n grösseren Mengen ist er ohne weiteres erkennbar, in geringeren klärt die Mucinreaction, sowie der mikroskopische Befund dar­ über auf. Gaiie im °0 Galle ist dem Erbrochenen gleichfalls nicht selten beige- Erbrochenen. m e ngt* eine besondere diagnostische Bedeutung kommt derselben nicht zu. Z u m sichern Nachweis der Galle in zweifelhaften Fällen ist die Gallenfarbstoffreaction (Gmelin'sche Probe), sowie (nach Ent­ fernung der Eiweisskörper durch Phosphorwolframsäure) die Petten- kofer'sche Probe auf Gallensäuren oder die Darstellung von Chole- stearin nothwendig. Schleimhaut e) Schleimhaut- oder Geschwulstpartikel kommen in seltenen „ ^ nd , . Fällen gleichfalls im Erbrochenen vor. Die mikroskopische Unter­ Geschwulst- ° •"• Partikel im suchung kann unter Umständen werthvolle Ergebnisse haben, ja die 'bis dahin zweifelhafte Diagnose sichern. Weiteres s. unter Mikro­ skopie des Mageninhalts. Koth- f) Kotherbrechen wird durch den Geruch festgestellt. W o grosse Mengen vorhanden sind, kann man auch im Destillat der Faeces den Nachweis von Phenol, Indol und Skatol führen (s. hier­ über Hoppe-Seyler, Handbuch der physiol. und pathol. Analyse, 6. Aufl., S. 478). g) Parasiten. Es kommen von solchen vor: Ascariden, Glieder Erbrochenen. v o n Genien? Oxyuris vermicularis, Aiichylostomum duodenale, Trichinen. Auch Echinococcenblasen hat man bei Durchbruch von der Leber aus im Erbrochenen gefunden. Zu den Seltenheiten ge­ hören Befunde von Käsemaden (M es che de), Dipterenlarven (Ger­ erbrechen. Parasiten im ('heinische Untersuchungsniethoden. 131 hardt) und Fliegenlarven (Küchenmeister Eublinski, Sena­ tor u. a.). Ist das Erbrochene speisefrei, so kann es sich entweder um Haematemesis. Blut, Speichel, Schleim. Gallo oder Parmsaft handeln. Bluterbrechen (Haematemesis) kommt vor bei Ulcus, unter Umständen auch bei Carcinom, ferner bei Eebercirrhose, bei varicöser Venenentartung des Oesophagus und Magens, bei Stauungszustäiiden der Leber oder auch bei Herzfehlern mit beträchtlichen Stauungen im kleinen Kreis­ lauf. Die abundantesten Blutungen stammen in der Pegel vom Magen oder dem Duodenum, doch lehren die interessanten Zusammen­ stellungen von Quincke'), dass auch durch ein Ulcus des Oeso­ phagus (gewöhnlich hart an der Cardia) reichlicher Bluferguss statt­ haben kann. Bezüglich der Provenienz von Blutungen aus anderen Ursachen müssen die Befunde der Lungen-, Leber- und Herz-Untersuchung die Diagnose klären. Zu denken ist auch, wie mich ein Fall aus meiner Praxis lehrte, an Hämophilie. Die Diagnose vieariirende Magenblutung darf nur bei thatsäehlich vorhandenen menstruellen Störungen und auch dann nur mit grosser Vorsicht gestellt werden. .Manche Aer/.te sind geneigt, geringe Magen blutungen (also 1—2 Theelöffel Blut) bereits mit Sicherheit auf Flcus zurückzuführen. Ich habe viele Fülle zu beobachten Gelegenheit gehabt, bei denen indess die übrige Untersuchung absolut keinen Anhaltspunkt für Ulcus bot, obschon Digestionsstörungeu vorhanden waren. W e n n man sieht, wie leicht durch den Sondenreiz und wahrscheinlich auch häufig durch den Reiz von Ingestis kleine capilläre Blutungen entstehen, ohne dass die Patienten den geringsten Nachtheil davon haben, so beweist das, wie unsubstanziirt die Diagnose Ulcus rotundum unter solchen Umständen ist. Zu ungefähr den­ selben Ansichten ist neuerdings auch L. Kuttner-) auf Grund eines reichhaltigen Materials gelangt. Erbrechen von reinem Speichel ist ein häufiges Symptom bei Erbrechen chronischen Oatarrhen des Pharynx, an die sich nicht selten durch von Speichel- den Ifciz der hinuntergeschluckten Speiohelmcngen ein sekundärer Catarrh des Magens schliesst. Es handelt sich hierbei u m dünn­ flüssige, im spec. Gewicht zwischen 1004 — 1007 schwankende, an festen Substanzen arme Massen. Man bezeichnet diese Art des Er­ brechens bekanntlich uls Vomitus matutiuus oder Wasserkolk. Die Reaction des Erbrochenen ist in der Pegel alkalisch, zeigt aber trotz- M Quincke, Ulcus oesophagi ex digestione. Deutsch. Archiv f. klin. Mediein Bd. 24, S. 2. •i} \J. Kuttner, Berlin, klin. Wochenschrift 189.3, No. 7—9. 9* \?r2 Chemische Untersuchungsniethoden. dem Fermentanwesenheit (Labzymogen, Pepsinogen). Chararteristisch ist ausser der Mucinreaction die burgiinderrothe Färbung mit ver­ dünnter Eisenchloridlösung, welche für Gegenwart von Phodansalzen spricht. schleim- Schleivnerbrechen deutet, falls es wiederholt auftritt, entweder abrechen. ,(|^ p}iarvllo jtis chronica oder Magencatarrh oder auf beides hin. Genaue Inspeetion des Pharynx, sowie Explorativsondirung des Magens lassen über die Diagnose keinen Zweifel. Zuweilen sind dem Schleim etwas Blut, Gallo oder auch, in der Pegel unverdaute Xahrungs- residuen beigemengt. Erbrechen von reinem Schleim spricht nach meiner Erfahrung fast mit Sicherheit gegen Mageneefusie. Die Mengen von erbrochenem Schleim sind in der Regel durchaus nicht bedeutend, \—2 Esslöffel oder noch weniger. brechen Erbrechen von Gulle, bezw. Dünndarm soft. Dasselbe kommt Gaiio und eilT weder ganz acut. z. B. bei Gastritis acuta, Peritonitis, oder temporär bei verschiedenen chronischen Magen-Darmarfertionen, eventuell auch als Peflex-erscheinuiig bei Krankheiten dei Leber, der Nieren, der Ova­ rien, des Uterus, bei Tabes (Crises gastriques) u. a. vor. Diagnostisch wichtig ist das eoustaute Vorkommen von Gulle im Erbrochenen, bezw. im Mageninhalt. Dasselbe spricht mit grösster Wahrschein­ lichkeit für Stenose der Pars descendens duodeni oder der Pars horizontalis inferior duodeni, bezw. des Anfanustheils des Jejtinum (Leichtenstern1), Riegel'-'), ('ahn3), Honiginann 0, Hochhaus"'). Boas"), Reiche7), Herz*). Der Galle pflegt bei intaeter Beschaffen­ heit des Pancreas stets Bauchspeichelsaft, beigemischt zu sein, bei eonstetntem Fehlen desselben im galligen Inhalt erwächst Verdacht auf eine Erkrankung des Pancreas oder eine Verlegung des Ductus Wirsungianus (Boas) '•'). Obwohl unter kniständen die genauere Untersuchung des Erbrochenen manche werthvollen Ergebnisse liefert, ist sie doch nur mit grosser Vorstellt für t) Leichtenstern, Verengerungen, Vorschlicssungen und Lageveränderuiigen des Hannes, v. Ziemssen s Handbuch dur spec. Pathologie und Therapie, 2. Aufl., Bd. VII, 2, S. 411 u. 41S. -') Riegel, Zeitsclir. für klin. Mcdic. Bd. 11, II. 2 u. .">, S. IST; derselbe. Deutsche medicinische Wochenschrift 1SUO, No. 119. •'<) (Jahn, Berl. klin. Wochenschr. 188(5, No. 22. ') Honiginann, Berl. klin. Wochenschr. 1SS7, No. 18. •"') Hochhaus, Berl. klin. Wochenschr. is'.ll, No. 17. '') Boas, Deutsche medicinische Wochenschrift 1891, No. 28. ") Reiche, Jahresb. d. Hamburger Krankenanstalten, S. 180 u. f. «) Herz, Deutsche medicinische Wochenschrift 1890, No. 213 24. ») Boas 1. c. ( hemische UnteiMi<'hung>iuelhoden. 1 3."> Ulf H, urlliciltnig der chemischen Mi ijenfv nctionni :K rer ire rfhcn. Wir dürfen nie vergessen ilass das Erbrechen wenigstens in denjenigen fällen, wo es den \usdruck eine]- Magcnaffoction dai-stellt, als l'roducl einer ,n>iiii< u chemischen iid,-r inceliauischfu /,',-i:,tna der Maarnscldcinihaut anzusehen i>t. I );>,ss es zum Erbrechen kommt, zeigt eben an. dass vorübergehend ganz abnorme, dem sonstigen \ erlaut inadäquate Aeiiderungen in der Zusammensetzung des .Mageninhalts vorausgegangen sein müssen. B. Dircctc Prüfung der Magensaftsecretion. Von mehreren Forschern sind wegen dar mit der Sonde ver­ bundenen Belästigungen Methoden ersonnen worden, durch die man sich über die Seeretion der Magenschleimhaut auf einfache Weise unterrichten kann. Dieselben haben sich indessen in der Praxis nicht bewährt. 1. Methode von Edinger 1) Derselbe empfiehlt kleine an Seidenläden geheftete Schwäniniehen, die in eine Helatinekapsel gepresst werden, verschlucken zu lassen. I>ic Kapsel löst sich sehr schnell, und das Schwänimchen wird mit Magensaft, getränkt wieder herausgezogen. Die Methode hat den Nächtlich, dass das Schwännnehen beim Herausziehen Schleim aufsaugt und dadurch den Magen­ saft neutralisirt. 2. Methode von Sp äth-). Derselbe benutzte an Seidenladehen befestigte mit Congolösung getränkte Ilolhindermarkkiigelehen, die, falls Salzsäure secernirt wird, sich blau färben. Bei dieser Methode ist nur <\cv positive Ausfall bewei­ send, während der negative durch nachträgliche Einwirkung von Schleim, Speichel tt.s. w. bedingt sein kann is. das Capitel über den Salzsäurenach weist. '.). Methode von G ünzburg-'1). G ü n z b u r g bedient sich des Jodkaliums, welches er in Gitmmischläuche von äusserst dünner Wandung cinschliesst , die zum Aufspringen geneigt sind. In einen derartigen Schlauch wird eine aus 0,2 o,.". g bestehende,Jodkaliumtablette eingeschoben, und die beiden Enden des Schlauches werden zum Verschluss so umgeknickt, dass sie sich berühren. Der Verschluss wird durch drei vorher in Alkohol aufbewahrte und daher f'estgewor- dene Fibriufäden bewirkt. Von den so verschlossenen Päckchen, die in Glycerin vorräthig gehalten und in eine Gelatinekapsel gepresst werden, wird eins eine Stunde nach dem Probefrühstüek verschluckt. Alle Viertelstunden wird nun der Speichel des Versuchsindividuums durch die Stärkeprobe auf Anwesenheit von .Jodkaliuni untersucht. Die Idee der Methode beruht nun darauf, aus der Schnellig­ keit des Auftretens der Jodreaction auf die Verdauungsenergie zu schlicssen, letztere gemessen an der Eösungs-, bezw. t^ uellungszeit, die das Fibrin gebraucht. Die Bedenken iregen diese an sich sinnreiche Methode beruhen in der Unmög­ lichkeit den Ort der Lösung (Dann oder Magen) festzustellen, ferner dass auch H Edinger, Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 28, 1SS1. •-') Späth, Münehener med. Wochenschr. 18^7, No. 41. M Günzburg, Deutsche medicinische Wochenschrift 1889. No. 41. 134 Chemische Untersuclumgsmethoden. bei Anwesenheit von Gährungssäuren eine partielle oder totale Quellung der Fibrinfäden erfolgen und demnach normale Jodreaction vorgetäuscht werden könnte. Endlich giebt die Methode nur Auskunft über die seeretiirische - nicht aber über die Resorptions- und motorische Sphäre. Das Günzburg'sche Verfahren ist durch Marfan') nachgeprüft worden, und derselbe konnte die thatsächlichen Angaben G.V bestätigen. Dagegen fand Bäklin in meinem Laboratorium, dass in Fällen mit ausgezeichnet erhaltener Saftseeretion das Auftreten der Jodkaliumreaction verzögert sein kann, mithin der Verdacht auf II Ol-Mangcl erweckt wird, w o Salzsäure tliatsächlich in genügender Menge abgeschieden ist. Dagegen konnte Bäklin den Einwand Sahli's'^, dass bei der G iinzburg'schen Methode die Fibrinfäden einfach schon im Wasser quellen, so dass wenige Minuten nach der Einlegung der Päckchen in Wasser Jodkalium in demselben nachweisbar ist, nicht bestätigen. Sahli hat - schon vor G ü n z b u r g — ein anderes ähnliches Verfahren ausgearbeitet, allerdings nicht im Sinne einer Probe für die Säureabscheidung, sondern u m den Uesannntablauf der Verdauung zu eruiren. Die Ausführung ge­ staltet sich folgendennassen: Eine in der gewöhnlichen Weise aber unter Zusatz von etwas Glyeerin (zur Verhütung des Austrocknens) angefertigte Pille von 0,2 Jodkali wird in ein ca. fünffrankenstückgrosses Stückchen dünnster Para- gummiplatte, welches so dünn sein muss wie Seidenpapier, eingehüllt, indem man den freien Rand des Gummihäutchens über der Pille beutelartig fest zusammen­ dreht. Zum Verschlucken wird das kleine Beutelchen in eine znsaimnensteckbare Gelatinekapscl gebracht. Es wird dann der Zeitpunkt des Auftretens von Jod im Speichel notirt. Henne'*) hat mittelst derselben eine Reihe interessanter Untersuchungen über die Wirkimg gewisser therapeutischer Agentien angestellt. 4. .Methode von Einhorn*). Zwei silberne Kugelschalen sind derart in einander gefügt, dass die grössere, das Gefäss bildende, die kleinere, welche den Deckel darstellt, unischlicsst. Der Deckel ist an einem Faden befestigt, an welchem der kleine Apparat (P'V4 cm lang, :i'4ciii breit) in den Magen hinabge­ schluckt wird; findet die untere Kugelschale Grund, so fällt der Deckel durch seine Eigenschwere auf ihren Boden und gewährt dem Mageninhalt Eintritt in das Gefäss; beim Aufziehen verschliesst der Deckel die Oeffnung der Kugelschale und verhindert die Beimischung von Schleim zum Mageninhalt. Praktisch hat sich der genannte Apparat nicht bewährt. Einhorn hat daher einen kleinen silbernen Eimer construirt, mit dem er den Mageninhalt schöpft u m ihn auf freie Salzsäure und Labferment zu untersuchen. Ich vermag in dem Apparat weder einen gefahrlosen noch für den Kranken angenehmen Ersatz der Magcnsondirung zu erblicken. i) Marfan, Archiv, general. de medecine, Mai 1890. •i) Saldi, Corrcspondcnzbl. f. Schweizer Aerzte 1891. 3) Henne, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 19 Suppk, S. 2sU. >) Max Einhorn, New-Vork niedic. Record, July 1890. Chemische Untersuchungsniethoden. i:;:> L- Prüfung dc> mittelst der Sonde gewonnenen Mageninhaltes. Methoden der Mageninhalfsgewinnung. Der Mageninhalt kann durch zweierlei Methoden gewonnen werden. Er kann ange­ saugt (aspirirt) werden, oder man lässt ihn mittelst der Bauchpresse auspressen (exprimiren). Für die Praxis ist es nothwendig beide Methoden zu kennen, da sie zuweilen neben einander zur Anwendung gelangen. a) Aspirationsmethode. Die Aspirationsmethode kann erfolgen Aspiration i i • i » . . Tr , i mittelst durch eine ALagenpumpe, wie sie zuerst von Kussmaul angegeben Mag-enPump( und nachher vielfach moditieirt worden ist. Die Methode leidet in praktischer Hinsicht an mehrfachen Febelständen. Der eine liegt in der Furcht des Kranken vor der Anwendung eines Instrumentes (der Name »Auspumpen des Magens«, der leider auch in Aerztekreisen noch häutig gehört wird, jagt manchem Kranken allein schon gelinden Schrecken ein)1), der andere darin, dass dasselbe in der üblichen Form ziemlich complicirt ist, sich schwer auseinandernehmen und in seinen einzelnen Theilen reinigen lässt. Nicht zuletzt dürfte die Gefahr der Abreissung von Schleimhauttheilchen, wie sie thatsüchlich bei Anwen­ dung der Magenpumpe vorgekommen ist (v. Eeube-), Malbranc, v. Ziemssen-) Gramer 1), Ebstein)"1) in Betracht zu ziehen sein. Allerdings war das genannte Ereigniss, wie ich aus vielfachen eigenen Beobachtungen, bei denen es sich allerdings nur u m ver­ gleichsweise kleine Ablösungen der Mucosa handelte, niemals von ungünstigen Folgen für den Kranken begleitet. Es ist mir daher unverständlich, wie Fl ein er11) dieses höchst harmlose Vorkommniss zu einem »Kunstfchler« aufbauschen konnte. Es lässt sich übrigens nach meinen Erfahrungen auch bei allergrösster Sorgfalt nicht immer vermeiden. i) Ich miichte auf Grund reichhaltiger praktischer Erfahrungen dringend rathen, den jetzt völlig gegenstandslos gewordenen Ausdruck »Magenauspumpen« endlich aufzugeben. Er hat manchen Kranken, die an die Vornahme der Pro- cedur die exorbitantesten Vorstellungen knüpften, ein oder mehrere schlaflose Nächte gekostet. -') v. Leube. Deutsch. Arch. f. klin. Mediein Bd. 18, 1870, S. 490. ••'•) v. Ziemssen, Deutsch. Arch. f. klin. Mediein Bd. 10. 1872, S. 6(5. t) Crämer, München, mediein. Wochenschrift 1891, No. f>2. .->) Ebstein, Berlin, klin. Wochenschr. 189ö. No. 4. Ü) FI einer, Lehrbuch der Krankheiten der Verdauungsorgane. Stuttgart 1896. S. 103. 136 Chemische Untersuclmngsmcthoden. Flaschen- Ferner kann die Aspiration mittelst Flaseheuuspiration vor- spiratoren 'genommen werden, für welche der Potain sehe Apparat zur Aspi­ ration von pleuritischen Exsudaten das Vorbild gewesen. Dieselben sind vielfach moditieirt und für Zwecke der diagnostischen Magen- inhaltsuntersuchungen auch verbessert worden. Man kann in der verschiedenartigsten Weise sich einen brauchbaren Aspirator con- struiren. So z.B. kann man nach Analogie des von Fürbringer1) für die Ansaugung von Exsudaten der Pleurahöhle empfohlenen Apparates eine Wulffs che Flasche oder auch eine Glasflasche mit doppelt durchbohrtem Stopfen anwenden, in beide Bohrungen zwei möglichst weite Glasröhren bringen, deren eine man durch Gummi­ schlauch mit der Sonde, deren andere mit der Potain sehen Spritze Fig. 17. oder einem Gummiballon, der die Luft ansaugt, verbindet (Fig. 17 und IS). Durch Ballonaspiratoren. Hierzu kann man, wie Ewald-) "• dies thut, sich eines Ballons in Form einer Birne, wie bei dem be­ kannten Politzer-Apparat bedienen, indem man denselben in passender Weise mit der Magensonde verbindet. Hierbei niuss man aber nach jeder Ansaugung die Birne entfernen, was sehr umständlich ist, Ich wende seit Jahren einen Aspirator an (Fig. VA), der einen starken, beiderseitig mit gleichlangen Gummischläuchen endigenden Gummi­ ballon darstellt, Durch ein Schaltstück aus Glas wird der Apparat mit der Magensonde verbunden. Ausserdem befindet sich an dem der Sonde abgewendeten Schlauch ein Hahn (Q). welcher dessen Lumen absperren kann. Bei geöffnetem FI ahn wird der Ballon com- i) Fürbringer, Berliner klin. Wochenschr. 1888, No. 13, S. 2f>4. a) Ewald,, Klinik der Verdauungskrankheiten 3. Aufl., S. 13. < 'licmische Untei-Michungsinethodeii. 13 11 l»i'iioirt und dadurch die Luft entfernt. Schliefst man den Hahn ab, >o saugt der Ballon den etwa im Magen befindlichen Inhal! an. Bei erneuter Oeffnung des Halmes kann der Inhal! des Ballons bei Com- • S K ^ ig. ls. 17;: \oir f pression des der Sonde zugewendeten Schlauches in ein darunter ge­ haltenes Gefäss ausgedrückt werden, worauf die Procedur in der­ selben Weise von neuem beginnt, Der Apparat kann, da er aus .. ^f,'J\ ^r y^y^^s--,r-^^.:: \ ^-r'^-f/'k // B o a s A spi rat or z u m A n s a u g e n des Mageninhalts. />' Ballon, s Sonde. ) Der historischen Wahrheit gemäss möchte ich an dieser Stelle die Be­ merkung nicht unterdrücken, dass ich im Jahre 1884 die Methode der Expression des Mageninhalts zuerst entdeckt und sofort Herrn E w a l d demonstrirt habe. Von letzterem ist mein Antheil an diesem grundlegend gewordenen Verfahren in seinen Publicationen pflichtgemäss gewahrt. Wenn von Anderen die Me­ thode als Ewald'sehe Kxpressionsniethode bezeichnet wird, so entspricht diese Bezeichnung nicht den Thatsachen. -') Ewald und Boas, Virch. Arch. Bd. 101, 1885, S. 330, Speiserest o m nüchternen Magen. ('hemische Untersuclmngsinelhoden. ] ,3!) ist der Befund grösserer Mengen von Inhalt (über 100 ccm), wel- cher \rt ,."i, und: Deutsehe me­ dicinische Wochenschrift IS«.):'., No. 20/30. •i) Hosin, Deutsche medicinische Wochenschrift 1SSS. Xo. 47. n) A. 11 offmann, Berl. klin. Wochenschr. ISS'.I. Xo. 12 u. 13. 0 A. Pick, Prager niedic. Wochenschr. 1S80. • rM Martins. Deutsche medicinische Wochenschr. 1804, Xo. 32. 'M Schäle, Berl. klin. Wochenschr. isaö, Xo. 51. Magensaft 140 Chemische Untersuclnmgsmethod cn. (Schreiber1), PoasA, RosonheimpG höchst wahrscheinlich ge­ worden, dass Magensafttluss wesentlich als Folge der letzteren auf­ zufassen ist. Ja stdbst wo er bei Ulcus ventriculi gefunden wird, ist fast immer das Bestehen einer mehr oder weniger ausgesprochenen Motilitätsstörung unverkennbar. In der Pegel conibinirt sich mit Magensafttluss eine Seeretion übermässig sauren Magensaftes (Super- aeidität). Der Magensaft ist nach den im Capitel über Mageninhalts- untersuchung gegebenen Regeln chemisch und mikroskopisch zu untersuchen. schleim c) Sehleim, bezw. Speichel. Neben Beimischung von Schleim und Speichel , , . . . .. - . . , . im nüchternen, und Speichel zum nüchternen Magensecret, die m geringen Mengen Magen. physiologisch vorkommen, kann der Magen auch ausschliesslich Schleim oder Speichel enthalten. Derselbe eharaeterisirt sich ausser durch sein bekanntes Aussehen durch die Mucinreaction. Mikro­ skopisch ergiebt sich hierbei Anwesenheit von zahlreichen Mucin- körperchen und Epithelien, Die Anwesenheit von Schleim oder Speichel kann sowohl durch Entzündungsprocosso im Munde (Stoma­ titis, Ptyalismus, Pharyngitis u. a.) als auch durch pathologische Se- cretion der Schleimdrüsen des Magens (Catarrlms mucosus), endlich durch beide derselben Ursache entspringenden Processe hervor­ gerufen sein. Gaiie im d) Gulle. In manchen Fällen ist ein Rücktritt von Galle in Magensaft. ((en ^i;lgen itcohachtet worden. Durch längeres Verweilen daselbst wird das Bilirubin desselben in Biliverdin umgewandelt, die Galle wird gelblich bis grasgrün. Durch Vermischung von Magensaft mit Galle oder Darmsaft (s, unter e) werden das Gallenmucin und das thierisehe Gummi (Landwehr), sowie die Gallcnfarbstoffe gefallt, durch Behandlung mit Alkalien können dieselben wieder in Lösung gebracht werden. Galle hebt nicht, wie nach dem Vorgange von Brücke noch zuweilen angenommen wird, die pepfische Wirksamkeit des Magonsecretes auf. sondern sie wirkt wie jeder andere Eiweiss­ körper säureentziehend. Wird von der Magenschleimhaut genügend Säure secernirf, so dass in dem Gemisch von Galle und Magensaft Salzsäure in freiem Zustande sich befindet, so verdaut das Gemisch ebensogut wie ein Magensaft mit demselben Gehalt, an Salzsäure allein. Auch die Labwirkung eines Gemisches von Galle und Magen- i) Schreiber, Deutsche medicinische Wochenschrift ISül. Xo. 18, 20, 21. Arch. f. Verdauungskrankheiten Bd. 2, S. 4, lsOC>. *) Boas, Berlin, klin. Wochenschrift 189.ri. Xo. 40. •<) ivosenhehn, Berlin, klin. Wochenschrift 1894. Xo. 50. ('heini-M-he Unter>uehung-methoden. 141 salt bleibt solange erhalten wie Salzsäure frei bleibt. Eine speeiflseh störende Wirkung von Gulle auf dos Magenseeret besteht dem­ nach nicht. o) Darmsaft. Neben Gallo allein kommt nach meinen Beob- narmsaft. achtungeic) im nüchternen Magen bisweilen ein Gemisch von Galle, pancreatisebem Saft, wahrscheinlich auch Saccus entericus vor den ich der Einfachheit halber als »Dünndarmsaft« bezeichnet habe. Deixlbe stellt in reinem, mit Magensaft unvermisehteni Zustande eine gras­ grüne, in dünner krisung völlig klare, vGcö>e. leicht gelatiuirende Flüssigkeit dar, die netten den Bestandteilen der Galle die biologischen Eigenschaften des Pan- creassecretes aufweist, d. h. Stärke, sowohl rohe als gekochte desgleichen Gly­ kogen zunächst in Maltose dann in Dextrose überführt, Alhuminkörper in Peptone (Tryptone,), keim unter Verlust dvv Gelatinirbarkeit in Eeimtryptone umwandelt und Fette in Glycrin und die betreffenden Fettsäuren zerlegt. Bei grossem Ge- halt an XaL,COs bildet das Gemisch auch ohne grobe mechanische Kraft mit fett- säurehaltigem Gel oder Fett Emulsionen, doch ist dies keine speeifische Eigen­ schaft des Bauchspeichels. In jedem Darmsaite kann man mit Leichtigkeit auch Eeucin und Tvrosin nachweisen. Die digestive Eigenschaft des Bauchspeichels wird unter dem Einfluss grösserer Magensafttpiantitäten zerstört. Hierbei tritt, wie oben bei der (kille besprochen, eine Fällung des Gallenschleims und des Gallenfarbstoffes ein, wobei die beiden Gallonsäuren frei werden. In den Nieder­ schlag Verden neben dem Mucin auch die Fermente des Pancreassaftes nieder­ gerissen und, wenn die Säurewirkung längere Zeit (2 :> Stunden) anhält, definitiv zfcsiärt Bei schwachen Säuregraden, sodass das Gemisch zwar sauer reagirt aber keine freie Säure enthält, erfolgt überhaupt keine Fällung; das Gemisch bleibt klar und enthält die Fermente in wirksamem Zustande. Feber die diagnostische Bedeutung constant vorkommender grösserer Mengen von Düimdarnisaft, welcher der Galle beigemischt ist, ist das Nähere bereits oben S. YA2 hervorgehoben. Geringe, desgleichen gelegentlich exprimirte oder durch Ausheberung gewonnene Darmsaftmengen haben keine semiotische Bedeutung. f) Blut. Es kann aus dem nüchternen Magen Blut: 1. durch mm im Heizung eines Flcus, 2. durch Bersten von Venen bei Stauungs- ' "u"'lt,!l' Processen, z. B. Lebcrcirrhose, bei stockenden Menses. :>. durch den Sondenreiz auf eine sonst pathologische oder vulnerable Magen­ schleimhaut oder -1. durch starke Exprcssionsbewegungen hervor­ gerufen werden. Es kann die Blutung aber auch einem ganz andern Organe, dem Oesophagus, der Nasenhöhle, dem Pharynx, den Lungen n. a. entstammen, was man nie ausser Acht lassen darf. Häinateniesis lässt sich von Fleusblutuim in den meisten Fällen gut differen- ZJIV,I. Ein' letztere spricht die chararteristisehe Anamnese- die vor­ hergegangenen Beschwerden der epigastrale und dorsale Schmerz- i, Boas, Zeitschrift f. klin. Med. Bd. 17, Heft 1 und 2. 142 Chemische Untersuchungsmethoden. punkt, die Gastralgieen u. s. w., während für erstere das die passive Blutung bedingende Moment (Leber-, Herz-, Nieren-, Menstrual- anomalieen) meist nicht schwer zu eruiren sein wird. Noch leichter ist die Unterscheidung von Lungen- und Magenblutungen, die sich, abgesehen von der characteristischen Beschaffenheit des Blutes, bei Hämoptoe (hellroth, schaumig, nie theerfarbene Stühle) aus der sorg­ fältigen Untersuchung der Lungen ergiebt. Doch darf man nicht vergessen, dass neben Hämoptoe auch Hämatemesis vorkommen kann. Geringe Blutungen, die meist im Verein mit Schleim zu Tage treten, haben weder eine diagnostische noch eine prognostische Bedeutung. Doch ist auch in solchen Fällen, falls sich die Blutungen öfter wiederholen, wie bereits früher betont, am besten von der Sonden­ einführung ganz atizusehen. Eiter im Ueber den Nachweis geringer Blutungen s. das Capitel über genm a . Mao-eninhaltsuntersuchungen. g) Eiter Eiter im Mageninhalt kommt nach neueren Er­ fahrungen nicht so selten vor. A m häufigsten habe ich ihn bei ulce- rirenden Carcinomen getroffen, wo man bereits makroskopisch die intensiv stinkenden gelblich grünen, zuweilen auch blutig tingirten Gebilde beobachten kann. In einer Reihe von Fällen ist auf grund dieses Befundes, natürlich unter Hinzuziehung der übrigen Factoren, die Diagnose ulcerirenden Magencarcinoms auch ohne Tumorbefünd zu stellen. jarmiuhait. h) Darminhalt. Bei Enterostenosen wird Darminhalt durch antiperistaltische Bewegungen und Lähmung des Sphincter pylori in den Magen geschafft und bei grösserer Anhäufung erbrochen. Das­ selbe kann auch bei abnormer Communication von Darmabschnitten mit dem Magen stattfinden. Darminhalt wird leicht durch die läcu- lente Beschaffenheit, alkalische oder schwach saure Reaction und den Nachweis von Indol, Skatol, Gallenfarbstoffen, Gallensäuren, eventuell auch der Pancrcasfermente erkannt. In einem von mir kürzlich beob­ achteten Falle von Duodenalstenose nach Ileus bestand das Er­ brochene aus Dünndarminhalt, hatte einen leicht fäcalen Geruch, ver­ daute aber Pnweiss und Stärke in kurzer Zeit. Auch bei den von mir vorgenommenen Ausspülungen wurden grosse Mengen von Dünn­ darininhalt ausgehebert. i) Harnstoff ist in seltenen Fällen im Erbrochenen bei Urämie gefunden worden. Ueber dessen Nachweis s. Hoppe-Scyler Handbuch der phys. u. path. Analyse 6. Aufl., S. 104. k) Auch Ammoniak ist in seltenen Fällen im Erbrochenen (in Form von Aminonsalzen) gefunden worden (vergl. lloppe-Seyler 1. c. S. S',)9). Chemische Untersuchungsniethoden. 143 Untersuchung- der Mag^enlünetionen nach Einwirkung' verschiedener Reize. 1. T h e r m i s c h e P e i z e. Hierzu kann man nach v. Leube1) Eiswassereingiessungen an­ wenden. Man bringt in den nüchternen Magen eines Individuums 100 ccm Eiswasser nach 10 Minuten wird unter Eingiessung von .'fOO ccm Wasser die Magenfiüssigkeit ausgehebert und auf ihre Pe- action geprüft. Das letztere geschieht in der Weise, dass 40 ccm saurer oder bei neutraler Reaction mittelst Salzsäure passend an­ gesäuerter Magenfiüssigkeit bei i>5—40" C in einem Verdau ungs- schrank mit einem kleinen Stück hartgekochten Hülmereiweiss an­ gesetzt werden und die Zeit notirt wird, wann das Eiweiss auf­ gelöst ist. Aehnlich ist die Methode von Jaworski.'-') Es werden '200 ccm durch Eis abgekühltes destillirtes Wasser durch die Magensonde in den nüchternen leeren Magen eingegossen, man wartet 10 Minuten und aspirirt hierauf ohne Einführung von Verdünnung*wasser den Mageninhalt, prüft das Filtrat chemisch und den flockigen Nieder­ schlag mikroskopisch. Beide Methoden haben wenig Eingang in die Praxis gefunden. Auch dürfte der Reiz des Eiswassers nicht ohne weiteres bei allen Krankheiten anzuwenden sein. 2. Chemische Reize. Jaworski-'') hat zuerst darauf hingewiesen, dass Eingiessung verdünnter Salzsäure in den Magen ein ausgezeichnetes Mittel dar­ stellt u m die Anwesenheit von Fermenten im Magen festzustellen. Die Methode kann aber auch allgemein als brauchbares Hilfsmittel für die Eruirung der Drüsensecrction angewendet werden, ja sie be­ sitzt vor der digestiven Methode gewisse Vorzüge. Vor allem ist sie erheblich einfacher anzustellen, und zwar in folgender Weise. Man giesst einem Individuum bei nüchternem Magen 100 ccm Vm Normal­ salzsäure per Sonde ein. Nach 10 Minuten langem Verweilen wird der Mageninhalt aspirirt oder exprimirt. Die gewöhnlich etwas von h v. Leube, Deutsch. Arch. f. klin. Mediein Bd. 30, S. ,">. •^i Jaworski, Zeitschr. f. klin. .Mediein Bd. 11, S. 50. ••>) Jaworski, Deutsche medicinische Wochenschrift 1887, No. 30—38. 144 Chemische Untersuchungsniethoden. Schleimflocken getrübte Flüssigkeit wird sorgfältig filtrirt und sofort in der üblichen Weise titrirt. Mit einer anderen Portion werden Verdauungsproben, Untersuchung auf Labferment u. s. w. angestellt, auch ist der Rückstand mikroskopisch zu untersuchen. (Das Ge­ nauere s. im Capitel über Mageninhaltsuntersuchung.) 3 Electrische Reize. Ludwig und W e b e r , H. v. Ziemssen 1) und Bocci-) haben zuerst durch Experimente am Hunde gezeigt, dass durch die Einlei­ tung eines kräftigen faradischen oder constanten Stromes durch die Magenwand Secretion von Magensaft erfolgt. Dieselbe Erscheinung konnten Regnard und Loye 3) bei einem Hingerichteten beobachten, bei dem sie 45 Minuten nach dem Tode eine electrische Reizung der Vagi vornahmen. Ausgedehnte und sorgfältige Versuche am Menschen verdanken wir A. Hoffmann.•*) Derselbe konnte jedesmal nach längerer Galvanisirung des Magenbezirks nicht unbeträchtliche Mengen stark sauren Magensaftes durch die Sonde gewinnen, während der mechanische Reiz der Sonde entweder gar keine oder nur sehr geringe Mengen eines schwach sauren Secretes zu Tage förderte. Diesen positiven Ergebnissen gegenüber kam E. GoldschmidtA neuerdings zu dem Schluss, dass sowohl die directe Faradisation als auch Galvanisation selbst bei starken Strömen keinen Einfluss auf die Magensaftseeretion hat. Aus diesen Gründen ist von einer diagnostischen Verwerthung des Verfahrens Abstand zu nehmen. 4. Digestive Reize. Von den in Betracht kommenden und weiter unten zu be­ sprechenden Reizen ist der digestive Impuls der natürlichste, den thatsäehliehen Verhältnissen am meisten entsprechende. Wir erhalten durch ihn ebenso eine naturgetreue Copie dessen, was der Magen secretorisch, motorisch und resorptiv zu leisten im stände ist, wie wir auch über die etwa vorhandenen sensoriellen Abweichungen unterrichtet werden. J) v. Ziemssen, Ueber die physikalische Behandlung chronischer Magen- und Darnikrankheiten. Klin. Vorträge, Leipzig 1S8S. ~ 2) Bocci, Lo Sperinientale, Juni 1881. :!) Regnard und Loye, Progres medical lSS.'i, No. 28. ') V. Hoff mann, Berliner klin. Wochenschr. l«sn, No. 12 u. 13. •j) E. Goldschmidt, Deutsch. Arch. f- klin. Mediein Bd. 5(5, Heft 3 u. 4. ('heinGche Untersuehuiorsmethoden. 14.i Dieser ])rinzi]ialen Bedeutung des digestiven Reizes gegenüber treten die Methoden und Details mehr oder weniger in den Hinter­ grund. Jede als menschliche Nahm tag dienende Substan: stellt au sieh eine geeignete Methode der Suffleienzprüfung dar, vor­ ausgesetzt, dass mau. ihre Einwirkung auf den (gesunden Maien kennt. Des weiteren werden einige mehr üussorliche, aber für den Praktiker doch wichtige Gesichtspunkte in Betracht kommen. Hierzu gehören: qualitativ und quantitativ möglichst gleichartige Beschaffen­ heit der Probemahlzeit, sowie Möglichkeit der Vermeidung irgend welcher von dem Kranken willkürlich anzuwendender Zuihaten, und vor allem die Wahl der allcreinfachsten und compendiösosten Ver­ hältnisse, schliesslich die Gelegenheit, ergiebige Mengen Mageninhalt behufs Beurtlieilung des Digestionsablaufes leicht zu gewinnen. Danach dürfte die Entscheidung, welcher der im folgenden erwähnten Untersuchungsniethoden der Vorzug zu geben ist, keine Schwierigkeiten haben. Unter diesen sind als gebräuchlichste zu nennen: 1. Das Probefrühstück von Ewald und Boas. Der Kranke erhält Morgens nüchtern 1 — 2 Weissbrödchen Pi-m.cfriui- (:;r> — 7 0 g), dazu 1 Tasse Theo oder wo es sich um genaue chemi­ sche Fntersuchungen handelt, :>00—400 ccm Wasser. 1 Stunde später aspirirt man den Mageninhalt oder lässt exprimiren. Der Magen­ inhalt wird nun auf Anwesenheit von HCl, Pepsin, Labferment u. s. w. untersucht. 2. Die Probemahlzeit von Riegel. Der Kranke bekommt Mittags eine Suppe, ein grosses Beefsteak rrobemahi- und ein Weissbrödchen. Nach :>—4 Stunden wird der Magen ent­ leert und der Inhalt desselben in Bezug auf die in Frage kommen­ den Momente untersucht, Die Methode hat den Nachtheil, dass grobe unverdaute Fleischpartikel das Sondenlumen verlegen und dadurch der Gewinnung des Mageninhalts Schwierigkeiten bereiten können. Ein Vortbeil der Methode vor anderen besteht indessen in der Möglichkeit, aus der Beschaffenheit des Mageninhalts den Ver- dauungsgrad von Amylaceen und Eiweissstoffen mit einem Blicke zu übersehen. :-». Methode von Klemperer. Der Patient trinkt nüchtern \!2 Liter Milch und isst 2 Weiss- Andere lu-ödeheu (Milch-Probefrühstück). Die Sondirung erfolgt zwei Stunden 'Lu^ 1 später |}o;i,s AI Ig. Diagnostik u. Therapie d, Magenkrankheiten. 4. Aufl. j(j 146 Chemische Untersuchungsmethoden. 4. Methode von Germain See. Derselbe giebt eine Mahlzeit, welche aus 60—80 g sorgfältig geschabtem Fleisch und 100—150 g Weissbrod besteht. Er empfiehlt dem Kranken sorgfältiges Kauen. Die Prüfung des Mageninhalts erfolgt zwei Stunden nach der Ingestion. 5. Methode von Jaworski. Zunächst wird der Magen früh nüchtern entleert und, wenn er leer ist, mit 100—H00 ccm Wasser angefüllt, welche dann wieder aspirirt und in der üblichen Weise untersucht werden. Nach diesem Vorversuch wird dem Versuchsindividuum das Weisse von einem bis zwei gekochten Hühnereiern gereicht, wozu 100 ccm Wasser getrunken werden. Nach einer gewissen Zahl von Viertelstunden wird der Mageninhalt aspirirt und auf Säuregehalt, Verdauungsfähigkeit u. a. untersucht. Nach s/4 Stunden darf im Mageninhalt normaler Weise kein Eiweiss vorhanden sein, die Magenfiüssigkeit soll ferner klar oder wenig opalisirend sein, schwach sauer oder neutral reagiren, keine HCl enthalten und ein Eiweissscheibchen von 0,06 g Gewicht in spätestens 7 Stunden verdauen. Die Methode ist etwas complicirter als alle übrigen, lässt sich aber in der Praxis vereinfachen. Ausser von Jaworski ist die Methode u. a. von Peichmann und Germain See in Anwendung gezogen. Noch in neuester Zeit werden von einzelnen Autoren (z.B. Talma, Fl ein er) andere Probemahlzeiten empfohlen. Wir können auf deren Zusammensetzung hier um so mehr verzichten, als sie vor den oben genannten in keiner Richtung Vorzüge bieten. Dass man andererseits auch mit diesen zum Ziele kommen kann, soll nicht bestritten werden. Cehrigens dürften sich manche Incongruenzen über die Säureabscheidung des Magens aus den verschiedenen Ycrsuchsbedingungen der einzelnen Autoren ergehen. Die Schaffung einer Xoriiial-Probcniahlzcit wäre daher, wie dies auch Riegel1) hervorhebt, im Interesse der Verständigung sehr erwünscht. t) Riegel, Die Erkrankungen des Magens, 1. Theil, S. S7. Magen inhaltsprüfung. 147 SECHSTES CAPITEL. Mageninhaltsnrüfuiig. Makroskopische Untersuchung' des Mageninhalts. Die blosse Inspeetion des Mageninhalts bietet eine Reihe wich­ tiger diagnostischer Anhaltspunkte. In Betracht kommen Aussehen, Quantität und Geruch des Mageninhalts. Das Aussehen lässt insofern wichtige Schlüsse zu, als es uns Aussehen über die Einwirkung der Verdauungssäfte unterrichtet. Mau kann ' Timaits?1 danach unterscheiden: absolut unverdauten, theilweise verdauten und gut verdauten Mageninhalt. Hierbei ist ferner auf Differenzen zwi­ schen Kohleubydrat- und Eiweiss- (besonders Fleisch-) Verdauung zu achten, hau absolut unverdauter Mageninhalt kommt nur in Fällen von vorgeschrittenem Cafarrh, besonders bei atrophischen Zuständen der Magenschleimhaut vor, jedenfalls zeigt derselbe immer eine ernste secretorische Störung an. Das Aussehen der ausgeheberten Mahlzeit gleicht in solchen Fällen genau der ursprünglichen in Wasser ge­ legenen, das Eiltraf derselben liiesst zum Zeichen, dass peptische Wirkung fehlt, wasserklar ab. Weiter ist auf etwaige abnorme Beimengungen zum Magen­ inhalt zu achten. Es kommen besonders in Bei nicht: Blut, Schleim, Galle, bezw. Duodenalsaft, in seltenen Fällen auch Eiter, thierische Parasiten, Geschwulstpartikel u. a. Von grosser Wichtigkeit ist auch d;ts Verhältniss zwischen festen Substanzen und Flüssigkeit. Eine abnorm grosse Menge Flüssigkeit gegenüber geringen Quantitäten von Chvmus spricht für eine zu ausgedehnte Betention der ersteren oder für Abscheidung von Flüssigkeit in den Magen. Nicht selten beobachtet man bei grossen Bückständen im Magen eine Dreisehichtung de<- Mageninhalts im Gefäss. Die oberste Schicht besteht aus Schleim oder aus unverdauten oder jedenfalls gröberen Speiseresten, die zweite, in der Regel grösste Schicht, besteht aus Flüssigkeit, während die unterste den Chymus enthält. Eine der­ artige Formation des Mageninhalts weist auf abnorme Gasgährung im Magen hin, wie sie sich bei den höchsten Graden der niechani- 10* 148 Mageninhaltsprüfung. sehen Insufficienz zu finden pflegt. Andererseits schliesst das Fehlen einer Dreischichtung das Bestehen einer Störung im motorischen Apparat keineswegs aus. Menge Die Menge des ausgeheberten Mageninhalts ist, vorausgesetzt, ceLiiaaitsen" dass man bekannte Mengen eingeführt und möglichst den Gesammt­ bcstand an Mageninhalt gewinnen kann, von grossem Interesse. In erstgenannter Hinsicht ist das Probefrühstück von E w a l d und mir, da es möglichst geringe Schwankungen gestattet, das Geeignetste. Bezüglich der aus den gewonnenen Mengen sich ergebenden Schlüsse muss man freilich sehr vorsichtig sein, da es nur bei sehr geübten Patienten gelingt, den Gesammtinhalt zu gewinnen. Genauere Zu genauerer Ermittelung des Gesammtmageninhalts dient das de^ Mag-en? neuerdings von Mathieu und P e m o n d 1 ) angegebene Verfahren: Man inhaitsmei.ge. extiahii't zunächst einen Theil des Mageninhalts und stellt ihn bei Seite. Sodann bringt man eine bestimmte Quantität Wasser in den Magen und lässt es sich gründlich mit dem Mageninhalt mischen, indem man den Trichter wiederholt hebt und senkt, sodann hebert man soviel, wie man gewinnen kann, aus dem Magen heraus und fängt den Inhalt in einem besonderen Gefäss auf. Es sei nun b die Quan­ tität des ohne Verdünnung gewonnenen Mageninhalts, a die Acidität dieses Inhaltes, a' die Acidität des verdünnten Mageninhalts und q die Menge des in den Magen eingeführten Wassers, so kann man, da die Säuremengen im verdünnten und nicht verdünnten Mageninhalt dieselben sind, folgende Gleichung aufstellen: ax — a q -j- a x, a' q woraus sich ergiebt x = a — a Die Menge des ursprünglich im Magen vorhanden gewesenen Inhalts ist demnach b -| L- a — a Mit Hülfe dieser Formel lässt sich auch die absolute Menge der im Magen zur Zeit der Entnahme befindlichen Salzsäure bestimmen (s.u.). In ähnlicher Weise verfährt Strauss-). Er bestimmt zuerst das speeifische Gewicht des unverdünnten und sodann des mit einer bekannten Menge Wassers verdünnten Mageninhalts. Ist S das spe­ eifische Gewicht des unverdünnten, S' das speeifische Gewicht des i) Mathieu et Remond, Soc. de biolog. 8. Nov. 1890. 2) Strauss, Therap. Monatsh. 1895, Märzheft. Magcninhaltspnifung. 149 verdünnten Inhalts, V die Menge des ausgeheberten Inhalts, a die Menge des zugesetzten Wassers, so ist die Menge des gesuchten Inhalts VK + (a— V) S' — a Will man nur die Mengt1 der im Magen verbliebenen Flüssigkeit wissen, so lautet die Formel nach E. Reichmann1) a(S'-l) x S"—S' ' wobei die Buchstaben dieselbe Bedeutung haben, wie in der Strauss'sehen Formel. In ungefährer und für die Praxis völlie hinreichender Weise ergiebt aber schon, wie bereits erwähnt, eine mehrmals wiederholte Untersuchung nach Probefrühstück einen Anhalt dafür, ob die Menge normal, vermehrt oder vermindert ist. Nach meinen Erfahrungen be­ trägt das Filtrat des genau eine Stunde nach dem Probefrühstück ent­ nommenen Mageninhalts 20 — 00 rem. Hiervon kommen nun nach zwei Richtungen hin Abweichungen vor: einmal kann die Menge des Magen­ inhalts wesentlich vermindert oder der Magen sogar gänzlich leer sein. Es kommt dieser Zustand, den man als Ilypermotilität des Magens bezeichnet hat, bei verschiedenen organischen und nervösen Magenaffectionen vor, besonders bei Gastritis chronica, bei Bulimic und bei Magenkrankheiten, die mit Incontinenz des Pvlorus einher­ gehen. U m sich in solchen Fällen vor Irrthümern zu schützen, darf man allerdings den Magen nicht durch Expression oder Aspiration entleeren, sondern niuss aushebern. Sodann kann die Menge des Mageninhalts vermehrt sein, wobei man allerdings in Betracht ziehen niuss, dass diese Vermehrung nicht immer auf motorische Insufficienz des Magens, sondern auf abnorme Beimengungen, Schleim, Magensaft, Galle, Transsudat bezogen wer­ den muss. W o hinsichtlich einer solchen Complication irgend ein Zweifel besteht, ist stets die Untersuchung am nüchternen Magen anzustellen. In vielen Fällen kann man jene Beimengungen aus- schliosson und die Vermehrung des Mageninhalts auf mechanische Störungen im motorischen Apparat beziehen. Der Grad der letzteren ist schätzungsweise durch wiederholte Abmessungen des Mageninhalts zu beurtbeilen. Sind dem Mageninhalt des Morgens constant Peste i [•]. Reiclnnaim, Deutsche medicinische Wochenschrift 180,~>, Literaturheil. No. 12. 150 Mageninhaltsprüfung. der letzten voraufgegangenen Mahlzeiten beigemengt, so deutet dies stets auf besonders schwere Beeinträchtigung der Magenmotion hin, deren Umfang durch Untersuchung am nüchternen Magen festzu­ stellen ist. Geruch Der Geruch des Mageninhalts ist in manchen Fällen recht mhaits. characteristisch. Er kann einerseits stechend sauer, andererseits bei Abwesenheit von Säuren oder bei alkalischer Reaction fade sein. Bei grösserer Anwesenheit von Blut besitzt der Mageninhalt den eigenthümlich fad-süsslichen Geruch, wie er ersterein zukommt. Bei saurer Reaction kann man auch wieder den einfach stechend sauren, durch Salzsäure bedingten, von dem durch Fettsäuren verursachten Geruch unterscheiden. Doch ist der letztere, wenigstens beim Probe­ frühstück in der Regel nur dann wahrnehmbar, wenn ausgedehnte Fermentationsprocesse im Magen vor sich gehen. U m die sich unter normalen Verhältnissen oder bei massigen Gährungsvorgängen ent­ wickelnden flüchtigen Fettsäuren nachzuweisen, ist die Isolirung der­ selben und der chemische Nachweis erforderlich. Bei enterostenotischen Processen oder bei abnormer Communi- cation des Magens mit Dünndarm namentlich aber mit Dickdarm- partieen ist der Mageninhalt deutlich fäeulent; fötide ist der Magen­ inhalt bei ulcerirenden Garcinomen. Hierbei gewährt die Intensität des Fäulnissgeruches einen nicht zu unterschätzenden Maassstab für den Grad und die Ausdehnung des Hindernisses. Von semiotischer Bedeutimg ist der Geruch des Mageninhalts bei ver­ schiedenen Vergiftungsarten: bei Phosphor Knoblauchgeruch, bei Nitrobenzol Bittermandelgeruch, bei Carholsäurevergiftung der bekannte Carbolgeruch. Bei urämischem Erbrechen ist der Geruch stechend amnioniakalisch. Hinzuzufügen ist noch, dass nicht immer der Magen oder Darm, sondern zuweilen auch ulcerative Processe der Mundhöhle, des Pha­ rynx, des Oesophagus den Boden für Zersetzungen des Mageninhalts liefern. So kann, wie ich mehrfach beobachtet habe, bei ulceröser Stomatitis, bei Abscessen oder Garcinomen des Pharynx, ferner bei Oesophaguscarcinomen, bei Abscessen des Antrum Highmori u. a. der Mageninhalt einen fötiden Geruch annehmen. Chemische Untersuchung- des Magreninhalts. Bedeutung Dieselbe hat die Aufgabe, uns im weitesten Sinne des Wortes chemischen e^n Abbild der im Vorlaufe der Verdauung sich im Magen, eventuell Magen- auch im Dünndarm abspielenden Vorgänge zu geben und unter Ver- inhaltsunter- ' suchung. gleichung derselben mit den normalen physiologischen Vorgängen uns .Mageninhaltsprüfung. 151 über etwaige funetiouelie Störungen oder Abweichungen zu unter­ richten sowie für die Therapie, sowohl für die diätetische als auch lür die medicamentöse, eine brauchbare Basis zu ermöglichen. Die Untersuchung des Mageninhalts stellt einen höchst wichtigen Aus­ druck der Irbei/sleislang des Magens dar ohne dessen Kenntniss sowohl unser diagnostischer Ausspruch als auch die therapeutische Behandlung in vielen Fällen auf schwachen Füssen ruht. Andererseits niuss der Uebertreibung entgegengetreten werden, als ob die chemische Prüfung des Mageninhalts in allen Fällen einen Schluss auf den pathologisch-anatomischen Zustand der Magen­ schleimhaut oder einzelner Theile derselben ermöglicht bis ist dies schon aus dem Grunde absurd, weil eine Reihe höchst verschieden­ artiger pathologischer Processe dieselben Störungen der Digesfioiis- leistung hervorrufen können. Ein wesentlicher Fortschritt dürfte sich indess in Zukunft aus dem Vergleich der gastrischen Störungen intra vitam und dem pathologischen, besonders dem mikrosko­ pischen Befund bei der Autopsie ergeben, in welcher Hinsicht schätzenswerthe Vorarbeiten bereits vorliegen. Bei dem heutigen Stande unserer Kenntnisse dürfen wir die Ergebnisse der chemischen Exploration nicht anders als mit sorgfältiger, ja peinlicher Kritik zu Schlüssen hinsichtlich der sich im Magen abspielenden Gewebsver­ änderungen verwenden, und nur in einzelnen prägnanten Fällen wird es gestattet sein, auf Grund der ersteren eine pathologisch-anatomische Diagnose zu stellen. Dass hierbei die FJiitcrsiiehung der übrigen Organe und die physikalische Exploration der Abdominalorgane in jedem Falle eine möglichst erschöpfende sein niuss, glaube ich oben bereits genügend betont zu haben. Bezüglich der Methodik mögen hier noch einige praktisch be­ deutungsvolle Gesichtspunkte Platz finden. Die Diagnose über den Zustand der Magenfunctionen kann nur in den seltensten Fällen (z.B. bei ausgesprochener Ectasie) auf Grund einer einmaligen Untersuchung gestellt werden. Es ist hierbei zu be­ achten, dass die Furcht vor der Sonde nicht selten depressorisrh auf die Gemüthsstimniung wirkt, von der, wie wir wissen, die Verdauungs- vorgango in so hervorstechender Weise beeintiusst werden. Es gilt dies besonders für Neurastheniker, aber auch für sonst gesunde, aber ängstliche Individuen. Nach meiner Feberzougung ist in zweifel­ haften Fällen mindestens eine dreimalige Explorativsondirung nach entsprechender Mahlzeit zu einer genügenden Orientirung über die Arbeitsleistung des Magens nothwendig, hierbei i^ t die Sondirung 152 Mageninhaltsprüfung. bei nüchternem Magen, die, wenn irgend möglich, in jedem Falle vorgenommen werden sollte, nicht eingerechnet.1) Ich habe an einem grossen Krankenmaterial der Privatpraxis und des A m ­ bulatoriums die Erfahrung gemacht, dass nach erfolgreicher erster Sondirung die Patienten sich leicht zu einer wiederholten verstehen. Bei erfolgloser erster Sondenexploration aus irgend einem Grunde sind dagegen die Kranken selten zu einer nochmaligen AViederholung zu bewegen. Gerade die erste Sondirung niuss daher seitens des Arztes mit ebensoviel Vorsieht, als Geduld und Ausdauer ge­ übt werden. Reaction des Mageninhalts. Nach der makroskopischen Betrachtung des Mageninhalts fil- trirt man einen Theil desselben möglichst sorgfältig (Faltenfilter!) und prüft ihn mittelst Lackmuspapier auf seine Reaction. Dieselbe kann sauer, amphoter, neutral oder alkalisch sein. Hat man festgestellt, dass der Inhalt sauer reagirt, so prüft man weiter, ob freie Säuren darin vorhanden sind oder nicht. Freie und Wir begegnen hier zum ersten Male dem Begriff freier Säure im Gegen­ gebundene sarz / u gebundener Säure. Gicht man zu einer Eiweisslösung ganz vordünnte Säuren. , , .. , « . , -r> • T < , •• Salzsaure, so reagirt das Gemisch zwar vom Beginn des Nilzsaurezusatzes an sauer, alter es gelingt erst nach weiterem Zusatz derselben in dem Gemisch Salz­ säure durch die gleich zu erwähnenden Säurereaetioncn nachzuweisen. W e n n nun auch die an Eiweiss gebundene Salzsäure für Farbstoffe latent ist, so ist sie zumal in Verbindung mit Pepsin für die Verdauung nicht werthlos. Es kann nach dem heutigen Stande der Wissenschaft keinem Zweifel unterliegen, dass Verdauung auch zweifellos ohne freie Salzsäure stattfinden kann, nur ist sie sehr geringfügig im Vergleich zu der Verdauung, wie sie bei Gegenwart freier Salz­ säure statt hat. So wenig Berechtigung es daher hat, die nicht gebundene Salz­ säure als physiologisch wirksame zu bezeichnen, wie dies Salkowski und v. Jaksch thun, so wenig angebracht ist es. dieselbe wie es Martins und Lüttke nach dem Vorschlage Rosonheim's wollen, als überschüssige zu be­ zeichnen. Wäre sie das, dann müsste das Fehlen der freien Salzsäure die Kegel, das Vorhandensein die Ausnahme sein, während es sich bekanntlich gerade um­ gekehrt verhält. Meiner Ansicht nach sind daher die Bezeichnungen »freie und gebundene Salzsäure« immer noch die passendsten. Die Verbindungen der Eiweiss- körper mit Säuren können nun locker oder gesättigt gebunden sein. Versetzt man z. B. eine Eiweisslösung tropfenweise mit verdünnter Salz- oder Milchsäure, so reagirt das Gemisch bald nach den ersten Tropfen sauer, indess ist das Eiweiss im stände noch weit mehr Säure aufzunehmen, ohne dass Säure frei wird. Ge­ sättigt ist die Eiweissverbindung erst dann, wenn bei Hinzufügen des nächsten i'l Ich möchte hierbei bemerken, dass Sondemmtersuchung während der Men­ struation möglichst zu vermeiden ist, und zwar einmal wegen der hierdurch be­ dingten Gefahr einer Menorrhagie, sodann weil, wie die Versuche von Krctschy die von E w a l d und mir später bestätigt worden sind, gezeigt haben, die Magen- saftsecretion in dieser Zeit vorübergehend stark herabgesetzt sein kann. Mageninlialtsprüfung. ir,:; Tro])l'ens Säure für Farbstoffe nachweisbar ist. Die .Menge der zur Sättigung des Eiweiss notwendigen säuren kann man als .^Sättigungscapacität > bezeichnen. Dieselbe ist niehl allein bei verschiedenen Eiweis-körpcrn, sondern nach, v\io die Versuche von k Blum'; erwiesen haben, bei den einzelnen, während der Ver­ dauung sich bildenden Eiweissinodifieatioiien iSyntonin, Propeptoii, Pepton; verschieden. Sie beträgt für Milch bei Anwendung von ' 10 Xorinalsalzsäure SO 00"''n, d. h. o.g'.l" , absolute oder 1,1(5 off. Salzsäure, Ebenso beträgt nach v. Pfungen-) die Sättigungscapacität für Fleisch o.s-P»11 '„ ahsolure oder :1,:J72S" ,m off. Salzsäure. Mit anderen Worten, wenn wir in einem keine HCl secernirenden Magen fleisch zur Verdauung bringen wollten, so wären hierzu für je 100 g min­ destens (58 Tropfen unserer off. HCl nothwendig. D a aber ein Theil der ein­ geführten Säure mit den im Magen vorhandenen Alkalien, Salzen und Eiweiss- stoffen Aluein, Schleinizellen u.a.) Verbindungen eingeht, wodurch also wieder etwas zu Verlust kommt, so ist der Bedarf an Salzsäure schon für eine so kleine Fleischmahlzeit (wie 100 g) noch höher zu veranschlagen. Selbst die Verdauung einer Semmel (.">•"> g) bedarf nach v. P f u n g e n 0,1 »44 g, also bei der oben erwähnten Beschlagnahme eines Theils derselben mehr als 1 g H C l . Auch durch Versuche am gesunden Menschen ist die starke Sättigungscapacität des Eiweiss von F. M o ri f '//•'•) dargethan. Bei Fleischkost fand derselbe erst gegen die vierte Stunde Salzsäure im freien Zustande, während sie bei Stärkekost (Kartoffel) schon in der zweiten Stunde in grosser Menge vorhanden war. Die empfindlichste Frohe auf freie Säuren stellt das Congoroth eongnfarb- dar. Dasselbe, USS4 von Bot lieber entdeckt, entsteht durch Ein­ wirkung von 1 Mol. Salzsäuren Tetraazodiphenvls (aus Bonzidin) auf 2 Mol. Naphtionsäure. In die Fraxis eingeführt ist es durch v. IIösslinD und Riegel,:0 die es besonders in Form des Congo- papier als Reagens auf freie IIFl eni]ifahlen. Weit empfindlicher noch als das Oongopapier ist nach Eeo s(;) Angaben, die ich voll­ kommen bestätigen kann, das Congoroth in Eösung. Während das Fongopapior Salzsäure erst hei einem Frocc-ntgehalt von 0,01 an­ zeigt reagirt die Eösung schon bei O.ODOi), ist also etwa 10mal so empfindlich, ('ontroluntersiichuiigen von mir,7) die im wesentlichen von Schaff ers) bestätigt wurden, ergaben, dass bei niedrigen Salz­ säuregraden. 0,1 p. m. und darüber der Farbcnausschlag sich in keiner Weise von dem durch organische Säuren erzeugten untcr- i) Blum, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 21, S. :>r,H-Zü2. -') v. Pfungen, Wiener klin. Wochenschrift ISS'.l, Xo. 0-10. ••<) Moritz, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 44. II. 2 u. .".. 0 v. Ilösslin, Münchener med. Wochenschrift 18Si'>. Xo. 0. •"> Riegel. Deutsche niedicinische Wochenschrift lKSli, Xo. .">."». r>| Eeo. Diagnostik der Krankheiten der Verdnuungsorgane. Berlin IS'.K), S. '.)',). T) Eons, Deutsche medicinische Wochenschrift ISST, Xo. VA). "j Schäfi'er, Ccntralblatt f. klin. Med. 1S8S, S. S41. 154 Mageninhaltsprüfung. scheidet. So entspricht z. B. die Bläuung durch 0,ln/oige Salzsäure der durch 0.3% ige Milchsäure. Es kann dies also im einzelnen Falle leicht zu Täuschungen Veranlassung geben. Nur wenn die Blaufärbung energisch (azurblau) ausfällt, ist Anwesenheit von Salz­ säure zu präsumiren. Da wir aber über absolut zuverlässige H(T- Reagentien verfügen, so ist es zweckmässiger, das Congopapier oder die Congolösung einfach als Reagens für freie Säuren überhaupt zu verwenden, in weicher Hinsieht es an Schärfe allerdings die meisten übrigen bekannten Säurereagentien übertrifft. Nachdem durch Congopapier die Anwesenheit freier Säuren festgestellt ist, ist weiter zu untersuchen, ob es sich u m Salzsäure oder organische Säuren (Milchsäure, Buttersäure, Essigsäure) handelt. Wir besprechen zunächst: Die Reaction auf freie Salzsäure. Man kann zwei grosse Gruppen von Reagentien unterscheiden: 1. Reagentien, welche durch Säuren überhaupt, besonders aber durch Mineralsäuren in charactcristischer Weise verändert werden, und 2. Reagentien, welche nur mit Mineralsäuren characteristische Ver­ bindungen eingehen. Von den Farbstoffen haben sich für die vor­ liegenden Zwecke besonders die Rosaniline und die Azofarbstoffe bewährt. I. Reagentien, welche durch freie Säuren (speciell Mineral­ säuren.) farblich verändert werden. Zu den in der Praxis verwendeten Rosanilinen gehören das Methyl- und Gentianviolett und das »Brillant vert« der Franzosen. Zu den Azofarbstoffen gehören das Tropaeolin 00, von den Franzosen als FOrange Foirrier No. 4 bezeichnet, das oben erwähnte Congoroth, das Benzopurpurin (i B (v. Jaks eh1) und das Dimethylamidoazo- benzol. Allen den genannten Farbstoffen, die bekanntlich zumeist in der Färberei eine hervorragende Rolle spielen, kommt eine grosse Empfindlichkeit gegen Säuren zu, die meist ihren Farbstoff mehr oder weniger chararteristisch verändern. Ihre diagnostische Brauch­ barkeit für den Salzsäurenachweis erhalten sie erst dadurch, dass sie durch organische Säuren meist erst in einer Fonoentration farb­ lich verändert werden, die im Magen selten oder fast gar nicht vor­ kommt, Im übrigen ist die Empfindlichkeit für Säuren bei den ver­ schiedenen Farbstoffen sehr verschieden. Auf der Tabelle S. KiO !) v. Jakseh, Klin. Diagnostik innerer Krankheiten, 2. Aufl., 1889, S. 12^. Magcninhaltsprüfung. \f)f\ Hndet sich die Empfindlichkeit der gebräuchlichsten Salzsäure- reagentien verzeichnet. Methylviolett. Dasselbe ist ein wechselndes Gemenge von MethyivioiHt. methylirten Rosanilinen, und zwar werden, je grösser die Zahl der eintretenden Methylgruppen ist, desto blauere, je geringer, desto röthere Froducte gebildet, So ist. das blaueste das llexametliyl-Fara- rosanilin, das rotheste das Trimethyl-Pararosanilin. Malv 1) und L a b or de-) eni])fahlen das Reagens zunächst für physiologische Zwecke, van den Velden 3) führte es zuerst in die klinische Diagnostik ein. Die betreffenden Farbstoffgruppen gehen mit HCl oder auch, wenn auch schwächer, mit organischen Säuren Verbin­ dungen ein, die zwar im übrigen noch nicht genau studirt sind, in­ dessen sich durch Aenderung der Farbe deutlich eharacterisircn. Methyl- violett wird schon bei Spuren von Salzsäure himmelblau gefärbt. Die Reaction wird zweckmässig in folgender Weise angestellt. Man bereitet sich eine Methylviolettlösung von einer Concentration vor, dass dieselbe in der Eprouvette deutlich violett erscheint, und theilt sie in zwei gleiche Hälften; zu der einen giebt man filtrirten Magensaft, Bei Anwesenheit freier HCl färbt sich das Methylviolett tief himmelblau. Mit demselben Resultate kann man auch die Re­ action in der Weise anstellen, dass man die Lösung in zwei Uhr- schälchen bringt und zu dem einen etwas Magenfiltrat bringt. Auch durch Ueberschichtung des Mageninhalts mit Methylviolett erhält man einen prägnanten Farbenumschlag (Ewald und Boas 1). An der Berührungsstelle bildet sich, falls freie FIC1 anwesend ist, eine schöne himmelblaue Zone, die deutlich von dem in dem Tropfen­ zähler befindlichen Methylviolett absticht, Brillantgrün (Brillant vert) von Lannois:>) und Lopine6) besonders Bi-illantgrun. empfohlen. Eannois beschreibt das Reagens folgendermassen: Das Brillantgrün ist blaugrün und wird, stark mit Wasser verdünnt, schön blau. Setzt man 2 bis 3 Tropfen dieses Reagens zu einer 0,1875 p. in. H CbEösnng, so beginnt das Ge­ misch sich grün zu färben, bei höherem JICl-Gohalt bekommt das Gemisch einen gelblichen Farbenton, der leicht sichtbar sich schnell steigert, so dass bei 1,5 p. m. die gelbe Farbe ganz deutlich hervortritt. Milchsäure bewirkt in einer Con­ centration von 3 p. in. eine grünliche Farbe, niemals eine gelbe; sodann hindert ein Zusatz von Milchsäure auch nicht das Zustandekommen der gelben Farbe i) Maly, Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 1. S. 147. •£) Eaborde. Gaz. med. de Paris 1874, Xo. 32-34. • '') van den Velden, Deutsch. Vrch. f. klin. Mediein Bd. 22, S. 369. ij F/wahl und Boas, Virchow's Archiv Bd. 101, 1885. •">) Eannois, Revue de medecine 1887, Xo. 5. r>; Lepine, Soe. med. des hopitaux de Paris 1887, 28 janv. 156 Magenhilialtspriifung. durch Salzsäure. Auch Georges,!) A. Mathieu^) und Bouvcret') empfehlen das Vert brillant und ziehen es, da die Xüancen deutlicher hervortreten, dem Methylviolett vor. Dagegen fand K r u k e n b e r g Misslingen der Brillantgrün- reaction bei .Magensäften, welche die übrigen bewährten Salzsäurereactioncn aufs deutlichste ergaben. Martius und Lüttke 1) halten das Reagens für gänzlich wcrthlos. Von den Azofarbstoffen steht in erster Reihe: Tropaeoiin. Tropaeolin 00. Es stellt (bis Natriumsalz der Phenylamidoazo- benzol-p-sulfosäure dar und entsteht durch Einwirkung von Para- diazobenzolsulfosäure auf Diphenylamin. In Alkohol gelöst, nimmt die gelbbraune Lösung bei Zusatz verdünnter Salz-. Milch- oder Essigsäure eine tiefrothe, bei viel Zusatz rubinrothe Färbung an. In dieser Weise angestellt, kann man noch 2 — 3 p. m. Salzsäure nach­ weisen. Wie ich indess gezeigt habe,5) ist die Tropaeolinprobe in der folgenden Modifikation angestellt eine absolut sichere und un­ zweideutige SalzsäureprobeS') Man giebt in ein Porzellanschälchen o — 4 Tropfen einer gesättigt alkoholischen Tropaeolinlösung, vertheilt dieselbe durch Schwenken an den Rändern, lässt die gleiche Quantität Magensaft zufliessen und vermischt durch nochmaliges Schwenken. Erhitzt man jetzt langsam über kleiner Flamme, so entstehen an dem Rande prachtvoll lila bis blaue Streifen, welche für Salzsäure absolut characteristisch sind. Organische Säuren geben in keiner Concentration ähnliche Färbung. Noch bequemer und einfacher ist die Anwendung des Tropae- olinpapiers, welches in der Weise hergestellt wird, dass Streifen guten schwedischen Filtrirpapiers längere Zeit in gesättigte alko­ holische Tropaeolinlösungen gebracht und dann getrocknet werden. Salzsäurehaltiger Magensaft färbt das Papier zunächst mehr oder weniger stark braun, beim Erhitzen wird der braune Fleck lila bis blau. Dieselbe Färbung erfolgt auch spontan durch Trocknen bei Zimmertemperatur. Organische Säuren in hohen Concentrationen können gleichfalls Braunfärbung hervorrufen, dieselbe verschwindet i) Georges, Arch. de inedccinc expcrhncntale 1889, S. 718. 2) A. Mathieu, Therapcutique des maladies de l'estoinac et de l'intestin. Paris 1893, S. 21. 3) Bouveret, Tratte des maladies de kestomac. Paris 1893, S. 83. b Martins u. Lüttke, Die Magensäure des Menschen. Stuttgart 1892, S. 46. •">) Boas, Deutsche medicinische Wochenschrift 18S7, Xo. 39. r>) Georges 1. c. stellt das Tropaeolin auf gleiche Stufe mit dem Reagens von G ü n z b u r g und dem Resorcin und führt sogar Fälle an, w o die letzteren negativ, das ersterc positiv ausfiel. Aehnliche Fälle sind mir bei einem grossen Material nie begegnet. Mageninhaltsprüfung. 157 indessen beim Erhitzen oder längeren Liegenlassen niemals findet Blau- oder Lilafärbung' statt. Das Tropneolinpupicr ist demnach für den \rzf eine ausigezeielinete Orieutiriuugsprohe. Eine Er­ gänzung durch andere Proben ist -nur dann uothiceud'og, wenn die Probe schtcue.li oder negativ ausfällt. ') (1ongov'>. Bencn/iur/j/trin 015., neuerdings von v. J a ksch-j eni])l'ohlen. Xach v. ,1 aksch Hcnzo- weist es in 0 ccm Wasser noch 0,39 m g 11 (4 nach. Die Anwendung geschieht wie i)l"'l,llt'in- beiinCongo und Tropaeolin in Form von Papierstreifen. Hat sich nicht bewährt. Jrimet/n/tamidoaziifieiizol in 0,5 " (, iger Lösung ist \ on T o p f er:ij in neuerer Zeit als Reagens auf freie Salzsäure empfohlen worden. Bei Gegenwart äusserst geringer Mengen freier Salzsäure wird das Reagens scharfroth gefärbt, und zwar ist es für Lösungen von Salzsäure 10 mal so empfindlich wie das Gongopapier und das Phlorogluein-Vanillin. Nach Fntersuchungen von Strauss') reagirt es indessen auch auf saure Phosphate und auf massig concentrirte Milchsäurelösungen, nach Iläri-"') allerdings nur in künstlichen Gemischen, nicht im nativen Mageninhalt. Wir werden bei Besprechung der Töpi'er'sehen Methode der Salzsäurebestini- niung genauer hierauf zurückkommen. Pflanzcnfarbstoffe. Von Ff f el manno) sind der Weinfarbstoff, der Malven- und der Heidelbeerfarbstoff als empfindliche Reagentien für den Salzsäurenach­ weis angewendet und empfohlen worden, haben aber keinen Eingang in die Praxis gefunden. IL Reagentien, welche nur durch Salzsäure in eharaete- ristiseher Weise verändert werden. 1. Phlorogluein- Vanillin (Günzb ur g' sches Reagens.)<) uünzimrg's T\ T> -u i. 1 i. Reagens. Das Reagens besteht aus: Phlorogluein 2,0 Vanillin 1,0 Alcohol absol. 80,0 und ist ein ausserordentlich empfindliches, dabei höchst sicheres und zuverlässiges Reagens. Seine Anwendung geschieht in der Weise, dass man am besten aus einem kleinen Pipetfenfiäschchen H Tropfen in ein Porcellanschälchen bringt und ebensoviel Magenfiltrat hinzu- i) Ich wende das Tropaeolinpapier seit mmmehr zehn Jahren als Orientirungs- rea'>'ens an und bin damit ausserordentlich zufrieden. Die schlechten Resultate Anderer sind auf mangelhaftes Tropaeolin, bezw. schlecht gefärbtes Papier zurück­ zuführen. Gutes l'ropaeolinpapier ist in Dr. Kades' Uranien-Apotheke, Berlin SO., Elisabethufer 34, käuflich. •S) v. Jaksch, Klin. Diagnostik innerer Krankheiten, 2. Aufl., 1889, S. 123. .(, Töpfer. Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 19, lieft 1. i) Strauss, Deutsch. Arch. f. klin. Mediein Bd. 50. Heft 1 u. 2. •M Iläri, Arch. f. Verdauungskrankheiten Bd. 2, lieft 2 u. 3. i'n Uffelmann, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 8, 1884, S. 393. "j Günzburg, Central Glatt f. klin. Mediein 1887, Xo. 10. 158 AI ageninhaltsprüfung. tröpfelt und innig mischt. Bei vorsichtigem Erwärmen über kleiner Flamme bildet sich dann besonders am Rande ein schön carmoisin- rother Spiegel. Derselbe besteht aus äusserst feinen Kristallenen, die in wässeriger Lösung noch bei einer Verdünnung von 0,01 % ent­ stehen. Bei einer Verdünnung von 0,005 °/0 erhält man nur noch feine rothe Striche; unterhalb dieser Verdünnung tritt keine Reaction mehr ein. Organische Säuren geben den Farbenspiegel in keiner Concentration. Sehr zweckmässig und portativ ist nach meinen Er­ fahrungen ein aus der G ü n z b u r g sehen Lösung hergestelltes Filtrir- papier. Beim Betupfen mit 2 — 3 Tropfen Mageninhalt entsteht nach Erhitzen an der befeuchteten Stelle ein schön carmoisinrother Fleck, der bei Aetherzusatz unverändert bleibt. ooas- Reagens. 2. Hesorcin (|B o as'sches Reagens.)a) Dasselbe ist folgender- massen zusammengesetzt: Resorcin. resublim. 5,0 Sacch. alb. 3,0 Spir. dil. ad 100,0 Versetzt man 5—6 Tropfen Mageninhalt mit 3 — 5 Tropfen dieser Lösung und erhitzt über kleiner Flamme bis zur vollständigen Trockne, so erhält man einen schön rosa- bis zinnoberrothen, der Phloroglucin- Vanillinreaction sehr ähnlichen Spiegel, der sich beim Erkalten all­ mählich verfärbt. Organische Säuren rufen eine ähnliehe Reaction überhaupt nicht hervor. Das gleiche Resultat wird erreicht, indem man einen Streifen schwedischen Fliesspapiers in salzsäurehaltigen Mageninhalt taucht, 1 — 2 Tropfen der Resorcinlösung dazu tropft und langsam erhitzt. Man erhält dann zuerst einen violetten, bei weiterem Erhitzen ziegelrothen, bei Aetherzusatz sich nicht entfärbenden Fleck. Die Resorcinprobe ist, wie jetzt allgemein anerkannt ist, d e m G ü n z - burg sehen Reagens »durchaus ebenbürtig und in jeder Beziehung gleichwerthig« (Martius und Lüttke),-) erfordert aber eine grössere Vorsicht als dieses. Praktischer Wertri der Salzsäureproben. Praktischer Fioi dem Reiclitlium an Salzsäurereagentieii ist es nothwendig, Salzsäure- einige Worte über den praktischen Werth der einzelnen Proben hin- probeo. z u z ufüg e j L Zunächst kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die eigentlichen Salzsäurereagentieii vor den übrigen den Vorzug ver- i) Boas, Centralbl. f. klin. Med. 1888, No. 45. •i) Martius und Lüttke, Die Magensäure des Menschen, Stuttgart 1892. Mageninhaltspriifung. | ,")9 dienen, dass sie unter allen Fmständen und Bedingungen schon minimale Salzsäurewerthe anzeigen. Indessen sind auch die so­ genannten Farbstoffpapiere namentlich das Fongo- und Tropaeolin- papier sowie das Dimethylaniidonzobenzol1) recht brauchbare Ovientivungspvoben, die bei viel Febung und Erfahrung selbst quantitative Schätzungen approximativ zulassen. Ich pflege dem- gemäss bei jeder Magcninhaltsuntersuchung zunächst die Farbstoff- proben anzustellen, denen ich erst bei unsicherem Ausfall die eigent­ lichen Salzsäurereactionen folgen lasse. Gegen die Anwendung der Rosaniline und Azofarbsfoffe zu diagnostischen Salzsäurereactionen hat man eingewendet, dass der karbenuinschlag durch Eiweiss­ körper, Vlluuninate, Salze u. a. gehindert bezw. verdeckt werde. Der grössere oder geringere Grad dieser Beeinflussung wurde von den verschiedensten Seiten (angehend und sorgfältig studirt. Dahingegen glaubte man, einen besonderen Vorzug der eigentlichen Salzsäurereagentieii 4'hloroglucin-Vanillin, Resorein) darin finden zu müssen , dass diese durch Peptone und Eiweisskörper unbeeinflusst bleiben. Ich glaube wohl zuerst am schärfsten betont zu haben,-) wie hinfällig eine solche Deduetion ist. Die genannten Untersuchungen sind dergestalt ange­ stellt, dass zu salzsäurehaltigcn Mageninhalten verschiedene Mengen Eiweiss, Salze u. s. w. gesetzt und dann auf Salzsäure geprüft wurde. Hierdurch wird aber nicht sowohl das L'eageus als nietmehr der Gehall au freier Säure beein- ftusst, und das Fehlen oder Vorhandensein der Reaction giebt nichts anderes an 'als das, ob nach Hinzufügen von Eiweiss, Salzen u. s. w. noch freie Säure vor­ handen ist oder nicht. Denn an und für sich niuss jede Salzsäurereaction bei Zusatz von Albuminaten im Verhältniss zu letzteren schwächer werden und schliess­ lich ganz aufhören. Die Empfindlichkeit einer Salzsälircprobe hängt eben davon ab, wie viel Eiweiss- oder lYptonzusatz die zu prüfende Lösung' verträgt, ohne dass die Reaction an Schärfe cinbüsst. Man kann dies aber ebenso gut, nur weit einfacher durch allmähliche Neutralisirung eines sidzsäurehaltigen Magen­ saftes mittelst Kali- oder Xatronlauge erreichen. Man findet auch in der Literatur nicht selten den Gesichtspunkt vertreten, dass unter abnormen Bedingungen im Magen durch hohen Eiweiss-Pepton-Salz- gehalt oder ähnliche Factoren freie Salzsäure für die gebräuchlichen Reagentien verdeckt werden könnte. Nichts kann unrichtiger sein! - Wenn die betreffen­ den Bedingungen erfüllt würden, so wäre Salzsäure, wie aus den obigen Ausein­ andersetzungen mit Evidenz hervorgeht, in freiem Zustande eben nicht vorhanden. Solche Bedingungen treten schon unter ganz physiologischen Verhältnissen, K. B. 1 — 1 !•'._, Stunden nach gemischter Mahlzeit oder 2 — 3 Stunden nach reichlicher Eiweissnahrung oder auch 10 -- lö Minuten nach Einnahme eines Probefrühstücks ein. Unsere diagnostische Aufgabe verfolgt aber ein ganz anderes Ziel. Es soll der Nachweis erbracht werden, ob freie Salzsäure unter Zugrundelegung einer i) Hier eröffnet sich, um mit Martius zu sprechen, für die Herstellung eines Farbstoffpapiers noch ein weites Feld eifriger Bethätigung. gi Boas, Centralbl. f. klin. Med. lsss. Xo. 4ö. 160 Mageninhaltsprüfung. ijuantitativ genau bekannten Mahlzeit (Probefrühstück, Probeinahlzeit), bei welcher dieselbe normaler Weise nach einer bestimmten Zeit vorkommt, im ge­ gebenen Falle und in welchem Maasse vorhanden ist oder nicht, D e m Vorhergehenden entsprechend verzeichnen wir in folgender Tabelle einfach die Reactionsgrenze der verschiedenen Salzsäure­ proben, wobei wir zum Theil die sorgfältigen Untersuchungen Krukenberg's') zu Grunde legen. Danach folgen an Schärfe in absteigender Reihe: Diinethylamidoazobenzol giebt noch eine Reaction bei. 0,002 p. in. HCl Congolösung 0,00!i » » » Gongopapier 0,02 » » » Phlorogluein- j Vanillin, l 0,05 » » » Resorcin Methylviolett 0,2 » » » Tropaeolin 00 0,3 » » » Quantitative Bestimmungren der Salzsäure. Da der Gehalt an HCl sich nach übereinstimmenden Unter­ suchungen zwischen 0,1 — 0 , 2 2 % bewegt, müssen wesentliche Ab­ weichungen hiervon als nicht der Norm entsprechend angesehen werden. Zu diesem Zweck ist die quantitative Bestimmung der Salzsäure unerlässlich, wenngleich man auch aus dem Ausfall der Farbenreactionen auf HCl bei einiger F^ebung unter Umständen approximativ den Säuregrad bereits abschätzen kann. Bevor wir zu der quantitativen Bestimmung der HCl über­ gehen, ist es zweckmässig sich klar zu machen, aus welchen Compo- nenten sich die saure Reaction des Mageninhalts zusammensetzt. Es sind dies die folgenden: 1. Salzsäure frei gebunden (an Eiweisskörper, basische Substanzen). 2. Organische Säuren (Milch-, Buttersäure, Essigsäure) frei gebunden (an Eiweisskörper, basische Substanzen.) 3. Saure phosphorsaure Salze. i) Krukenberg, Inaug.-Diss., Heidelberg 188S. Mageninhaltsprüfung. Dil Wir können nun entweder den gesaniniten sauren Bestand des Mageninhalts bestimmen, wobei die denselben bedingenden oben genannten Eactoren berücksichtigt winden müssen, wenn wir aus einer solchen Bestimmung irgend welche Schlüsse ziehen wollen, oder wir können die (lesammtsalzsäure (freie und gebundene) oder endlich nur die freie Salzsäure oder nur die gebundene Salzsäure bestimmen. Bei der grossen Verwirrung, die nach dieser Richtung hin noch vielfach herrscht, erscheint es mir zweckmässig, die Salzsäurcbestim- mungsniethoden nach diesem Eintheilungsprineip zu besprechen. In letzter Zeit ist vielfach die Frage discutirt worden,1) ob die s,,iZsäure- Salzsiurebesfimniung am Eiltrat oder an dem unfiltrirten Mageninhalt 'amFnträt anzustellen sei. Es wäre gewiss nicht ohne praktischen Werth, wenn 0l,er "nflI- . i - i i -i r trirten inha wir im Stande waren, die absolute, vom Magen abgeschiedene Salz­ säuremenge zu kennen. Allein dazu sind wir, selbst wenn wir mit (hau ursprünglichen Mageninhalt arbeiten, nicht im Stande, und zwar deswegen nicht, weil erstens ein Theil des mit Salzsäure beladenen Mageninhalts sich zur Zeit der Entnahme in den Därmen befindet, zweitens weil ein Theil der (freien) Salzsäure durch Resorption wieder dem Blute zugeführt wird, drittens weil ein anderer Theil sich mit Neutralsalzen zu sauren Salzen, mit anorganischen Basen zu Neutral­ salzen umsetzt; wie gross dieser Antheil ist, lässt sich schwer oder garnicht feststollen. Schliesslich stösst die exaete Abmessung eines häufig so ungleich zusammengesetzten (iemisches, wie es der Magen­ inhalt ist, auf Schwierigkeiten, wodurch auch die Exaethoit der Salz- säurebestimmung leidet. Unter diesen FTnständen ist die Bestimmung der relativen (procentisehen) Salzsäurewerthe am Mageninhaltsfiltrat immerhin das einfachste und zweckdienlichste Verfahren. 1. Tiestinnnaiif/ der Gesammtncidität. Dieselbe wird mittelst Vn> Normallauge (s. u.) bestimmt, wobei man sich als Indicator in der Begel des Phenolphtalein oder der Lacmustinctur bedient. -) Titrirt man mittelst Phenolphtalein, so ver- M S. besonders Geigel und Blass, Zeitsclir. für klin. Mediein Bd. 20, Heft 3. -) Die Wahl des Indicators ist für die Säurebestimniung keineswegs gleich­ gültig. Nach den Fntersuchungen von Lippmann (Giss. inaug. Bonn 1801) fallen die Vciditätswerthe mit Kosolsäure kleiner als die mit Lacnnts und Phenolphtalein aus. Man niuss dalier stets mit denselben Indicatoren arbeiten, bezw. bei Mit- theilungeii die Wahl des Indicators hinzufügen. Boas, Allg-. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Autl. 11 162 Mageninhaltsprüfung. fährt man am besten so, dass man zu 10 ccm 1—2 Tropfen l°/0iger alkoholischer Phenolphtalenilösung (einer im übrigen indifferenten Substanz) fügt und nun aus einer M o h r sehen Bürette unter gutem Umschütteln solange Vio Normallauge hinzufliessen lässt, bis die Flüssigkeit einen schwach röthlichen Schimmer erhält. Die Be­ rechnung des Säuregehaltes ergiebt sich daraus, dass 1 ccm Vio Nor­ mallauge 0,00865 absoluter Chlorwasserstoft'säure entspricht. Auf diese Weise ist die Gesammtacidität, bezogen auf Prorente ab­ soluter Salzsäure, leicht zu berechnen. So entspricht also Acidität 5 (auf 10 ccm) oder 50 (auf 100) einem HCl-Gehalt von 0,182%. Normal- Wir halten es nicht für überflüssig, einige orientirende Bemerkungen über lösungen. jje Herstellung von Xorniallösungen zu geben, da der Arzt sich zuweilen in der Lage sieht, diese selbst anzufertigen. Man bedient sich in der Maassanalyse ausser empirischen, willkürlich zu­ sammengesetzten Maassflüssigkeiten sogenannter Normalftüssigkeiten oder JSormal- lösungen, d. h. Flüssigkeiten, welche im kiter das Aequivalcntgewicht der darin gelösten Substanz enthalten. Man spricht daher von Normalsituren, Normalalkalien, Xormalsilber-, Nornialkoehsalzlösungen u. s. w. D a das Aequivalcntgewicht der Salzsäure 36,5 (H = 1, 01 = 35,5), das dov Schwefelsäure 4)2S<>4) 40 (IT2 = 2, S = 32, 4 0 = 64 = 98; dies ist das Molecular- gewicht der Schwefelsäure, da dieselbe aber zweibasisch ist, so beträgt das Ve(|uivalentge\vicht die Hälfte = 49) ist, so nennt man eine Nornialsäure eine solche, welche im Liter 36,5 Chlorwasserstoffsäure und eine Xormalschwcfclsäure eine solche, welche im kiter 49 g Schwefelsäure enthält. Nim ist es möglich, eine Normalkalilösung dergestalt herzustellen, dass genau 1 ccm der letzteren 1 ccm der ersteren entspricht, und da der Gehalt der Normalsalzsäure oder Nor- malschwefelsäure bekannt ist, so ist die Berechnung ausserordentlich einfach. Da z. B. die Nornialsäure 36,5 HCl im Liter enthält, so entspricht jeder ccm der genau eingestellten Alkalilösung 0,0365 HCl. D a das Aequivalcntgewicht des Natriumhydroxyds = 40, das des Kaliumhydroxyds = 56 ist, so entspricht auch 1 ccm i/10 Normalnatronlösung = 0,004 Na H O und 1 ccm i/]0 Normalkalilösung = 0,0056 K H O . Barstellung der Xormalfliissigkeiten. Man geht hierbei entweder von der Oxalsäure aus, deren Aequivalcntgewicht 63 g ist. 63 g Oxalsäure entsprechen demnach einem Liter Normalalkali, also entspricht 1 g Oxalsäure ---- = 15.87 oder abgekürzt 15,9 ccm Nornialalkali. Man löst nun 1 g reine krystallisirte Oxalsäure in einer beliebigen Quantität destülirten Wassers, fügt 2—3 Tropfen Phenolphtaletnlösung zu und titrirt von einer beliebig verdünnten Kalilauge so lange, bis eben Farbeniunschlag eintritt. Dieser Versuch wird 2 -3 mal wieder­ holt. Aus der Zahl der verbrauchten ccm Lauge lässt sich leicht berechnen, wie viel ccm derselben, u m eine Norniallauge zu geben, zum Liter zu verdünnen sind. Hätten wir z. B. für t g Oxalsäure 12,5 eem Kalilauge verbraucht, so be­ kämen wir folgenden Ansatz: 15,9 : 12.5 = 1000 : x. x = 786,1 Mageninhaltsprüfung. K;:! d. h. 780 ecin der in Anwendung gebrachten Lauge wären zum Liter zu ver­ dünnen. In derselben Weise kann man sich auch eine Zehntelnornialbarvtlösung 11. s. w. herstellen. Noch einfacher ist folgendes Vorgehen: Man löst 03 g Oxalsäure in 1 Liter Aqua destillata. kerner verdünnt man 150 g Liquor Kalii caustici Ph. Germ, auf 1050 und füllt mit dieser Mischung eine Bürette, bringt 10 ccm der Normaloxal- säurelösung in ein kleines Becherglas, bis die Reaction eben alkalisch ist. Als Indicator bedient man sich des Phenolphtalein oder der Uosolsäure. Findet man nun, dass lo ccm Säure nicht durch 10 ccm Lauge, sondern etwa durch 9,5 Lauge neutralisirt werden, so niuss man zu 9,5 Lauge noch 0,5 Wasser oder zu 950 Lauge 50 Wasser hinzufügen, dann hat man eine der Xormaloxalsäure äquivalente Xorniallauge. von der jeder ccm 0,063 g Oxalsäure entspricht. Flu eine Xormalsa/zsäure herzustellen, kann man nach der Vorschrift der deutschen Pharmakopoe vorgehen. Dieselbe lautet: 146 g Salzsäure vom speci- fischen Gewicht 1,124 (d. i. die offieinelle Salzsäure) werden mit Wasser zum Liter verdünnt. 1 g reinstes, frisch geglühtes Natriumcarbonat niuss 18,S (richtiger 18,9) dieser Säure zur Sättigung gebrauchen. Denn das Aequivalcntgewicht des Xatriuniearbonatesisf 53 = -: —2- -" A lg Natriumcarbonat ist sonach = 18,87 2 .>3 oder abgekürzt 18,9. Durch entsprechende Verdünnung kann man sich aus den Normallaugen und Nornialsäuren Zehntel, Zwanzigstel, Fünfzigste], Hundertstel u. s. w. Laugen oder Säuren darstellen. Von den Normallaugen ist die Norinalkalilauge und die Noruialbarytlauge der Natronlauge vorzuziehen, weil die ersteren weniger Kohlen­ säure anziehen und daher ihren Türe länger richtig behalten. Norniallösungen müssen gut aufbewahrt werden, damit sie im Laufe der Zeit nicht ihren Türe ändern. Von Zeit zu Zeit ist eine Controle, bezw. Oorreetur sehr von Nutzen für die Genauigkeit. Namentlich ziehen die Normallaugen Kohlen­ säure aus der Luft an, und es bilden sich die betreffenden kohlensauren Salze, wodurch der Türe der Flüssigkeit nicht unwesentlich beeinflusst wird. Dass die Büretten, welche Norniallösungen enthalten, gut verschlossen sein müssen, bedarf wohl keiner Erwähnung. Bezüglich der Technik des Ablösens der bei der Türirung gewonnenen Zahlen erinnern wir daran, dass die unterste Begrenzungsschicht herkömmlich in Rechnung gezogen wird (nur bei undurchsichtigen Flüssigkeiten, wie Jodlösun­ gen, Lösungen von Kaliumpermanganat u.a. liest man die obere Begrenzung derselben ahi. Die directe Titrirung mit Normalalkali in der eben beschrie­ benen Weise kann nur dann einigermaßen zuverlässige Werthe geben, wenn es sich u m reinen Magensaft handelt. Führt man dagegen Ingesta ein, so ist, selbst bei den einfachen Verhältnissen, wie sie das Probefrühstück in sich schliesst, das Titrationsergebniss nur ein ungefährer Ausdruck für die vom Magen abgeschiedenen Salzsäuroquantitäten; denn wir titriren neben letzteren alle übrigen Säuren (organische Säuren), sowie auch etwaige durch Umsetzen gebildeten sauren Salze (namentlich Phosphate) mit. Ausserdem 11* 164 Mageninhaltsprüfung. müssen wir dessen eingedenk sein, dass wir die gebundene Salz­ säure mit der freien zusammen titriren. Gänzlich werthlos wird die Bestimmung der Gesammtacidität bei einem hohen Grade von Milchsäure, wie wir ihn z. B. beim Magencarcinom finden. 2. Bestimmung der Gesammtsalzsäure. a) Nach Cahn und v. Mering1). Salzsäure- ") Titrirmethoele. 50 ccm filtrirten Mageninhalts werden über freiem Feuer bestimmung- destillirt, bis 3/4 übergegangen sind, wieder auf 50 ccm aufgefüllt und noch- n T c h f1 JIVin und v. Mering-. m a l s 3U abdcstillirt. Im Destillat sind die flüchtigen Säuren enthalten, deren Werth durch Titration bestimmt wird. Der Rückstand wird in demselben Ge­ fäss 6 mal mindestens mit je 500 ccm Aether gut ausgeschüttelt, dabei geht alle Milchsäure in den Aether und wird, nachdem der Aether abdcstillirt wor­ den ist, in den vereinigten Rückständen ebenfalls bestimmt. Der verbleibende saure Rest wird gleichfalls titrirt, und dieser Werth giebt die vorhandene freie Salzsäure an. ß) Cinchoninmethode. Die in der obigen' Weise von flüchtigen Fettsäuren und Milchsäure befreite Flüssigkeit wird mit überschüssigem Cinchonin bis zur neutralen Reaction digerirt, die Masse mit Chloroform in einen Scheidetrichter gespült, 4—5 mal damit ausgeschüttelt, die Chloroformauszüge abdcstillirt, der Rückstand in Wasser gelöst, mit etwas Salpetersäure angesäuert und mit Silber­ salpeter das Chlorsilber ausgefällt und gewogen und hieraus die Salzsäure be­ stimmt (AgCl : HCl = 1 : 0,25427). Die Methoden von Cahn und v. Mering ergeben, wie durch die Untersuchungen von Honigmann und v. Noorclen2), sowie Klemperer 3) erwiesen ist, sämmtliche im Mageninhalt vorkommen­ den Chlorverbindungen, also auch die an Eiweiss gebundenen, das Titrirverfahren ausserdem noch die im Mageninhalt vorkommenden sauren Salze (Phosphate u. a.), schliesslich auch Verbindungen von Albumin mit organischen Säuren (milchsaures, buttersaures Albumin u. s. f.). Hierdurch werden die Kesultate der Salzsäurebestimmung ungenau. b) Nach Hehner-Seemann4). Salzsäure- Diese Methode ist ursprünglich von Helm er vorgeschlagen, um naTh Hühner- zu pcüfcn, ob Essig durch Mhieralsäureii gefälscht sei, und später Seemann. 1) Cahn und v. Mering, Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 39, S. 3 u. 4. 2) Ilonigmann und v. Noorden, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 13, S. 87. *) Klemperer, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 14, S. 156. 4) Seemann, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 5, S. 272. Mageninhaltsprüfung. 165 von Malv zur Untersuchung des Magensaftes auf Salzsäure ange­ wendet worden. S e e m a n n hat sich ihrer zuerst zur Salzsäure- bestimniung des Mageninhalts bedient. Identisch damit ist ein von v. Fe übe 1) empfohlenes Verfahren, das er als von A. Braun her­ rührend angiobt. Wenn man zu einer Quantität Fssig eine bestimmte Menge i/10 Xormallauge setzt, alsdann eindam])ft und bei gelinder Glühhitze verascht, so lässt sich, da die organischen Säuren sich in C 0 2 umwandeln und entweichen, aus dem Gehalt des zurückgeblie­ benen Alkali die Menge der vorhandenen freien Salzsäure leicht berechnen. Acimlich verfährt man mit dem Mageninhalt, Man bestimmt zunächst in einer Portion Magenfiltrat (10 ccm) mittelst Titrirung mit ' '1() Normallauge die Gesamnüacidüät. Hierauf werden zu einer zweiten, gleich grossen Fortion einige ccm mein- zugesetzt, als für die Neutrali- sirung der ersten Probe nothwendig war. Die alkalische Flüssigkeit wird jetzt in einer Fiatin-, Silberschale oder auf einer Asbestseilicht vorsichtig eingedampft und verascht. Die Asche wird mit ebensoviel ccm i/10 Nornialsäure (Salz- oder Schwefelsäure) gelöst, die Lösung zum Verjagen der Kohlensäure aufgekocht und dann mittelst Phenolphtalein als Indicator titrirt. Die Anzahl ccm !/l0 Lauge, die man hierzu verbraucht, repräsentirt mit 0,00365 multiplieirt den Werth für Salzsäure in 10 ccm. Wie man sieht, kann man mittelst dieser Methode in sehr einfacher Weise auch den Gehalt an organischen Säuren im Mageninhalt be­ stimmen, was bei keiner der übrigen Methoden der Fall ist. Beispiel: 10 ccm bedürfen zur Neutralisation 5 ccm Vio K H O , folglich ist die Acidität in % = 50 V i o K H O . Nach dem Alkalisiren, Voraschen und Zusatz von (> ccm V m Normalsalzsäure sind zur Neutrali- sirung erforderlich 4,5, folglich beträgt der Ge­ halt an Salzsäure in °/o — 45 » » Demnach Gehalt an organischen Säuren in °/o — 5 » » Die Methode besitzt den Fehler, dass hierbei auch die Acidität des zweifach sauren Phosphats mitbestimmt wird, wodurch der Salz- säurewerth zu hoch ausfällt. Zu richtigen Werthen gelangt man dagegen nach Pläri-) bei der Fndtitrirung mittelst Dimetbvlamido- azobenzol als Indicator. Ganz fehlerhaft ist nach IläiTs eingehen­ den Untersuchungen die Methode bei Fehlen freier Salzsäure; in diesen Fällen ergiebt die Fndtitrirung lediglich einen Ausdruck für die im Mageninhalt anwesenden Phosphate. t) v. Leube, Specielle Diagnose innerer Krankheiten S. 234. '•*) Iläri, Arch. f. Verdauungskrankheiten Bd. 2, Heft 2 und 3. 166 Mageninhaltsprüfung. c) N a c h Sjöquist1). Salzsäure- Das Verfahren beruht darauf, dass die im Magensaft enthaltenen bestimmung ^äuren (iurrh Zusatz von kohlensaurem Barvt in die entsprechenden nach sjöquist. * Barytsalzc übergeführt werden. Bei der nun folgenden Veraschung gehen die Barvtsalze der organischen Säuren in kohlensauren Barvt über, während das aus der Salzsäure stammende B a C F unverändert bleibt. Die Trennung der kohlensauren Barvtsalze von Chlorbaryum erfolgt durch Extraction der Asche mit heissem Wasser, in das nur letzteres übergeht. Die Menge des Chlorbaryums wird nun nach der ursprünglichen Vorschrift Sjöquist's durch Titration mittelst Chromatlösung bestimmt und aus dem Chlorbaryum die HCl be­ rechnet. Im einzelnen geht, Sjöquist folgendermassen vor: 10 ccm Mageninhalt werden in einer Silber- oder Platinschale mit über­ schüssigem, chlorfreiem kohlensauren Baryt bei gelindem Feuer eingedampft, der Rückstand wird verkohlt und einige Minuten geglüht. Nach dem Erkalten versetzt man die Kohle mit 10 ccm Wasser, digerirt und extrahirt mit heissem Wasser wiederholt. Die Extracte werden filtrirt, bis die Menge des Filtrates 50 ccm be­ trägt. Dann wird das darin enthaltene Baryt mittelst doppelchromsaurem Kalium titrirt. Zu diesem Zwecke werden dem Filtrat Vi oder1/)? seines Volumens Wein­ geist und 3—4 ccm einer Lösung zugesetzt, welche 1 0 % Essigsäure und 10",, Natriumacctat enthält. Diese Zusätze empfehlen sich, um die Bildung des Nieder­ schlages von chromsaurein Baryt zu fördern und andererseits die Bildung von chromsaurem Kalk aus den etwa vorhandenen Kalksäuren und von freier Salz­ säure zu hindern. Die Endreaetion ergiebt sich bei Anwendung des sogenannten Tetrapapiers i IVtramethylparaphenvldiaminpapier), welches Spuren von überschüssi­ gem Kaliumchroniat durch Blaufärbung anzeigt. Berechnung. Zur Ausführung der Türirung braucht man eine Lösung von doppeltchromsaurem Kalium von bekannter Stärke, am besten 8,5:1000, deren Türe man indessen erst bestimmen niuss, weil das im Handel befindliche doppel- chromsaure Kali gewöhnlich nicht vollkommen rein ist. Jeder bis zum Eintritt der Schlussreaction erforderliche Cubikcentimeter der Chromatlösung entspricht 4,05 m g HCl. U m direct den Proccntgehalt des Mageninhalts an II (4 zu finden, multiplicirt man die Zahl der verbrauchten Cubikcentimeter Chromatlösung mit der Zahl, welcher 1 ccm entspricht, und dividirt mit der Anzahl Cubikcentimeter des verarbeiteten Mageninhalts. Hätten wir z. B. 4 ccm Chromatlösung ver- 4 - 0 405 braucht, so ist der Procentgehalt an HCl = - 0,162u/0. Die genannte Titrationsmethode ist wegen der unzuverlässigen Endreaetion mit Hecht verlassen. Statt dieser empfiehlt nun Sjö- t) Sjöquist, Zeitschr. f. physiol. Chemie 1887, Bd. 13, Heft 1 und 2, S. 1. Magcninhaltsprüfimg. 167 quist1) in jüngster Zeit ein neues Titrationsverfahren. Die Methode ini einzelnen wird in folgender Weise ausgeführt: 10 ccm Magensaft werden in einer Platin- oder Nickelschale mit 0,5 g fein zerriebenen Baryumearbonats vermischt, eingedampft und verascht. Die Asche wird wiederholt mit kleinen Mengen kochenden Wassers extrahirt, der filtrirte Auszug (ca. 50 ccm) mit 4 ccm Ammoniuniacotatlösung (her­ gestellt durch Neutralisation von 2b •>/„ iger Essigsäure und 10"/(, igem Ammoniak) und 1 ccm 2b "/<>iger Essigsäure versetzt, aufgekocht und mit 15 com einer 0"/oigon Lösung von neutralem Ammoniumchromat gelallt. Der Niederschlag wird nach zwei Stunden filtrirt und frei von Chromat gewaschen, hierauf mit 10 ccm Wasser und einigen Tropfen Salzsäure gelöst. Darauf werden ;»0 ccm Wasser 2 ccm Jodkaliumlösung (50:100) und 5 ccm 2b "/«iger Salzsäure hinzu­ gesetzt. Hierbei wird eine dem Barvumchromat genau entsprochende Menge von Jod frei gemacht, deren Bestimmung den Werth für die im Mageninhalt vorhandene Salzsäure ergiebt. Die Umsetzung ge­ schieht nach folgender Formel: oßaCrO, -f- 10HCl -f- OKJ - i>BaCl2-f- Cr2Cl6 -f SH,0 4- 0KC1 -f- 3J2. Die Jodbestimmung erfolgt in der bekannten Weise mittelst Hypo- sulfitlösung (1 ccm sollen etwa 3 ing HCl entsprechen) unter Be­ nutzung von Jodzinkstärke als Indicator. Es sind nun vielfache Modifikationen des Sjöquist'schen Ver­ fahrens angegeben worden: a) Wägungsmethode. v. Jaksch'-) hat den Vorschlag gemacht, das Chlorbarvum in schwefelsauren Baryt umzuwandeln, denselben durch Wägung zu bestimmen und hieraus die Menge der im Magen­ inhalt befindlichen Salzsäure zu berechnen. Leo«) und iclH) haben uns ihm hierin angeschlossen, doch hat sich die Modifikation nicht eingebürgert. fi) Alodiflcalion von Bourget.5) Derselbe bedient sich zweier Titerflüssigkeitcn: 1. Einer Lösung, welche genau 1 °;0 Salzsäure ent­ hält; 2. einer Sodalösung, von der 10 ccm genau 1 ccm der genannten HCl-Lösung ncutralisiren. Man bringt nun 10—30 ccm des Magen- i) Sj(M|tiist, Physiologisch-chemische Bemerkungen über die Salzsäure. Leipzig 1895. -') v. Jaksch, Klin. Diagnostik innerer Krankheiten 4. Aufl.. 1880, S. 127. •'<) Leo 1. c. S. 112. i) Boas, Centralbl. f. klin. Mediein 1891, ISO. 2. •») Bourget, Arch. de medecine experinicntale 188G, Xo. 6, S. 844 u. f. 168 Mageninhaltsprüfung. filtrates in ein Porzellaiischälchen und setzt eine kleine Messerspitze Baryumcarbonat hinzu. Die Flüssigkeit wird eingedampft und lang­ sam verascht. Dann verfährt man genau, wie es Sjöquist (S. 100) angiebt, Die Chlorbaryum enthaltende Flässigkeit wird durch eine concentrirte Sodalösung (1:3) gefällt, der Niederschlag von Baryum­ carbonat gesammelt, gewaschen, bis das AVaschwasser keine alkalische Reaction mehr giebt. Filter und Niederschlag werden nun in einen 100 ccm fassenden Kolben gebracht und darüber 10 ccm der titrirten Salzsäure (t : 100) geschichtet. Man schüttelt leicht u m und füllt den Kolben bis zur Marke. Die gut durchgeschüttelte Flüssigkeit wird filtrirt, darauf werden 10 ccm davon in einer kleinen Schale unter Zusatz von Phenolphtalein als Indicator mittelst der oben ge­ nannten Sodalösung titrirt. Die Zahl der zur Neutralisirung der nicht gesättigten Säure notwendigen Cubikcentimeter Sodalösung giebt unmittelbar die HCl-Menge, und eine einfache Multiplication belehrt uns über den totalen Salzsäuregehalt. y) Wie ich gezeigt habe, kann man die Methode in folgender Weise verein­ fachen : i) Nachdem man den Niederschlag von Baryumcarbonat genügend aus­ gewaschen, bringt man denselben in ein mit beliebiger Menge Wasser gefülltes Becherglas, zcrtheilt Filter und Niederschlag und lässt i/io Nornialsäure hinzu- fliessen, bis sämmtlicher kohlensaurer Baryt in Lösung ist und die letztere auf Lacmus sauer reagirt; nach dem Aufkochen (um dieC0 2 auszutreiben) setzt man etwas Phenolphtalein hinzu und titrirt mit i/io Lauge zurück. Beispiel: Man hätte an Normalsalzsäure 12 ccm verbraucht und beim Zurücktüriren mit i/]0 Lauge 7,5 ccm erhalten, so ist in der Versuchsfliissigkeit (10 ccm) 12—7,5 = 4,5 1'10 ^ xaH 0 = 2 P () J] ^ -f- II2 (). OB Oll" ') Leo, Deutsche medicinische Wochenschrift 1891, No. 4L ••a v. Pfungen, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 19, Suppl.-Bd., S. 224—239. •'•) Martius und Lüttke, Die Magensäure des Menschen, 1892, S. 80. 0 Leo. Centralblatt f. d. med. Wissenseh. 18*9. No. 20. Vergl. auch Leo, Diagnostik der Krankheiten der Bauchorgane. Berlin 1895, S. 316. 170 Mageninhaltsprüfung. Ferner: 2P0OHa+ 4NalI° + 3CaCl2 = (PO^)2 Ca, + 6NaCl -f- 4HaO OH 0 Man müsste deshalb die bei der zweiten Titrirung für die vorhan­ denen Phosphate verbrauchten Cubikcentimeter Lauge durch 2 divi- diren. Diese Division durch 2 fällt fort, wenn man die erste und zweite Titrirung unter denselben Bedingungen ausführt, also auch in der zur Bestimmung der Gesammtacidität dienenden Probe über­ schüssiges Chlorcalcium hinzufügt. Im einzelnen wird die HCl-Probe nach Leo s Vorschrift in folgender Weise angestellt: 10 ccm des filtrirten Mageninhalts werden mit 5 ccm einer concentrirten (lilorcalciumlösung versetzt und mit i/10 Normallauge titrirt. Eine zweite Probe des filtrirten Mageninhalts wird mit einigen Grammen gepulverten kohlensauren Kalks vermischt und filtrirt. Von dem Filtrat werden 10 ccm (entsprechend 10 ccm des Mageninhalts) abgemessen und durch dieselben zur Vertreibung der C02-Luft hindurchgeleitet und hierauf nach Zufügen von 5 ccm Ca Cl2-Lösung ebenfalls mit Vio Normallauge unter Zusatz einiger Tropfen Phenolphtaleinlösung als Indicator titrirt. Die Differenz der bei der ersten, bezw. zweiten Titrirung ge­ fundenen Werthe entspricht der im Mageninhalt enthaltenen freien Säure, bezw. der Salzsäure, wenn vorher etwa vorhandene Fettsäuren, bezw. Milchsäure ent­ fernt wurden. Die Methode hat vor den übrigen den Vorzug, dass bei der Titrirung etwa vorhandene Phosphate ausser Bechnung bleiben; im übrigen giebt sie nicht nur die freie, sondern auch die an Fiweiss und Basen gebundenen HCl an, indem sich das Acidalbumin und auch die Salzsäuren Albumosen mit dem kohlensauren Kalk zum allergrössten Theil umsetzen. Fraglich ist nur, ob sich bei dem Leo'sehen Verfahren sänmitliche organischen Säuren quantitativ eliminiren lassen. (legen die Richtigkeit der Cnmdlagen dieser Methode sind von Hoff- manni) (und W a g n e r ) eine Reihe von Einwendungen gemacht worden, die in­ dess von Friedheim und Leo'.*) unter Hinweis auf die Verschiedenheit der Fntersucliiiiigsbedingungen zurückgewiesen sind. Andererseits folgt aus den Aus­ führungen der letztgenannten Forscher, dass die Methode nur bei absolut chemisch reinem Material und unter genauester Einhaltimg der von Leo gegebenen Vor­ schriften ein richtiges Resultat ergiebt. ') A. Hoffmann, Ccntralbl. f. kl. Med. 1890, No. 40. )^ Friedlich!) u. Leo, Pflüger's Arch. f. die ges. Physiologie Bd. 48, S. 614. Mageninhaltsprüfui e) Nach Ilavem und Winter.1) Die Idee d<-> Verfahrens bestellt darin, dass einerseits die sai/sau.-e- Mengo des gesammten in dem Mageninhalt vorhandenen Chlors, ^ h'i^yem andererseits diejenige Chlornienge bestimmt wird, die an Metalle ge- un'1 Wint"r- bundtm ist. Die Differenz aus Totalchlor und Chlor der Chloride repräsentirt den Werth für die Gesainmtsalzsäurc. Ausserdem wird die freie Salzsäure durch Eintrocknen bei 100" bestimmt, wobei sich nach der Ansicht von Winter dieselbe vollkommen verflüchtigen solle. Im einzelnen gehen H a y e m und Winter folgendermassen vor: Es werden je 5 ccm filtrirten Mageninhalts in drei Tiegel a, b, c gebracht; a wird mit überschüssigem Natriumcarbonat versetzt, und alle drei werden im Wärmeschrank bei 100" oder auf dem Wasserballe getrocknet. Darauf wird a einige Minuten hei schwacher Rothghith unter Vermeidung von Substanzverlusten erhitzt, bis das Natriumcarbonat als farblose Schmelze erscheint. Nach dem Ab­ kühlen vorsetzt man mit destillirtem Wasser und einem kleinen Ueberschuss reiner Stilpetersäure, vertreibt die ('()._, durch Kochen und neutralisirt bis zur schwach alkalischen Reaction mit C a C 0 3 oder N;i2CO;i. Nach dem Filtriren und Waschen des Rückstandes mit kochendem Wasser wird das Filtrat mit '']n Normal­ silberlösung bei VnWendung von Kaliunichromat als Indicator titrirt. Die in a gefundene Zahl giebt in HCl ausgedrückt den (leseinnntchtorgehedt. des .Magen­ inhalt* (T = Chlore totale). Die Portion b wird eine Stunde lang bei 100" abgedampft, sodann mit überschüssigem Natriunicarhonat vorsetzt, wieder eingedampft und weiter wie in der 1. Portion (a) behandelt. Die Differenz der in Portion a und Portion b er­ haltenen Chlornienge ist auf verflüchtigte (II) oder mit anderen Worten auf freie Satzsäure (HCl libre) zu beziehen, d.h. a — b _-= H. Die Portion e endlich wird nach dem Eintrocknen ohne jedweden Zusatz bei möglichst kleiner Flamme vorsichtig eingeäschert und wie a zu Ende unter­ sucht. Die gefundene Zahl ist der Werth für die Chloride, b — e ist demnach das an organische Substanzen gelnindene Chlor (Chlor conibinej = ('. Ausserdem haben H a y e m und W i n t e r noch einen andern Werth eingeführt: A 11 = a. Nehmen wir an, dass die Cesanimtacidüät nur durch Salzsäure re­ präsentirt wird, so niuss A —-11 -\ C oder ' 1 sein-). Nun sind aber bekanntlich organische Säuren sehr häufig im Mageninhalt, folglich wird ' - nicht gleich sondern -> L sein. Fs könnte auch der Fall sein, dass '' < 1 ist, dann niüsste ein Vnalysenfehler vorliegen. H a y e m und Winter ziehen aus ihren mittelst der eben geschilderten Me- i) Hayem et Winter, Du chimisme stomacal. Paris 1891, S. 72. 1^ llayem und Winter geben diesen Werth (a) auf o.sii an, bemerken aber an anderer Stelle, er schwanke um 1 herum. 172 Mageninhaltspräfung. thode gewonnenen Ergebnissen den Schluss, dass die Magendrüsen nicht fertige Salzsäure secerniren, sondern Chlorsalze; erst unter dem Einfluss von Eiweiss- körpern soll hieraus Salzsäure abgespalten werden. Aus diesen Anschauungen heraus construirt H a y e m ein sehr complicirtes Gebäude der Dyspepsieen, auf das einzugehen um so überflüssiger ist, als sich dasselbe mit den sicheren Er­ rungenschaften der letzten Jahrzehnte in unlöslichem Widersprach befindet. Der Haupteinwand, welcher der Methode gemacht ist, beruht auf der Bestimmung von H. Nach den Controluntersuchungen von A. F Hoffmann, 1) Wagner, 2) Mintz,3) Martius und Lüttke,4) Sansoni"') u. a. fällt der Werth für b, da sich nicht sämmtliche freie Salzsäure bei der Eindampfung verflüchtigt, zu hoch, folglich die Differenz a—b, d. h. der Werth für freie Salzsäure (H) zu niedrig aus. Da ferner die gebundene Salzsäure (Chlore combine) durch die Differenz b — c ermittelt wird, so fällt, wie ersichtlich, der Werth für gebundene Salzsäure zu hoch aus. Bichtig ist nur der Werth für die Gesammtsalzsäure (a — c ) . Kossler6) hat ferner nachge­ wiesen, dass, wenn man eine Chlorcalciumlösung mit zweifach saurem Phosphat versetzt und erhitzt, ein Niederschlag von einfach saurem oder normalem Calciumphosphat entsteht, wobei gleichzeitig Salz­ säure frei wird, die beim Eindampfen entweicht. Man muss dann im Rüskstande weniger Chlor finden, als thatsächlich im Mageninhalt vorhanden war. f) Nach Lüttke.*) Salzsäure- Princip der Methode: Der normale Magen enthält an Chlor- nSTüttki Verbindungen: Salzsäure, Kaliumchlorid, Natriumchlorid und Calcium- chlorid. Beim Verbrennen des Mageninhalts verflüchtigt sich nun die Salzsäure — sowohl die freie, wie die organisch gebundene —, während die Chloride sich erst bei starker Bothgluth zersetzen und Chlor abgeben. Bestimmt man demnach in einem Mageninhalt einer­ seits die gesammte vorhandene Chlornienge und andererseits diejenige Chlornienge, welche nach dem Verbrennen des Mageninhalts übrig­ bleibt, so ergiebt sich aus der Differenz beider das Chlor, welches als Salzsäure vorhanden war. Die Chlorbestimmung geschieht in Anlehnung an die Volhard'sche Bestimmung von Haloiden. Die i) A. F. Hoffmann, Schmidt's Jahrbücher Bd. 223, 1892, S. 268. 2) Wagner, Arch. de Physiologie norm, et path. Bd. 23, S. 440. 3) Mintz, Deutsche medicinische Wochenschrift 1891, No. 52. 4) Martins u. Lüttke, Die Magensäure des Menschen. Stuttgart 1892, S. 98. •5) Sansoni, Berl. klin. Wochenschr. 1892, No. 42 und 43. «) Kossler, Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 17, S. 91. 7) Lüttke, Deutsche medicinische Wochenschrift 1891, No. 49. Mageninhaltspriifung. 173 Chlorbestimmung nimmt Lüttke nicht, am Magentiltrat, sondern am unfiltrirton Mageninhalt vor (s. hierüber S. Dil). Ausführung der Alefhode: Hierzu sind folgende Nornial­ lösungen erforderlich: 1. Zehntelsilberlösung: 17 g Silbernitrat im Liter enthaltend. Der Lösung wird zugleich der Indicator, schwefelsaures Eisenoxyd, zugefügt. Die Herstellung erfolgt so, dass 17,5 g Si bernitrat in ca. 900 ccm Salpetersäure von 25",, gelöst und der Lösung 50 ccm Liquor ferri stillürici oxydati zugesetzt werden. Sodann füllt man auf 1 Liter auf. Die Einstellung der Lösung erfolgt in der früher für die Titerstellung von Alkalien und Säuren (S. 102) geschilderten Weise, und zwar am sichersten gegen genaue Zehntelsalzsäurelösung. 2. Zehntelrhodanammoniumlösnna: 7.0 g Rhodanammoniuni im Liter ent­ haltend. Man löst ca. 8 g Rhodanamnioniuni in 1 Liter Wasser und prüft den wahren Cehalt an Rhodan mittelst der Zehntelsilberlösung. Man giebt zu dem Behufe 10 com der genau geaichten Zehntelsilberlösung in ein Bechcrglas, vor­ dünnt mit Wasser und lässt unter Einrühren die zu prüfende Rhodanlösung aus einer Bürette langsam zufliessen, bis eine bleibende schwach röthliche Färbung eintritt. Hätte man z. B. 9,7 eom hierzu verbraucht, so wäre die Lösung zu stark, und man hätte 970 ccm der Rhodanlösung auf 1000 zu verdünnen. Die so ge­ wonnene Lösung niuss nunmehr so beschaffen sein, dass die erste bleibende Roth- lärbung genau bei Zufliessenlassen von 10 ccm erfolgt, Fs erfolgt nun zunächst: a) Bestimmung des Gesammtchlors des Mageninhalts: 10 com des gut durchgeschüttelten Mageninhalts werden in einen Messkolben von 100 ccm Inhalt gefüllt. Das kleine Messkölbehen wird wiederholt mit Wasser nachgespült, sodann fügt man 20 ccm der Zehntelsilberlösung hinzu, schüttelt um und lässt etwa 10 Minuten stehen1). Nun füllt man den Messkolbon auf 100 com auf, schüttelt u m und filtrirt durch ein trockenes Filter in ein trockenes Bechcrglas. 50 ccm hiervon worden nun mit Zehntelrhodanlösung titrirt. Die Berechnung des Ccsaiiimtchlorgehaltes erfolgt nun so, dass die ver­ brauchten Cubikcentimeter Rhodanlösung mit 2 niiiltiplicirt worden und diese Zahl von der angewandten Silbennenge (20 ccm) subtrahirt wird. b) Bestimmung des Mineralchlors. 10 ccm dos gleichniässig umgerührten Mageninhalts werden in einer Platin-, Silber- oder Nickelschale auf dem Wasser­ bad (Asbestplatte u. a.) vorsichtig eingedampft. Nach völligem Eintrocknen ver­ brennt man den Rückstand über der Flamme, jedoch nur so lange, bis die Kohle nicht mehr mit leuchtender Flamme brennt. Nach der Verbrennung und Erkalten- lassen extrahirt man die Asche mit 100 ccm Wasser und filtrirt. Ist man bei Schluss der Extraction in Zweifel, ob alles Chlor ausgewaschen ist, so prüft man das letzte Filtrat mit einem Tropfen Silbernitrat; erfolgt noch Trübung, so ist noch etwas Chlor vorhanden, und das Auswaschen niuss weiter fortgesetzt worden. Das gcsamnite Filtrat wird nun mit 10 ccm i/io Silberlösung vorsetzt und mit Zehntelrhodanlösung titrirt. Die Berechnung dos Mineralchlors ergiebt sich durch Subtraction der ermittelten Anzahl com Zehntelrhodanlösung von der an­ gewendeten Silbermenge (10 com). t) Lüttke empfiehlt bei starker Färbung des Mageninhalts Entfärbung durch Zusatz einiger Tropfen Perinanganatlösung. Ich habe bei zahlreichen Be­ stimmungen nach dieser Methode niemals Veranlassung hierzu gehabt. 174 Magoninhaltsprüfung. Berechnung der- Sulzsäure: Dieselbe ergiebt sich aus der Differenz zwischen dem Werthe aus dem Cesamnitclilor und dem für das Mineralchlor oder mit anderen Worten aus der Differenz zwischen der für a und für h gefundenen Anzahl Cubikcentimeter Zehntel­ silberlösung. Beispiel: Wir hätten gefunden für a = 6,0 Zehntelsilberlösung, » » » » b = 2,?> » so beträgt der Salzsäuregchalt für 10 ccm = 4,2 oder da 1 ccm Normalsilberlösung 1 ccm Normalsalzsäure entspricht — 4,2 x 0,O;>(55 = 0,153 o/() Salzsäure. Die Methode von Lüttke ist gleichfalls nicht ohne Fehler: der erste ist der nach Kessler1) und Sjöquist-) uuch der Winter sehen Methode anhaftende (s. o. S. 172) und besteht darin, dass bei Erhitzen von Chlorcalcium und zweifach saurem Phosphat Salzsäure frei wird; der zweite ist darin begründet, dass nach den Untersuchungen von Rosenheim,'') Strauss1) und H o n i g m a n n 5 ) Ammoniak schon im normalen Mageninhalt, in messbaren Mengen vorkommt. Das hierbei entstehende Chlorammonium zerlegt sich beim (ilühen, wodurch ebenso wie durch den erstgenannten Fehler der Werth für Salzsäure zu hoch ausfallen muss. g) Nach Töpfer.G) Salzsäure- Die Methode beruht auf der Idee, die Säurefactoren einzeln zu nach Töpfer? bestimmen, (f. h. die Gesammtacidität, die freie und die gebundene Salzsäure. Aus der Differenz zwischen (losammtaeidität und dem Werth für freie und gebundene Salzsäure ergiebt sich der Werth für organische Säure und saure Phosphate. Im einzelnen geht der Ver­ fasser folgendermassen vor: Die freie Salzsäure wird mittelst Dimethvlamidoazobenzol in 0,5 % iger Lösung ermittelt. Schon durch geringe Mengen Salzsäure schlägt die gelbe Farbe des genannten Reagens in eine röthliche um. Organische Säuren geben eine ähnliche Färbung erst in einer Con- )) Kossler 1. c. -) Sjöi|uist, Physiologisch-chemische Beobachtungen über die Salzsäure. Leipzig lSOfi. •"•) Rosenheini, Centralbl. f. klin. Med. ISO:», No. VA). i) Strauss, Berl. klin. Wochenschrift IS!I2, No. 17. •>) lloniginann, Berl. klin. Wochenschr. 1893, No. 15 u. 10. ") G. Töpfer, Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 19, Heft 1, 1S91. Mageninhaltsprüfung. 175 centration von über 0,5 "/0, bei Gegenwart von Fiweisskörpern gehört eine noch höhere Concentration zur Hervorrufung der genannten Farben Veränderung. Man titrirt nun nach Zusatz einiger Tropfen des Reagens so lange mittelst '/m Normallauge, bis der röthliche Farbenton schwindet und dem ursprünglichen gelben Platz macht. Zur Bestimmung der locker gebundenen Salzsäure bedient sich Töpfer des Alizarin (alizarinsulphonsaiires Natron), das für alle Aciditätsfactoren empfindlich sein soll mit Ausnahme der gebundenen Salzsäure Man titrirt unter Zusatz von 1-5—4 Tropfen einer 1 °/„ igen wässerigen Alizarinlösung bis zum Auftreten der ersten rein violetten Färbung. Die Gesanmitacidität wird in der bekannten Weise mittelst '/,,, Noriiiallauge und unter Anwendung von Phenolphtalein als Indi­ cator ermittelt. Die Differenz zwischen dem Phcnolphtalc'iiiwerth und dem Alizarinwerth ergiebt die Grösse der locker gebundenen Salzsäure. Nachuntersuchungen von Einhorn 1), Strauss2) und Häri'!) haben gezeigt, dass auch dein Töpfer sehen Verfahren Fehler an­ haften; doch ist es nach letztgenanntem Autor eine verlässliche Me­ thode bei Gegenwart freier Salzsäure und giebt, uns in kürzester Zeit in sehr einfacher Weise ebenso correcte Resultate wie das neue Sjö­ quist sehe (S. 107) und das Braun seht' (Hehner-Seemann'srhe) Verfahren (S. Ki5). Bei Fehlen freier Salzsäure ist die Tüpfer sehe Methode dagegen weder für die quantitative Bestimmung, noch um überhaupt Salzsäureab- oder -anwesenheit anzuzeigen, geeignet. hl Nach v. Mierzynski4). Die Methode v. MierzvnskFs ist, eine gasvolumetrische. Zu sai/.säu ihrer Ausführung bedarf es des bekannten W a g n e r sehen Azoto- meters s. bestimmung nach V. Mierzynski. 5 —10—20cciii Mageninhalt werden in einem Porzellantiegel mit über­ schüssigem Baryumcarbonat versetzt, eingedampft und im bedeckten Tiegel bis zur vollständigen Yorkohlung geglüht und mit Wasser wiederholt ausgezogen. Nach v. Mierzynski wird durch die Kohle häufig etwas Baryumcarbonat reducirt und geht als Ilvdroxyd in Lösung, das fälschlich als HCl berechnet wird. Ihn dies zu verhindern, versetzt, man das Filtrat mit Plionolphtale'i'n; färbt es sich roth, so leitet man zur Fällung des Ilydroxyds Luft durch. Die Chlorbaryunilösting wird i) Kinhorn, New-Vork niedical Jornal, 9. Mai 1800. ••*) Strauss, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 56, Heft 1 u. 2. •'<) Iläri, Arch. f. Verdauungskrankheiten Heft 2 und 3. i) v. Mierzynski, Centralbl. f. innere Med. Bd. 15, S. L07o—1077, 1*94. 176 Mageninhaltsprüfung. mit einfachchromsaurem Ammoniak ( C r O ^ N H ^ ) heiss gefällt, filtrirt und der Niederschlag mit verdünntem Ammoniak ausgewaschen. Der Niederschlag wird mit Salzsäure (1 : 20) in den äusseren Raum dos Entwicklungsgefässes gespült, und es werden 10 ccm verdünnte Schwefelsäure zugegeben. In den beiden Schenkeln des Azotonieters wird das Wasser gleich hoch eingestellt, und zwar auf 0 der Mess- röhre, dann lässt man etwas Wasser aus der nicht getheilten Röhre abfliessen. I>as eingeschmolzene Cefässchen im Entwicklungsgcfäss wird mit 5—10 ccm käuflichen Wasserstoffsuperoxyds (2—2,5<>/0) beschickt, das Entwicklungsgeläss wie der Grummischlauch geschlossen, das Wasserstoffsuperoxyd auf einmal mit der chromhaltigen Flüssigkeit gemischt und der Hahn geöffnet, wobei der ent­ wickelte Sauerstoff in die Messröhre tritt. Der Hahn wird geschlossen, 3 bis 4 mal, zuletzt 5 Minuten lang stark geschüttelt. Das Entwicklungsgeläss wird ins Wasser gebracht, nach etwa 10 Minuten werden die Wasserniveaus in beiden Schenkeln des Azotonieters gleichgestellt, das Volumen des entwickelten Sauer­ stoffs, sowie Barometerstand und Temperatur des Wassers wird abgelesen und daraus die HCl berechnet, wobei 1 Atom 0 = V-, Molecül HCl ist. Das abge­ lesene Volumen 0 wird unter Benutzung der von B a u m a n n 1 ) angegebenen Tabelle reducirt und dann mit 1/2 Molcculargewicht der Salzsäure = 18,1S5 nmltiplicirt. Von H. Wiener-) ist die Methode nachgeprüft und mit anderen Methoden gut übereinstimmend gefunden worden. Dass sie sich für die tägliche Praxis nicht eignet, ist ohne weiteres klar. i) Nach v. Moracewski3). Salzsäure- Die Methode beruht auf der Eigenschaft, dass ein Aether- bes ""™ UDg Alkoholgeniiseli Salzsäure aufnimmt, nicht dagegen Salze. Die Salz- v. Moracewski. säure kann in dem Gemisch titrimetisch leicht bestimmt werden. Ausführung: 10—50 ccm Magensaft werden im Schälehen bis auf 1 ccm eingedampft. Man bringt denselben in ein 100 com fassendes Maasskölbchen und setzt bis zur .Marke eine Alkohol-Aethermischung hinzu (25 Alkohol, 75 wasserfreier Aether). Ist das Kölbchen bis zur Marke gefüllt, so wird es gut umgeschwenkt. Nach kurzem Stehenlassen filtrirt man von der Lösung genau 50 ccm ab, giesst in ein Kölbchen, welches mit einem Glashahn vcrschliessbar ist und 250 ccm lässt. Zu den 50 com Aether-Alkoholextract wird etwa ebensoviel Wasser und viermal weniger com 1/10 Normalnatronlauge zugesetzt, als ccm Magensaft in Arbeit ge­ nommen wurden. Der neutralen Lösung, welche sich in zwei Schichten sondert, setzt man 1—3 Tropfen neutralen Kaliunichroniats zu und titrirt mit ' '„, Silber­ lösung. Den Endpunkt giebt cht- Rothfärbung des Chlorsilbers an. Die Berech­ nung erfolgt in der übichen Weise. Die Methode scheint recht einfach und brauchbar zu sein. Fraglich ist jedoch, ob nicht beim Eindampfen kleine Mengen freier Salzsäure verloren gehen. Eine Nachprüfung des Verfahrens ist bis jetzt nicht erfolgt. ]) Batiniann, Zeitschr. f. angew. Chemie 1801. )^ II. Wiener, Centralbl. f. innere Med. 18U5, No. 12. •i) v. Moracewski, Deutsehe uiedicinisehe Wochenschrift 189Ü, No. 2. Mageninhaltspriifung. 177 ,'i. Bestiimnnnf/ der freien Salzsäure. a) Methode von Mintz1). Dieselbe beruht darauf, dass man bei genauer Kenntniss der Methode, von Grenzen eines Salzsäurereagens aus dem Ausbleiben der Keactioii bei Titration mittelst h,,, Normallauge einen Schluss auf die Menge der freien Salzsäure in dem betreffenden Mageninhalt ziehen könne. Als Beagens dient dem Begründer der Methode das G ü n z b u r g sehe und als Beactionsgrenze desselben 0,08(5 p.m. HCl. Findet man nun z. B., dass die Beaetion bei Hinzufügen von 1,8 Vio Normallauge aus­ bleibt, dagegen bei 1,2 noch positiv ausfallt, so beträgt die freie Säure in der Yersiichsfiüssigkeit auf 100 berechnet 12 -f- 1 Vio Nor- mallauge = 18 ccm Vio Normallauge oder 0,047% H(4. Die Methode ist von vielen Seiten nachgeprüft worden. Fs hat sich im allgemeinen herausgestellt, dass dieselbe bei einiger Febung verlässliche Werthe für die freie Salzsäure ergiebt. Statt des C ünzburg sehen Reagens kann man, wie R oseiiheim-) ent­ deckt hat, die Titrirung auch mittelst in (1 ünzburg sches Reagens getauchter und getrockneter Reagenspapiere aus schwedischem Filtrirpapier anstellen. b) Methode von Mörner-V und Boas4). Fnabhängig von einander haben Monier und ich den Vor- Methode von schlag gemacht, die freie Salzsäure des Mageninhalts mittelst des ' ( ongofarbstoffes quantitativ festzustellen. Monier geht hierbei von einer bestimmten Probemahlzeit aus, liestehend aus einem weichge­ kochten Fi, 80 g Cakes und 2b() ccm Fleischbrühe. Die Ausheberung des Mageninhalts wird eine Stunde später vorgenommen. Hierbei beträgt nach Monier die Menge der gebundenen Salzsäure fast con­ stant 0,0;V/0, die freie Säure wird mittelst Vi.. Normallauge und Gongopapier als Indicator angegeben. Der erhaltene Werth an Salz­ säure + 0,Oö(,/o ergiebt den gesammten HCl-Gehalt der Versuchs- fiüssigkoit. Ich bediene mich ausschliesslich der Congofiüssigkeit in wässe- i) S. Mintz, Wiener klin. Wochenschr. 1880, No. 20. -!) Rosenheini, Deutsche medicinische Wochenschrift 1891, No. 49. ;t) Carl Th. Monier Fpsala Läkareförenings Förhandlingar Bd. 21. S. 4S:> und 491. Nach Maly's Jahresb. f. Thiorchomio Bd. 19, S. 25:1, i) Boas. Allgemeine Diagnostik und Therapie der Magenkrankheiten 1. Aufl., S. 1.",4 und Contralbl. f. klin. Mediein 1891, No. 2. Boas, Allg'. Diagnostik u. 'l'hera|,ic .1. Magenkrankheiten. 4. Aull. i.i 178 Mageninhaltsprüfung. riger Lösung1), von der ich 5 ccm zur gleichen Menge Versuchs­ flüssigkeit hinzusetze. Sodann titrire ich mit Vm Normallauge bis die Flüssigkeit wieder deutlich ziegelroth wird. Die Zahl der ver­ brauchten ccm Normallauge giebt unmittelbar den Gehalt an freier Salzsäure an. Die geringen Mengen von organischen Säuren, die hierbei mit titrirt werden, kommen für die Genauigkeit des im we­ sentlichen praktischen Zwecken dienenden Verfahrens kaum in Be­ tracht. Nur bei grösserem Gehalt an organischen Säuren empfiehlt es sich, die Versuchsflüssigkeit vor der Titrirung durch wiederholte Ausschüttelung mit Aether von ersterem zu befreien. In ähnlicher Weise haben Martius und Lüttke als Indicator Tropaeolin verwendet, doch bietet derselbe gegenüber dem Congofarbstoff keinerlei Vortheile. c) Methode von Hoffmann2). Diese geistreiche Methode beruht auf der Thatsache, dass Salz­ säure den Piohrzucker in Invertzucker, d. h. gleiche Theile Laevulose und Dextrose spaltet, wobei sich selbstverständlich das optische Drehungsvermögen entsprechend ändert. Organische Säuren wirken demgegenüber so schwach, dass die hierdurch resultirenden Aende- rungen praktisch kaum in Betracht kommen. Z u m qualitativen und quantitativen Nachweis der HCl werden fünf gleiche Fläschchen be­ reitet: No. 1 enthält eine bekannte Menge Rohrzucker und Salzsäure, No. 2 enthält dieselbe Menge Rohrzucker und Magensaft, No. 3 nur reinen Magensaft, No. 4 Magensaft, Rohrzucker und essigsaures Na­ tron (letzteres u m durch Neutralisirung der Salzsäure den etwaigen Einfluss der Fermente zu beobachten). Die Drehung aller vier Proben wird bestimmt, dann werden sie einige Stunden in den Wärmeschrank gestellt und von neuem polarisirt. Bei Vorhanden­ sein von HCl wird das Ergebniss der Drehung bei 1 und 2 wesent­ lich geringer ausfallen, während das bei 8 und 4 sich nicht wesent­ lich ändern wird. Aus dem bekannten HCl-Gehalt in 1 lässt sich nun der HCl-Gehalt nach der Formel log A — log (A — x) — C die absolute Menge der im Magensaft befindlichen Salzsäuremenge be­ rechnen. Später hat Hoff m a n n die eben genannte Methode dahin ver­ einfacht, dass er derselben statt der Inversion des Rohrzuckers die ') Alkoholische ( ongolösung giebt mit salzsäurehaltigen Mageninhalten eine Trübung, wodurch das Türationsergebniss unsicher ausfällt. •*) Hoffmann, Centralbl. f. klin. Mediein 1889, No. 46, vergl. auch Schmidt's Jahrb. Bd. 225, 1890, S. 77. Mageninhaltsprüfung. 179 Spaltung des Methylacctats in Methylalkohol und Essigsäure zu Grunde legte. Nach erfolgter Spaltung wird das eine Spaltungs- produrt, die Essigsäure, durch Titration bestimmt, Nach den Untersuchungen an künstlichen Gemischen von Kess­ ler1), sowie denen von Sjöquist ist die Methode an sich exact und leicht ausführbar. Leider hat sie in der Praxis zu wenig An­ wendung gefunden. 4. Bestimmung der gebundenen Salzsäure. Die Bestimmung etwa, gebundener Salzsäure hat den Zweck, sich Bestimmung- zu unterrichten, wieviel Salzsäure bis zum Eintritt der bekannten gomnHienun Farbenreactionen d. h. bis zur Bildung freier Salzsäure fehlt. Salzsäure. Man besitzt für diese Ermittelung mehrere Methoden: Man lässt zu einer abgemessenen Menge Mageninhaltsfiltrat so­ viel Vm Normalsalzsäure aus einer Bürette zutiicssen, bis eben die Congo- oder noch besser die Phloroglucinvanillin- oder Resorcin- reaction eintritt (s. o. S. 157 u. 1öS). Zieht man von der erhaltenen Zahl 1 ccm Decinormalsalzsäure für 100 ccm Magensaft ab, so re- präsentirt der Best, die Menge HCl, die der Magen zur Bildung freier Salzsäure noch hätte liefern müssen. Wenn man nun eine zweite Portion, zu der man die gefundene Menge Salzsäure zugesetzt hat, mit Vio Fange titrirt, und von dem Resultat den Werth an Salz­ säure, der bis zum Eintritt der Phloroglucinvanillinreaction etc. noth­ wendig war, in Abzug bringt, so repräsentirt der verbleibende Best die Zahl für gebundene Salzsäure. Es liegt auf der Hand, dass die Methode einen beschränkten Werth hat, da, wie Blum-') gezeigt hat, je nach der Beschaffenheit der Eiweisskörper verschiedene Mengen Salzsäure zur Bindung nothwendig sind. Ferner stören die Phosphate, die mit der Mahlzeit, und zwar gleichfalls in verschiedenen Mengen eingeführt sind, das Verfahren. Gänzlich unbrauchbar ist, es, wo viel Lactate vorhanden sind, da ein Theil der zugesetzten Salzsäure dazu verwendet wird, dieselben zu zerlegen. Für exactere Untersuchungen wird es wünschenswerth sein, an Stelle der ebengenannten Methoden eine der früher für die Bestim­ mung der freien und gebundenen Salzsäure angegebenen (Tlehner- S e e m a n n , Sjöquist, Marlius-Lüttke, Leo) zu wählen. Dass i) Kossler 1. c. '•0 Blum, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 21, S. y>S- 12* 180 .Mageninhaltsprüfung. auch diese Methoden ihre Fehler besitzen, ist bereits bei ihrer Be­ sprechung erwähnt, trotzdem genügen sie weit höheren Anforderungen au Genauigkeit als die obige Methode. Praktischer Wertli der einzelnen Salzsäure- Bestimmungfsrnethoden. Bei der Erörterung des Werth es der Salzsäureprüfungsmethodeii müssen wir uns vor allem darüber klar sein, dass es für die Praxis ausschliesslich darauf ankommt, grobe Abweichungen vom normalen Chemismus, soweit wir denselben keimen, festzustellen. Auf geringe Abweichungen können wir uns einmal deswegen nicht einlassen, weil der physiologische Magen sich, wie die Feststellungen von Rosen­ heim 1) u. a. gezeigt haben, gewisse, und zwar keineswegs unbedeu­ tende Schwankungen der Secretion gestattet, zweitens weil wir es im Mageninhalt nicht mit einer unveränderlichen Substanz zu thuu haben, sondern mit einem Material, das hinsichtlich des Wasser­ gehaltes, der darin gelösten Substanzen, abnormer Beimengungen die allerverschiedensten Variationen bietet. In diesem Sinne wäre es vielleicht das Zweckmässigste, sich auf quantitative Salzsäurebestim­ mungen überhaupt nicht einzulassen, sondern sich mittelst der Farb­ stoffproben (Congo, Tropaeolin, üimethvfamidoazobenzol u. a.) zu überzeugen, ob in einem bestimmten Stadium, in welchem herkömm­ lich Salzsäure in freiem Zustande auftritt, letztere vorhanden ist oder nicht. Zweifellos genügt eine derartige Feststellung für einzelne, aber nicht für alle Fälle. Die Praxis zeigt, dass starke Abweichungen nach oben und unten hin doch recht häufig von Beschwerden be­ gleitet sind, die aufhören, sobald man die Mageiisaftabscheidung in die normalen Bahnen leitet. Zu dem Behüte sind Feststellungen des Salzsäuregehalts von hoher Bedeutung: hierbei wird man sich in der Praxis allerdings mit der Be­ stimmung der Gesammtacidität oder der Mintz sehen, bezw. Mörner- Boas sehen oder Töpfer'sehen Methode begnügen können. Alle an­ deren Methoden dienen ausschliesslich wissenschaftlichen Zwecken. Diagnostische Bedeutungf des Salzsäurenachweises. Magnostisehe Der qualitative Nachweis, ganz besonders aber die quantitative e ' le , n,!:1iD,°0des Ermittelung der Salzsäure des Mageninhalts spielen seit dem letzten nachweise*. Jahrzehnt eine hervorragende Rolle in der Diagnostik der Magen­ krankheiten. i) Hosenheim, Deutsche medicinisclie Wochenschrift 1892, .No. 13/14. Mageninhaltsprüfung. 1 ST Wenn wir dieselbe richtig beurtheilen wollen, was nicht überall 4i der neuen Literatur der Fall ist so ist e- unumgänglich noth­ wendig, die Frage der Provenienz der Salzsäiircbildung mit einem Worte zu streifen. So wenig auch dieselbe im einzelnen aufgeklärt sein mag, so\iel steht fest, dass die Seerefion dieser Säure von drei Componenfen abhängig ist, einmal von der Anwesenheit der Salz­ säurebildner im Blut (Malv Bunge. Förster Cahn). sodann von der Intactheit des Drüsenapparates des Magens, schliesslich von dem denselben versorgenden Nervenapparat. Hieraus folgt schon, dass Mangel und übermässige Abschoidung der HCl unter drei Bedin­ gungen eintreten kann: 1. bei einer die IICl-Bildung begünstigenden oder schädigenden krankhaften Blutbosehaffenhcit, 2. bei einer Störung des Drüsensooretionsapparatcs, z. B. bei entmndlichen Processen oder Geschwulstbildung u. a. des Magens, :!. bei centralen oder peripheren Störungen im Vago-Sympathirusgobict. Schliesslich können sich aber auch mehrere dieser Factoren zu dem Totaleffect der II Cl-Abnahme oder -Steigerung verbinden. Es tgelit hieraus hervor, dass eine Anomalie der Safzsäure- abseheiduuo an sieh noch keineswegs mit irgeutf welcher Sicher­ heit das Bestehen einer ALugeucrkrunkung anzeigt. Wenn wir ferner in Betracht ziehen, dass, wie bereits oben er­ wähnt, die Grenzen zwischen normaler und abnormer Salzsäure- abscheidung sohl' weit gesteckt sind, so sind etwaige Schlüsse hieraus nur mit äussorstor Vorsicht und unter peinlicher Berücksichtigung der sonstigen klinischen Befunde zu verwerthen. Wenn wir im folgenden trotzdem die diagnostische Bedeutung des Salzsäurenaehwoisos erörtern, so geschieht es lediglich, um dem Praktiker einige Anhaltspunkte zu bieten: 1. Es besteht normale Acidität fSaizsäurei/ehalt 0,1—0,1"",,). Der normale Salzsäuregehalt spricht in erster üeiho gegen das Vorhandensein einer schweren Texturerkrankung des Magens, bezw. gegen das Vorhandensein eines Magenleidens überhaupt. Bei unklaren dvspoptisrhon Störungen, die ja im Gefolge aller möglichen inneren Krankheiten vorkommen, ist daher eine derartige Feststellung von grosser praktischer Bedeutung. Weisen alle Symptome direct auf ein Magenleiden hin, so spricht norm,der Salzsäuregohalt für nervöse Dvspepsie. bezw. Enteropathie Namentlich ist der Nachweis einer normalen Acidität wichtig für die differentielle Diagnose von nervöser Dvspepsie und chronischer glandulärer Gastritis, zumal die sub- jeetiven Symptome einander zum Verwechseln ähneln können. Dabei 182 Mageninhaltsprüfung. ist daran zu erinnern, dass allerdings auch Fälle von auf nervöser Basis entstehender Inacidität nicht selten vorkommen. Ferner kommt normales Verhalten der Seeretion nicht selten vor bei Atonie oder Hypotonie der Magenmuskulatur. 2. Es besteht Subaeidität (Salzsäuregehalt unter 0,1 % ) • Bei constantem Nachweis derselben kann man an eine subacute oder chronische Gastritis denken; doch kann Verminderung der Salz­ säure auch bei Ulcus ventriculi oder duodeni, bei incipientem Car­ cinom, bei Ectasie und Atonie des Magens, bei Gallerückfluss in den Magen u. a. vorkommen. 3. Es besteht Super acidität (Salzsäuregehalt, über 0,2 °/0). Dieselbe kann ein wichtiges Symptom der Pvrosis hydrochlorica, ferner die Folge einer gutartigen Drüsenwucherung sein, nach meinen Erfahrungen aber auch im Beginn einer Gastritis chronica (soge­ nannten Gastritis acirla) vorkommen; am häutigsten ist es aber wohl Symptom einer Magenneurose. Endlich findet man in einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Ulcusfällen Superacidität, doch ist dies keineswegs constant. Bestehen unzweifelhafte Krebssymptome (Macies, Tumor u. a.), so spricht nach Rosenheim 1) das Vorhandensein freier Salzsäure auf der Höhe der Verdauung, resp. Superacidität für die Entstehung dieses Neoplasma malignum aus einem Ulcus, namentlich falls früher Ulcussymptome vorhanden waren. 4. Es besteht Inacidität (Anacidität). Primäre Inacidität ist das häufigste Symptom der späteren Stadien der chronischen Gastritis. Sie ist ferner eine nicht seltene Begleiterscheinung einer Magen- neurose. Während aber bei ersterer mit dem Salzsäureverlust in der Regel auch ein Schwund der Enzyme einhergeht, ist dies bei Neu­ rosen häufig nicht der Fall. Die vielerörterte Frage des Salzsäuremangels bei Carcinoma ventriculi anlangend, formulire ich meine auf breiter Basis hissenden Erfahrungen in folgenden Sätzen: a) Im allgemeinen spricht der positive Nachweis freier Salz­ säure gegen Carcinom, indessen nur im Verein mit noch anderen gegen eine maligne Neubildung aufzuführenden Symptomen (Mangel an Cachexie, Fehlen eines Tumors u. a.). b) Das Fehlen freier Salzsäure spricht mit Sicherheit für Carci­ nom, wenn mindestens noch zwei der klassischen Zeichen für dasselbe vorliegen (Tumor, Macies), mit Wahrscheinlichkeit, wenn im Verein i) Rosenheiin, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 17, S. 135. Mageninhaltsprüfung. 183 mit Cachexie Zeichen von Pylorusstenose vorhanden sind und der sonstige klinische Verlauf der Annahme eines Carcinoms günstig ist. c) Bei der Differentialdiagnose zwischen Ileus und Carcinom spricht positiver Ausfall der Salzsäureproben bei Fehlen eines Tumors für Ulcus, negativer Ausfall derselben mit Wahrscheinlichkeit gegen Ulcus. b. Es besteht wechselnde Acidität Diese Anomalie, unter denselben Versuchsbedingungen beob­ achtet, spricht mit Wahrscheinlichkeit für eine Magenneurose oder für noch nicht zu weit, vorgeschrittene Gastritis. Auch beim Carci­ nom des Magens kommen übrigens zuweilen Schwankungen der Salz­ säureserretion vor. Bei seeundären Dyspepsieen (Phthisis pulmonum, Herzfehlern, Diabetes mellitus, Nephritis. Leberaffectionen u. a.) haben die Unter­ suchungen der Salzsäurcbeschaffenheit — wie aus den vorhin er­ wähnten Gründen zu erwarten gewesen ist — eine irgend wie brauch­ bare diagnostische Handhabe nicht ergeben. In einzelnen Fällen könnten dieselben vielleicht mit mehr Nutzen einen Fingerzeig für die diätetische Behandlung liefern. Organische Säuren. 1. Milchsäure, C3 H6 03. Im Magen kommen zweierlei Arten von Milchsäure vor: 1. Gab- Milchsäure. rungs- (AothylideiH Milchsäure (optisch inaetiv), 2. Fleisch- oder Paramilchsäure (optisch aetiv). Die erste ist ein Product der (Jährung aus Kohlenhydraten unter der Einwirkung von Spaltpilzen (Bacterium lacticum) s. S. 30, wäh­ rend die Floischmihhsäure entweder als solche oder in ihren Salzen in dem Muskelfleisch, ausserdem auch in den grossen Drüsen (Leber, Milz, Pancreas, Lungen, Thymus u. a.) vorhanden ist, Nur die Gährunpsmilehsäure beansprucht für die Diagnostik der Magenkrankheiten ein besonderes Interesse. Reactionen auf Milchsäure 1. Uffelmann sehe Reactionen1). a) Man versetzt 10 com iitwmann's einer 4 "/„igen Carbollösung mit 20 ccm Wasser und setzt einen KeactLonen- Tropfen Eisenchloridlösung hinzu, wodurch das Gemisch eine ame- i) Fffelmann, Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 20, S. 4:31 und Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 8, S. 393. 184 Mageninlialtsprüfung. thvstblaue Färbung erhält. Das Gemisch ist stets frisch zu bereiten, da es schon nach wenigen Minuten eine fahlgraue Färbung annimmt. In Verdünnungen selbst bis zu 0,1»/,, ergiebt Milchsäure eine zeisig- oder citronengelbe Färbung. Ich selbst gebrauchte bis vor einigen Jahren eine Eisenchloridcarbolbisung, die aus drei Tropfen Eisen- sequichlorid und drei Tropfen reiner concentrirter alkoholischer Car- bolb'isung besteht und bis zur amethystblauen Lösung mit Wasser (etwa 20 ccm) verdünnt wird. Diese Probe ist jetzt zu Gunsten der unter b) genannten, vor welcher sie keine Vortheile besitzt, ver­ lassen worden. b) Dieselbe Färbung erhält m a n , wenn man eine höchst, ver­ dünnte Lösung von Eisenchlorid (1 Tropfen Liquor ferri auf 00 ccm Wasser) mit Milchsäure versetzt, c) Man schüttelt einige Cubikcentimeter Magenfiltrat mit 50 bis 100 ccm neutralem Schwefeläther, am besten im Scheidetrichter und verdunstet die darüber stehende Aetherschicht auf dem heissen Wasserbad. Der Rückstand wird mit etwas Wasser aufgenommen und damit die unter b) genannte Reaction angestellt. Flierbei verfährt man nach meinen Erfahrungen am besten so. dass man den Rückstand mit 5 ccm destillirtem Wasser versetzt, ihn über der Flamme bis zu einem geringen Rest verdampft und dazu aus einem Tropfenzähler 1 — 2 Tropfen Eisenchloridcarbollösung tropft. Selbst Spuren von Milchsäure werden durch die sofort eintretende Zeisigfärhung er­ kannt, Nach R. Fleischer1) braucht man den Aether nicht erst zu verdunsten, sondern kann das Reagens direct zum Aether zusetzen, welches sich bei Gegenwart von Milchsäure nach dem Fmschüttcln in gelber Verfärbung am Boden des Reagensglases absetzt. Ich kann diese Vereinfachung der Methode als recht zweckmässig empfehlen. d) Modification nach Kelling.'-) Das Filtrat des Mageninhalts wird auf das 10—20 fache verdünnt und der so verdünnte Magen­ inhalt mit 1—2 Tropfen einer b"/,, igen Eisenchloridlösung versetzt. Eine grünliche Färbung im durchfallenden Licht beweist Gegen­ wart von Milchsäure, da Milchsäure in einer Verdünnung von 1:10000—10000 noch deutlich grünliche Färbung im durchfallenden Lichte erzeugt, Die Kelling sehe Methode hat, sich als recht, brauch­ bar erwiesen. e) Modification nach II. Strauss.'1) Man nimmt einen kleinen Schüttelfrichter der zwei Marken, eine bei b ccm, eine zweite bei i) Citirt hei Penzoldt, Deutsch. Arch. f. klin. Mediein Bd. 51, S. ."»44. •i) Kelling, Zeitschr. f. physiol. Chemie 1893, Bd. IS. •'•) Strauss, Berlin, klin. Wochenschr. 189Ö, Xo. o7. .Mageninhaltsprüfung. 1X5 2b ccm anzeigt. Man füllt den Trichter bis 5 ccm mit Mageninhalt, gio>st darauf bis zur Marke 20 Aether schüttelt und lässt durch Oeffnou des unten a m Schütteltricliter befindlichen Hahnes bis zur Marke b ablaufen und füllt jetzt wieder bis zur Marke 2b mit destillirtem Wasser auf. Hierzu werden 2 Tropfen einer Fisonrhlorid- lösung (1 : <) Aq.) gesetzt und kräftig umgeschüttoll. Es tritt dann bei etwa 1 "/no Milchsäuregehalt eine intensiv grüne, bei einem geringeren Gehalt eine schwach grüne Färbung auf. Auch diese Modification wird von verschiedenen Autoren als durchaus zweckmässig bezeichnet. Fehlerquellen der Uffelniann sehen Reactionen: Fehlerquellen a) Eine ähnliche Reaction wie Milchsäure geben auch Phosphate, s,hen ueic- Mineralsäui'cn in starker Concentration. Traubenzucker Alkohol, ti"u,,n- Pepfoiilösungen u. a. b) Höhere IICl-Grade (von 2.Ö — .'!,0"/,MI) verdecken die Milch- säurereaction, doch ist dies im allgemeinen praktisch bedeutungslos, da hoher IICl-Gohalt an sich Anwesenheit grösserer Mengen von Milchsäure aussehliesst. Sollte dies ausnahmsweise doch der Fall sein, so kann man nach Haas') in der Weise vorgehen, dass man die Probe allmählich mit destillirtem Wasser verdünnt, wodurch der störende Einfluss der HCl cliininirt wird. c) Auch andere im Magen vorkommende fette Säuren (Ameisen-, Essig-, Buttersäure) bewirken theils eine der Milchsäure ähnliche Fär­ bung, theils Fällung. d) Nach Kelling-) gehen Bicarhonate mit Eisenchlorid eine strohgelbe bis gelbbraune, rosp. braune Färbung. e) Rhodansalzo geben mit Eisen eine Braunfärbung. Die Braunrothfärbung, der man bei manchen Mageninhalten nach Zusatz verdünnter Eisonlösiing begegnet, ist nach den Untersuchungen von Kelling thatsächlich auf das Vorhandensein von Bhodan zurückzu­ führen. /') Auch verschiedene Nahrungsmittel (Fleisch, Eierspeisen, vegetabilische Substanzen, Milch, verschiedene Gebäcksorten) können nach Penzoldt 1) die F f f e l m a n u sehe Reaction in verschiedenem Umfange geben. Daraus folgt, dass im Falle tles positiven Eintrittes die oben genannten Substanzen ausgeschlossen werden müssen, aber auch bei negativem Ausfall der Probe ist die Abwesenheit von Milchsäure keineswegs bewiesen man niuss sich in allen derartigen Fällen t) Haas, Münchener med. Wochenschr. ISSO. Xo. (>. •^) (1. Kelling 1. c. • ') Penzoldt, Deutsch. Arch. für klin. Mediein Bd. :>',}, S. 221. 186 Mageninhaltsprüfung. mindestens durch Anstellung der Uffelmann sehen Reactionen mit dem Aetherrückstand vor Täuschungen sichern. Dieselben Reactionen wie Milchsäure gehen auch deren Salze, doch ist dies praktisch von geringem Interesse. W o es darauf ankommt, kann man den Nach­ weis von Lactaten in der Weise führen, dass man dieselben nach Behandlung mit Mineralsäuren in ihre Componenten zerlegt. roeffleient 2. Hoffmann und Vollhardt1) haben eine früher von Ber- de partage -thelot angegebene, von Rieh et-) für die Magensaftanalyse ver­ wendete Methode, deren Richtigkeit Ewald 3) indessen auf Grund von Nachuntersuchungen bemängelt hatte, neuerdings für die Be­ stimmung der Milchsäure im Mageninhalt verwendet und sind mit gewissen Einschränkungen zu befriedigenden Ergebnissen gelangt. Die Methode beruht darauf, dass Säuren in Wasser gelöst, mit Aether geschüttelt, in einem ganz bestimmten Verhältniss in denselben übergehen. Längeres Schütteln ändert an diesem Verhältniss nichts. Dividirt man die Säuremenge, welche im Wasser bleibt, durch die Säuremenge, welche in den Aether übertritt, so erhält man eine be­ stimmte Zahl. Diesen Quotienten nannte B er thelot4) Coefficient de partage. Derselbe beträgt nach Rächet 10, Ewald"1) bestimmte ihn auf 7,s und Hoffmann und Vollhardt fanden im Mittel 10,4. Die Methode giebt aber nur dann richtige Werthe, wenn beim Schütteln einzig als wesentlich in den Aether übergehend Gährungs- milchsäure in Betracht kommt, Darstellung 3. Nachweis der Milchsäure durch Darstellung ihrer Salze. von Lactaten. A m einfachsten ist die Darstellung des Zinksalzes, bei der man in folgender Weise verfährt, Man coagulirt zunächst durch Kochen (eventuell unter Hinzufügen von verdünnter Schwefel- oder Salpeter­ säure) die Eiweisskörper, filtrirt und engt das Filtrat unter Zusatz einer geringen Menge kohlensauren Baryts auf dem Wasserbade zum dünnen Syrup ein. Der Syrup wird mit mehreren Portionen abso­ luten Alkohols aufgenommen, einige Zeit stehen gelassen, darauf filtrirt, Das Filtrat wird abermals bis auf ein kleines Volumen ein­ gedampft, mit einigen Tropfen Phosphorsäure angesäuert und mit möglichst reichlichen Portionen neutralen alkoholfreien Aethers auf­ genommen. Nach längerem Stehen wird die klare Aetherschicht ab­ gehoben, der Aether verjagt, der saure Rückstand mit Wasser unter i) F. A. Iloffmann u. Vollhardt, Arch. f. exper. Pathol. u. Pharmakol. 1891, Bd. 2H, Heft f. u. 6, S. 42V. -) Riebet, Du suc gastrique chez l'homme et los animaux, Paris 1878. 3) Ewald, Virchow's Archiv Bd. 90. •C Berthelot et Jungfleisch, Arch. de chimie et de pharmaeie Bd. IV. •"') Ewald, 1. c. Mageninhaltsprüfung. 1X7 Fig. 20. Zusatz von frisch gefälltem Zinkcarbonat gekocht, filtrirt und auf kleines Volumen eingeengt. Beim Erkalten krvstallisirt das Zink- loctat in schönen einzelnen oder in Drusen vereinigten rhombischen Krvstallen (Fig. 201. Das milchsaure Zink ist in kaltem Wasser schwer, in heissem ziemlich leicht löslich, nahezu unlöslich in Al­ kohol. Behufs Identificirung wird eine bestimmte Menge gewogen und bei 120" C bis zur Gewichtsconstanz von neuem gewogen, der Gewichtsverlust niuss entsprechend dem Krv- stallwassergchalt des gährungsmilchsauren Zinks 18,lS<»/„ betra­ gen. (Das Kalksalz der G ährungsmilchsäure löst sich in 9,ö Theilen Wasser und verliert beim Erhitzen auf 100oC2i),2o/„Krystall- wasser während das Kalksalz der Eleisch- milchsäure sich in 12,4 Theilen Wasser bist und 2(),2D/0Krystallwasser enthält). Für den Nach­ weis der Fleischmilch­ säure verfährt man in der selben Weise. Be­ hufs Identificirung des Zinksalzes muss man auf 100—120" C er­ hitzen; hierbei verliert das tieisrhmilchsaure Zink 12,0°/0 Krystall- w asser. Milchsäurenachweis nach Boas 1). Prineip der Methode: Wenn man Milohsäurelösungen, sowohl Fleisch- wie Gährungsmilchsäurc, mit stark oxydirenden Substanzen behandelt und erwärmt, so erfolgt eine Spaltung derselben in Acetal- dehvd und Ameisensäure nach folgender Gleichung: C H , — CII(GH) -- C O O H = C H 3 — CHO-f- CIIOOII Kr\ stalle von Zinklactat aus dem Mageninhalt eines Falles von krebsiger Pylorusstenose. (Eigene Beobachtung.) Milchsäure­ nachweis nach Boas, Milchsäure Acetahlehvd Ameisensäure. ij Boas, Deutsche medicinische Wochenschrift 189o, >io. 34. 188 Mageninhaltsprüfung. Erfolgt unter starker Erhitzung eine sehr ausgiebige Oxydation, so sind die genannten Producte nicht die Endproducte, sondern der Process geht weiter, indem der Aldehyd in Essigsäure, die Ameisen­ säure in Kohlensäure und Wasser zerfällt, und zwar nach folgender Formel: (JII3 - CIIO-f C H O O I 1 + 2 0 - C H 8 - C O O H + C 0 2 + IIaO. Aldehyd Ameisensäure Essigsäure Man kann indessen bei vorsichtiger und allmählicher Erwärmung die Oxydationswirkung so einschränken, dass ein Febergang von Alde­ hyd in Essigsäure verhütet werden kann. Der Nachweis von Milchsäure lässt sich demnach einfach durch den Nachweis eines der beiden Zerfallsproducte (Acctahlehyd oder Ameisensäure) führen. A m einfachsten und bequemsten ist der Nach­ weis des Acctahlehyd. Als qualitative Reaction für das Aldehyd dient alkalische Jod­ lösung, mit welcher Aldehyd ähnlich wie Alkohol und Aceton Jodo­ form bildet (Lieb en'sche Reaction). Diese Methode eignet sich, wie später ausgeführt wird, auch zur quantitativen Milcltsäurebestimmung. Ausführung des quulitutiveu Nachweises von Milchsäure. Man nimmt, 1 0 — 2 0 ccm des zu prüfenden Mageninhalts, dampft ihn in einer Porzcllanschale auf dem Wasserbade bis zum Syrup ein, und zwar bei Fehlen freier Säure ohne weiteres, bei Vorhandensein solcher unter Zusatz von überschüssigem kohlensauren Barvt. So­ dann ward der Syrup mit einigen Tropfen Phosphorsäure versetzt, die Kohlensäure durch Aufkochen vertrieben, erkalten gelassen und wiederholt mit kleinen Portionen (2—3 Mal ä 50 ccm) absolut alko­ holfreien (über Natrium destillirten) Aethers extrahirt.1) Nach halb­ stündigem Digeriren wird die klare Aetherschicht abgegossen, der Aether verjagt, der Rückstand mit lö ccm Wasser in einen Kolben aufgenommen, durchgeschüttelt und eventuell filtrirt, das Filtrat mit 5 ccm concentrirtcr Schwofelsäure (spoc Gew. 1,84) und einer Messer­ spitze Braunstein vorsetzt. Der Kolben wird mit einem durchbohrten, gut schliessenden Stopfen verschlossen, durch dessen Bohrung ein stumpfwinklig abgebogenes Glasrohr geht, dessen längerer Schenkel in einen schmalen Cvlinder taucht, der als Vorlage -> — 1 0 ccm alkalische Jodlösung (d. h. gleiche Thcile Vio Jodlösung und Normalkalilauge) enthält. Erhitzt man nun die VersurhsflUssigkoit bei kleiner Flamme, so geht bei Vorhandensein von Milchsäure schon beim ersten Auf- ') Die Fxtraction mit Aether geschieht deshalb, weil hierdurch die Kohlen­ hydrate eliminirt werden, welche bei der Oxydation selbst" theihveise Aldehyd liefern. Mageninhaltsprülüng. ISO kochen der Aldehyd in die Vorlage über, und es tritt sehr bald die genannte Jodoformreactioii (Trübung und Geruch nach Jodoform. Jodoformknstalle) auf. (Quantitative Bcstinimung der Milchsäure. 1. In approximativer Weise kann man den Milchsä.uregehalt cmantitative eines Mageninhalts nach meinen Erfahrungen in der Weise best im- li^ ummung-. men, dass man die bei Anwendung der Fffelmanu sehen Reaction entstehende Gelbfärbung mit der einer Lösung von bekanntem (mög­ lichst schwachem) Gehalt an Milchsäure vergleicht. Durch allmäh­ liche Verdünnung kann man dieselbe Farbennüaiice erhalten und daraus einen allerdings nur ungefähren Schluss auf den Milchsäure­ gehalt des Magentiltrafes ziehen. Erhält man z. B. mit einem auf das 10 — 20fache verdünnten Mageninhalt unter Zusatz von 1 bis 2 Tropfen ö"/(,iger Eisenchloridlösung eine deutliche Gclbgrünfärhuiig, so ist in demselben nach Kelling 1) ungefähr 1 "/'„„ res]». 2";'1)tl Milch­ säure vorhanden. 2. Genauer ist das folgende Verfahren, das ich seit längerer Zeit erprobt, habe. Man versetzt das Filtrat mit einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure, erhitzt über der Flamme, wodurch die Eiweisskörper coagulirt werden, filtrirt und dampft das Filtrat, über dem Wasserbade bis zur Syrupeoiisistenz ein, füllt auf den ursprüng­ lichen Gehalt auf und dampft nochmals bis auf kleines Volumen ein. Hierdurch sind die flüchtigen Fettsäuren entfernt, der Rückstand enthält nur noch Milchsäure. Dieselbe wird nun mit grösseren Mengen Aether (auf 10 ccm 200 ccm Aether) ausgezogen, der Aether ver­ dampft, der Rückstand mit Wasser aufgenommen und mit Phenol­ phtalein und i/n» Normal-Kalilauge titrirt, Jeder Cubikcentimeter der verbrauchten •/,„ Norniallauge entspricht 0,0000 g Milchsäure. Bei diesem Verfahren wird man, weil ein Theil der Milchsäure beim Erhitzen, bezw. Eindampfen entweicht, leicht Verluste haben. ."). Sehr genaue Werthe soll die direcle Wägung nach Darstellung des be­ treffenden Salzes ergeben (hieiy.u ist nach den Angaben von Palm-) am ge- eignesten die Darstellung des Bleisalzes). Dasselbe wird getrocknet und geglüht, wobei Bleioxyd zurückbleibt. Da die Verbindung 78,f>% Bleioxyd und 21,f>"„ Milchsäure enthält, so brauch! man nur das Gewicht des Glührückstandcs mit "" '* =-0 274 zu multipliciren. Nach I ntersuchiingen von de Jong'M ist die 78,r> Methode ungenau und recht umständlich. i) Kelling 1. c. -') Palm, Zeitsclir. f. analyt. Chemie Bd. 2G, S. .".:'.. '•'•) de Joug, Arch. f. Verdauungskrankheiten Bd. 2, S. C>0. 190 Mageninhaltsprüfung. 4. Die von mir oben beschriebene Methode des Milchsäure­ nachweises gestattet auch eine exacte quantitative Bestimmung der Milchsäure. Man verfährt hierbei wie oben erwähnt, nur mit dem Unterschied, dass der mit Wasser (45 ccm) aufgenommene und mit Braunstein und Schwefelsäure (5 ccm) versetzte Aetherrückstand unter sorgfältiger Kühlung destillirt, wird. Zweckmässig wird hierbei der Kochkolben mit, einem doppelt durchbohrten Stopfen versehen; durch die eine Bohrung führt ein gebogenes Glasröhrchen zum Kühler, durch die andere ein zweites, gleichfalls gebogenes und mit einem kurzen Gummischlauch und Klemmschraube versehenes, letzteres u m etwa im Kochkolben oder Kühler befindliches Aldehyd durch einen Luftstrom auszutreiben. Die Destillation wird fortgesetzt, bis etwa Vs der Versuchs­ flüssigkeit übergegangen sind. Das untere Ende des Kühlers ist mit einem gebogenen Glas­ röhrchen versehen, das in einen hohen, etwa 20 ccm Wasser ent­ haltenden Kolben, der am besten in einer mit Eis gefüllten Schale steht, eintaucht. Die Milchsäurebestimmung geschieht nun einfach durch Titration. Zur Ausführung der Titration sind folgende Lösungen nothwendig: 1. Vio Normal-Jodlösung. 2. i/10 Normal-Natriumarsenitlösung (statt dessen auch Vio Thiosulfatlösung). 3. Salzsäure vom specifischen Gewicht 1,018. 4. Kalilauge (ca. 56 g Kaliumhydroxyd in einem Liter Wasser). 5. Eine dünne, frisch bereitete Stärkelösung. Zum Destillat wird die alkalische Jodlösung hinzugefügt -- in der Regel genügen 10—20 ccm V 1 0Jod, gelöst in 20 ccm Kalilauge von oben genannter Concentration —, kräftig geschüttelt und einige Minuten, sorgfältig verschlossen, stellen gelassen. Sodann wird, u m aus dem nicht in Reaction getretenen Jod- kalium und unterjodigsauren Kalium das Jod frei zu machen, die Probe mit 20 ccm Normalsalzsäure versetzt, überschüssiges Natriumbicarbonat hinzugefügt und von der i/io Natriuiiiaisenülösung aus einer Bürette bis zur völligen Entfärbung titrirt.1) i) Die Bestimmung des Jodgehaltes durch arsenige Säure beruht bekannt­ lich auf der oxydirenden Wirkung, welche das Jod auf oxydablc Substanzen aus­ übt: hierbei geht die arsenige Säure in Arsensäure über, während das Jod in Jodwasserstoff umgewandelt wird, wobei die anfangs rothbraune Jodlösung ent­ färbt wird. Aus der Menge arseniger Säure, welche hierbei nöthig ist, können wir einen Schluss auf die Menge des in Lösung befindlichen Jods ziehen. Da wir mit Vio Norniallösungen operüen, so entspricht jeder Cubikcentimeter V i o A s 0 3 l I 3 = l ccm Vio d- Ovr Zusatz von überschüssigem Natriumbicarbonat erfolgt deswegen, weil die Reaction zwischen arseniger Säure und Jod nur in alkalischer Lösung glatt und rasch erfolgt. Da indessen Aetzalkalien und ein­ fach kohlensaure Alkalien selbst auf das Jod einwirken, so kann man nur doppelt­ kohlensaure Alkalien zum Alkalisiren verwenden. M ageninhaltsprüfung. 191 Der etwaige Feberschuss an arsenigsaurem Natron wird unter Zusatz von frisch bereiteter Stärkelösung mittelst ' ln Jodlösung zurücktitrirt, wobei das erste Auf­ treten bleibender Blaufärbung die Endreaetion darstellt. Die Anzahl Cubikcenti­ meter Vio Jod minus der verbrauchten Anzahl Cubikcentimeter Vio arseniger Säure giebt die zur Jodoforuibildung nothwendig gewesene Menge Jod und indireet den MilchsäuregehaÜ an. Die Errechnung der Milchsäure beruht nun auf der von mir gefundenen Thatsache, dass 1 ccm Vio Jod 0,0033SSO g Milchsäure entspricht2), man hat also, um den Milchsäuregehalt zu berechnen, nur nöthig, die ermittelte Anzahl Cubikcentimeter Vm J°(I mit der genannten Zahl zu multipliciren. Beispiel: Vorgelegt 10 ccm Vio Jod3). Z u m Titriren gebraucht 6,5 » Vio arsenige Säure. Z u m Zurücktitriren 0,2 » Vio Jod. Demnach: Jod im ganzen 10,2 ccm. Arsen im ganzen 0,5 » Demnach zur Jodoformbildimg verbraucht 3 7 ccm Vio Jod, folglich ist der Milchsäuregehalt 3 7 X 0,0033SS ^ 0,0125 für 10 oder 1,25 fVo0. Cautelen bei der Milchsäureuntersuchung. Will man auf Milchsäure im Mageninhalt mit Rücksicht auf cauteien diagnostische Zwecke prüfen, so hat man vor allem zu unterscheiden „.^e!dei' ° x Milchsaure- zwischen eingeführter und im Magen gebildeter Milchsäure. Einge- Untersuchung. führt wird Milchsäure, wie oben erwähnt, mit Fleisch als Fleisch­ milchsäure, aber auch Gährungsmilchsäure wird häufig mit den Nah­ rungsmitteln, der Milch, besonders der sauren Milch, Buttermilch, Sauerkraut u. a. eingeführt. Bemerkeiiswerth ist, dass alle unsere Gebäckarten, am meisten das Schwarzbrot!, aber auch, wie ich zeigen konnte4), Weissbrod, Kuchen, Zwieback, Cakes mehr oder minder grossen Gehalt an Milchsäure aufweisen. Fs ist daher für diese i) Nach de Jong (Arch. f. Verdauungskrankheiten Bd. 2, S. 71) entspricht 1 ccm Vio Normal-Jodlüsung 0,0030 g Milchsäure. ••*) Es entsprechen nämlich 14,4 Vio Jodlösimg 0,0239 g Acctahlehyd, folglich entspricht 1 g Acctahlehyd ü02,f> Vio Jodlösung. Nun entsprechen ferner 90 Milch­ säure 44 Aldehyd. Hieraus ergiebt sich 44 : 90 = 0,0239 : x; x = 0,0488; d. h. 0,0239 Aldehyd entsprechen 0,0488 Milchsäure; folglich entsprechen 14,4 i/]0 Jod­ lösung = 0,0488 Milchsäure oder 1 ccm 1/10 Jodlösung = 0,003388 g Milchsäure. s) Für 10 ccm in Arbeit genommenen Mageninhalts. 4) Boas 1. c. 192 Mageninhaltsprüfüng. Zwecke das sonst so brauchbare Ewald-Boas sehe Probefrühstück weniger geeignet. Als eine absolut milchsäurefreie Nahrung habe ich dagegen Mehlsuppe (am besten aus Knorr'schein Hafermehl) gefun­ den. Will man demnach auf Milchsäurebildung im Magen prüfen, so ist, am meisten eine derartige, nur mit Kochsalz versetzte Suppe (1 — 2 Liter) vor der Mageninhaltsentnahme zu empfehlen. Besteht des Morgens Stagnation, so thut man nach meinen Erfahrungen gut, den Magen spät abends gründlich auszuwaschen und dann den Pa­ tienten das genannte Quantum Mehlsuppe nehmen zu lassen. Der morgens nüchtern etwa gefundene Mehlsuppenrückstand ist dann zur Untersuchung auf Milchsäure geeignet. Dass man in der Praxis auch mit dem Probefrühstück zum Ziele gelangen kann, unterliegt keinem Zweifel. Praktischer Werth der einzelnen Methoden der Milch­ säur eh est i m m u n g. werth Man kann sich mit den Uffelmann sehen Proben begnügen, Me'iifoden a?" sobald dieselben ein unzweifelhaftes Resultat ergeben, d. h. wenn die Mik-iisiiure- Färbung intensiv <>rün ausfällt. Besonders empfehlenswerth zur bestimmung. ' ' Controle der Resultate sind die oben erwähnten Modificationen von Fleischer, Kelling und Strauss. Alle anderen Nuancen als grün sind überhaupt, werthlos, weil sie weder für noch gegen Milchsäure­ anwesenheit etwas beweisen. Es gilt dies nicht nur für das Probe­ frühstück, sondern auch für die von mir empfohlene Mehlsuppe, bei deren Anwendung ich wiederholt leichte Gelbfärbung beobachtet habe, ohne dass durch die Ahlehydprobc Milchsäure nachgewiesen werden konnte. Auch die Ausschüttelung mit Aether kann mich meinen Frfalirungen hieran nichts wesentliches ändern. Für alle zweifelhaften Fälle ist die Aldehydprobe die zuver­ lässigste und verhältnissniässig einfachste Methode. Praktisch werthlos, weil viel zu umständlich, ist, die Darstellung eines niilchsauren Salzes, überdies ist dies Verfahren nur bei hohem (fehalt an Milchsäure verwendbar. Für absolut exaete Bestimmung übertrifft es dagegen das Aldehvdvcrfahren, bei welchem geringe Ver­ luste an Milchsäure sich gelegentlich schwer vermeiden lassen. Diagnostische Bedeutung des Milchsäurenachweises. Bei der Beurtheilung der diagnostischen Bedeutung der Milch­ säure ist vor allem die Vorfrage zu erledigen, unter welchen Um­ ständen und Bedingungen Milchsäure im Mageninhalt vorkommt. Es ist bereits oben (S. 33) darauf hingewiesen worden, dass, wie Mar- Magciiiuhaltspriifung. 193 tius und Lüttke1) zuerst gefunden und ich bestätigt habe,1-) Milch­ säure nach Einführung von Kohlenhvdratkost bei Gesunden über­ haupt nicht vorkommt. Desgleichen habe ich den Nachweis führen können, dass auch bei gutartigen Magenaffectionen — Gastritis. Fctasie, Atonie, Neurosen u. a. — Milchsäure theils gar nicht, theils nur in Spuren vorkommt. Da ferner Milchsäurebildung bei Anwesen­ heit von freier Salzsäure nach meinen Erfahrungen überbau])! nicht vorkommt, so hat die Untersuchung auf Milchsäure in diesem Falle weder praktischen noch theoretischen Werth. Dagegen ist die Mileh- säureproduetion ein überwiegend häufig bei Magencarcinom vorkom­ mendes Symptom. In der Hegel bildet sich Milchsäureproduction vereint mit Stagnation und Salzsäuremangel. Der Prüfung auf Milchsäure kommt demnach eine wichtige semiotische Bedeutung zu, namentlich mit Bücksicht auf die Früh­ diagnose des Magencarcinoms.'') Thatsächlich ist dieselbe von Ilanimerschlag und mir auf Grund der genannten Indicien und des übrigen klinischen Verlaufes wiederholt gestellt. Andererseits kann Milchsäureproduction erst in späteren Stadien auftreten. Meine ursprünglichen Hoffnungen, in der Milchsätireauwesenheü ein ab­ solut zuverlässiges Symptom des Magencarcinoms gefunden zu haben, haben sich leider nicht in vollem Einlange verwirklicht. Trotzdem ist es in denjenigen Fällen, in denen eine carcinomatöse Geschwulst nicht palpabel ist, auch trotz der Einschränkungen, die im Verlaufe der letzten Jahre von verschiedenen Seiten gemacht sind,1) das beste und sicherste Zeichen, das wir besitzen. Das scheu wir daraus, dass, w o nur das Symptom des Salzsäuremungels vorliegt, wenn nicht etwa, andere unzweideutige Momente zu Hilfe kommen, die Diagnose Carcinom nur mit grösster Reserve zu stellen ist. Durch das Vorhandensein von Stagna­ tion und Milclisäuregährung gewinnt die Diagnose entschieden an innerer Sicher­ heit. Dass die mir von einzelnen Autoren untergeschobene Meinung, als hätte ich die Milchsäurcbihlung für ein »speeifisches« •'<) Zeichen des Carcinoms erklärt, absurd ist, geht schon daraus hervor dass ich ausdrücklich das Bestehen eines Carcinoms unabhängig von der Anwesenheit von Milchsäurebildung zugestanden habe. Dass ferner Carcinonie mit normaler Salzsäureanwesenheit einhergehen wobei Milchsäureproduction natürlich ausgeschlossen, ist gleichfalls eine längst bekannte Thatsache. ') Martius u. Lüttke, Die Magensäure des Menschen, Stuttgart 1892. -i Boas, Münch. med. Wochenschr. 1893, No. 43. :i) Euter Frühdiagnose des Carcinonis verstehe ich eine Diagnose bei Fehlen eines pal/ia/>ten Tumors. Es ist klar, dass ein solcher trotzdem schon in grossem Enifange vorhanden sein kann. ') Siehe die umfangreiche Literatur über diesen Gegenstand in der vor­ trefflichen Arbeit von Ilaninierschlag, Arch. f. Verdauungskrankheiten Heft 1 u. 2. V Die Bezeichnung speeifisch, die, wie ich gestehe, nicht glücklich gewählt sein mag, sollte, wie jeder sorgfältige Leser ohne weiteres erkennt, einen (Gegen­ satz zu dem last ubiquitären Salzsäiiremaugel darstellen. Liuas, Ally. Diagnostik ... TUei-apio ö,:>.s % Ag. Diagnostische Bedeutung des Buttersäuronach weises. Falls kein Butter- oder überhaupt kein Fettgonuss vor der Ent- iicm-no^ ischo nähme des Mageninhalts stattgefunden hat weist Anwesenheit von Tmop.'-saurV.' Buttersäure wohl stets auf vorgeschrittene Zersetzungsvorgänge hin. Man wird als Ursachen auch die bei der Milclisäuregährung in Be­ tracht kommenden, also eine an Milch- oder Buttersäurebactericii reiche Mundhöhle oder Fäulnissvorgänge auf der Magenschleimhaut, oder hochgradige Pylorusstenose, schliesslich eins oder mehrere dieser Momente zusammen ansehen müssen, doch fehlt es hierüber noch an massgebenden Untersuchungen. b) Essigsäure, C2H402. 1. Schon in minimalen Quantitäten verräth sich Essigsäure- Essigsäure­ anwesenheit durch den bekannten stechenden Geruch. 2. Man schüttelt eine kleine Menge Mageninhalt mit säure­ freiem Aether ans. verdunstet denselben und neutralisirt den mit einigen Tropfen Wasser aufgenommenen Rückstand genau mit ver­ dünnter Sodalösung, wobei sich aus der freien Säure Natriumacetat bildet, das mit verdünnter Eisenchloridlösuug eine tiefblutigrothe Färbung giebt, Salpetersaures Silber giebt ferner einen Niederschlag, der in heissem Wasser löslich ist, i) Hoppe-Seyler, Handbuch der physiol. und pathol. chemischen Analyse. G. Auflage. 13* 196 Mageninhaltsprüfung. 3. Man schüttelt eine Probe mit Aether aus und neutralisirt den Rückstand gleichfalls mit Sodalösung. Bei Anwesenheit von Essigsäure tritt beim Erwärmen mit etwas Schwefelsäure und Alkohol der characteristische Geruch nach Essigäther auf. Diagnostische Bedeutung des Essigsäurenachweises. iagnostische Essigsäureanwesenheit im Mageninhalt ist meist die Folge star- RS°sSfreer k c r Alkoholgährung und deutet daher, constant gefunden, auf Alko- holismiis hin. Sie kann wahrscheinlich aber auch bei Stagnation im Magen in Folge vorgeschrittener Zersetzung von Kohlenhydraten vor­ kommen. Unter welchen speciellen Bedingungen dies geschieht, ist indessen unbekannt. Untersuchung' auf Enzyme. 1. Pepsinogen und Pepsin. pepsinogen Das Pepsinogen, das speeifische Product der Hauptzellen der und pepsm. ]y[aoen(irüsen, ist dadurch gekennzeichnet, dass es durch Säuren, be­ sonders schnell durch II Cl in actives Pepsin umgewandelt und hier­ durch befähigt wird, Fiweisskörper und Leimsubstanzen in deren lös­ liche Modificationen umzuwandeln. Hierdurch ist die praktische Fntersucliung auf Pepsin und Pepsinogen gegeben. Enthält ein Mageninhalt freie Säuren untl ver­ daut er Eiwcissstoffe. so ist der Beweis der Pepsinanwesenheit er­ bracht. Enthält der Mageninhalt keine freie Säure, so spricht die Vordauungsfähigkeit des mit, HCl genügend (s. u.) angesäuerten Fil- trates für die Gegenwart von Pepsinogen, der Mangel an Verdauung für das Fehlen desselben. Keineswegs ist ein neutraler Mageninhalt, selbst ohne künstlichen Salzsäurezüsatz, unter allen Umständen ver- dauungsunfahig, im Gegentheil wird Digestionsfähigkeit solcher Magenfiltrate nach meinen Erfahrungen durchaus nicht selten ge­ funden. Es handelt sich dann um Beimischung von pancreatischem Saft und Galle. Durch eine derartige Prüfung wird die Sufficieiiz der Bauchspeicheldrüsenverdauung bewiesen, wras diagnostisch und prognostisch unter Umständen von Bedeutung sein kann. Ausführung der Pepsinogen- und Pepsinproben. verdauungä- 1. Bei Anwesenheit freier HCl. a) Qualitative Fntersuehung. Man bringt 10 ccm Mageninhalt in eine Eprouvette und fügt entweder ein Eiweissscheibchcn oder eine getrocknete Fibrintiocke (Präparat von Dr. Grübler in Leipzig) Magcninhaltsprüfung. 107 oder Lamellen aus Serumalbumin (Albumin e sanguine)1), alle am besten von bestimmtem Gewicht hinzu und setzt, sie in den Wärme­ schrank welcher entweder mit einem Therinoregnlator-) verschon ist oder sich wenigstens constant zwischen 37 bis 40" hält. Auf­ lösung des Eiweiss nach kurzer Zeit spricht für Gegenwart von Pepsin. Praktisch von Wichtigkeit ist, dass Eiweiss und trockenes Serum­ albumin erheblich langsamer gelöst wird als Fibrin. Nach Jaworski wird eine Eiweissscheibe von b — 0 cg von 2ö ccm Magenfiltrat in drei Stunden bei 40" C verdaut. Von Fibrin wird dieselbe (Quantität unter denselben Bedingungen schon in der Hälfte der Zeit, b 6 cg trockenes Serumalbumin sogar schon in einer Stunde bis auf geringe Beste gelöst, b) Quantitative Fntersuehung. Praktisch brauchbare und ^uantiiativo dabei sichere quantitative Pcpsinbestimmungon besitzen wir noch ^ J^l'üng-. nicht; wir müssen uns daher mit approximativen Bestimmungen be­ gnügen. Hierzu kann man nach v. L e u b e s Vorschrift einfach so vorgehen, dass man zwei Eiltratproben nimmt und zu der einen noch eine kleine Quantität Pepsinpulver und gleiche Eiweissmengen hin­ zufügt, Zeigt die mit Pepsin versetzte Probe schnellere Lösung des Eiweiss, so fehlt Pepsin, zeigt sie gleiche, so ist Pepsin in genügen­ der Menge vorhanden. Mir selbst hat sich das folgende Verfahren recht bewährt: ich gehe von einem Stammniageninhalt eines Gesunden aus, den ich auf­ bewahre und dessen Verdauungsfähigkcit ich kenne Mit dieser ver­ gleiche ich die Verdauungsfähigkcit des zu prüfenden Mageninhalts. Verdaut ersterer eine Eiwcissprobe in einer Stunde, letzterer in zwei, drei oder mehreren so ist die Verdauungsfähigkcit des zu prüfen­ den = V21 V31 1U u- s. w. des normalen. Das ist für praktische Zwecke meist ausreichend. Auch kann man sich des von Grützner für physiologische Zwecke angegebenen colorinictrischen Verfahrens bedienen, indem man die betreffenden Magenfiltrafe mit Carminfibrin versetzt (s. 0. S. 2(>) und die Rothfärbung des Gemisches mit Proben von be­ kanntem Pepsingehalt vergleicht. 2. Bei Felden freier Salzsäure. In solchen Fällen befindet sich Prüfung auf im Mageninhalt allein oder doch vorwiegend Pepsinogen. Man weist K^}^11^,,. dasselbe nach, indem man 10 ccm Magenfiltrat mit officineller Salz- Salzsäure. i) Zu beziehen durch die Merck'schc Fabrik in Dannstadt,. '-) Für wissenschaftliche Zwecke ist ein Thcrmoregulator sehr erwünscht, für praktische dagegen reicht ein einfacher möglichst hoher Blechkasten mit doppeltem Boden vollkommen aus. 198 Mageninhaltsprüfung. s;j i U r e (1—2 Tropfen) ansäuert und dann in derselben Weise wie beim Pepsin verfährt. Behufs quantitativer Schätzung des Pepsinogen- gehalts verfahre ich ähnlich wie bei Prüfung auf Labzymogen (s. u.). Ich verdünne den Mageninhalt mit destillirtem Wasser im Verhältniss von 1:5, 1:10, 1 : 20 u. s. w. Je höhere Verdünnungsgrade sich un­ beschadet der Verdauungsfähigkeit ermöglichen lassen, u m so reicher ist der Gehalt an Pepsinogen. Genau dasselbe Verfahren ist in neuerer Zeit von Johann es­ sen1) eingeschlagen worden, ohne dass dieser Forscher indess zu stringenten Resultaten gelangt ist. Verdaut der mit Salzsäure passend angesäuerte Mageninhalt gar nicht, so fehlt auch das Pepsinogen. Neuerdings hat H a m m e r schlagt eine Methode der quanti­ tativen Pepsinbestimmung angegeben, die trotz der ihr anhaftenden Fehler für die Zwecke der Praxis wegen ihrer Einfachheit, Beachtung- verdient Die Methode besteht darin, dass man von einer ca. 1 °/0igen Eiweisslösung, die ausserdem 3 —4"/0o Salzsäure enthält, zwei Proben zu je 10 ccm nimmt und zu der einen 5 ccm Wasser, zu der anderen die gleiche Cubikcentimeterzahl des auf die peptische Kraft zu prüfenden Mageninhaltes hinzufügt, Nach einstündigem Stehen im Thermostaten wird in beiden Proben mittelst des Esbach sehen Albuminimeters der Eiweissgehalt bestimmt. Die mit Wasser ver­ setzte Controllprobe giebt den ursprünglichen Eiweissgehalt, die Dif­ ferenz zwischen beiden entspricht tler Menge des verdauten Eiweiss. Enthielt z. B. die mit Wasser versetzte Controllprobe (i0/00 Eiweiss, die mit Magensaft versetzte dagegen 3°/uo, so sind 5 0 % Eiweiss verdaut. Ein sehr viel exaeteres, für praktische Zwecke leider zu com- plicirtes Verfahren hat in jüngster Zeit Oppler 3) ausgearbeitet, Das­ selbe besteht darin, die Menge des verdauten Eiweiss nach der be­ kannten KjeldahFschen Methode zu bestimmen. Im einzelnen gestaltet sich das Vorgehen folgendennassen: dem Patienten wird früh nüchtern (50 g Weissbrod -f- 400 ccm Wasser gereicht, bei Anwesen­ heit von Besten im nüchternen Magen wird vorher ausgespült. Nach einer Stunde lässt man cxprhnhen und wäscht mit vielen kleinen Portionen bis zum klaren YYasserabfluss nach. Alsdann wird filtrirt, vereinigt, auf ein resp. zwei Liter aufgefüllt, sodann mittelst verdünnter Salzsäure auf eine Acidität von 77 gebracht. Es folgt nun zunächst eine N-Bestimmung von 50 ccm dieser Flüssigkeit. i) .lohannessen, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 17, Heft 3 u. 4. 2) Ilammcrschlag, Internationale klin. Rundschau 1804, No. 39. ;i) Oppler, Archiv f. Yerdauungskrankheiten Bd. 2, S. 40. Maireninhaltsprüfüng. 199 Darauf werden wiederum je 50 ccm mit je 20 ccm einer ca. 2°'0igen Eiweisslösung in zwei verschlossenen Kolben drei Stunden lang im Thermostaten digerirt so­ dann mit passenden Lösungen von NallO rasch ncutralisirt, aufgekocht, mit Kssig- siiure angesäuert 5 ccm gesättigte NaCl-Lösung hinzugelügt und wiederum aulgekocht. Nach dem Abkühlen wird coagulirtes Eiweiss und Flüssigkeit mit mögliehst wenig destillirtem Wasser heratisgespült. so dass dann die (ie- sainnitnienge 150 ccm beträgt und filtrirt. 50 ccm des Filtrats werden dann zur N-Bestiuiniung nach Kjeldahl verwendet. Man kann nun als Vergleichsfliissigkeit von einer l"/ni,igen Pepsinlösung ausgehen, die nach Oppler's Fiitersuclnuigeti in drei Stunden 35 38"/,, Eiweiss verdaut. Bezeichnet man eine derartige Pepsin- lösung nach meinem Vorschlage als Normalpepsinlösung, so ist leicht ersichtlich, dass man die gesuchte l'epsininenge nach dem Ausfall der peptischen Thätigkoü einlach darauf beziehen kann. Verdaut z. B. der zu prüfende .Magensaft (unver­ dünnt) in drei Stunden PJü/„ Eiweiss, so entspricht seine peptische Kraft '^Normal- Pepsin, i) 2. Labenzym (Chymosin) und Labzymogen. Das Labenzym, das zweite Product der Magendrüsen, hat we- Prüfung auf sentlich die Bedeutung, unabhängig von der Magensäure, also auch tJvlymogen. bei schwach saurer oder neutraler Reaction Milch zur Gerinnung zu bringen. Abgekochtem, also von Ferment freiem Mageninhalt, fehlt diese Eigenschaft, ebenso wie auch schwach alkalisirtem Magenfiltrat. Diese Fähigkeit kann das letztere indess durch Zusatz weniger Cubik­ centimeter verdünnter Chlorcalciumlösung oder anderer Kalksalz­ lösungen wieder erlangen. Es geht hierbei die Vorstufe in das Labenzym über. Ebenso wirken verdünnte Säuren, besonders Mineral- säuren, schwächer organische Säuren. Qualitative Eabprüfunq. b -10 ccm Magenfiltrat werden mit Qualitative Vio Normallauge genau neutralisirt, sodann mit dem gleichen Quantum neutraler oder amphoter reagirender, roher oder besser gekochter Milch in den Wärmeschrank gebracht. Tritt innerhalb 10 bis 15 Minuten Caseingerinnung ein und erfolgt bei weiterem Stehen­ bleiben die Bildung eines Caseincoagulums (Käse), so ist die Ge­ rinnung auf Labwirkung zu beziehen. Der Sicherheit wegen prüft man vorher und nachher die Beaction des Gemisches; sie darf sich während des Gerinnungsactes nicht verändert haben. Sehr viel ein­ facher und für praktische Zwecke ausreichend ist die folgende Me­ thode, deren sich Leo-) bedient. Man giebt zu 5 — 1 0 ccm Milch 3 - 5 Troiifen Mageninhalt und setzt ohne weiteres in den Wärme­ schrank; falls in 10--15 Minuten Gerinnung erfolgt, ist Labferment i) Ueber die weiteren Details siehe die ausführliche, und sorgfältige Arbeit Oppler's 1. c -') Leo, Berliner klin. Wochenschrift 18S8, No. 40 200 Mageninhaltsprüfung. vorhanden. Die geringe Säuregegenwart kommt nicht in Betracht, doch ist, es fraglich, ob diese Probe bei geringem Enzymgehalt ausreicht. Behufs Prüfung auf Lubzipuogen versetzt man 10 ccm schwach alkalisirten Magcnfiltrats mit 2 — 3 ccm i%iger Chlorcalriumlösung oder neutralisirt bis zur schwachen Alkalescenz mit Kalkwasser und bringt das Gemisch in den Brutschrank oder in ein Behältniss mit Wasser von 37° C. Im Falle der Anwesenheit von Labzymogen erfolgt innerhalb weniger Minuten die Bildung eines dicken Case'in- kuchens. uve Quantitative Labprüfung. Wenn man den Mageninhalt all- lug 'mählich verdünnt, so kommt man schliesslich an eine Grenze, bei der eine deutliche Wirkung des Labs ausbleibt. Im einzelnen ist der Weg folgender: Man untersucht, zunächst in der oben geschilderten Weise auf Labenzym; bei positivem Ausfall der Probe verdünnt man den ein für allemal neutralisirten Mageninhalt auf VOM V20, Vso u. s. w. Ist man bei der Grenze angelangt, so alkalisirt man den Best schwach mit Kalilauge oder Soda und geht in derselben Weise behufs Prüfung auf Labzymogen vor. Für das Labenzym beträgt unter normalen Verhältnissen die Verdünnungsgrcnze etwa V30—Vio, für das Zymogen Vnm—Viso1)- Diagnostische Bedeutung der Enzymprüfung im Mageninhalt. ^•he Während der Gehalt, an freier Salzsäure im Mageninhalt aus "s den früher (S. 181) erörterten Gründen den grössten Schwankungen unterliegt und hierdurch nur mit grosser Vorsicht diagnostisch ver- werthbar ist, bilden die Formente des Magens oder deren Vorstufen im ganzen Constantere Grössen. Weder Anomalicen der Blutcirculation, noch der Innervation scheinen sie merkbar zu beeinflussen, so dass eine starke Herabsetzung ihrer sjwcifi'sehen biologischen Kruft- uivkuug direct auf eine Störung in der Function des Drüsen­ apparates selbst hindeutet. Die Notwendigkeit, bestimmte von dem wechselnden Säure- verhalten unabhängige Griten011 zu besitzen, ergiebt sich besonders aus den häufigen Fällen von Salzsäuremangel. Wir besitzen bis jetzt keine ') Hierbei niuss man allerdings durch Fmrcchmmg den Fehler berücksich­ tigen, den man beim Neutralisiren durch Verdünnung- des Mageninhalts macht, Mageninhaltspriifung. 201 Möglichkeit, uns aus dem Salzsäuremangcl allein eine Vorstellung zu bilden, ob im Einzelfalle ein Stauungseatarrh. oder eine begin­ nende restituirbare Gastritis oder ein vorgeschrittener, irreparabler Catarrb oder endlich eine chronische Inncrvationsstörnng vorliegt. Hiermit fehlt uns auch jede sichere Basis für die Prognose und Therapie. Durch die Enzymbestimmung lässt sich in einzelnen Fällen ein Frthoil, ob eine vorübergehende oder dauernde Schädigung im Drü- senapparat vorliegt, abgeben. So ist z. B. bekannt, dass bei Men- strnationsanomalicen, bei nervöser Dyspepsie, bei Stauuiigszuständen, bei acuter und beginnender chronischer Gastritis vorübergehend die Salzsäureabseheidung sistirt wird. Die Enzymprüfung giebt uns in derartigen Fällen prompt Antwort auf die Frage, ob wir es nur mit einer vorübergehenden Salzsäurcsuppression oder mit einer vorge­ schrittenen Gastritis zu thun haben. Zwar hat Oppler 1) in seiner verdienstvollen Arbeit nachgewiesen, dass ein gewisser Parallelismus zwischen Salzsäureabseheidung und Pepsin unter Labanwesenheit stattfindet, indessen beziehen sich Opplers Untersuchungen eben nur auf Fälle, mit constanten Störungen der Salzsäuresecretion. Gerade für die vorübergehenden Schwankungen derselben besitzen wir in dem Enzymnachweis eine gute Controlle über die Art und den Grad der Störung. Zur Feststellung über das Verhalten des Pepsins genügt eine qualitative Probe, mit Controllprobe eines nor­ malen Mageninhalts (s. o.), allenfalls auch das Hammerschlag'sche Verfahren. Wichtig ist, dass nach den Untersuchungen von Oppler selbst bei Atrophie der Magenschleimhaut Pepsin noch immer in ge­ ringen Mengen abgeschieden wird. Die von Hammerschlag") ge­ machte Beobachtung, dass beim Magencarcinom das Pepsin schon frühzeitig zu Grunde geht, ist durch Oppler nicht bestätigt worden. Zu besonders brauchbaren Besultaten führt die quantitative Lab­ bestimmung. Durch Versuche, die ich theils in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Trzebinski, theils allein angestellt habe, hat sich ergeben:-1) 1. Dass trotz HCl-Mangel noch Labenzym vorhanden sein kann, aber nur in verschwindend geringem Maasse, nämlich bei einer Ver­ dünnung von 1:10 bis 1:20. 2. Dass bei Salzsäurenmangel das Zymogen im ganzen Umfange erhalten sein kann, d.h. in einer Verdünnung von 1:100 —150. Der Nachweis des Erhalfenscins des Labzgmogen, zumal bei wiederholt i) Oppler, Arch. f. Verdauungskrankheiten Bd. 2. -') Ilammerschlag, Arch. f. Verdauungskrankheiten Bd. 2. • •) Boas, Deutsche medicinische Wochenschrift 181)2, No. 17- 202 Mageninhaltsprüfnng. in ilemselben Sinne ausfallenden Ergebnissen, gestattet mit hoher Wahrscheinlichkeit den Schluss, dass eine organische Magenaffection nicht vorliegt, dass es sich vielmehr entweder u m eint1 Neurose oder u m Stauungszustände, durch Grundleiden verschiedener Art bedingt, handelt. Lässt sich ferner der Nachweis führen, dass freie Salzsäure zeitweilig fehlt, u m zu anderen Zeiten wieder aufzutreten, so spricht dies mit grösster Wahrscheinlichkeit für eine Magenneurose. 3. Das Zymogen kann etwa u m die Hälfte verringert sein. Die Ursache hiervon liegt am häufigsten in einem Catarrh, und zwar einem noch nicht, bis zum äussersten Grade vorgeschrittenen Catarrh. Je mehr der Zymogengchalt sich dem normalen nähert, u m so grösser ist unter dem Einfluss geeigneter therapeutischer Maassnahmen die Möglichkeit einer Restitution. 4. Die Labzymogcnbildung ist in grossem Maassstabe verringert (Verdünnung 1:10 bis 1:25 ergeben negatives Resultat) oder fehlt vollkommen. In Fällen dieser Art liegt ein schwerer, meist irre­ parabler Catarrh vor, sei er nun selbständig oder durch ein Grund- leiden (Carcinom, Amyloid u. a.) bedingt. 5. Bei 1, 2 und 3 kann man durch stimulirende Mittel die II Cl-Secretion mit Aussicht auf Erfolg anzuregen versuchen. Bei 4 ist diese Intention absolut erfolglos. Die Labprüfung hat ausserdem vor der Verduuungsprobe un­ leugbare Vortheile, welche praktisch ins Gewicht fallen. Dieselben bestehen 1. in der schnellen Erlangung eines Resultates, 2. darin, dass die Proben mit den allergeringsten Mengen von Magenfiltrat angestellt werden können, 3. dass sie bei alkalischer Reaction des Mageninhalts (Speichel, Schleim, Darmsaft) die Entscheidung er­ möglichen, ob überhaupt Magensecret sich in dem Gemisch befindet, 4. dass sie keiner besonderen Vorbereitung bedürfen und mit einem jederzeit im Haushalt befindlichen Material angestellt werden können. Galle, Schleim, Speichel wirken nur dann störend auf den Nachweis des Labs ein, wenn das Gemisch alkalisch reagirt, bei neutraler oder saurer Reaction ist ein hcnierkenswerther Einfluss nicht zu beobachten. Im ersteren Falle kann der Nachweis des Labzyniogcns in der oben genannten Weise geführt werden. Untersuchung- auf Eiweisskörper im Mageninhalt. Das verhalten Die Fiwoisskörper werden unter dem Einfluss des Magensaftes Eiweisskörper. sP e c i e 1 1 (lurdl (lic Verbindung von Pepsin mit Salzsäure durch mehrere Zwischenstufen hindurch peptonisirt. Die Stelle der Salz­ säure können auch Milch-, Butter- und andere Fettsäuren vertreten. MageninhaÜspriifung. 203 Ausserdem kommen schon im Mundspeichel, also wahrscheielich auch im Magen, Mikroorganismen vor, die bei längerer Einwirkung auf Piweisskörper und unter günstigen Fortpflanziingsbedingiingen pepton- ähnlichc Körper abspalten (Miller). Zwischen der endgiltigen Peptoiiisirung liegen, wie bereits früher (S. 23) erwähnt, mehrere Zwischenstufen, von denen das Syntonin und das Propepton tider die Ilemialbumose sich durch characteristische Reactionen auszeichnen. Da, unter Umstünden die Frage in Betracht kommt, ob die Eiweisskörper vollständig oder unvollständig, ganz oder nur zu einem kleinen Theil verdaut, sind, so sei im folgenden der Fntersuchiings- gang kurz geschildert: 1. Auf Syntonin oder Acidalbumin untersucht, man, indem man syntonin. das Filtrat möglichst genau ncutralisirt. Bei starkem Syntoningehalt entsteht bei der Neutralisation eine mehr oder weniger starke Trü­ bung oder selbst ein Niederschlag (Neutralisationspraecipitat), der sich bei Alkalizusatz oder in überschüssiger Säure wieder löst, 2. Propepton oder Hemialbumose ist dadurch characterisirt, prop0pton. dass concentrirtc Essigsäure und gesättigte Kochsalzlösung im Ueber­ schuss starke Trübung hervorruft, die sich beim Erhitzen wieder löst, beim Erkalten von neuem wieder auftritt, Desgleichen giebt Ueberschuss von Salpetersäure starke Trübung, die sich beim Er­ hitzen unter Gelbfärbung (Xanthoproteinreaetion) bist, beim Erkalten von neuem auftritt. Bevor man die Reaction auf Propepton anstellt, ist es nothwendig, das durch Kochen ausfällbare Eiweiss zu entfernen, Syntonin und Propepton geben mit Essigsäure und Ferrocyankaliuni- lösung Trübung, ferner fällt Picrinsäure in der Kälte sämmtliche Eiweisskörper, mit Ausnahme der echten Peptone, beim Erhitzen löst sich aber der aus Hemialbumose gebildete Niederschlag auf, die anderen Proteine dagegen bleiben ungelöst. Propepton, Pepton sowie überhaupt sämmtliche Albumosen geben Bmrotroaetien. mit überschüssiger Kalilauge und Kupfersulfatlösung (0,1:1<)0) die sogen Biuretreaetion, d. h. eine schöne rosarothe Färbung, die bei weiterem Znsatz der Kupferlösung' tief dunkelroth erscheint, Syntonin, sowie die sämmtlichen zwischen diesem und der Ilemialbumose lie­ genden Eiweisskörper geben die Biuretreaetion entweder schwach oder gar nicht, d. h. die Färbung zeigt sofort einen charartoristisrhen Stich ins Violette, der bei weiterem Zusatz schnell ins Bläuliche umschlägt. Die Biuretreaetion hat demnach eine gewisse praktische Bedeutung, indem sie das Vorhandensein politischer Wirksamkeit anzeigt, Auch lässt sich bei einiger Febung erkennen, ob eine ausreichende oder 204 Magcninhaltsprüfuug. ungenügende Einwirkung von Magensaft auf tue Proteinsubstanzen stattgefunden hat. Die Reactionen der übrigen, bei der Magenverdauung sich bildenden Eiweissderivate sind bereits oben (S. 24) besprochen. U m die Peptone aus Lösungen rein zu gewinnen, verfährt man so, dass man zunächst Globulin und Syntonin durch Kochen, eventuell mit Essigsäurezusatz entfernt und das Filtrat mit concentrirtcr neu­ traler Schwefelammoniumlösung im Ueberschuss versetzt. Hierdurch werden alle Eiweisskörper mit Ausnahme der Peptone gefällt. Dieses Verfahren erfordert einige Zeit (mindestens 24 Stunden), da die Fällung der Eiweisskörper ganz allmählich erfolgt. In kurzer Zeit erhält man nach Devoto 1) eine vollständige Trennung der Eiweiss­ körper von dem Pepton auf folgende Weise: man versetzt die eiweiss- haltige Flüssigkeit in einem Becherglas auf 100 ccm mit 80 g krvstalli- sirten chemisch reinen Ammoniumsulfats und bringt zunächst das Salz in der Wärme (in einem Wasserbad unter Rühren und Zer­ drücken der Krystalle mit einem Glasstab) zur völligen Lösung, wozu 10—15 Minuten erforderlich sind. Alsdann setzt man das Glas noch 30—40 Minuten dem dampfsiedenden Wasser aus, worauf die Coagulation vollendet ist. Lässt man das Glas noch länger, bis zwei Stunden, im Dampf verweilen, so wird das Coagulum dichter, und das Filtriren und Auswaschen gehen dann schneller von statten. Das Filtrat giebt nun keine Reaction mit Essigsäure- und Ferro­ cvankalium, sowie mit Neutralsalzen, Pikrinsäure, Trichloressigsäure u. s. wr., ist also albumosefrei, giebt dagegen noch die Biuretreaetion. Diagnostische Schlüsse aus dem Verhalten der Eiweiss­ körper im Mageninhalt. Diagnostische Da die Umwandlung von Eiweisskörpern, wie bereits erwähnt, dem verhaken wesentlich von der Anwesenheit von Pepsin-Salzsäure abhängt, so (ior spricht der Nachweis von Albumosen im allgemeinen nur dafür, dass Eiweisskörper. HCl und damit natürlich auch Pepsin abgesondert worden ist. Man hätte demnach hierin nur eine complicirte Probe auf HCl und Pepsin. Der Werth der Albumosereactionen wird noch durch die oben er­ erwähnten Thatsachen beeinträchtigt, dass auch organische Säuren dieselbe hervorrufen, dass ferner eine Verdauung von desquamirten Zellsubstanzen gleichfalls zur Peptonbildung führt und dass schliess- !) L. Devoto, Ueber den Nachweis des Peptons und eine neue Art der quantitativen Eiweissbestimnmng. Zeitschrift f. physiol. Chemie Bd. 15, Heft 5 S. 465. Mageninhaltsprüfung. 205 lieh auch durch bacterielle Zerlegungen Albumosen oder ähnliche Substanztal entstehen können.1) Dabei' kommt es. dass fast jedes Magenfiltrat eine mehr oder weniger starke Biuretreaetion ergiebt. Demnach ist dieselbe als Beweis stattgehabter normaler Albuminverdanung allein nicht aus­ reichend, wenngleich der deutliche und scharfe Ausschlag der Bosa- oder Purpurfärbung bei entsprechender Uebung über die Anwesenheit von Peptonen oder die Menge derselben als grobes Orientirungs- mittel vorworthet, werden kann. Werden dagegen echte Peptone nach obigem Vorfahren, wenn auch nur in geringer Menge, nachgewiesen, so darf Einwirkung von HCl und Pepsin als erwiesen angesehen werden. Ein grosser Gehalt, an Syntonin und niederen Albumosen spricht für einen anomalen Ablauf der Eiwoissverdainnig, desgleichen wenn die Biuretreaetion nach Entfernung der Albumosen völlig ausbleibt. Es deutet dies entweder auf eine mangelhafte HCl-Secretion oder auf gleichzeitige Verminderung der Enzyme hin. Untersuchung' der Kohlenhydratverdauung; im Magien. Die Verzuckerung der Amylaceen im Magen erfolgt, wie bereits oben S. IS erwähnt, durch drei Zwischenstufen hindurch, die durch ihr Verhalten gegen Jodjodkalium scharf characterisirt sind: das Amidulin, das Erythrodextrin und das Achroodextrin; ersteres giebt mit Jodjodkalium Blaufärbung, das Erythrodextrin Violott- bis Maha­ gonibraunfärbung, und das Achroodextrin bleibt ungefärbt. In der Begel findet man in stark HCl-halfigem Mageninhalt nach Kohlenhydratgenuss noch gegen Ende der Verdauung reichlich Erythrodextrin, während man zur selben Zeit bei HCl-freiem Magen­ inhalt fast ausschliesslich Vchroodextrinreaction erhält, Hiervon kommt nur dann eine Ausnahme vor, wenn Erkran­ kungen der Speicheldrüsen vorliegen, durch welche das Ptyalin zum Theil oder ganz an Activität eingebüsst hat, wie dies zuweilen (s. S. 12(>) vorkommt. Das Endproduct der Amylumconvertirung ist Maltose (GlL,H22On -j-HgO), bezw. Isomaltose nebst kleinen Mengen Traubenzucker, nachweisbar durch die bekannten Proben (am zweckniässigsten Fehling'sche oder Nylander sehe Lösung). M Es darf auch nicht vergessen werden, dass durch die Art der Zubereitung (Abkochen von Milch, Eiern, Fleisch u. a.) ein Theil der Albttminate schon in Peptone umgewandelt werden kann. 206 Mageninh al tsprüf im g. Kohrzuckcr wird von salzsaurem Mageninhalt schon in kurzer Zeit in In­ vertzucker umgewandelt, v. Leube 1) ist der Ansicht, dass dies nur pathologischer Weise vorkommt. Ihes ist nach meinen Fntersiiclmngen keineswegs der Fall. Auch der gesunde Mageninhalt vermag im Verhältniss der Säurosocrction, die ich allein für das wirksame Agens hierbei erachte, llohrzucker in Lextrose und Laevuluse zu zerlegen, nur dass er sehr schnell durch Resorption den Magen vor- lässt, während er bei Störungen der letzteren noch längere Zeit im Magen nach­ weisbar ist. Auch der HCl-freie Mageninhalt vermag Rohrzucker in einzelnen Fällen zu zerlegen. Dies beruht, wie mir scheint, auf bacteriellen Unisetzungen, die, wie wir durch Millers Untersuchungen wissen, schon unter physiologischen Verhältnissen bereits in der Mundhöhle vorkommen können. Ueber die Veränderung der übrigen Zuckerarten in der Magenhöhle liegen erwälmenswerthe Untersuchungen nicht vor. Diagnostische Bedeutung der Kohlenhydratprüfung. Die Kohlenhydratverdauung ist nur insoweit diagnostisch von Bedeutung, als sie die quantitative Untersuchung auf Magensäure er­ gänzt. In den meisten Fällen ist das Verhalten der Kohlenhydrate im Filtrat gegen Jodlösungen indirect ein fast ebenso sicheres chemi­ sches Reagens für Säurc-An- oder Abwesenheit, wie die qualitativen Proben hierauf. Nur die genannten Fälle von Ptyalinmangel gebieten hierin Vorsicht und machen doch die H Cl-Proben nothwendig. Unter Umständen könnte auch Säureexcess und Ptyalinmangel zusammen­ wirken. Die Zuckeruntersuchung ist kaum diagnostich verwerthbar, zu­ mal wrenn schon zuckerhaltiges Material importirt wurde. Bei zucker­ freier Kohlenhydrateinführung würde massiger Zuckergehalt für Be­ hinderung der Speicheldiastasewirkung, z. B. durch abnorme II01- Bildung, bezw. für Ptyalinmangel sprechen. Wird in einem HCl-freien Mageninhalt Rohrzucker invertirt, so deutet dies mit Wahrscheinlich­ keit auf bacterielle Umsetzungen hin. Prüfung: der motorischen Function des Mag-ens. Man kann die motorische Leistung des Magens entweder so fest­ stellen, dass man demselben eine Nahrung zuführt, von der man erfah- rungsgemäss weiss, innerhalb welcher Zeit sie — von physiologischen Schwankungen abgesehen den Magen verlässt. Man kann ferner so vorgehen, dass man bestimmte Nahrungsmittel oder Arzneien in den Magen bringt, die nicht gelöst, bezw. nicht resorbirt werden, da- i) v. Leube. Viirhow's Archiv Bd. 88, S. 2L'2. Mageninhaltsprüfung. 207 gegen im Dünndarm zur Lösung kommen und nach bestimmter Zeit qualitativ oder quantitativ deren Anwesenheit oder Menge direkt (im Mageninhalt) oder indirekt, (im Harn) bestimmt. Die Methoden wer­ den der Reihe nach im folgenden einzeln erörtert und dann deren Werth kritisch besprochen. a) Prüfung mittelst der v. Leube sehen1) Probemahlzeit. Der zu Untersuchende erhält folgende Probemahlzeit: einen Methode von Teller Suppe, ein Beefsteak, eine Semmel und ein Glas Wasser, nach Riegel genauer: 400 ccm Riiidflcischsuppe, 200 g Beefsteak, öO g Brod und 200 ccm Wasser. Während der folgenden sechs Stunden darf der Patient nichts gemessen. Nach dieser Zeit erfolgt die Aus­ spülung des Magens nach v. Leube s Vorschrift, in der Weise, dass man den Trichter zweimal mit ca. 1\i Liter füllt. Kommen hierbei keine oder nur sehr geringe Speisereste zum Vorschein, so kann man den Magen als motorisch sufficient bezeichnen. b) Prüfung mittelst des Probefrühstücks. Man kann in zwar nicht ganz exaeter, aber für die Bedürfnisse Probe- der Praxis vollauf genügender Weise auch an der Hand des Probe- fruhstllck- frühstücks die motorische Thätigkeit des Magens feststellen, wenn man nur die Vorsicht beobachtet, dasselbe unter den Augen des Arztes nehmen zu lassen. Unter normalen Verhältnissen wird das Probefrühstück nach spätestens zwei Stunden aus dem Magen ent­ fernt, findet man daher u m diese Zeit noch grössere (Quantitäten Flüssigkeit oder Speisereste bei der Ausspülung, so kann man den Magen als motorisch insufficient bezeichnen. c) Prüfung mittelst des Probeabendessens.2) Die Methode bezweckt, den Nachweis zu führen, ob eine nor-Methode von maier Weise erfahrungsgemäss über Nacht völlig verdaute Nahrung Boas" im nüchternen Magen Rückstände hinterlasse Zu diesem Behufe nimmt der Patient Abends ) Wotitzky, Pnig. med. Wochenschr. 1891, No. 31. t!) Reale und Grande, Uivist. clinic, Oct. 1891. ") Stein, Wien. med. Wochenschr. 1892, No. 43. x) J. Pak Wiener klin. Wochenschr. 1889, No. -IS. Magen inhaltsprüfung. 209 Modification der Salolprobc nach A. Huber.i) II tili er bestimmt wegen der hierbei vorkommenden Schwankungen nicht das erste Auftreten der Salicylaussehoidung im Harn, sondern die Zeit,lauer de* Anludtens d,rseU>en. Letztere beträgt bei Gesunden 20 27 Stunden, während hei Patienten mit motorischer Magensufficienz Ueberschreituiigen von 3—12 Stun­ den und mehr vorkommen können. Nach der Vorschrift vonlluber nimmt der Patient nach dem .Mittagessen 1 g Salol in Oblate, am folgenden Tage nach ca. 27 Stunden ist der Harn zu untersuchen. Giebt derselbe zu dieser Zeit mit Lisen- chlorid noch Violettfürbung, so wird weiter alle drei Stunden untersucht. Nach II über scheint die Länge der Dauer der Reaction dem Grad der motorischen Insufficienz direct proportional zu sein. Silberstein'-') hat die Salolprobc mit der Modiiication vonlluber nach­ geprüft und ist gleichfalls zu befriedigenden Resultaten gelangt. Andererseits hat Wotitzky"') gezeigt dass die Salicylsäurereaction bei Magengesunden die Zeit von 27 Stunden ühersehroüon kann, bei Magenkranken dagegen, und zwar solchen mit starkem Darniederliegen der Motilität /Stenose des Pylorus post ulctis, Pvlo- ruscareinonij, diese Zeit in einzelnen Fällen nicht überschreitet. e) Methode von Fleischer.') 0,1 Jodoform wird in einer kleinen Gelatinekapsel gleich bei Methode von Beginn der gewählten Mahlzeit dem nüchternen Magen zugeführt. Da das Jodoform in sauren Medien nicht löslich, in alkalischen da­ gegen löslich ist, so hat man in dem Auftreten der Jodreaction im Harn bezw. Speichel einen Ausdruck für die Schnelligkeit mit der die Substanz aus dem Magen entfernt, wurde Nach den Unter­ suchungen von Maurer und Kvpke-P>urchardU) tritt die Jod­ reaction bei Gesunden in der Mehrzahl der Fälle nach bb bis liö Mi­ nuten auf, kann aber auch bis zu 10Ö Minuten verzögert sein. Bei Kranken mit schweren Motilitätsstörungen tritt die Reaction häufig erst nach :>—4 Stunden und noch später auf. f) Methode von Klemperer.6) Dieselbe beruht auf der Thatsache, dass Fette vom Magen gar Methode von • , , • -i i • i i i - i ii' • i J i Klemperer. nicht resorbirt, und auch nur m unerheblicher \\ eise verändert werden (s. S- 29). Man kann demnach nach Eingabe einer bestimmten Quan­ tität Gel aus den nach einiger Zeit durch Aspiration wieder gc- M A. ITuber Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte 181)0. -') L. Silberstein, Deutsche medicinische Wochenschrift 1891, No. 9. •<•) Wotitzky, 1. c. ') Fleischer, Krankheiten der Speiseröhre, des Magens und Darms. Wies­ baden 1890. S. 791. •') citirt bei Fleischer. [ '<) Klemperer, Deutsehe medicinische Wochenschrift 1888. No. 47. B o a s , Allg. Diagnostik u Therapie d. .Magenkrankheiten. 4. Aufl. j^ 210 Mageninhaltsprüfung. wonnenen Oelmengen einen bestimmten Ausdruck für die motorische Leistung des Magens gewinnen. Im einzelnen besteht das Verfahren in folgendem: Durch die eingeführte Schlundsonde werden in den leeren oder reingespülten Magen 100 g Olivenöl gegossen. A m besten giesst man 105 g ein, da. ca. 5 g bei der Procedur verloren gehen. Nach zwei Stunden wird der Mageninhalt aspirirt, die Hauptmenge des im Magen befindlichen Oels wird hierbei gewonnen, der Best wird durch mehrmalige Wassereingiessungen erhalten. Die gcsammten Flüssigkeitsmengen werden vereinigt, das Gel vom Wasser im Scheide- trichter getrennt, das zurückbleibende schleim- und wassergetrübte Gel mit Aether aufgenommen, der Aether verjagt, das zurückbleibende Gel gewogen. Bei dieser Methode fand Klemperer bei mehreren Gesunden als Normalzahl der entleerten Oelquantitäten 70—80 g, während bei Verringerung der motorischen Kraft diese Zahlen beträchtlich kleiner sind. Klemperer wünscht, dieses Verfahren nicht für die tägliche Praxis zu empfehlen, es sollte ihm vielmehr dazu dienen, das Ver­ halten der motorischen Kraft bei den einzelnen Magenstörungen in typischer Wreise festzustellen. Hiermit hat, der Begründer der Me­ thode der Verwendbarkeit derselben feste Grenzen gesteckt. g) Methode von A. Mathieu.1) Methode von Die Methode beruht im Prinzip auf dem Klemperer'schen Mathieu. Oolverfahren mit Zugrundelegung der Mathieu-Bernond'sehen Be­ stimmung der restirenden Magenfiüssigkeit. Im einzelnen ist der Modus procedendi folgender: Es werden nüchtern 60 g Weissbrod und dazu die folgende Emul­ sion genommen: Ol. ampygd. dulc. 10,0, Gummi arabicum 5,0 — 10,0, Sir. simpl. 20,0, leichter Thee soviel, dass die Gesammtmenge 250 ccm beträgt. Eine Stunde später Expression. Sodann giesst man durch den Trichter 200 ccm destillirtes Wasser, lässt zurück- und wieder einfliessen, um eine möglichst innige Mischung des Wassers mit der restirenden Magenfiüssigkeit zu gewinnen. Aus dieser Flüssigkeit bestimmt man nach der M a thieu-Bemond'schen Formel (S. 14 \ J reaction nach Bosenbach') (Auftröpfeln von Sal]ietersäure auf das mit dtnn Urin gel rankte und getrocknete Filter) und die Jodprobe nach Smith erwiesen. Gullensäuren. Man geht hierbei in der Weise vor, dass man zunächst die Eiweisskörper durch Kochen oder durch Alkohol fällt und zu einigen Tropfen des enfeiweissten Filtrafes ein wenig Bohr­ zuckerlösung und tropfenweise reine coiirontrirto Schwefelsäure oder syrupöse Phosphorsäure (Drechsel) hinzufügt; bei einer Erhitzung zwischen 0 0 — 70° C erhält man prachtvolle purpurrothe Färbung (Pettenkofer sehe Probe). Ausserdem geben die Gallensäuren in concentrirtcr Schwefelsäure eine im durchfallen den Licht dunkel­ nd he, im sehiofauffallenden prachtvoll grün fluoreseirendo Färbung. Nach ]\I vlius -) benutzt man statt des Bohrzuckers einen Tropfen Furfurolwasser (einen Tropfen Furfurol in einem halben Beagensglns Wasser gut durchgeschüttelt). Die Bcaction entwickelt sich lang­ samer, erfordert mehr Schwefelsäure und bleibt an Schärfe gegen die Pettenkofer sehe Reaction zurück. Zur Unterscheidung der Pettenkofer sehen Gallonsäureprobe von der ähnlichen mit Eiweisskörpern räth Schenk, die purpurrothe Lösung reichlich mit Alkohol zu verdünnen und spektroskopisch zu untersuchen. Die Gallensäuren geben einen Absorptionsstreifen im Grün zwischen I) und E und einen zweiten im Blau vor F. Eiweiss­ körper geben ähnliche Absorptionsstreifen nicht, Cholestearin. Beim Behandeln des zur Syrupconsistenz einge­ dampften Filtrafes mit reichlichen Mengen Alkohol und Aether und Verdampfen desselben scheiden sich die glitzernden, perlmuttcrähn- lichen, sich fettig anfühlenden Cholcstearinkrystallo aus, die unter dem Mikroskop als stark lichtbrechende Rhomben mit treppen- förmigen Einschnitten erscheinen (s. Fig. 24, S. 22!)). Sie liegen in Gruppen beisammen und sind in Aether leicht löslich, in Wasser, Alkalien, Säuren unlöslich. Bei Behandeln mit verdünnter Schwefel­ säure und Jodtinctur verändern sie ihre Farbe allmählich in violett, blau, grün, roth. Mit Schwefelsäure allein werden die Krvstalle an ihren Bändern gelb bis violettroth gefärbt. Diese Earbenreactionen sind mit \ ortheil für die mikroskopische Diagnostik zu verwerthen. Löst man eine kleine Probe von Cholestearin im Reagensglas in Chloroform, fügt die gleiche Menge concentrirter Schwefelsäure hinzu und schüttelt einige Minuten um, so färbt sich das Chloroform citronen- ') Knsenbach, (Vnfralbl. f. d. mediein. Wissenschaften Bd. 14, 1S75, No. ö. •±) Mylius, Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 11, S. 493. 218 Mageninhaltsprüfung. gelb bis purpurroth; giesst man die Chloroformlösung in eine Schale aus, so färbt sie sich unter Wasseranzichung schnell blau, dann grün, endlich gelb (Salkowski). Dampft man in einer Porzellanschale eine Spur Cholestearin mit einem Tropfen concentrirter Salpetersäure vorsichtig bei gelinder Erwärmung ab, so bleibt ein gebier Rückstand, der mit Ammoniak übergössen schön roth wird. Dampft man ebenso eine Spur Cholestearin mit eisenchloridhaltiger Salzsäure ab, so färbt sich der Rückstand röthlich, dann prachtvoll violett und blau. Dünndarmsaft. Das Pancreassecret erschliessen wir aus seiner specifischen Fermentwirkung. Es handelt sich hierbei u m die tryp- tische, diastatische und fettspaltende Wirkung. Dil' trnptische Wirkung wird in der Weise nachgewiesen, dass man das Magenfiltrat, wenn es sauer reagirt, mit l%iger Sodalösimg bis zur deutlich alkalischen Bcaction versetzt und hierzu eine Fibrinflocke bringt, Dieselbe wird sich im Falle der Anwesenheit von Trypsiu unter Bildung von Pepton durch mehrere Zwischenstufen hindurch allmählich lösen. Gleichzeitig entsteht Tyrosin und Leucin und ein sich mit Brom- oder Chlorwasser in saurer Lösimg violett färbender, bis jetzt noch nicht rein dargestellter Körper. Auf diastatisches Ferment wird analog dem Speichel in der Weise geprüft, dass man zu dem schwach mit N a 2 C 0 3 alkalisirtcn Filtrat Stärkemehl oder Stärkekleister bringt. Nach kurzem Verweilen im Thermostaten bildet sich gleich­ falls durch die früher (S. 18) erwähnten Zwischenstufen Maltose und (wenig) Traubenzucker. Desgleichen wird auch Glykogen unter dem Einfluss der Pan- creasdiastasc verzuckert. Die fetts]iahende Wirkung des Pancreassaftes lässt sich in einfacher Weise folgendennassen nachweisen: Man bringt in ein Uhrschälchen einige Tropfen des schwach alkalischen Filtrafes und fügt 3 — 4 Tropfen neutrales Olivenöl, sowie 1 — 2 Tropfen alkoholische IJosoIsäure hinzu. Hierdurch wird das Gemisch schwach violett bis rosaroth. Das Uhrschälchen wird mit einem zweiten eben­ solchen, durch eine Klammer luftdicht befestigten verschlossen und in den Trocken­ sehrank gebracht. Nach 3 0 - 60' sieht man die Rosafärbung immer mehr ab­ nehmen und nach einiger Zeit ganz schwinden. Durch etwaige Anwesenheit von Bacterien kann zwar gleichfalls' eine Fettspaltimg hervorgerufen werden, doch in viel geringerem Umfange und nach wesentlich längerer Einwirkimg. Oder man kann nach Heidenhaini) in folgender Weise vorgehen: Milch wird mit Lakniuskörnern zerrieben und durch Glaswolle filtrirt. Eine Probe dieser blaugefärbten Milch wird mit der zu prüfenden Flüssigkeit versetzt. Sie wird beim Digeriren im 40" G warmen Wasserbade nach kurzer Zeit roth, während eine in gleicher Weise zubereitete, aber vorher aufgekochte Probe blau bleibt. Für praktische Zwecke sind diese einfachen Methoden aus­ reichend, will man aber die fcttspaltende Wirkung des fraglichen Secretes eingehender studiren, so empfiehlt sich das von H o p p e - i) Heidenhain, Pflüger's Archiv Bd. 10, S. 557. Mageninhalt spriifung. 219 Seyler1) angegebene, auch für quantitative Fntersuchungen geeignete Verfahren. Blut und Eiter Kleine frische oder makroskopisch nicht Biutu.Eiter genau differenzirbare Blutungen weist man nach: Mageninhalt. 1. Durch, das Mikroskop. Man sieht rothe Blutkörperchen im säurefreien Mageninhalt ohne weiteres, im nicht mehr frischen oder ganz zersetzten Blut entweder gar nicht oder höchst vereinzelt. Der Nachweis von Blutkörperchen ist für die Diagnose völlig aus­ reichend. 2. Durch die Heller sehe Blutprobe Man versetzt, etwas Magenfiltrat mit derselben Quantität normalen Harns, alkalisirt reich­ lich und kocht. Die niedergerissenen Phosphate färben sich granat- roth und erscheinen in dünnen Schichten diehroitisch. Lässt sich die rothe Farbe des Niederschlages nicht genau erkennen, weil das Magenfiltrat durch beigemischte Substanzen (Kaffee, Cacao, Rothwein, (lalle u. a.) eine starke Eigenfarbc besitzt, so thut man gut, den Niederschlag auf kleinem Filter zu sammeln und denselben in Fssig- säure zu lösen. Dieselbe nimmt hierbei eine rothe Farbe an, die beim Stehen an der Luft allmählich schwindet. Diese Probe ist bei zersetztem Blut mit Yortheil anwendbar, man vergesse aber nicht, dass auch Bheum, Senna und Santonin eine ähnliche Färbung aufweisen. Doch zeigen diese Flocken keinen Dichrois- mus und nehmen mich längerem Stehen an der Luft violette Fär­ bung an. Im ganzen ist die Probe nicht sehr genau und zuverlässig. 3. Durch das Spactroskop. Bei frischen Blutungen kann man das Magenfiltrat unmittelbar untersuchen. Alan sieht dann die beiden Streifen des Oxyhämogiobin sehr deutlich. Bei Anwesenheit freier II Cl im Mageninhalt oder bei (fegenwart grosser Mengen organischer Säuren wird das Oxyhämogiobin in salzsaures Hamann umgewandelt, und man siebt (nach meinen Erfahrungen) in der Regel gar nichts. Es hängt das damit zusammen, dass sich das Hämatin nur in Spuren in Wasser löst. I'm das Hämatin in Lösung zu bringen, verfährt man nach Fr. Müller-) und II. W e b e r 3 ) so, dass man den ver­ dächtigen Mageninhalt in einem Reagensglase mit einigen Tropfen concentrirter Essigsäure versetzt und mit ca. 1f, Volumen Aether aus- i) Iloppe-Seyler, Handbuch der physiologischen und pathologisch-chemischen Analyse, C>. Auflage, S. 443. -) Fr. Müller, in Seifert-Müller: Klinisches Taschenbuch. Wiesbaden, Bergmann. ••<) 11. Weber, Berl. klin. Wochenschr. 1S93, No. 19. 220 Mageninhaltsprüfung. schüttelt. Enthält die Yersuchsflüssigkeit Blut, so tritt sehr bald Braunfärbung des Aethors auf. Diese Lösung von Hämatin in Essig- säure-Aether zeigt folgende Alisorptionsstrcifen: 1. im roth, 2. im gelb, 3. zwischen gelb und grün, -f. zwischen grün und blau. Der Absorptionsstreifen im roth ist der schärfste. Allerdings ist dieser Streifen nach II. W e b e r insofern nicht entscheidend, als auch Chlorophyll, das sich sowohl in pflanzlichen Antheilen des Magens wie des Darmes findet, einen ähnlichen Streifen zeigt. U m sicher zu gehen, empfiehlt W e b e r aus dem Aetherextract den Blutfarbstoff nach Versetzen mit alkoholischer Kalilauge in wässerige alkalische Lösung überzuführen und mit Schwefelammonium zu versetzen. Hierbei färbt sich die Flüssigkeit roth, und man sieht das Spectrum des reducirten Hämoglobins (zwei Streifen im grün). Das Chloro- pyllspectrum wird durch diese Procedur nicht verändert. Man kann auch in der Weise vorgehen, dass man das Magen­ filtrat mit einigen Cubikcentimetern concentrirter Essigsäure versetzt und mit Schwefeläther ausschüttelt. Der letztere wird durch auf­ genommenes Hämoglobin oder Hämatin tokayerweinartig gefärbt. Fehlt diese Farbe und bleibt der Aether hell und wenig gefärbt, so ist. nach H. W e b e r sicherlich kein Blut vorhanden. Manchmal zeigt der Aether sich aber auch grünlich oder gelbbraun gefärbt (Ilydro- bilirubin, Chlorophyll, W e b e r ) , wodurch der Nachweis von Blut auf Schwierigkeiten stösst. 4. Häininprobe. Man nimmt von dem Filterrückstand eine kleine Probe, dampft dieselbe auf einem Uhrschälchen über kleiner Flamme vorsichtig ein, kratzt den Trockenrückstand ab, mischt den­ selben mit einer Spur feinzerriebenen Kochsalzes, bringt die Mischung auf den Objectträger und lässt 1 — 2 Tropfen Eisessig zuflicssen. Hierauf erwärmt man vorsichtig und langsam bis zum ersten Auf­ treten von Blasen und lässt dann erkalten. Alan findet dann (starke Vergrösserung!) meist in kleinen rothbraunen Schollen liegend die bekannten schwarzbraunen, rhombischen Häminkrystalle (salzsaures Hämatin). Nach den Untersuchungen von IL W e b e r , die ich voll­ kommen bestätigen kann, ist die sonst, so entscheidende Häininprobe für den Mageninhalt nicht jedesmal verwerthbar, da sie bei zweifel­ losem Blutgehalt negativ ausfallen kann. b. Guujuc,probe (Almen sehe, van D e e n sehe Probe). Man versetzt, eine kleine Probe des Mageninhalts mit 1 ccm frischer (iiiajactinctur und derselben Menge des Hühnerfeld'schen ("Ionisches (Acid acetic glacial. 2,0, Aq. dost. 1,0. Ol. Terebinthin. et Spirit. Vin. rectif. äa 100,0) und schüttelt kräftig durch. Das Gemisch nimmt Mageninhalts] iriifung. 221 bei Gegenwart von Blut im Mageninhalt nach kurzer Zeit einen blauen Farbenton an. In dieser Form angestellt, ist die Guajaeprobe nicht zuverlässig, da eine grosse Reihe von Nahrungsmitteln (Pfianzon- bestandtheile, Milch.), ferner Galle, Speichel, Eiter, endlich auch an­ organische Stoffe, welche wir als Arzneimittel einführen, die gleiche Bcaction geben können. Nach II. W e b e r s Untersuchungen ist, die Probt1 in folgender Modification zuverlässig. Alan digerirt eine mög­ lichst reiche Probe der Versuchsfiüssigkeit mit Wasser unter Zusatz etwa eines Drittel Volumens Eisessig und schüttelt mit Aether aus. Von diesem sauren Extraet werden nach dem Absetzen einige Cubik­ centimeter abgegossen und mit etwa. 10 Tropfen Guajaotinctur und mit 20—.40 Tropfen harzigem Terpentin versetzt. Bei .Anwesenheit von Blut wird das Gemisch blau-violett; fehlt Blut, so wird es roth­ braun, oft mit einem Stich ins Grüne. Der blaue Farbstoff lässt sich nach Zusatz von Wasser mit Chloroform ausschütteln. 6. Durch die Eisenprobe. Dieselbe wird mich Korczynski und .Jaworski1) in folgender Weise angestellt: Eine kleine Quantität des dunklen auf Blutfarbstoff zu prüfenden Sedimentes wird in ein kleines Porzellanschälehen gebracht und mit einer geringen Menge chlorsauren Kaliums, sowie einem Tropfen concentrirtcr Salzsäure ver­ mischt und langsam über kleiner Flamme erhitzt; liothigenfalls wird noch soviel HCl hinzugefügt, bis die dunkle Farbe des Sedimentes völlig verschwindet, Nachdem sämmtliches Chlor entwichen ist, setzt man 1 — 2 Tropfen einer verdünnten Forrocvankaliunilösung hinzu, wodurch bei Gegenwart von Blutfarbstoff eine ausgesprochen blaue Färbung (Berliner Blau) entsteht. Nach meinen Erfahrungen ist diese Probe recht empfindlich, doch niuss man sicher sein, dass der Patient vorher keine Eisenpräparate gebraucht, hat. Eiter im Mageninhalt weist man mit Sicherheit durch das Mikroskop nach. Abnorme Gährung's- und Fäulnissproduete im Magreninhalt. Bei hochgradiger Stagnation des Mageninhalts findet man eine ganze Beihe von Gähruiigsproducten, die wohl zum grossen Theil, wenn nicht ausschliesslich auf hacterielle Einwirkungen zurückgeführt werden müssen. Die Gährungserregcr ebenso wie deren Producle i) Korczynski und Jaworski, Deutsche medicinische Wochenschrift 1887, No. 47—49. Sep.-Abdr. S. 35. 222 Mageninhaltsprüfung. sind uns bisher nur zum kleinen Theil bekannt, es unterliegt aber keinem Zweifel, dass dieselben in dem Symptomencomplex der Ver­ dauungskrankheiten eine äusserst wichtige Rolle spielen. A m meisten interessiren uns die Kohlenhydrat- und Eiweiss- vergährung. Als Producte der ersteren haben wir bereits oben (S. 30 u. f.) die Milch-, Butter- und Essigsäure kennen gelernt, ferner führt Buttersäuregährung wahrscheinlich (G. Hoppe-Seyler) zur Bildung von Wasserstoffgas. Hierzu gehört auch die Entwickelung von Alkohol und Kohlensäure unter dem Einfluss der Hefegährung. Als Zersetzungsproducte des Eiweiss sind Ammoniak und.Schwefelwasser­ stoff bekannt, von diesen ist besonders das Vorkommen der letzt­ genannten Gasart unter abnormen Verhältnissen genauer untersucht. Bis zu einem gewissen, bisher noch nicht genügend festgestellten Grade gehören diese Körper zu den normalen Umsetzungsproductcn, in grösseren Mengen sind sie sicher als abnorm zu betrachten. Dies gilt namentlich, wie bereits oben erwähnt, von der Milchsäure, dem Wasserstoff, dem Schwefelwasserstoff, welche als Gährungsproducte normaler Weise im Mageninhalt nur in Spuren oder gar nicht vor­ kommen. V o m Ammoniak ist durch die Untersuchungen von Rosen- heimi) und Strauss*) festgestellt, dass es in geringen Mengen (0,15 — 0,17 o/„n) normaler Weise vorkommt. Kohlensäure dürfte in geringen Mengen gleichfalls zu den normalen Vorkommnissen schon deswegen zu rechnen sein, weil sich bei der Vermischung von Darm­ saft mit Magensaft aus dem kohlensauren Natron Kohlensäure ent­ wickelt und so leicht in den Magen gelangt. cinspruhrnnj? Unsere Kenntnisse von den im Magen vorkommenden Gährungeii sind in den letzten Jahren durch die Untersuchungen von (i. Iloppe- Seyler3), K u h n * ) , M c Naught--), Strauss'5), denen ich meine eigenen beizählen darf, nicht unwesentlich bereichert worden. Der erstgenannte Autor hat einen für das Auffangen der Magengase ge­ eigneten, leicht zaisanimenstellbaren Apparat angegeben is. Fig. 21). Eine Woulff'sche Flasche trägt in ihren drei Oeffnungen (hinimistopfen, von denen i) Rosenheini, Centralhl. f. klin. Med. 1802, No. 30. *) Strauss, Berl. klin. Wochenschr. lH'.iil, No. 17. :M 0. Hoppe-Soyler, Deutsches Archiv für klinische Mediein 1802, Bd. fio S. 82—100. M F. Kuhn, Zeitsclir. f. klin. Med. Bd. 21, S. f>72. •'>) Mc Naught, Brit, med. Journ. 1800, No. lf>22. i;) Strauss, Zeitschr. f. klin. Mediein Bei. 20 und 27. Mageninhaltsprüfung. 223 der mittlere von einem bis an den Boden des Oefässes reichenden dünnen Cias­ rohr, die seitlichen von kurzen, weiten, winkelig gebogenen (dasröhren durch­ setzt werden. Das dünne (Ilasrohr ist in der Flasche so gebogen, dass es den Rand des Bodens erreicht und so bei Neigung der Flasche das Gas bis fast zum letzten Rest aufnehmen kann, ausserhalb derselben macht es zwei rechtwinkelige Krümmungen, sodal's man vermittelst eines mit Quetschhahn versehenen Gummi- schlauches beipiem (las entnehmen kann. Von den seitlichen weiten Glasröhren steht eine mit der Sclilundsonde durch einen mittelst Quetschhahn absehliessbarcn Cuniniisclilauch in Verbindung, der andere durch einen längeren Schlauch mit dem Trichter. Zur Gasaufnahmo wird die Flasche vom Trichter aus mit Wasser ge­ füllt, Der Apparat wird nun so aufgestellt, dass die Flasche um­ gekehrt hängt, etwas höher als der Mund des Kranken. Nach Einführung der Magensonde wird der Trichter gesenkt, so dass sieh Mageninhalt in die Flasche er- giesst, und es entstellt eine Flüssigkeit in derselben, die etwa mit denselben Gasmengen ge­ sättigt ist wie der Mageninhalt. Ist dann ein gewisses Quantum Mageninhalt abgeflossen, so kom­ men (lasblasen mit der Flüssig­ keit, die sich oben in der Flasche ansammeln. Das aufgefangene (las wird nun durch die mittlere Röhre entleert und kann auf seine Zusammensetzung nach den Grundsätzen der Chemie untersucht werden. In einfacher und mehr für die Zwecke der Praxis berechneter Weise kann man nach F. Kuhn so vorgehen, dass man ein Fiebig'sclics Uöhrchen (wie es für die Zuckerbestimmung im Harn verwendet wird) mit 10 ccm frischen Inhalts füllt und in den Brutschrank bringt. Auf den 0-Punkt der Scala, stellt man erst ein, sobald die im Apparat befindliehe Luft entwichen ist und die Flüssigkeit sich auf Körpertemperatur ausgedehnt hat, was in eine Stunde der Fall ist. In Ermangelung eigentlicher Gährungsröhrchen kann man, wie dies Riegel 1) empfiehlt, sich der von Moritz für die Zuckor­ bestimmung angegebenen Vorrichtung bedienen, die aus einem Rea- gensröhrchen besteht, welches mit einem durchbohrten Guinmistopfen, der in einer Bohrung ein knieförmig gebogenes Glasröhrchen trägt, geschlossen ist. Nachdem das Reagcnsgias bis zum Bande mit Magen­ inhalt gefüllt ist, wird es mit dem Guinmistopfen, der das Glas- i) Riegel, Die Erkrankungen des Magens, 1. Th., S. 140. 224 Mageninhaltsprüfung. röhrchen trägt, verschlossen. Hierbei füllt sich auch das letztere mit dem verdrängten Inhalt, wodurch der ganze Apparat luftleer wird. Derselbe wird nun umgekehrt in ein Becherglas gestellt. Maassgebende diagnostische Schlüsse sind durch diese Untersuchungen bisher nicht, gewonnen. Schon durch frühere Untersuchungen von W a l d e n bürg 1) Popoff-), Friedreich und Schultze3), Ewald 4), Mc Naught 5) war das gelegentliche Vorkommen abnormer, brennender Gase fest­ gestellt, durch die oben erwähnten Untersuchungen von H o p p e - Seyler und K u h n ist, dargethan, dass brennbare Gase, in erster Reihe Wasserstoff, ein ausserordentlich häufiges Vorkommniss bei Magenerkrankungen bilden, die mit Stagnation einhergehen. Als wesentlichen Bestandtheil ausser Wasserstoff fand Hoppe-Sevler vorwiegend Kohlensäure, K u h n ausserdem nocli Stickstoff- und Sumpfgas. Die abnorme Gasbildung fand sich sehr häufig in Ge­ mischen, welche durch einen hohen Grad von Salzsäure ausgezeichnet waren. schwefei- Ausser den genannten Gasen war schon früher gelegentlich a^gen^ nha™ (hirch Senator11), Betz<), E m m i n g h a u s s ) unter verschiedenen pathologischen Verhältnissen Schwefelwasserstoffbildung im Körper und hierdurch auftretende Resorption dieses giftigen Gases beobachtet, worden. Wie ich vor einigen Jahren nachgewiesen habe''), gehört die Bildung von H 2 S im Magen bei stagnirondem Inhalt keineswegs zu den Seltenheiten. Seit meiner Publikation im Jahre 1SÜ2 habe ich auf das Vorkommen von H 2 S bei gutartigen Ectasieen stets geachtet und es seither als ungemein häufiges Vorkommniss beobachtet. Denselben Befund konnte auch Zawadzki 1 0) in vier Fällen von motorischer Insufficienz erheben. In einem von Strauss1') mitgetheilten Fall von Schwefehvasserstoffgährung im Magen dagegen ist die Provenienz zweifelhaft, da es sich u m eine Darmstenose handelte. Als Ursache der Schwefelwasserstoffgährung bezeichnet Strauss das Bacterium ') ('itirt bei V. Kuhn 1. c. •A Popoff, Berl. klin. Wochenschr. 1870, No. 38. 3) Schnitze, Berl. klin. Wochenschr. 1874, No. 27/28. •>) Ewald, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1874, S. 217. • r>) Mc Naught 1. c. (!) Senator, Berl. klin. Wochenschr. 18(18, S. 2f>4. ") Betz, Meniorahilien lsi',4, S. 145 und 18611, S. 1. s) kinniinghaus, Berl. klin. Wochenschr. 1872, No. 40. '•') Boas, Deutsche medicinische Wochenschrift 1802, No. 40. io) Zawadzki, (Vntralbl. f. innere Mediein 1894, No. 50. n) Strauss, Berl. klin. Wochenschr. 189ü, No. 18. Mageninhaltsprüfung. 225 coli. Namentlich kommt es häufig in alten, noch gar nicht oder un­ zweckmässig behandelten Fällen von gutartiger Ectasie zur Beob­ achtung, während es bei Carcinomen mit Milclisäuregährung zu den Seltenheiten gehört,') Die Bildung von Schwefelwasserstoff habe ich sowohl bei schwachen als auch bei hohen Salzsäuregraden beob­ achtet. Der Nachweis geschieht theils durch den speeifischen Ge­ ruch, theils durch Einhängen eines mit alkalischer Bleizuckerlösung getränkten Papierstreifens in das den Mageninhalt enthaltende, wohl­ verkorkte Gefäss. Die Schwefelwasserstoffbildimg im Magen ist zweifellos als eine bacterielle anzusehen. Konnte doch Dauber 2) bei theils normalen, theils motorisch mehr oder weniger insufficienten Fällen im Magen­ inhalt im ganzen 13 Bacterienarten feststellen, welche stark H 2 S bilden, und 10 Arten, welche massig oder schwach H 2 S bilden; am meisten Schwefelwasserstoffbildner wurden bei den Fällen von hoch­ gradiger motorischer Insufficienz gefunden. Die von Da üb er ge­ züchteten Bacterien erwiesen sich gegen Salzsäure äusserst resistent. Aus allen diesen Untersuchungen geht die praktisch bedeutungsvolle Thatsache hervor, dass die Bildung abnormer Gährungsproducte durch Salzsäure zwar aufgehoben wird, aber nur bei normaler motorischer Thätigkeit. Bei Anhäufung stagnirender Ingesta ist auch reichliche Salzsäureanwesenheit nicht im Stande, die Bildung flüssiger oder gasförmiger Zersetzungsproduete zu verhindern. A 1s eigcnthümliche Zersetzungsproduete der Eiweisskörper kennen Aceton im wir ferner das Aceton. Nachdem schon v. Jaksch3) im Mageninhalt Magenm Aceton wiederholt und mit aller Sicherheit nachgewiesen hatte, ist in neuester Zeit Lorenz 4) dem Gegenstande näher getreten und konnte gleichfalls im Destillat des Mageninhalts, zumal bei Magcn- dilatationen, wiederholt Aceton nachweisen, dessen Gehalt den des Harns bisweilen sogar übertraf. In mehreren Fällen von Magen- erkrankungen konnte Lorenz auch in Destillat der Excremente Aceton nachweisen. Von Penzoldt"') und Savelieff") wird da­ gegen das Vorkommen von Aceton im Mageninhalt bestritten. Ueber sonstige Producte der chronischen Eiweissfäulniss im Magendarmeanal liegen Thatsachen von Bedeutung bisher nicht vor, i) Boas, Centralbl. f. innere Mediein 1895, No. 3. •+) Dauber, Arch. für Verdauungskrankheiten 1897, Bd. 3, Heft 1 u. 2. •'<) v. Jaksch, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 8, S. 3G. i) H. Loren/, ibid. Bd. 19, S. 19. • r>) Penzoldt, Deutsch. Arch. f. klin. Mediein 1884, Bd. 34. '>_) Savelieff, Berliner klin. Wochenschrift 1894, No. 33. Boas, Allg. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Aufl. JK 226 Mageninhaltsprüfung. obwohl es zweifellos ist, dass dieselben in der Symptomatologie eine hervorragende Rolle spielen. Die vielfach beobachteten Vergiftungen mit faulem Fleisch, Wurst, Fischen, Miesmuscheln weisen auf die Gegenwart bestimmter giftiger Basen im Magen­ darm canal hin, wie solche besonders Brieger, V a u g h a n , Ehrenberg u. a. aus einer Reihe von fauligen, bezw. giftigen Nahrungsmitteln dargestellt haben. Aufgabe weiterer Forschungen wird es sein, die auch bei chronischen mit Fäulniss­ vorgängen einhergehenden Digestionskrankheiten sich bildenden Basen nach den besonders vonBriegeri) ausgebildeten Methoden zu isoliren, wodurch zweifellos auch der Diagnostik neue Bahnen erschlossen würden. Mikroskopische Uirtersuchimg-en des Mag-eninhalts. Die mikroskopische Untersuchung des Mageninhalts und des Erbrochenen kann zuweilen wichtige diagnostische Aufschlüsse ge­ währen, weshalb dieselbe in keinem Falle unterlassen werden darf. Man kann hierbei in Betracht ziehen einmal die Bestandtheile des etwa nüchtern gewonnenen Secretes, sodann die Veränderungen, welche die Ingesta unter dem Einfluss des Aufenthaltes im Magen erleiden. Mikroskopie a) Das nüchterne Secret (sofern es speisefrei ist) besteht nor- fiageM^ rTts11 m^er Weise aus Magensaft mit Schleim und Speichel gemischt und zeigt eine Reihe mikroskopischer Elemente, die leicht als den letz­ teren beiden Secreten angehörig zu erkennen sind. Ausserdem finden sich regelmässig Reste von Nahrungsmitteln, Pflanzenfasern, elastische Fasern, vereinzelte Muskelfibrillen, Amylumkörperchen, Fetttröpfchen und Fettsäurekristalle, sodann mehr oder weniger reichliche Leuco­ cyten und Zellkerne, wie sie theils als Einwirkung des Magen­ saftes auf Schleimkörperchen oder auf die Epithelzellen der Magen­ schleimhaut vorkommen. Dieser Vorgang lässt sich leicht experi­ mentell in der Weise darthun, dass man zu neutral oder alkalisch reagirendem Magenschleim verdünnte HCl hinzufügt: es treten sofort zahlreiche Zellkerne auf. spiraizeiien. Einen häufigen Bestandtheil zumal des nüchternen Magensecretes stellen die zuerst von Jaworski 2) beschriebenen Schnecken- oder Spiralzellen dar (Fig. 22). Man findet diese zierlichen Gebilde nicht, wie der genannte Autor meint, in einigen seltenen Fällen, sondern ganz constant, wenn auch mehr oder weniger scharf ausgeprägt, in jedem HCl-haltigen nüchternen Mageninhalt. Besonders eignen sich i) Brieger, Ueber Ptomaine. Berlin 1885, I. Theil, S. 14 u. f. Hierselbst auch umfangreiche Literaturangaben. 2) Jaworski, Münchener med. Wochenschr. 1887, No. 32 und Verhandlungen des Congr. f. innere Mediein 1888. Mageninhaltsprüfung. 227 Fig. 22. zum Nachweis, wie ich beobachtete, die kleinen sagokornähnlichen Schleimpfröpfchen, die sich fast constant im sauren Magensecret ge­ wöhnlich am Boden des Gelasses ansammeln. Die genannten Zellen stellen nach den Untersuchungen von Tellering1), die durch P C o h n h c i m in meinem Laboratorium bestätigt sind, nichts anderes als durch Salzsäure verändertes Myelin dar, denn man kann an jedem Bronchial- oder Pharynxschleim, dem man genügend HCl zusetzt, sofort die Bildung dieser Schneckenzellen ver­ folgen. Sie kommen theils einzeln, und dann gewöhn­ lich in ansehnlicher Grösse, theils in grossen Haufen und von geringerer Grösse, theils endlich in Form gestreckt an einanderliegender langer perlschnurartiger Fäden vor. In einzelnen Gebilden ist die Sehneckenform aufs ge­ naueste eingehalten, in an­ deren, meist grösseren Ge­ bilden ist sie mehr unregel- mässig. Bei längerem Stehen des Mageninhalts verschwin­ den sie, und man findet nur noch Zellkerne und Detri- Spiralzcllen aus einem Schleimflöckchen des nüchternen Mageninhalts, zwischen diesen sarcineähnliche Gebilde in Tetradenform. (Eigene Beobachtung.) tusmassen; alkalisirt man dagegen den Mageninhalt, so kann man sie noch nach mehreren Tagen nachweisen. Soweit ich sehe, kommt den Gebilden, denen man auch im Salzsäuren Speisebrei, namentlich sobald letzterem viel Magen-, bezw. Rachen- oder Bronchialschleim beigemengt ist, begegnet, eine dia­ gnostische Bedeutung nicht zu. Zuweilen kommen auch desquamirte Epithelien sowie Fragmente Fragmente von Drüsenschi an ehen im nüchternen Mageninhalt vor (Fig. 2:5), vs°hiäucheu" ein Befund, der nicht so selten erhoben wird, als es nach den Schil­ derungen anderer der Fall zu sein scheint. Ich habe mehrfach deutlich Fragmente von Drüsenschläuchen, an denen die Textur mit Sicherheit zu erkennen war, beobachten können; in allen diesen •) Tellering, Inaug.-Dissertation Bonn 1895. 15* 228 Mageninhaltsprüfung. Fällen traten besonders die Kerne deutlich hervor, während das Pro­ toplasma erst auf schwachen Alkalizusatz erkennbar wurde. Nicht selten beobachtete ich auch die bekannten Becherzellen, theils einzeln, theils mehrere (2—3) zusammen. Auch einzelne grosse Zellen von dem Aussehen der Belegzellen konnte ich häufig beobachten. In keinem nüchternen Magensecret fehlen Bacillen und Micro- coccen der verschiedensten Art. Lepthotrix habe ich unter mehr als hundert die Mikroskopie des nüchternen Magensecrets berück- Fig. 23. Fragmente von Drüsenschläuchen des Magens. (Eigene Beobachtung.) sichtigenden Untersuchungen niemals vermisst. Vereinzelte Hefe­ zellen, theils einzeln, theils in Haufen zusammenliegend werden be­ kanntlich auch unter normalen Verhältnissen angetroffen, zweimal bin ich im stark Salzsäuren Mageninhalt (1 Phthisis pulmon., 1 Anämie) Schimmelpilzen begegnet. Eine im sauren, namentlich nüchternen Magensecret ziemlich häufig vorkommende Species bilden Micrococcen in Tetradenfonn, ähnlich wie die Sarcine, nur weit kleiner und heller Mageninhaltsprüfung. 220 (vcrgi.Eig.22). Sielassen sich mit, Methylenblau, Bismarehbraun, Fuchsin ausgezeichnet färben. In mehreren Fällen konnte ich auch den But- tersäurebacillus (Clostri­ dium butyricum) im nüch­ ternen Magensecret nach­ weisen; derselbe characte- risirte sich durch die be­ kannte Blauschwarzfär­ bung bei Jodzusatz und die Wetzstein- oder Citro- nenform. In einem Falle fand ich den Buttersäurc- bacillus in nüchternem, stark salzsaurem Secret eines Fanatikers (Pylorus­ stenose nach Ulcus). — In einer grossen Reihe von Fällen fand ich die von Bienstock1) in den Faeces entdeckten in einen Knopf endigendenBacillcn (Trommelschlägerform). Ausserdem kommen noch andere Bacterien vor deren genaue Be­ schreibung hier zu weit führen würde.-) Es werden ferner Kristalle im Sediment des nüchternen Mageninhalts, und zwar besonders im gallehaltigen beobachtet. Hier trifft man relativ Fig. 24. Leueinkugeln in verschiedenen Formen. Bei V zwei Cholestorintafcln. Ans menschlichen Diinndarnisaft gewonnen. (Eigene Beobachtung.) Fig. 25. 4'vrosinnadeln aus menschlichem Dünndarmsaft. (Eigene Beobachtung.) i) Bienstock, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 8, S. 27. )^ vergl. Abelous, Recherches sur les microbes de l'estomac ä l'etat normal. Paris 1889. 230 Mageninhaltsprüfung. häufig Cholestearintafeln und Leucinkugeln (s. Fig. 24), erstere durch die eigenthümliche gezackte Form und das mikrochemische Ver­ halten, letztere durch ihre Form und Farbe leicht kenntlich. Nie­ mals dagegen habe ich Tyrosinnadeln ohne weiteres beobachtet. Auch Kristalle, welche ihrer Form nach der basisch phosphorsauren Magnesia glichen (längliche Rhomben), habe ich zweimal in neu­ tralem Mageninhalt beobachtet. Auf Essigsäurezusatz lösten sich die­ selben auf. N a u n y n erwähnt auch einen Fall von Magencatarrh, bei dem sich in dem ausgepumpten Mageninhalt reichlich Oxalsäurekristalle fanden, die sich nach längerer Behandlung verloren. Aus jedem gallehaltigen Magensecret lassen sich Leucin und Tyrosin leicht darstellen. Man kann in einfachster Weise so verfahren, dass man in einem Uhr­ schälchen eine kleine Quantität Mageninhalt langsam verdunsten lässt. Schon nach 24 Sttmden sieht man vereinzelt mehr oder weniger dunkelbraunschwarze Leucinkugeln sich auskrystallisiren. Zur Darstellung des Leucins in grösserem Maassstabe dampft man das Magenfiltrat auf dem Wasserbade bis zur Syrupcon- sistenz ein, extrahirt wiederholt mit heissem, ammoniakalischem Alkohol. Beim Erkalten scheiden sich dann Leucinkugeln und ebenso auch Tyrosinnadeln in grösseren Mengen ab (Fig. 25). Reactionen des Leucin. 1. Beim Erwärmen der Lösungen mit salpcter- saurem Quecksilberoxyd scheidet sich Quecksilber aus. 2. A m Platinblcch mit Salpetersäure abgedampft hinterlässt es einen un­ gefärbten Rückstand; auf Zusatz von Kalilauge bildet sich beim Erwärmen ein ölartiger, das Platinblcch nicht benetzender Tropfen (Scherer's Reaction). Reactionen des lyrosin. 1. Man benetzt eine kleine Quantität der auf Tyrosin zu prüfenden Substanz mit 1—2 Tropfen Sehwefelsäure, lässt das Gemisch V<2 Stunde bedeckt stehen, verdünnt es dann mit Wasser, sättigt das Gemisch in der Hitze mit kohlensaurem Kalk und filtrirt. Auf Zusatz von säurefreiem Eisenchlorid nimmt das Filtrat eine violette Farbe an. Diese Probe gelingt nur mit reinem leucinfreien Tyrosin (Reactionen von Piria und Städeler). 3. Die Kristalle werden in heissem Wasser gelöst und die heisse Lösung mit salpetersaurem Quecksilberoxyd und salpetrigsaurein Kalk versetzt. Die Flüssigkeit wird dunkclroth und giebt starken gleichfalls violetten bis rosarothen Niederschlag (Hoffmann's Reaction). 4. Recht empfindlich ist nach meinen Beobachtungen die von C Wurster 1) neuerdings angegebene Reaction mittelst Ohinon. Die Kristalle werden in kochendem Wasser gelöst und etwas trockenes Chinon hinzugefügt. Schon bei leichtem Erwärmen (nicht Erhitzen) tritt tiefrubinrothe Färbung des Gemisches ein. Längeres Erhitzen muss vermieden werden, da Chinon bei längerem Kochen selbst schwach rothe Färbung annimmt. Mikroskopie b) Die mikroskopische Untersuchung des Mageninhalts nach df ;yagen; vorangegangener Nahrungsaufnahme gewährt die Möglichkeit, neben Nahrungs- - i) C. Wurster, Centralblatt f. Physiologie 1887, Bd. 1, No. 9. Mageninhaltsprüfung. 231 den genannten organischen und anorganischen Producten auch die Metamorphose der Ingesta unter dem Einfluss der Verdauung zu stu- diren. Characteristische und diagnostisch mitunter verwendbare Ver­ änderungen erleiden die Amylaceen, die Muskelfasern und die Fette. Bekanntlich wird die Convertirung des Amylums durch Säure- excess stark gehindert, man findet daher bei Jodjodkaliumzusatz eine Menge intensiv b lauget arbter Amylumkörperchen, zugleich auch wohl­ erhaltene, die characteristische, concentrische Schichtung darbietende Pflanzenzellen verschiedener Art (P) aus einem ectatischen Mageninhalt. (Eigene Beobachtung.), Elemente. Bei Säureabwesenheit findet man nur vereinzelt oder gar keine Blaufärbung, auch gut erhaltene Amylumkörperchen sieht man nur hin und wieder. Ist dies dennoch der Fall, so mahnt das zur Prüfung der diastatischen Fähigkeit des Speichels. Ausser Amylumkörperchen findet man häufig Pflanzenzellen, ferner Cellulose, Pflanzenfasern, sämmtlich durch die Jodreaction scharf characterisirt. (Fig. 26.) Recht verschiedenartig ist je nach dem Zustand und dem Sta­ dium der Digestion das Aussehen und Verhalten der Muskelfasern. Gut erhaltene Cüierstreifung zahlreicher Muskelfasern in einem 232 Mageninhaltsprüfung. Mageninhalt, mehrere Stunden nach der Verdauung, spricht für mangelhafte peptische Wirksamkeit des Magensaftes, doch kann auch bei verloren gegangener Querstreifung die Saftseeretion eine unge­ nügende sein, indem bei Gährungsvorgängen im Magen eine all­ mähliche Maceration der Fibrillen stattfindet. A m häufigsten be­ gegnet man Muskelfasern im ectatischen Mageninhalte (s. Fig. 2S), der auch makroskopisch schon Fleischreste deutlich erkennen lässt. Sobald übrigens die Querstreifung verloren geht, bilden die Fibrillen structurlose Schollen, deren Abstammung sich dann kaum noch fest­ stellen lässt. Häufig kommen im Mageninhalt auch Fetttröpfchen und Fett­ säurenudeln vor, letztere durch ihre Lösung beim Erwärmen und allmähliche Wiederbildung nach dem Erkalten leicht zu erkennen. Abnorm reicher Gehalt an Fetttröpfchen und Fettsäurenadeln kommt besonders häufig, aber nicht ausschliesslich bei Ectasie des Magens vor, wo man auch makroskopisch schon die auf der Oberfläche schwimmenden Fettschicht beobachten kann. Wie im nüchternen Magensecret, so kommen auch im Magen­ inhalt Schleim und Eiterkörperchcn in grossen Mengen vor, des­ gleichen finden sich zahlreiche Zellkerne. Auch Plattenepithelien sind ein regelmässiger Bcstandtheil eines jeden Mageninhalts. Des­ gleichen sind Epithelien des Pharynx und selbst des Oesophagus keine Seltenheiten im Mageninhalt. Die bereits oben (S. 226) erwähnten Schnecken- oder Spiral­ zellen finden sich häufig in stark saurem Mageninhalt, und zwar in dem fast immer beigemischten Schleim oder Speichel. Auch Epithelien der Magenschleimhaut werden schon unter normalen Verhältnissen, wenngleich spärlich, bei sorgfältiger Unter­ suchung im Mageninhalt gefunden, desgleichen Drüsenepithelzellen theils gut erhalten, theils geschrumpft oder im Zerfall begriffen, theils endlich körnig getrübt. Von grosser praktischer Bedeutung ist das Vorkommen von Krebszellennesteru im Erbrochenen oder Magen­ inhalt, wie sie von Anderen (Ewald) und auch von mir beobachtet worden sind. Ihre unzweideutige Anwesenheit ist eines der sicher­ sten Criterien des Magenearcinom. Leider handelt, es sich hierbei fast immer nur u m zufällige Befunde. Trotzdem weisen sie auf die Wichtigkeit der mikroskopischen Mageninhaltsprüfung hin. Rothe Blutkörperchen werden schon bei geringen Blutungen im Erbrochenen oder Mageninhalt gefunden; bei neutralem oder schwach­ saurem Mageninhalt halten sie sich Stunden lang unverändert, bei HCl-Anwesenheit werden sie sofort zerstört. Ueber die diagnostische Mageninhaltsprüfung. 233 Bedeutung von Blut im Erbrochenen oder Mageninhalt ist das Wich­ tigste bereits oben (s. S. 219) erörtert. Von Sprosspilzen sind (wenigstens in geringen Mengen) als normaler Bostandtheil die ITefepilze zu bezeichnen Auch Soorpilz (Oidium s. Saecharonievco-- albicans), meist aus der Mundhöhle stammend, wird mitunter angetroffen. Desgleichen findet man in kleiner Zahl Schimmelpilze (Mucorformen), gleichfalls ohne wesent­ liche pathognostische Bedeutung. Einigermassen verwickelt liegt die Frage des Vorkommens und der Bedeutung von Spaltpilzen, deren bereits oben kurz Erwähnung geschehen ist. Es ist zweifellos, dass es sich bei einer grossen Zahl von Sehizomyceten des Mageninhalts u m harmlose, mit den Speisen oder aus der Mundhöhle in den Magen gelangte Schmarotzer oder sogar u m günstig wirkende Lebewesen handelt. Auf der anderen Seite niuss zugestanden werden, dass die Zahl derselben und die hierdurch bedingten abnormen Umsetzungen von schädlichem Ein­ fluss auf den Digestionsablauf sein können. Hie Morphologie betreffend, so hat besonders de Bary 1) die im Mageninhalt vorkommenden Spaltpilzarten genau studirt. Er fand in siebzehn Fällen folgende pflanzliche Mikroorganismen: Sarcina ventriculi, Fadenpilze (Oidium lactis, Mucormycelien, unbestimmte Formen), Sprosspilze (kugelige, längliche, Chalaraformen, sämmtlich nicht gährungserregend), Leptothrix buccalis, Bacillus amylobacter und eine dem Bacillus subtilis (s. o.) ähnliche Form, die de Bary als Bacillus geniculafus bezeichnet. Dieselbe bildet zickzackförmige Stäbchenreihen und zeigt kurz nach der Krümmung Eigenbewegung. Die kleinsten sind 4 — b g lang und 0,5—0,6 g breit, Die Vernichtung des Bacillus geniculafus, den auch ich häufig zu sehen Gelegenheit hatte, wird nach de Bary schon durch 0,2% Salzsäure bewirkt, Offen­ bar ist aber hiermit die Pilzflora des Magens auch nicht annähernd er­ schöpft, de Bary kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu dem Schluss, dass man die Gährwirkung der Pilze als Factor bei der Ent­ stehung von Dilatationen und sonstigen Magenstörungen überschätzt habe. Miller-) hat, neben einer Reihe anderer Thatsachen den wich­ tigen Nachweis erbracht, dass durch die Salzsäure die in den Magen gelangten Pilze lainesivegs sämmtlich. zerstört icerelen, sondern zum Theil in enlwiekeiungsfähigein Zustande in den Darm gelangen In den letzten Jahren ist die Bacterienflora des Magens durch Bacterien im Magen. i) de Bary, Archiv f. exper. Pathol. u. Therapie Bd. 20, S. 243. A Miller 1. c. S. 250. 234 Mageninhaltsprüfung. Abelous, J. K a u f m a n n , Gillepsie u. a. Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen. Andere .Autoren haben sich mehr mit dem Studium einzelner Bacterienarten begnügt, Im ganzen ist der Ge­ winn dieser Bemühungen ein geringer, da sich gezeigt hat, dass der Magen eine grosse Zahl der allerverschiedensten Pilzspecies beher­ bergt, was nicht Wunder nimmt, wenn man bedenkt, dass die Spalt­ pilze dem Magen aus der Luft, aus dem Speichel, sowie aus den Nahrungsmitteln und Getränken überliefert werden. Daraus folgt schon die Unwahrscheinlichkeit, aus diesem complicirten Gemisch bestimmte, speeifische Bacterien zu isoliren. Trotzdem scheint mir, als ob in den zuerst von mir beobachteten, später von Oppler1) genauer beschriebenen, von K a u f m a n n und Schlesinger2) gezüchteten langen, fadenförmigen, unbeweglichen Ba­ cillen, die man in besonders grossen Mengen bei Magencarcinom (bei Anacidität und Stagnation) findet, der Milchsäurebacillus tax1 iqoy^v zu erblicken ist.3) Es ist aber Strauss beizupflichten, der nur dann einen characteristischen Befund annimmt, wenn die Bacillen das Gesichtsfeld völlig beherrschen. Mit dieser Beschränkung ist mir der Nachweis der von mir als »Fadenbacillen« bezeichneten Bacterien namentlich zur Ergänzung des Milchsäurenachweises auf chemischem Wege diagnostisch nicht ohne Werth. Was die übrigen Magenbacterien, deren Einzelbesprechung zu weit führen würde, betrifft, so muss, wie Minkowski 4) ganz richtig bemerkt, mehr die Zahl als die Art der Mikroorganismen für die Diagnose einer krankhaften Gährung in Betracht gezogen werden. Die Störungen, welche aus einer abnormen Anhäufung von Spaltpilzen entstehen, können nach Minkowski in folgender Weise erklärt werden: 1. Können Substanzen gebildet werden, welche die Magen­ schleimhaut reizen und in catarrhalische Entzündung versetzen. 2. Es können erhebliche Gasmengen gebildet werden, welche subjeetive Beschwerden verursachen und die ohnehin bestehende me­ chanische Mageninsufficienz steigern. 3. Die Gährungen können zur Entstehung von Substanzen Ver­ anlassung geben, welche toxische Wirkung auszuüben im Stande sind. 4. Bei Gährungen der Eiweisssubstanzen können alkalische !) Oppler, Deutsche mediein. Wochenschr. 1895, No. 5. 2) Kaufmann u. Schlesinger, Wiener klin. Rundschau 1895, No. 15. •i) S. die Abbildung im speciellen Theil (3. Aufl.) S. 185. 4) Minkowski, Mittheilungen aus der mediein. Klinik zu Königsberg i. Pr. Herausg. von B. Naunyn, Leipzig 1888, S. 156, Mageninhaltsprüfung. 235 Producfe entstehen, welche eine Neutralisation der etwa noch se- cernirten Salzsäure bewirken. 5. Es können Magengährungen von grossem Einfluss auf die Darmfunction sein. Praktisch und diagnostisch von grosser Bedeutung ist das Vor­ kommen von Hefepil- zen und Saraina ven­ triculi im Mageninhalt. Vereinzelt können Hefe und Sareine bei ver­ schiedenartigen Magen­ erkrankungen vorkom­ men, in grösseren Men­ gen dagegen sind sie nur bei exccssiver Stagna­ tion des Mageninhalts zu beobachten. Sehr häufig kommen Hefe und Sarcine gemeinsam vor. Das Aussehen der Hefe (Fig. 27) ist sehr charakteristisch: die glänzenden, ovalen, dop- peltcontourirten, häufig perlschnurartig aneinander gereihten, mit Jod sich gelb färbenden Zellen sind ohne Weiteres zu erkennen. Die Sarcine (Fig. 2S u. 29) kommt im Mageninhalt in zwei vor- saivine im sehiedenen Formen vor: 1. in der bekannten Waarenballenforiu, ' ag01 wobei die Packete bald grösser bald kleiner, bald hellglänzend, bald braungelb erscheinen, was wahrscheinlich auf verschiedene Alters- zustände der Organismen zu beziehen ist, 2. in Form von regellosen Haufen oder cubiseh angeordneten Ballen, die aus kleineren Einzel­ individuen bestehen. Alle die genannten Arten zeigen in deutlicher Weise die Cellulosereaction,1) wodurch sie ihre Zugehörigkeit zu den pflanzlichen Organismen documentiren. J) Eine sareinereiche Stelle des Präparats betupft man mit einem grossen Tropfen folgender Lösung: Chlorzink 20,0 Jodkalium 6,5 Jod. 1,3 Wasser 10,5 und bedeckt erst nach einigen Minuten mit dem Deckglase. Alsdann erscheint alles Amyluin tiefblau, die Sarcineballen schön rothviolett. Ilefegährung im Magen. (Eigene Beobachtung.) 236 Mageninhaltsprüfung. Die Reinzüchtung von Magensarcine ist bis vor kurzem vergeblich ver­ sucht worden. Falkenheim C gelang es, nur die zweite Speeies, und zwar nur auf lleuinfus, zu diltivircn. Erst Oppler-o. ist es gelungen, mehrere Formen in Reincultur auf den verschiedensten Nährböden zu züchten. Die Waarenballensareine ikig. 2(.)A), aus Einzelindividuen von 8, 64 u. s. w. bestehend, wächst in Bouillon, Gelatine, Kartoffeln, Agar-Agar, besonders gut in Heuinfus, dem 2•>'„ Traubenzucker zugesetzt wird, bei Bruttenipcratur. In lleu­ infus und Bouillon wächst sie als flockiger Bodensatz und dichte Kahmhaut, Fig. 28. Mikroskopischer Befund bei hochgradiger Ectasie des Magens. A Amylumkörper. M .Muskelfasern. <£!> Medullareareinom des Magens. Geschwulst­ partikel, bei der Expression des Magen­ inhalts gewonnen. (Eigene Beobachtung.) anderen kommt es überhaupt zu keiner Blutum i) 0. Bosenbach, Deutsche medicinische Wochenschrift 1882, No. 33. *) Beineboth, Deutsch. Arch. f. klin. Mediein Bd. 58. a) Lubarsch-Martitts, Ueber Achylia gastriea. Leipzig und Wien 1897, S. 161. i) Samuel Fenwick, The morbid states of the stomach and duodenum etc. London 18G8, S. 308 (citirt nach Ebstein, Berl. klin. Wochenschr. 1895, S. 71. Mageninhaltsprüfung. 239 Durchmusterung des Mageninhalts zeigt ein oder mehrere Schleim­ hautfragmente. Niemals habe ich nach einer derartigen Abstossung von Fragmenten der Mucosa üble Folgen, überhaupt irgend eine Veränderung im Befinden des Kranken beobachtet, sodass ich ein solches Ereigniss, das man selbstredend nicht durch brüsque Sonden­ anwendung intendiren sollte, für die Diagnose als bedeutungsvoll, unter Einständen selbst ausschlaggebend erachte. Besonders häufig kommt es zu Schleimhautexfoliationen in Fällen von chronischer Gastritis, sodann fand ich auch Schleimhaut­ partikelchen in mehreren Fällen von starker Superacidität (ohne Ulcus), endlich auch in Fällen von Neurosen. Ich habe hierbei den Eindruck gewonnen, als ob manche Schleimhäute stark aufgelockert sind und daher schon ein geringer Insult oder selbst einfaches Pressen kleine Ablösungen der Mucosa hervorbringen kann. Die Insulte sind hierbei so geringfügig, die Pressbewegungen so wenig eingreifend, dass ich mich der Ansicht nicht verschliessen kann, dass bei besonderer Auflockerung und Schwellung der Mucosa, vielleicht schon beim Defäcationsact, ähnliche Abstossungen vorkommen können, die natürlich zunächst latent bleiben. Ich glaube nicht zuweit zu gehen, wenn ich dieses Moment sogar für die Aetiologie des Ulcus ventriculi bezw. der folliculären Ulcerationen gewürdigt wissen möchte, zumal bei FUcus Obstipation jahrelang vorherzugehen pflegt. Wie Einhorn 1) zuerst beobachtet und Pariser*) neuerdings bestätigt hat, kann man auch bei Ausspülungen des Magens in ein­ zelnen Fällen derartige Schleimhautpartikelchen, und zwar constant finden. Einhorn und desgleichen Pariser glauben diesen Befund auf eine besondere Krankheitsform, die anatomisch bereits seit langem wohlbekannten hämorrhagischen Erosionen, beziehen zu sollen. Die subjectiven Beschwerden bestehen in heftigen Schmerzen nach der Nahrungsaufnahme, Abmagerung und Schwächegefühl. Der Magen­ inhalt bietet nichts Characteristisches. Nach meiner Ansicht liegt aber hier kein eigentliches Krankheitsbild, sondern ein Symptomen- complex vor, dessen Constanz erst an der Hand eines grösseren Materials erwiesen werden muss. Der diagnostische Werth der mikroskopischen Prüfung von Diagnostische Schleimhauttheilchen beruht nun einmal in der Controlle, die man de B/edxeflömrfen hierdurch an die klinische Beobachtung legen kann, sodann in der schteimhaut- ' stuckchen. i) Einhorn, Medical Record June 23, 1894, und Diseases of the stomach. New-York 1897, S. 234 u. f. 2) Pariser, Medicinische Revue 1897, No. 1. 240 Mageninhaltsprüfung. Möglichkeit, klinisch zweifelhafte Fälle der Diagnose überhaupt zu­ gänglich zu machen. In letzterer Hinsicht möchte ich vor allem auf die Fälle hin­ weisen, die uns diagnostisch die grössten Schwierigkeiten machen, nämlich Digestionsstörungen, die unter dem Bilde von Neurosen ver­ laufen. Die Differentiaidiagnose zwischen Neurosen oder Catarrh wird durch die mikroskopische Besichtigung eines kleinen Schleim­ hautstückchens in einzelnen Fällen erheblich erleichtert, A Fig. 31. C Die drei Präparate betreffen kleine Fragmente der Mucosa, die unmittelbar nach der Gewinnung frisch in physiologischer Kochsalzlösung untersucht imd gezeichnet wurden. (Eigene Beobachtung.) Besonders scheint sich mir aus diesen Beobachtungen eine gewisse Perspective für die präcisere Beurtheilung von Fällen mit Secretions- insufficienz zu ergeben. Unsere bisherigen Mittel, eine Stauungsinsuffi- cienz von einer durch organische Drüsenveränderungen bewirkten zu unterscheiden, sind bekanntlich nicht, in allen Fällen genügend. Diese Lücke kann durch die mikroskopische Untersuchung von exfoliirten Partikelchen der Mucosa zuweilen ausgefüllt werden. So fand sich bei einem Patienten mit chronischer Enteritis und Magencatarrh bei der Expression nach Probefrühstück, das wochenlang constant HCl-frei war, ein derartiges Partikelchen, das ich theils frisch theils nach Härtung Mageninhaltsprüfung. 241 in Alkohol untersuchte.1) Es fand sich eine geringfügige interstitielle Gastritis, welche die Hoffnung auf Restitution ergab. In der That stellte sich zu meiner Freude einige Wochen später eine ganz nor­ male FI (1- Abscheidung ein, während die Beschwerden des Patienten (copiöse Diarrhöen, Druck und Völle nach dem Essen) zurückgingen. In ähnlicher Weise fand ich in anderen vorgeschrittenen und durch Normale Magenschleimhaut von einem Falle von Magenatonie (schwache Ver- grösscrung). Bei l> drei isolirte I »riisenschläuclic mit deutlich sichtbaren Haupt­ amt Belegzellen (starke Vergrösserung). (Eigene Beobachtung.) jahrelanges Bestehen sich auszeichnenden füllen wesentlich aus­ geprägtere Veränderungen an der Schleimhaut. Die drei Abbildungen (Fig. 31, A, B, C) geben z. B. Schemata leichter und schwerer inter­ stitieller Gastritis. Während bei A kaum wesentliche Vermehrungen des intergiandulären Gewebes zu beobachten sind, bemerkt man bei B schon bedeutend mächtigere Bindcgewebswueherungen, während es sich bei C sogar direct u m sclerotische Veränderungen handelt. In allen drei Fällen war das Drüsenparenchym völlig intact, i) Bei diesen Untersuchungen wurde ich in liebenswürdigster Weise von meinein verehrten Gollegen, Herrn Dr. C. Schleich unterstützt, dem ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank aussprechen möchte. Boas, Allg. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Aufl. jg 242 Mageninhaltsprüfung. Die besten und lehrreichsten Bilder erhält man nach Härtung der Schleimhauttheilchen in Alkohol, später Einbettung in Celloidin, resp. Paraffin und Färbung der Schnitte in Hämatoxylin und Eosin oder Alauncarmin. Auch die Congofärbung, welche Stintzing1) vorschlug, liefert recht schöne Bilder. Ich greife aus meinen Präparaten einige typische Fälle heraus, welche den Werth dieser Untersuchungen zu illustriren geeignet sind. Fig. 33. Gastritis intcrstitialis. a die freie Oberfläche der Mucosa. b regionärer Drüsenschwund. c relativ intacte Zone. (Eigene Beobachtung.) Des Vergleiches wegen mag ein Schleinihautstückchen aus einem Falle von Magenatonie mit Superacidität mit normalem Verhalten der Schleimhaut vorangestellt werden. (Fig. 32 a und b.) A m häufigsten sind Fälle von interstitieller Gastritis in mehr oder weniger entwickeltem Grade. Fig. 3,'S stellt das Präparat einer vorgeschrittenen Form von interglandulärer Gastritis vor, bei der der Process an einzelnen Stellen bis zum Drüsenschwund (6) ge­ diehen ist. Die Drüsenepithelien selbst sind da, wo sie noch deut- '; Stintzing, Sitzungsber. d. Gesellseh. f. Morphol. u. Physiol. in München 1889. Mageninhaltsprüfung. 243 lieh sind (c), ausnahmslos intact. Intra vitam besteht bei der be­ treffenden Patientin, die sich seit mehreren Jahren in meiner Behand­ lung befindet, constanter Salzsäuremangel und erheblicher Schwund des Labzymogens und Pepsinogens. Gerade umgekehrt, zeigen Fig. 34 und 35 das Bild einer Fig. 35. Isolirte Vorraiinitlrüse von einem Fall von Gastritis mueipara hei starker Ver- grösserung. Die Becherzellen sind, wie aus der Figur ersichtlich, stellenweise noch mit Schleim gefüllt. (Eigene Beobachtung.) Gastritis mit starker (pathologischer) Produktion von Becherzellen (nicht, wie ich früher annahm, Versehleinmug der Drüsenepithelzellen). Man findet diese in jüngster Zeit besonders von A. Schmidt 1), P Colinheim 2), H a m m e r s c h l a g •'<) und Lubarseh') studirte Form bei den allerverschiedenstcn Krankheitsproresson; in einzelnen Fällen ') A. Schmidt, Deutsche medicinische Wochenschrift 1895, No. 19. '-*) F Gohnheim, Arch. f. Verdauungskrankheiten Bd. I, S. 214. •'*) Hammerschlag, Arch. f. Verdauungskrankheiten Bd. II, S. 2)))',. tj Martins, Ueber Achylia gastrica mit einem anatomischen Beitrag von Prof. 0. Lubarseh. Leipzig und Wien 1897. IC- 244 Mageninhaltsprüfung. Fig. 36. Gastritis hyperplastica. Vertikalsclmüt. Bei b die hyperplastischen Drüsenschläiiche, bei e starke inter­ glanduläre Infiltration, bei a hämorrhagisches Infiltrat. (Eigene Beobachtung.) Fig. 37. i-xf-yy, *••<;. \-cV#, •*%vi--::•• - ' £}V. v ^"v*?-••••••.•-V-..*JK«V "'* * ''•*'.--%-/ . / ^ $^k /., J ;~.'„-.\A;;:. »v,v^i,*ä^\*aää^rÄ7»AiS'K'^.'v:-'.V--t'-. K.*v. wl ••.•»•••*&>• -"- ••'.<-• Ä f t ^ Ä*. ^««;; Gastritis atrophicans. Man sieht in der Figur fast nur die gewueherten Vorräume, während die Drüsen­ region bis auf wenige Reste zu Grunde gegangen ist. (Eigene Beobachtung.) Mageninhaltsprüfung. 245 tu 38. . Vi >~'r *#,» yyy y V ^ geht diese Form der Gastritis direct in Atrophie der Magenschleimhaut über, in anderen kommt sie zugleich mit Atrophie zur Beobachtung. In Fig. 36 handelt es sich vorwiegend u m hyperplastische Gastritis. An einzelnen Stellen (e) bemerkt man daneben eine vorgeschrittene intergianduläre Zellanhäufung. Auch dieser Fall war durch constanten Salz­ säure- und Fermentmaiigol aus­ gezeichnet. In dem folgenden Fall (Fig. 37) handelt es sich um eine totale Atrophie der Glan- dularschicht, während die Vor­ raumschicht sich in starker Wucherung befindet. Klinisch ist diese Form nach P Colin­ heim s und Harn mors chlag's Untersuchungen, denen ich mich völlig anschliesse, als echte Atrophie der Magenschleimhaut zu be­ zeichnen. yah^&yj-'y y y-y~ y- •- • • 'k sl',>-'. /-u,',T,'A^ f"V-*V*.-'N^ S? t^^ffr™*' Gastritis proliferans. (Eigene Beobachtung.) In Fig. 38 haben wir es mit einem exquisiten Fall von Phthisis mucosae ventriculi zu tliun. Die Drmenstructur ist hier bis auf 246 Mageninhaltsprüfung. ganz geringe Reste verloren gegangen. an einer Stelle sieht man starke Einlagerung von Leucocyten. Endlich erwähne ich einen chemisch durch starke Superacidität ausgezeichneten Fall von Gastritis proliferans (Fig. 39). Man sieht die unregelmässig gestalteten, vielfach gewundenen und stark ver­ mehrten Drüsenvorräume aber bei gut erhaltener Drüsenschicht. Auf der linken Seite der Abbildung oben eine starke Anhäufung rother Blutkörperchen. Die genannten Beispiele geben ein ziemlich übersichtliches, wenn auch nicht erschöpfendes Bild der Veränderungen der Magen­ schleimhaut bei den verschiedensten Magenaffectionen.1) Ueoersichtlicher Gang- der Magrenrnhaltsuntersuehung-. I. Makroskopische Untersuchung. 1. Aussehen 2. Quantität / des Mageninhalts. 3. Geruch I 4. Etwaige abnorme Beimischungen (Blut, Eiter Galle, Duo­ denalsaft, Schleim, Speichel, Gasentwicklung, Schleimhaut- fragmente, Geschwulst- oder Schleimhautpartikel). IL Chemische Untersuchung. 1. Beaction des Mageninhalts. 2. Anwesenheit freier Salzsäure oder organischer Säuren (nach­ gewiesen durch Farbstoffproben [Congo-, Tropaeolin-, Dime- thylamidoazobcnzel ]). 3. Feststellung der freien Salzsäure durch die eigentlichen HCl- Reagentien (Phlorogluein-Vanillin, Besorcin). 4. Prüfung auf Milchsäure mittelst derUffelmann sehenBeagen- tien (Eisenchlorid-Carbol, oder verdünnte Eisenchloridlösung). 5. Bei zweifelhaftem Ausfall Aetherausschüttelung des Filtrafes und nochmalige Prüfung mit, den genannten Beagentien oder Nachweis von Acctaldehvd. t) Lubarseh, dem wir in jüngster Zeit eine vortreffliche Abhandlung über den Gegenstand verdanken (citirt S. i'4:;i, hat sieh bezüglich der diagnosti­ schen Venvorthung der kleinen Schleinihautfragmente recht skeptisch, vielleicht etwas zu skeptisch geäussert. Fs liegt ja auf der Hand, dass wir nur bei wirk­ lich grolicn Veränderungen und bei womöglich wiederholter gleichsinnig aus­ fallender Untersuchung ein bestimmtes l'rthoil werden fällen können, dann aber auch, wie mir scheint, ein viel sicheres, als es uns die chemische, resp. fimc- tionelle Prüfung gestattet. Mageninhaltsprüfung. 247 (>. Bei Verdacht auf Butter- und F»igsäurcanwescnheif, Prüfung hierauf nach Aiosehütteluiig mit Aether. 7. Bestimmung der Gesammtacidität mittelst ' i„ Xormallauge. s. Bestimmung der Gesammtsalzsäure. !>. Bestimmung der freien Salzsäure nach Mintz oder Mörner- Boas oder Töpfer. 10. Quantitative Bestimmung der Milchsäure. 11. Untersuchung auf Enzyme und Zyniogenc (Pepsinogen und Pepsin, Labzymogen und Labfermcnt). 12. Prüfung der Fiweissverdauung. 13. Prüfung der Kohlenhydratverdauung. IL Bei Anwesenheit von Schleim, Speichel, Blut, Galle, Duo­ denalsaft u. a. Prüfung hierauf. III Mikroskopische Fntersuehung. 1 Beschaffenheit des Chymus (Amvlum, Fleisch, Fett). 2. Abnorme Bestandtheilo: Schloiinhautfragmentc (Geschwulst­ partikel), Epitheliom rothe Blutkörperchen, Leucocyten, Krvstalle, Sarcine, Spross- und Schimmelpilze, Bacterien und zwar a) im nüchternen Mageninhalt, b) im Mageninhalt nach Probefrühstück. Literatur. Die Literatur über die Säuren des Magens und ganz speciell über die Salz­ säure findet sich bis zum Jahre 1892 übersichtlich geordnet in der vortrefflichen Monographie von Martins und Lüttke. Die Magensäure des Menschen, Stutt­ gart 1892, auf die wir für das Studium der Einzelarbeiten hinweisen möchten. Betreffs der übrigen Capitel findet sich die Literaturangabe zum grössten Theil im Text. Soweit dies nicht der Fall, verweisen wir, abgesehen von den zahl­ reichen Lehrbüchern über Magenkrankheiten (Ewald, Hosenbein), Fleischer, A. Pick, Riegel, Bouveret, Fl ein er Mathieu, Debove & Remond, Einhorn u. a.) auf die ausführlichen .Jahresberichte von Virchow-Hirscli, Male Seh wal he-Uoff mann und MIHI Jahre 1895 ab auf die umfassenden Heferate im Archiv für Verdauuiigskrankhoiten. Reichliche und nahezu voll­ ständige Literaturangaben sind auch bei v. Jaksch, Klinische Diagnostik innerer Krankheiten, Wien und Leipzig, 4. Aufl., 189(5 zu finden. 248 Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung. SIEBENTES CAPITEL. Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung. Unsere Kenntnisse über das Verhalten des Urins bei Magen­ krankheiten sind leider noch spärlich und fast lediglich casuistischer Natur. Eine eigentliche semiotische Bedeutung kommt daher der Harnuntersuchung bei chronischen Magenaffectionen vorläufig noch nicht zu, indessen existiren einige beachtenswerthe Bausteine, die künftighin möglicherweise erfolgreich für die Diagnostik zu verwenden sein dürften. Wir wollen daher im folgenden die wichtigsten Ab­ weichungen des Harns von der Norm bei Digestionskrankheiten er­ örtern. In Betracht kommen: Die Reaction, das speeifische Gewicht, das Verhalten der Chloride, der Phosphate, die Schwefelverbindungen, der Stickstoffgehalt, der Gehalt an peptischen Fermenten und schliess­ lich die Anwesenheit abnormer Bestandtheile (Albumen, Pepton, Aceton, Diacetsäure und Indigoderivate). Reaction. 1. Die Reaction. Schon unter normalen Verhältnissen findet, wie bereits Bence Jones1) im Jahre 1S19 entdeckt hat, eine Aenderung der Harnreaction in der Weise statt, dass der Harn nach der Mahlzeit zuerst säureärmer, dann neutral wird, u m schliesslich (3 Stunden nach dem Frühstück, b—(5 Stunden nach dem Mittag­ essen) alkalisch zu werden. Allmählich wird der Urin wieder sauer. Schon Bence Jones führte diese Schwankungen auf Säureentziehung aus dem Blute und Säureproduction im Magen zurück. Diese von Bobert 2), O w e n Bees, Quincke«), M a l v 4 ) , Stein"') bestätigten Untersuchungen sind dann von Görges1'-) erweitert worden. Görges kam zu folgenden Resultaten: Der Urin erleidet nach jeder Mahlzeit bei gemischter Kost eine continuirliche Abnahme der Säure, sodass der Harn nach zwei Stunden alkalisch reagirt, in der 3.-5. Stunde an i) Philosophie. Transact. 1819, S. 235. 2) Robert, A practical treatise on urinary and renal diseases. 2. ed. 1872, S. 48. 3) Quincke, Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte 1874. 4) Maly, Liebig's Annalen 1874, Bd. 173, S. 227. 5) Stein, Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 18, S. 207. «) Görges, Arch. f. exp. Pathol. Bd. 12, S. lüü. Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung. 249 Alkalescenz zunimmt, um dann schnell wieder in saure Reaction um­ zuschlagen. Bei rein animalischer Kost ist, die Säureabnahme kleiner als nach gemischter Mahlzeit, bei rein vegetabilischer Kost ist Säure­ abnahme gleichfalls zu beobachten, aber nicht bis zur Alkalescenz. Her Säuregehalt ist im Morgenurin am grössten. Die saure Reaction des Urins wird erhöht durch Einführung von HCl in den Magen, die Alkalescenz des Harns kann hierdurch verhindert werden. Die entgegengesetzte Wirkung folgt der Aufnahme kohlensaurer Alka­ lien in den Magen. Quincke 1) hat, zuerst auf die Ursache der Harnalkalescenz durch Säureverlust des Magens, durch Erbrechen, Ausspülungen etc hingewiesen. W o der Mageninhalt nicht secernirte Salzsäure, sondern nur organische Säuren enthält, bleibt der Harn natürlich sauer, so­ dass die Feststellung der Harnroaction nach der Magenausspülung oder Erbrechen unter Umständen diagnostische und prognostische Fingerzeige geben kann. Sticker und Hühner-) sind der Frage mehr von theoretischen Gesichtspunkten nahe getreten und haben die Beziehungen zwischen Magensaftsecretion und Harnroaction festzustellen versucht. Als wichtiges und interessantes Resultat aus den Versuchen der genannten Forscher ist hervorzuheben, dass die Säureverannung im Herrn ausbleibt (oder vielmehr in ihr Gegentheil umschlägt), trenn mit der Aufnahme von Speisen in den Magen keine nachweisbare Ansammlung von Salzsäure im Magen einhergeht. Ringstedt3) hat bei ausgedehnten Studien über die Harnacidität unter verschie­ denen Bedingungen die Angaben von Stick er und H ü h n e r nach­ geprüft und bestätigt. Aus den genannten Harnuntersuchungen würden sich für die Diagnostik der Magenkrankheiten folgende Schlüsse ergeben: a) Alkalescenz des Harns nach Magenausspülung oder Erbrechen würde für Hyperchlorhydrie oder Magensafttluss sprechen. Gleich­ bleiben der Harnroaction deutet auf organische Säurebildung hin. b) Ausbleiben der physiologischen Schwankungen der Ham- reaction oder Zunahme der Harnacidität einige Zeit nach Aufnahme i) 1. c. u. Zeitschrift f. klin. Med. Bd. 7, Supplementheft, S. 25. -') Sticker und Hühner, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 12, S. 114—142. •'<) 0. T. Ringstedt, Studier öfver aciditäten i menniskans urin under fysio- logiska och patologiska förhallanden. Hygiea Bd. 15 nach Malv s Jahresb. f. Thierch. Bd. 20, S. 196. 250 Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung'. der Hauptmahlzeit würde für Mangel oder Fehlen von FI Cl-Ab­ scheidung im Magen sprechen. Bei umsichtiger Anwendung stellt demnach die Fiitersuchung der Harnreaction ein auxiliäres diagnostisches Hilfsmittel dar das vielleicht dann in sein Recht tritt, wenn die directe Mageninhalts­ unters uchung aus irgend welchen Gründen nicht vorgenommen wer­ den kann. spedflsehes 2. Das speeifische Gewicht. Es kann unter entsprechenden Gewicht. yer}1;-{pnjsson wesentlich erhöht sein, zumal bei spärlicher Diurese, wie dies am häufigsten bei Dilatation des Magens beobachtet, wird. Im übrigen kommt dem speeifischen Gewicht eine diagnostische Be­ deutung nicht zu. Chloride. 3. Die Chloride. Jaworski und Gluzinski1) hatten zuerst darauf hingewiesen, dass bei Superacidität der Chlorgehalt im Harn sich ausserordentlich vermindere. Sodann fand M Rosenthal 2) bei Superaciditätsformen, die (furch geistige Ueberanstrengungen, heftige Gemüthsbewegungen oder Migräne bedingt werden, auch öfters mit Cardialgiecn und Vomitus einhergehen, beträchtliche Verminderung der Chloride. Besonders auffällig war dies in Fällen mit längerem oder hartnäckigem Erbrechen, woselbst geringe Mengen von Nähr­ stoffen vom Magen nur wenig geduldet werden. Auch Stick er3) und ebenso Gluzinski4) haben dieser Frage ihre Aufmerksamkeit zugewendet und stimmen in der Thatsache der Chlorverarmung des Harns bei starker HCl-Abgabe überein. Indessen kann die Chlor­ verminderung im Harn auch die Folge verminderter Resorption aus dem Magendarnitractus sein (carrinöse Pylorusstenose). Stroho kam bei seinen Untersuchungen über die Chlorausseheidung bei Magenkrankheiten zu dem Resultat, dass dieselbe bei Flcus ventriculi ohne Complicationcn und bei nervösen Dyspepsieen und Ilyperacidität, bei Chlorose u. s. w. völlig normal sind. Vermehrung der Chlor­ ausscheidung ist niemals gefunden worden, Verminderung dagegen regelmässig bei chronischer Jfypevseerefiou und Alai/eneetasie. BobiiD) fand gleichfalls beträchtliche Verminderung der Chlor- ') Jaworski und Gluzinski, Sitzungsprotocoll der poln. Naturforscher und Aerztc vom 2. Juni 1884 (citirt nach Riegel, Magenkrankheiten Th. I, S. 196). '•*) M. Rosenthal, Berl. klin. Wochenschr. 1S87, No. 28. 3) G. Sticker, Berl. klin. Wochenschr. 1S87, Xo. 41. 4) Gluzinski, Ibid. No. 52. •J) Stroh, Inaug.-Diss., Güssen 1888. ,;) Robin bei G. Lyon, L'analyse du suc gastrique, S. 89. Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung. 251 aussoheidung bei Ilvpoehlorhydrio. doch ist dieselbe zuweilen auch erhöht. Bouveret 1) \) F. Müller, Zeitsclir. f. klin. Mediein Bd. 10, S. 5Ö7. 252 Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung. nach van den Velden auf die Aethersclrwefclsäuren etwa 0,6 bis 0,09 g, im Mittel 0,27, kommen, so dass das Verhältniss der gepaarten zur präformirten Schwefelsäure etwa auf 1 : 10 angenommen werden kann. Nach B a u m a n n und Herter ist dies Verhältniss aber weit schwankender, so dass es sich zwischen 4,2 und 27,0 bewegen kann. Von pathologischer Bedeutung ist, lediglich eine übermässige Ausscheidung der Aetherschwefefsäuren (F Müller1), Käst-), Sal- kowski 3), v. Noorden 4)). Als durchschnittliche Grenze bei Ge­ sunden soll nach v. Noorden 0,2;") g gepaarte Schwefelsäure gelten. Kast-i und Wasbutzki'1) fanden unabhängig von einander, dass bei Salzsäuremangel die gepaarten Schwefelsäuren erheblich an­ wachsen; zu demselben Ergebniss gelangten auch Biernacki') an Menschen und Ziemke 8) an Hunden, deren Magensaft durch Ver­ abreichung entchlorten Fleisches secretionsuntüchtig gemacht worden war. v. Noorden») zeigte dagegen, dass Hei einfacher Inacidität ohne sonstige Complicationen die gepaarten Schwefelsäuren innerhalb der Breite des Gesundhaften liegen, und dasselbe fand ich10) in einem Falle von Duodenalstenose mit dauerndem Salzsäuremangel. Auch G. Hoppe-Seyler11) weist auf die Thatsache hin, dass sich bei Magenkrankheiten, sogar wrenn sich Gährungsproducte in grösseren Mengen anhäufen, nicht immer eine Mehrausscheidung' von gepaarten Schwefelsäuren vorfindet. Andererseits kann es, wie die schönen Versuche von B. Mester1-) erwiesen haben, zu ausgiebiger Ver­ mehrung der x\etherschwefelsäuren im Harn kommen, sobald in Fäulniss begriffene Substanzen in den salzsäurefreien Magen gebracht werden. Im salzsäurehaltigen Magen dagegen bleibt mich den Unter­ suchungen Mester s die Vermehrung der Aetherschwefclsäuren aus. (5. Dus Verhalten des Stickstoffs im Harn bei Magenkrank­ heiten ist in diagnostischer, prognostischer und therapeutischer Be- i) F. Müller, Zeitschrift f. klin. Mediein, Bd. 12, S. O.'i. -) Käst u. Baas, München, med. Wochenschr. 1SSS. S. 55. :i) Salkowski, Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 12. S. 223. ') v. Noorden, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 17, S. 52S u. 529. '">) Käst, Fcstschr. zur Eröffnung' des allgemein. Krankenhauses zu Hamburg- Eppcndorf 1889. ß) Wasbutzki, Arch. f. experim. Bathol. u. Bhanuak. Bd. 26, S. 133. <) Biernacki, Gentialbl. f. d. med. Wissenseh. 1890, Xo. 49 u. 50. ») E. Ziemke, Inaug.-Diss., Halle 1893. ü) v. Noorden, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 17, S. 528 tt. 529. i°) Boas, Deutsche medicinische Wochenschrift 1891, Xo. 28. n) G. Hoppe-Seyler, Zeitschr. f. physiol. Chemie 1888, Bd. X H , S. 1—32. w) B. Mester, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 24, Heft 5 u. 6, S. 440, Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung. 253 ziehung von Bedeutung. In diagnostischer Hinsicht lagen bereits früher Untersuchungen von B o m m e l n ire1) und nach ihm Thiriar-), Kirmisson-'*) u. v. A. vor, welche zeigten, dass bei Krebskranken im allgemeinen und besonders auch bei Magenkrebsleidenden der X-Gehalt erheblich unter die Norm sinkt. Dieses Verhalten sollte diagnostisch von Bedeutung sein beim Krebs des Magens gegenüber anderen gutartigen Processen. Auch Dujardin-Beaumetz 1) fand den X-Gehalt auf 7 — 14 g (gegen 30—10 g normalitcr) gesunken, während der bei ulceröser Gastritis 20 — 2(5, bei Ulcus ventriculi 20 g betrug. Das Verdienst, diese Frage zuerst, in exaeter Weise behandelt, und gelöst zu haben, gebührt unstreitig Fr. Müller i und G. Klem­ perer'1). Dieselben fanden als characteristisch für das Carcinom eine erhöhte Eiweissausscheidung, die in manchen Fällen unabhängig von der Nahrungsaufnahme ist und daher auf einen Zerfall von Ge- webseiweiss hindeutet. Es gelang daher auch bei reichlicher Er­ nährung nicht, die Schwelle des X'-Gleichgewiclites zu erreichen. 7. Gehalt an peptisehen Fermenten. Brücke 7) hat zuerst i'eptisrho auf das Vorkommen eines pepsinartigon Körpers im Harn aufmerk­ sam gemacht. Diese Beobachtung wurde von einer grossen Beihe anderer Forscher (Grützner, Sahli, Leo. Gehrig, Stadel m a n n , Patella,) bestätigt. Auch Trypsin sollte nach den Untersuchungen von Sahli und Gehrig sich im Harn vorfinden, was indessen durch Leo, Stadelmann und Grützner widerlegt, wurde. Grützner«) geht übrigens nicht so weit, das Vorkommen von Trypsin ganz zu leugnen. Derselbe glaubt, dass man bei Prüfung kleiner Mengen frischen Harns das Trypsin in Spuren nachzuweisen vermag und dass man bei verschiedenen Affectionen des Pancreas, die irgend wie zu Stauungen des Seeretes Veranlassung geben, auch grössere Mengen im Harn antreffen wird. Ferner wurde zuerst von Holovtschi- y> Rommelaire, Journal de med., de chir. et de pharniae. de Bruxelles 1883, 18S4, 1885, 1S8U 2) Thiriar, Congres francais de Chirurgie I8S5. Semaine medicale de Paris, 1885, Xo. 17. 3) Kirniisson ibid. -') Dujardin-Beaunietz, Gazette des höpitaux 1884, S. 715. Gazette hebdonia- daire 1884, No. 31. •5) Fr. Müller, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 16, S. 490, s. a. daselbst die übrige Literatur. 6) G. Klemperer, Berlin, klin. Wochenschr. 1889, No. 40. ~) Brücke, Sitzungsberichte der kais. Acad. d. W. 18*1, Bd. 44, S. 018. 8) P. Grützner, Deutsche medicinische Wochenschrift 1891, No. 1. 254 Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung. ner1), sodann von Hoffmann 2) und mir3) auch Labferment im Harn gefunden. Weiter haben Grützner, Gehrig, Holovtschi- ner (I.e.), Breusing 4), v. Jaksch"-), Leo'1), und B. Rosenberg") auch ein diastatisch wirkendes Ferment im Harn gefunden. Die diagnostische Bedeutung des Pepsins scheint sehr gering zu sein. Nach Untersuchungen von Stadelmann K) fehlt das Pepsin selbst in den schwersten fieberhaften Fällen nicht, ist im Gegen- theil sogar vermehrt; ebenso fand er den Pepsingehalt, bei Diabetes vermehrt. Auch Leo, der ursprünglich dem Fehlen des Pepsins eine diagnostische Bolle zuzuweisen geneigt war, kam auf Grund weiterer Untersuchungen zu dem Resultat, dass die Verminderung des Pepsins auch sonst ohne nachweisbare Ursache vorkommt, Desgleichen haben Untersuchungen von Edgar Gans in meinem Laboratorium ergeben, dass eine semiotisch verwerthbare Regularität der Pepsinausscheidung nicht stattfindet, So fand derselbe in schweren Fällen von Magcncatarrh, bei denen die Magoninhaltsuntersuchung weder Pepsin noch Pepsinogen ergab, peptisches Vermögen des Harns, während es in anderen mit gut erhaltener oder gesteigerter Secretion der Magenschleimhaut zuweilen fehlte. Genau zu denselben Resultaten kam auch Bendersky»), nur Brunn er10) ist, gestützt auf Sectionsbefunde der Ansicht, dass Pep­ sin bei Magenkrebs stets fehlen soll. Auch dem Labferment kommt nach meinen Fntersuchungen (s. o.) eine diagnostische Bedeutung nicht zu, da es gleichfalls in pathologischen Fällen unabhängig vom Verhalten der Magensaftab- scheidung vorhanden sein oder fehlen kann. .Vieh kommen, wie ich beobachten konnte, bei ein und demselben Individuum grosse Schwan­ kungen und quantitative Ungleichheiten im Fernieiitgehalte vor. Feh er die etwaige diagnostische Bedeutung des diastatischen Fermentes liegen Untersuchungen noch nicht vor. Leo (I.e.) konnte i) Holovtschiner, Vüchow s Archiv 1S8G, Bd. 104. y) Hoffniann, Pflüger's Archiv Bd. 41, S. 148. ;i) Boas, Zeitschr. f. klin. Med. 188S, Bd. 14, S. 204. t) Breusing, Vüchow's Archiv Bd. 107, S. 18(i. •"•) v. Jaksch, Klinische Diagnostik innerer Krankheiten 1890, 4. Auflage. S. daselbst die übrige Literatur. ,;) Leo, Verhandlungen des (ongressos für innere Mediein 1888. 7) Kosen borg, Diss. inaug., Tübingen 1890. *) Stadelmann, Zeitschr. f. Biologie Bd. 27, S. 208. '•') J. Bendersky, Virch. Arch. Bd. 121, Heft 3. M) W . Brunner, Gaz. lekarska 1,VJ0, No. 21. Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung. 255 eine constantc Abnahme desselben unter pathologischen Verhältnissen nicht constatiren. Dagegen wurde bei einer Beihe von Diabetikern eine prägnante Zunahme des diastatixiieii Fermentes im Urin erwiesen. Auch Benderskv hat dieselbe Erscheinung bei zwei Diabetikern bestätigt und erwähnt, auch bei Diabetes insipidus hin und wieder mehr diastatisches Ferment als unter normalen Verhältnissen gefun­ den zu haben. S. Abnorme Bestuudtheile bei chronischen Magenaffectionen namentlich schwerer Art kommen häutig vor; hierzu gehört die An­ wesenheit von Ubumen, Pepton (Albumosen), von ucetonuidigen Substanzen und von Indigo der i raten. a) Albuminurie. Auch abgesehen von Complicatioiien von Albuminurie. Nieren- und Magenleiden, kommt Albuminurie theils vorübergehend, theils constant in geringen Mengen vor. Nach v. Noorden 1) findet man Albuminurie in etwas grösserer Menge nach Anfällen von Magen­ krampf, besonders auch nach starken Magenblutungeii. Er. Müller macht auf die Häufigkeit der Albuminurie bei Magencarcinom auf­ merksam, welche, wenn auch nur vorübergehend, in 3 5 — 7 2 % aller Fälle von Carcinomcii der verschiedensten Organe vorkommen soll. b) Peptonurie-) findet sich bei einer grossen Reihe acuter und ivntomu-ir. chronischer Krankheiten, nach Fischöl ist sie ein regelmässiges Vorkommniss im Puerperium. Man kann eine hämatogene (Scorbut, v. Jaksch), pyogene (Eiterungsproccsse im Körper, Hofmeister, Maixner, v. Jaksch), enterogene (Mai.\ner, Pacanowski), hepa- togene (Pacanowski, Alison) Peptonurie unterscheiden, schliesslich könnte man auch von einer nekrogenen Peptonurie sprechen, nach­ dem durch A. Köttnitz Peptonurie als Folge des Todes und der Maceration der Frucht im Wochenbett beobachtet ist, Für uns hat besonders die zuerst von Maixner'1), dann von Pacanowski 1) und in neuester Zeit von RobitsehekA beschriebene enterogene Peptonurie Interesse. Ersterer fand bei ulcerösen Pro­ cessen des Magendarmcanals regelmässig Peptonurie, welche er auf directe Aufnahme des Peptons durch die zerfallende Geschwulst (also i) v. Noorden, Lehrbuch der Pathologie tUv. StefiVoehsels. Berlin 1893. -) Es handelt sich hierbei nicht um echtes Pepton im Sinne Kühnc's, son­ dern um Pepton im früheren Sinne; man hat demzufolge neuerdings die Peptonurie richtiger als Albumosurie bezeichnet. :i) Maixner, Zeitschr. f. klin. Med. 1884, Bd. 8, S. 534. -t) Pacanowski, Zeitschr. f. klin. Med. 1885, Bd. 9, S. 428. •"•) Uobüschck, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 24, Heft 5 u. 0, S. 550. 256 Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung. nicht auf dem normalen Wege) zurückführt. Pacanowski, welcher im übrigen die Angaben von Maixner bestätigen konnte, sieht die Ursache der Peptonurie in dem Gewebszerfall, was sicherlich das Zutreffendere ist. Der genannte Autor hat Peptonurie auch bei schweren Erkrankungen der Leber gefunden (Carcinom, acute Atrophie, Phosphorvergiftung). Robitschek fand Peptonurie in 7 Fällen von Magencarcinom nur zweimal, desgleichen in einem Falle von Carci­ noma recti und einem Fall von licus ventriculi. Endlich hat Alison1) auf das Vorkommen von Pepton im Harn nach Gallen­ steinkoliken hingewiesen. Ueber die diagnostische Bedeutung der enterogenen Peptonurie liegen noch zu wenig ausgedehnte, sich auf grösseres Material stützende Erfahrungen vor. Offenbar sind auch die Bedingungen der Ausscheidung von Peptonen noch nicht durchsichtig genug. Immer­ hin würde der positive Nachweis derselben im Harn für Zerfall- processe auf der Magen- oder Darmschleimhaut sprechen. Aceton und c) Aceton und Acetessigsäure im Harn. Schon Retters und Acetessig- Kaulich haben auf den Zusammenhang zwischen gastrischen Stö- saure. rungen und Acetonurie hingewiesen. Durch den von v. Jaksch2) gelieferten Nachweis von Aceton im Mageninhalt und den Faeces wurde dieser Anschauung eine feste Stütze verliehen. Litten3) hat zuerst einen eigentümlichen dyspeptischen Symptomencomplex (Coma dyspepticum) beschrieben, der sich nach mehrtägigen Prodromal- erscheinungen durch acute gastrische Störungen (Uebelkeit, Auf­ stossen, Flatulenz, Anorexie, Erbrechen, Stuhl Verstopfung oder Diar­ rhoe) und durch eigenartige nervöse Störungen (Stirnkopfschmerz, Schlaflosigkeit, Depression, Unruhe u. s. w.) characterisiren. Gleich­ zeitig wird ein eigenthümlich aromatischer Geruch der Exhalations- luft mit Auftreten der bekannten Burgunderrothfärbung des Harns mit Eisenchlorid (Acetessigsäure) beobachtet. In einer speciell das Vorkommen der Acetonurie bei Digestionsstörungen berücksichtigen­ den sehr sorgfältigen Untersuchungsreihe fand Lorenz4) Acetonurie und Diaceturie bei den verschiedensten primären und seeundären, acuten und chronischen Magenaffectionen. Die acuten Fälle von Magcndarmcatarrhen in Folge Genuss verdorbener Fleischspeisen waren durch eonstantes Vorkommen von Aceton im Harn ausgezeichnet, i) Alison, Arch. genorales de medecine 1887/88. 2) v. Jaksch, Zeitsclir. f. klin. Mediein Bd. 8, S. 36. 3) Litten, Zeitsclir. f. klin. Mediein Bd. 7, Supplementb. S. 81. ') Lorenz, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 19, S. 79. Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung. 257 während Diacetessigsäurc sich verschiedenartig verhielt, vom gänz­ lichen Fehlen bis zu reichlicher Anwesenheit. Bei chronischen Magen- darmaffeetionen trat die Acetonurie nicht constant auf, sondern ging mit den Schwankungen und besonders der Intensität der Krankheits­ symptome parallel. Auch bei schwereren Fällen von Gastroduodenalcatarrh, sowie bei acuten Gastroenteritiden, desgleichen auch bei Darniocclusion, z. B. in Folge von Ooprostase konnte Lorenz Aceton und Diacetsäure im Harn nachweisen, in den letztgenannten Fällen auch in den Faeces. Ferner fand der genannte Autor Acetonurie auch bei Taenien, bei acuter Peritonitis, bei gastrischen (Visen, bei dem periodischen Erbrechen v. Leyden's, bei Cholelithiasis, bei Colica saturnina, bei Hysterie mit Magcndarmsyptomen u. a. Meine eigenen Erfahrungen über diesen Gegenstand beziehen sich ausschliesslich auf Magendarmaffectioneii; ich fand Aceton neben Diacetessigsäure auffallend häufig bei schweren Formen der Gastrec- tasie (in einem Fall mit exquisitem Acetongeruch der Fxhalationsluft), ferner in zwei Fällen von Duodenalstenose, auch wiederholt bei Car­ cinom des Magens. Irgendwelche diagnostischen Schlüsse scheinen, wie aus den bis­ herigen Untersuchungen hervorgeht, nicht gezogen werden zu können, vielmehr weist das eonstanle Vorkommen von Aceton lediglich auf gesteigerte Eiweisszersetzungen im Magcndarmcanalc hin. c) Indienn und Indigoroth im Harn. Die Anwesenheit von indican und Indican im Harn besitzt für die Erkrankungen des Intestinaltractus ^ Harn' nur eine untergeordnete Bedeutung, namentlich seitdem wir wissen, dass auch bei unschuldigen Processen im Darmcanal, z. B. Ooprostase, Indican im Harn auftreten kann. Bei Magencarcinom fand Häber- 1 i 11n) in 2 0 % den Indicangehalt nicht erhöht, in ö O % massig und in 2 0 % sehr stark vermehrt. Indigoroth (Indirubin) ist nach den sehr eingehenden Unter­ suchungen von R o s i n e ein dem Indigoblau verwandter Farbstoff des Harns, welcher nach Rosenbach'A, der zuerst auf das Vorkommen derselben hinwies und seine pathognostische Bedeutung begründete als Ausdruck schwerer Stoffwechselstörungcn anzusehen und diagno­ stisch zu verwertheu ist. Speciell kommt die Reaction nach Rosco­ li a eh vor: i) Häberlin, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 45, IL 3 u. 4, S. 339. -') Hosin, (Vntralbl. f. klin. Med. 1889, No. 29. ••) iiosenbach, Berl. klin. Wochenschr. 1889, No. 1 und 1889, No. 2223. Boas, Allg-. Diag-nostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Aufl. yj 258 Diagnostische Bedeutung der Harnuntersuchung. 1. bei schweren Darmleiden, die zur Insufficienz des Darmes führen, mithin ausnahmlos bei Darmocclusion; 2. bei intensiven Diarrhöen; 3. bei Patienten mit chronischen Leiden, die sich im Zustand schwerer Ernährungsstörungen befinden. Ihr dauerndes Vorkommen soll als signum mali ominis gelten. Untersuchungen von Ewald 1) haben indessen den diagnostischen und prognostischen Werth wesentlich eingeschränkt. Der genannte For­ scher sah die Reaction in Fällen schwerer Darmaffectionen (z. B. Coloncarcinom) fehlen, ebenso auch bei Phthise mit hochgradigen Ernährungsstörungen, wo sie in deutlicher Weise (I. Grad, E w a l d ) vermisst wurde. Nach E w a l d ist der Farbstoff ähnlich wie das Indican nur der Ausdruck eines abnormen Darmstoffwechsels, und zwar der sich im Dünndarm abspielenden Zersetzungsvorgänge. In prognostischer Hinsicht gestattet das Auftreten und die dauernde Anwesenheit des Farbstoffes allerdings eine ungünstige Prognose, dagegen geht das Schwinden nicht dem günstigen Umschlag voraus, sondern folgt ihm erst. Zu ähnlichen Resultaten sind auch P. A b r a h a m 2 ) u. a. gelangt. Biermer3) sah ferner die Reaction nicht blos bei Schwerkranken, sondern auch bei leichten Magendarmleiden. Es sind im Vorhergehenden nur die für die Seniiotik der Verdauungs­ krankheiten wichtigen Abnormitäten des Harns zusammenfassend dargestellt, auf den Nachweis derselben dagegen müssen wir, als zu weit führend, auf die unter Literatur verzeichneten Lehrbücher verweisen. Literatur. Leube und Salkowski, Die Lehre vom Harn. Berlin 1882. Hirselrwald. Löbisch, Anleitung zur Analyse des Harns. Wien 1883. Urban und Schwarzenherg. Laache, Harn-Analyse für practische Aerzte. Leipzig 1885. Schotten, Kurzes Lehrbuch der Analyse des Harns. Leipzig und Wien 1888. Den ticke. v. Jaksch, Klinische Diagnostik innerer Krankheiten. Wien und Leipzig. 4. Aufl. 1896. Penzoldt, Aeltere und neuere Ilarnproben. 3. Aufl. 1890. i) C. A. Ewald, Berl. klin. Wochenschr. 1889, No. 44. 2) P Abraham, Berl. klin. Wochenschr. 1890, No. 17. 3) Biermer, Berl. klin. Wochenschr. 1889, S. 9(18. Diagnostische Bedeutung der Blutuntersuchung bei Magenkrankheiten. 259 Neubauer und Vogel ('bearbeitet von Iluppert und Thomas!, Anleitung zur qualitativen und quantitativen Analyse des Harns. 9. Aufl. Wiesbaden 1890. Kredel. (Daselbst die gesammte Literatur.) Wesener, Lehrbuch der chemischen Untersuchungsniethoden. Berlin 1890. W reden. Leo, Diagnostik der Krankheiten der Bauchorgane. Berlin 1895. ACHTES CAPITEL. Diagnostische Bedeutung der Blutuntersuchung bei Magenkrankheiten. Es ist von einzelnen Autoren der Versuch gemacht worden, die Blutuntersuchung nach den in neuerer Zeit üblichen Methoden für die Diagnose gewisser Magenaffectionen zu verwerthen. In erster Reihe wird es sich hierbei u m die Dift'erentialdiagnose zwischen dem häufigsten malignen Leiden des Magens — dem Magencarcinom — und den gutartigen Processen der Magenschleimhaut handeln. Die Ansichten über den Werth dieser Methoden sind noch getheilt, als durchschnittliches Urtheil kann man aber den Satz aufstellen, dass in der Blutuntersuchung ein nicht ganz bedeutungsloses Hilfsmittel für die Differentialdiagnostik liegt. Wir folgen hierbei im wesentlichen der sehr eingehenden und mit gesunder Kritik verfassten Monographie von E. Reinert,1) berücksichtigen aber auch die sonstigen für den Gegenstand in Betracht kommenden Arbeiten. F. Müller,-) Oppen­ heim er3) und H ä berl in4) geben an, dass die farbigen Elemente bei Ileus in der Begel nicht, bei Carcinom dagegen beträchtlich ver- «im bei ri.-us mindert angetroffen werden. Leichtenstern •">) fand andrerseits in drei Fällen von Ulcus einen verminderten Hämogiobingehalt, während i) E. Keinert, Die Zählung der rothen Blutkörperchen und deren Bedeutung für Diagnose und Therapie. Leipzig 1891. ••>) Fr. Müller Verhau dl im gen des Ver. f. hin. Med. Jahrg. 7, 1888, S. 378. 3) Oppenheimer, Deutsche medicinische Wochenschrift 1889, No. 42—44. ti lläberlin, Münchn. med. Wochenschr. isxx, Xo. 22. •"') Leichtenstern, Untersuchungen über den Hämoglobulingehalt im gesunden und kranken Zustande. Leipzig 1878. 17--' 200 Diagnostische Bedeutung der Blutuntersuchung bei Magenkrankheiten. Oppenheimer1) in zwölf Fällen eine Verminderung des letzteren nicht, nachweisen konnte. Beinert2) hat indessen in zwei Fällen sowohl die Zahl der rothen Blutkörperchen als ganz besonders den Hämoglobingehalt stark vermindert gefunden. Osterspey3) fand in neun Fällen von Ulcus ventriculi theils mit, theils ohne Hämatemesis, regelmässig Herabsetzung der Zahl der rothen Blutkörperchen und des Hämogiohingehalts, in einzelnen eine Verminderung der weissen Elemente. Es geht daraus, wie 0 sterspey richtig bemerkt, hervor, dass weder normale, noch anomale Blutbeschaffenheit für Ulcus ven­ triculi characteristisch ist. BUU Die Untersuchungen des Blutes bei Mageneureinoin haben gieich- rclnom *a,^s keine eindeutigen Ergebnisse zu Tage gefördert. Zwar ist Ab­ nahme der rothen Blutkörperchen und Hand in Hand damit Ver­ ringerung des Hämoglobingehalts in den meisten Fällen beobachtet (Leichtenstern, Laache, Malassez, Schneider, Daland und Tadler, Häberlin, Osterspey4) u. a.), indessen ist diese Altera­ tion des Blutes, ganz abgesehen von den Ausnahmen, für Magen- carcinom durchaus nicht characteristisch. Auch bezüglich der Leuco­ cyten sind die Blutbefunde nicht übereinstimmend, neben Berichten über Vermehrung der weissen Blutkörperchen (Leichtenstern, Sörensen, Potain) begegnen wir auch solchen mit normalem Ver­ halten (Lepine, Laache, Schneider Osterspey u. a.). Aus diesen Untersuchungen folgt die Unmöglichkeit, in zweifel­ haften Fällen Ulcus von Carcinom, bezw. gutartige von bösartiger Pylorusstenose, wie Häberlin dies aufgestellt, hatte, zu unterschei­ den, um so weniger, als es sich bei zweifelhaftem Carcinom meist u m nicht ausgesprochene Cachexie handelt und deshalb auch der Blutbefund deutliche Abweichungen von der Norm entweder gar nicht oder nur angedeutet zeigen dürfte. Ausser diesen Blutalterationen haben v. Jaksch-5) sowie Gra- witzr') und Strauer?) den Eiweissgehalt des Blutes bei Carcinomen untersucht. Nach den Untersuchungen der letztgenannten Autoren, welche sämmtliche in Betracht kommenden Eactoren (Zahl der rothen !) Oppenheimer, 1. c. 2) Reinert, 1. c. s) Osterspey, Berl. klin. Wochenschr. 1892, No. 12 u. 13. 4) Osterspey, 1. c. •>) v. Jaksch, Zeitsclir. f. klin.Medicin Bd. 23, Heft 3 u. 4. l!) E. Grawitz, Deutsche medicinische Wochenschrift 1893, No. 51. ") Strauer, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 24, Heft 3 u. 4. Diagnostische Bedeutung der Blutuntersuchung bei Magenkrankheiten. 2(!1 und weissen Blutkörperchen, Trockenrückstand des Blutes, Trocken­ rückstand des Serum, speritisehes Gewicht) in den Kreis ihrer Unter­ suchungen gezogen haben, zeigte sich das Blut bei vorgeschrittener Krebscachexie nach allen den genannten Richtungen hin subnormal. Von einer gewissen unterstützenden Bedeutung dürfte vielleicht die speeifische Gewichtsbestimmung des Blutes sein (Hammerschlag, R. Schmaltz). Dieselbe beträgt unter normalen Verhältnissen nach Schmaltz im Mittel 1,0501, nach Peipcr 1,0550, bei Frauen nach Schmaltz 1,0562, nach Peiper 1,0535. Bei Anämieen verschiedener Provenienz ist das speeifische Gewicht erheblich herabgesetzt. Von besonderem Interesse ist der Befund von Peiper, dass bei Carcinoma ventriculi und einem Falle von chronischer Gastritis das speeifische Gewicht erheblich herabgesetzt war. Eigene Beobachtungen an vier Fällen von Carcinoma ventriculi ergaben in zwei Fällen erhebliche Herabsetzung des speeifischen Gewichtes (1,0272 bezw. 1,0275), in den anderen weniger vorgeschrittenen Fällen war dasselbe gleichfalls, aber in geringerem Maasse herabgesetzt, bei anderen, gutartigen Magenaffectionen hielt sich das speeifische Gewicht innerhalb der normalen Zahlen. Uebcreinstimmeiid mit Schmaltz fand ich in den meisten Fällen, jedoch nicht regelmässig, Hand in Hand mit der Ab­ nahme des speeifischen Gewichtes Verminderung des Hämoglobin­ gehaltes. Auch D e v o t o fand nach einer anderen Methode in einem Falle von Carcinom Herabsetzung des speeifischen Gewichtes, in einem anderen war es normal. In neuerer Zeit hat Schneyer 1) auf ein wichtiges differcntielles Zeichen zwischen Magencarcinom und gutartigen Processen aufmerk­ sam gemacht. Es besteht darin, dass das Vorhandensein von Ver- dauungsleucoeytose gegen Carcinom spricht, dass hingegen der Mangel an Leucocytose nicht beweisend sei. Von Härtung-) wurde das Nichtvorhandensein der Verdauiuigsleucocytosc beim Magenkrebs be­ stätigt. Dagegen zeigen Hassmann'sO Untersuchungen, dass von dieser Regel auch Ausnahmen vorkommen. Für die übrigen Alagenaffectionen liegen nur spärliche Unter- nmt bei suchungen vor. So fand Leichtenstern bei Gastreetasio trotz he- s^lns', ,^eB deutender Abmagerung und beträchtlichem Marasmus normale Hämo- k'-aukhcitcn, globinziffcr und erklärt dies aus dem in Folge der schlechten Re­ sorption verringerten Wassergehalt des Blutes. In zwei Fällen von t) Schncver, Zeitschr. f. klin. Mediein 1S95. Bd. 27, S. 475. ••0 Härtung, Wiener klin. Wochentchr. 1895, S. (397. :!) Ilassmann, Wiener klin. Wochenschr. 189(1, No. 17. 262 Diagnostische Bedeutung der Blutuntersuchung bei Magenkrankheiten. Reinert war der Gehalt an rothen Blutkörperchen normal, der Hämoglobingehalt ein wenig verringert. In einem Falle meiner Be­ obachtung mit gleichfalls beträchtlichem Marasmus betrug der Hämo­ globingehalt (nach C o v e r s bestimmt) 100%. Osterspey fand bei Fällen von Anachlorhydric, Gastritis chronica, nervöser Dyspepsie stets normale Zahlen für rothe und weisse Blutkörperchen, dagegen einigemale ansehnliche Verminderung des Hämoglobingehaltes. Magen- Eine sehr häufige Blutalteration bei schweren Magenerkran- erkr mnungen kungen stellt die pernieiöse Anämie dar, und zwar findet sie sich pernieiöser besonders als Folgezustand von Atrophie der Magenschleimhaut. Für mehrere Fälle dieser Art liegen bezüglich des Magens sehr sorg­ fältige Sectionsbefunde vor. (Bamberger, Nothnagel, Fenwick, Henry und Osler u. a.) Indessen ist die pernieiöse Anämie keine constante Begleiterscheinung der Atrophie der Mucosa, und es können überhaupt tiefergreifende Veränderungen der Magenschleimhaut hier­ bei vollkommen vermisst werden ( I m m e r m a n n , Quincke u. a.). Ausser bei Atrophie der Magenschleimhaut ist pernieiöse Anämie auch bei Garcinomen des Intestinaltractus sowie bei Ulcus ventriculi mit wiederholten, wenn auch latenten, Blutungen beobachtet, worden. Diagnostische Bedeutung kommt demnach der pernieiösen Anämie nicht zu, wenngleich bei Anschluss der letzteren an schwere Magensymptome und bei tiefgreifenden Störungen der Secretion (Salzsäure und Fer­ mentverlust) die Diagnose Atrophie der Magenschleimhaut wesentlich gestützt wird. Die Besprechung der Methoden der Blutuntersuchung liegt nicht im Rahmen dieser Darstellung; wer sich genauer mit dem Gegenstände beschäftigen will, findet in den unter »Literatur« angegebenen Schriften und Werken genügende Belehrung. Literatur. Immomiann, Anämie u. Chlorose, v. Ziemssen's Handbuch der spec. Pathol. und Therapie Bd. XIII, 1875. Leichtenstern, rnteisucliimgen über den Ilämoglobulingehalt des Blutes im gesunden und kranken Zustande. Leipzig 1878. Laache, Die Bedeutung der neueren Untersuchungen der Blutkörperchen- zählmig in Bezug auf die anämischen und leukämischen Kranichcitsformen. Deutsche medicinische Wochenschrift 1884, No. 42. Siegel, F., reber die Methode und practische Venverthung der Blutkörper­ chenzählung. Allg. Wien. med. Zeitung 1884, Xo. 11, 12, 16 und 24. Gräber, 0., Zur klinischen Diagnostik der Blutkrankheiten. Leipzig 1888. Hayem, D., D u sang et des alterations anatomiques. Paris 1889. v. Jaksch, Klin. Diagnostik innerer Krankheiten. Wien und Leipzig. 4. Auf­ lage. 188(5. Diagnostische Bedeutung der Blutuntersuehmig bei Magenkrankheiten. 263 v. Linibeck, Grundriss einer klinischen Pathologie des Blutes. Jena 1892- Oppenheimer, Leber die praktische Bedeutung der Blutuntersuchung mittels Blutkörperehenzähler und Ilänioglobinonieter. Deutsche medicinische Wochen­ schrift 1889, No. 42—44. Behielt, E., die Zählung der Blutkörperchen und deren Bedeutung für die Diagnose und Therapie. Von der mediein. Klinik zu Tübingen gekrönte Preis­ schrift. Leipzig 1891. (Daselbst erschöpfende Literaturangaben.) Osterspey Die Blutuntersuchung und deren Bedeutung bei Magenerkran­ kungen. Berl. klin. Wochenschr. 1892, No. 12 u. 13. (Leiche Literaturangaben.) Grawitz, E., Klinische Pathologie des Blutes. Berlin 1896. Enslin. (Reich­ liche Literatur.) IL Die allgemeine Therapie. NEUNTES CAPITEL. Die Diätetik. Eine zweckmässige Ernährung bei Verdauungskrankheiten hat zu berücksichtigen: 1. die Frage des Stoffbedarfs im allgemeinen und bei Krankheiten des Verdauungsapparates im besonderen, 2. die subjeetiven Klagen und Wahrnehmungen des Kranken, 3. die Ergeb­ nisse der objeetiven (physikalischen und chemischen) Untersuchung. Alle diese Punkte sind von so eminenter Bedeutung, dass eine ge­ sonderte Besprechung derselben unerlässlich erscheint. A. Das Kostmaass im allgemeinen und bei Krankheiten des Verdauungsapparates im besonderen. Bei der Ernährung eines Kranken ist die Berücksichtigung der Gesammtconstitution, die Förderung und Aufbesserung seiner vir­ tuellen Leistungsfähigkeit erstes und oberstes Ziel. Eine Diät kann nicht rationell sein, wenn sie über der Krankheit den kranken Kör­ per ausser Acht lässt. Es giebt allerdings Krankheiten, bei denen wir nothgedrungen hiervon absehen müssen — ich erinnere an das Ulcus ventriculi, an chronische Enteritiden, Herz- und Nierenaffectionen —, indessen geschieht dies mit Bücksicht auf das schonungsbedürftige Organ, nach dessen Gesundung wir dem Körper wieder das volle Maass der notwendigen Nährstoffe zuführen müssen. Welches ist nun das nothwendige Mass? Diese Frage ist bisher nur für den Gesunden mit Sicherheit beantwortet, für den Kranken, speciell den Verdauungskranken, nur zum geringen Theil. Für den Gesunden gelten für uns als Norm die Zahlen, welche v. Voit als durchschnittliches Maass für die ausreichende Ernährung Erwachsener gefordert hat und die im allgemeinen als Grundlage für alle Stoff- wechselversuche angenommen sind. 2<;s Die Diätetik. Bedarf an Danach beträgt der tägliche Bedarf Jährstoffen. ^ . _ ^^ T^ , , , . für Männer 118 g Eiweiss, 56 g Fett, 500 g Kohlenhydrate. » Frauen 04 g » 45 g » 400 g » Flierbei ist zu bemerken, dass sich diese Angaben auf einen Mann v o n 70—75 kg Körpergewicht beziehen, welcher täglich 10 Stunden mit nicht zu anstrengender Arbeit beschäftigt ist, und dass das Kostmaass für Frauen sich gleichfalls für massig arbeitende Personen versteht. Man kann den Stoff bedarf auch nach Calorien berechnen, wie dies Rubner zuerst entwickelt hat.1) Danach entwickelt bei der Verbrennung im Körper 1 g Eiweiss = 4 , 1 Calorien. 1 g Fett = 9,3 » 1 g Kohlenhydrat = 4,1 » 1 g Alkohol = 7,0 » Danach würde ein kräftiger, arbeitender Mensch mit einem Gewicht von 70 kg rund 3000 Calorien oder pro Kilo Körpergewicht rund 45 Calorien gebrauchen. In der Buhe, also auch in Krankheiten, kann man den Brennwerth der Nahrung auf ca. 34 Calorien pro Kilo und Tag annehmen.2) Gegen die genannte Grösse der Eiweisszahl ist in letzter Zeit von verschiedenen Forschern (Pflüger, Bohl and, Bleibtreu, Hirschfeld, K u m a g a w a , Klemperer u. a.) geltend gemacht wor­ den, dass man mit einer weit geringeren Eiweissration den Bedarf decken und das stoffliche Gleichgewicht erhalten könne. Nach Voit's eigenem Zugeständnis« kann man mit der Eiweissration bei einem Erwachsenen von mittlerem Gewicht und massiger Arbeit in der That bis auf 100 g herabgehen. Ob man aber diese Eiweissgrösse bis auf die Ziffern von K u m a g a w a , Hirschfeld und Klemperer, die allerdings unter Erhöhung der Bation für Kohlenhydrate und t) Unter Calorie oder Wärmeeinheit bezeichnet man die Wärmemenge, welche zum Erwärmen von 1 kg Wasser von 0° auf ln erforderlich ist. 2) Für die Berechnung des Stoffbedarfes nach Calorien bietet zwar die Verständigung mannichfaclie Vortheile, giebt aber, worauf in neuerer Zeit Im. Munk mit Recht hingewiesen hat, nur ein einseitiges Bild von dein Stoffwechsel im Körper. Wir werden daher die jetzt vielfach der Berechnung zu (Srunde liegenden Calorienvrertho mit grosser Vorsicht und Kritik betrachten müssen. Auch die Thatsache, dass ein Theil der W ä r m e erzengenden Substanzen beim Cesunden sowohl wie beim Kranken den Körper unausgenutzt verlässt. weist auf die Fehlerquellen derartiger Berechnungen hin. Die Diätetik. 2(19 Eette mit erheblich niedrigeren Zahlen für Eiweiss (43 bezw. 59 und 30 g) Sticksfoffgleichgewicht erzielten, für die Dauer ohne Schaden für den gesunden und kranken Momchcn herabdrücken kann, das ist eine noch durch weitere eingehende Untersuchungen zu ent­ scheidende Frage. Für den vorliegenden Gegenstand liegt das In­ teresse dieser Untersuchungen in der Thatsache, dass man den Eiweissbestand durch ein Plus an N-freien Substanzen wenigstens für kurze Zeit stationär erhalten kann, mit anderen Worten, dass man da, wo Eiweisskörper aus irgend einem Grunde schlecht aus­ genutzt oder subjeetiv schlecht vertragen werden, ohne das Gleich­ gewicht des Organismus zu schmälern, die Eiweissration bei er­ höhter Fett- und namentlich Kohlenhydratzufuhr herabsetzen kann. Andererseits haben die Stott'wechselversuche am Hunde von Im. M u n k 1 ) und Roscnhoim-) gezeigt, dass die Herabsetzung der Eiweissration, bei im übrigen ausreichender Nahrung schon nach wenigen Wochen zur Beeinträchtigung der Verdauung und Ver­ schlechterung der Ausnutzung führen kann. Ob diese Thatsachcn sich unmittelbar auf den Menschen übertragen lassen, scheint, nach den Untersuchungen von E. Breisacher3) noch nicht festzustehen. Für die Verhinderung von Eiweissverlust, bezw. für den Eiweiss- ansatz erweisen sich übrigens die Kohlenhydrate als weit günstiger als die Fette, weil bei Steigerung der Kohlenhydrate stets eine Herabsetzung der Eiwcissverbrennung erfolgt, während die Fette in steigenden (iahen den Fiweissverbrauch nicht nothwendig verringern müssen, ja ihn selbst steigern können. Bezüglich des Stoff bedarfs bei chronischen Magenaffectionen sind vor allem die Untersuchungen v. Noorden s>) über den Stoff­ wechsel bei chronischer Gastritis mit Salzsäureverlust und Super­ acidität zu erwähnen. Die ersteren führten in Bestätigung früherer Beobachtungen von Ogata am magenberaubten Hunde zu dem Er- gebniss, dass die Ausnutzung der Eiweisskörper bei völligem Mangel der Salzsäure-Pepsinverdauung in vollkommen aus­ reichender Weise im. Darm vor sich, geht. Unter 13 Fällen er­ hielt v. Noorden zwölfmal N-Ansatz bei einer Kost, die der üblichen i) Im. Munk, Verhandl. der physiol. Gesellsch. zu Berlin, du Bois, Arch. 1891, S. aas- an. 'i) Th. Rosenheim, ibid. S. ."»41—344. •"') L. Breisacher, Deutsehe uiediciuisclic Wochenschrift 1891, No. 48. i) v. Noorden, Zeitsclir. f. klin. Med. Bd. 17, 1890. Vergl. auch Lehrbuch der Pathologie des Stoffwechsels. Berlin 189.3. S. 2:17. 270 Die Diätetik. Diät im allgemeinen nahe kam. Die Dauer der Versuche erstreckte sich hierbei auf 6—21 Tage. Auch die Ausnutzung der Fette und Kohlenhydrate war keineswegs herabgesetzt, v. Noorden schliesst aus seinen Untersuchungen, dass der Marasmus bei manchen chro­ nischen Magenaffectionen (Ulcus ventriculi, Magenkatarrh, Gastrec- tasie mit Hypersecretion) seinen Grund in der verringerten Nahrungs­ aufnahme hat, und dass bei der Therapie hier vor allem der Hebel anzusetzen sei. In einem Falle von Superacidität fand v. Noorden den Koth in einer den normalen Verhältnissen analogen Weise zu­ sammengesetzt. Zweifellos ist die Annahme einer Unterernährung für eine grosse Zahl der Fälle einer der wichtigsten Gründe ihres schlechten Befindens, allein dieselbe ist keineswegs immer auf mangel­ hafte Nahrungszufuhr zu beziehen. So haben, u m nur ein Beispiel anzuführen, Kranke mit gutartiger Pylorusstenose in der Eegel den vortrefflichsten Appetit, auch ist die eigentliche peptische Kraft des Magens gut erhalten, nur bewegt sich ihre Nahrungsaufnahme natur- gemäss in den engsten Grenzen, da jede Ueberlastung des Magens zu den heftigsten Beschwerden (Druck, Schmerzen, Aufstossen, FTebel- keit, Erbrechen) führt. Mit dem Augenblick, wo auf chirurgischem Wege die mechanische Behinderung gehoben ist, geht auch die Nahrungs-Aufnahme und -Verarbeitung ihren richtigen W e g , es re- sultirt sofort Gewichtszunahme. Auf der andern Seite wieder kann die Unterernährung Folge einer renitenten, durch nichts zu über­ windenden Appetitlosigkeit sein (s. u.). Ausserdem liegen von F Müller1) und G. Klemperer 2) höchst werthvolle Untersuchungen über die Stoffbilanz bei Krebskranken vor, die in den wesentlichsten Punkten eine völlige Uebereinstimmung ergeben haben. Danach wird der Organeiweissbestand bei Garcinomen durch ein besonderes Gift beständig verringert, und es gelingt auch bei möglichst reichlicher Ernährung nicht, das Stickstoffgleichgewicht zu erreichen. Von dieser Kegel kommen indessen, wie v. Leyden'9 schon vor längerer Zeit mit vollem Becht hervorgehoben hat, auch Aus­ nahmen vor, und es kann unter günstigen Umständen durch eine ausreichende und den eigenartigen Bedingungen des Eiweisszerfalls angepasste Ernährungsweise der Körper sich theils auf seinem Eiweiss- bestand erhalten, theils ihn erhöhen. Dies sind vielleicht, die auch !) F. Müller, Zeitsclir. f. klin. Mediein Bd. 16, S. 496. *) G. Klemperer, Berl. klin. Wochenschr. 1889, No. 40. 3) E. v. Levden, Deutsche medicinische Wochenschrift 1890, No. 48. Die Diätetik. 271 von Fr. Müller beobachteten analogen Fälle, bei denen der Eiweis- zcrfall durchaus nicht die normale Grösse überschritt. Meine eigenen Erfahrungen an Magenkrebs lauten folgender- massen: Gewichtszunahmen bei Magenkrebskrauken, gehören nach meinen Erfahrungen zu den grossen Ausnahmen und sind wohl nur vorübergehend unter besonders nachdrücklicher Anwendung hoeh- eoncentrirter Nährstoffe erreichbar. Vorbedingung ist aber auch hier ein dauernd günstiges Verlangen nach Nahrung. Die Regel bilden Gewichtsabnahmen. Doch ist ihre Ursache sehr verschieden: sie können einmal in mechanischen Momenten (ebenso wie bei gutartiger Dilatation), sodann in unüberwindlichem Appetitmangel liegen. Letzterer findet sich keineswegs besonders bei mechanischer Verengerung, sondern kommt auch bei völlig durchgängigem Magen vor. Endlich kommt auch analog der .Anschauung von Fr. Müller und Klemperer ein Zustand von progressivem Marasmus trotz guten Appetites und normaler Magenmotion vor. Es liegt, in der That nahe, hier an die Bildung gewisser Protoplasniagifte zu denken. B. Die Bedeutung der subjeetiven Beschwerden für die Diät. Trotz der wichtigen Aufschlüsse, die uns die Functionsprüfung dos Magens und die Kenntniss des Stoffwechsels gewähren, ist die Berücksichtigung der subjeetiven Empfindungen und der sich im An- schluss an den Verdauungsact etwa einstellenden Beschwerden für den Nährplan unter keinen Umständen zu unterschätzen. Denn die Bekömmlichkeit eines Nahrungsmittels hängt, abgesehen von seiner objeetiven Verdaulichkeit, in so hohem Maasse von der individuellen Toleranz und anderen uns noch unbekannten Factoren ab, dass es unumgänglich ist, an der Hand und unter steter Berücksichtigung individueller Wahrnehmungen die Qualität der Nahrungsmittel fest­ zusetzen. Wenn es noch nothwendig wäre, einen Beleg hierfür heran­ zuziehen, so ist das die Milch. Das Nahrungsmittel par excellence im Kindesalter zeigt dem Magendarmtractus Erwachsener gegen­ über die merkwürdigsten individuellen Verschiedenheiten. Die eine Art Kranker verträgt Milch gar nicht, selbst nicht unter Anwendung der üblichen Gorrigentien, ein zweiter Theil vermag nur rohe Milch ohne Beschwerden zu gemessen, während anderen angeblich aus­ schliesslich gekochte Milch ohne Unbehagen aufzunehmen möglich ist. Bei gewissen Kranken bewirkt Milch eine auffällige, durchaus nur hierauf zu beziehende Hemmung der Peristaltik, bei anderen umgekehrt Diarrhöen. Auch hierbei spielt der Umstand, ob die Milch 272 Die Diätetik. roh oder gekocht eingeführt wird, zweifellos eine Bolle. Daneben ist die wechselnde Qualität der Milch, die vom feineren chemischen Standpunkt betrachtet bekanntlich ein äusserst schwankendes Nah­ rungsmittel darstellt, gewiss nicht die geringste PJrsaehe für die ver­ schiedenartige Toleranz. Andererseits kommen objectiv nachweisbare Störungen im Verdauungscanal (chronische Gastritis und Gastroen­ teritis) vor, welche die ungünstigen Einwirkungen vollauf erklären. Es bleiben aber immer noch Fälle genug, wo uns jeder Anhalts­ punkt für das Verständniss der bei einem scheinbar so leicht assi- milirbaren Nahrungsmittel auftretenden Beschwerden mangelt. Wie gegen Milch, so verhalten sich Kranke auch in ihrer Reaction gegen­ über manchen anderen Getränken und Speisen so verschiedenartig, dass eine Berücksichtigung solcher Schwankungen unerlässlich ist. Auf der anderen Seite müssen wir die Angaben der Patienten über Verdauungsstörungen nach bestimmten Speisen nur mit grösster Kritik für unseren Diätplan verwenden. Es besteht eben zu leicht hierbei die Neigung, den herkömmlich als schwer verdaulich berüch­ tigten Substanzen die Schuld an dieser oder jener Magenindisposition zuzuschreiben. Wir müssen, u m die Stichhaltigkeit solcher Angaben auf das richtige Maass zurückzuführen, nur daran denken, wie ausser­ ordentlich complicirt selbst eine so einfache Mahlzeit wie unser herkömmliches Frühstück ist, und dass es selbst für einen intel­ ligenten Beobachter schwer hält, sich über den etwaigen schädlichen Antheil desselben klar zu werden. U m letzteren mit Sicherheit festzustellen, empfehle ich seit Jahren folgendes Vorgehen: Es sei z. B. der von den Kranken beschuldigte Morgenkaffee auf seine Un­ zuträglichkeit zu prüfen. Dann rathe ich dem Patienten, drei Tage hing genau das bisherige Frühstück zu nehmen, also auch zur selben Zeit bei gleichen Quantitäten und Zuthaten, aber unter Beiseite­ lassung des Kaffees, dagegen nicht der zu letzterem etwa zugesetzten Milch oder des Zuckers. Eine sorgfältige Beobachtung vermag jetzt den Einfluss des Kaffees zu zeigen. Trotzdem besteht immer noch keine Sicherheit, da wir ja ein Kaffceinfus mit Wasser haben und letzteres allein vielleicht auch die Fnzuträglichkeiten (z.B. Aufstossen) hervorrufen könnte. Der Sicherheit wegen ist also gerathen, noch 1—2 Tage ein Frühstück einzuschieben, das aus den übrigen Sub­ stanzen + lauwarmem Wasser, und zwar in der dem Kaffee ent­ sprechenden Quantität besteht, Dieser W e g ist, wie ich zugebe, recht complicirt, und die Schwierigkeit steigert sich noch erheblich bei um­ fangreicheren Mahlzeiten, aber er ist der einzig rationelle, u m über die Ursachen subjeetiver Störungen zur Klarheit zu gelangen. Die Diätetik. 273 Eine hervorragende Bolle unter den subjeetiven Störungen spielt ferner der Appetit, von dessen Beschaffenheit der ganze Nahrungs- effect zuweilen allein abhängen kann. W e n n wir von den seltenen Fällen von gesteigertem Nahrungsbedürfniss absehen, so haben wir nieist mit Darniederliegen der Esslust zu kämpfen, sei dieselbe durch Furcht vor Schmerzen (Ileus ventriculi, Superacidität) oder durch eine abnorme Magenvölle bedingt, die das Gefühl des Hungers nicht aufkommen lässt, bezw. schnelle Sättigung hervorruft, Ferner giebt es bekanntlich auch eine »nervöse« Anorexie, und es gehört zu den wichtigsten Erfordernissen einer sorgfältigen Anamnese, festzustellen, ob die Appetitlosigkeit Folge oder Symptom eines organischen Magenleidens oder allgemeiner nervöser Depression, Angst, Sorgen, K u m m e r und anderer abnormer Empfindungen ist. Es verdient end­ lich hervorgehoben zu werden, dass Appetitlosigkeit auch arteficiell, d. h. durch revkehrte diätetische Maassregeln bedingt sein kann (allzu monotone Diät, Verbot von Genussmitteln, des Rauchens, Bier- oder Weintrinkens u. s. w.). Es liegt auf der Hand, dass die Regelung des Appetites in erster Linie eine Beseitigung der die Appetitsstörungen veranlassenden Ursachen zur Voraussetzung hat. Insoweit die letztere gelingt, werden wir auch ersteren lieben. Insoweit das nicht der Fall ist, werden wir selbst mit forcirter Er­ nährung, wie sie von Noorden empfiehlt, beim besten Willen des Arztes und des Kranken nicht oder nur sehr vorübergehend zum Ziele gelangen können. C Die Bedeutung der objeetiven Untersuchungsmethoden. Eine wesentliche Ergänzung der Beobachtungen, die der Kranke an sich macht, bilden die objeetiven Ergebnisse der Fntersuehung. Dieselben beruhen einerseits auf unseren Kenntnissen von der Phy­ siologie und Pathologie im allgemeinen, andererseits auf empirisch oder experimentell an Gesunden oder Kranken gewonnenen Er­ fahrungen, endlich auf den Untersuchungsresultaten im speciellcn Falle. Alle diese Fartoren wirken zur Feststellung der Diät mit, am meisten begreiflicherweise die Ergebnisse der physikalischen und chemischen Untersuchung. Ueber die Bedeutung der Kenutniss der Physiologie und Patho­ logie ein Wort zu verlieren, ist überflüssig. Eine eingehendere Be­ trachtung dagegen erfordert der Werth von systematischen Prüfungen Boas, Allg-. Diagnostik u Thorapit» d. Magenkrankheiten. 4. Aufl. jg 274 Die Diätetik. der »Verdauungsarbeit« bei Gesunden und Kranken, die wir v. Leube 1) und neuerdings Penzoldt") verdanken. Der erste, schon vor einer Beihe von Jahren von v. L e u b e betretene W e g besteht darin, auf empirischem Wege eine Art Skala der leicht verdaulichsten bis zu den schwerer verdaulichen Nahrungs­ mitteln aufzustellen. Diese, zunächst für die Uleusbehandlung be­ stimmte Diät hat sich auch für andere chronische Magenaffectionen, bei denen das Bedürfniss besteht, die Leistungsfähigkeit des Magens allmählich zu steigern, glänzend bewährt. Für eine Reihe anderer (z. B. Mageninsufficienz 1. und 2. Grades, chronische in- oder subacide Gastritis) dagegen ist die Diät weniger geeignet. Wir geben im fol­ genden die berühmt gewordenen vier v. Leube'sehen Kostformen: i.ounesche I. Bouillon, Fleischsolution, Milch, weiche und rohe Eier, x ' eingezuckerter, fettloser Zwieback oder Cakes. Wasser oder natür­ licher, nicht kohlensäurereicher Säuerling. II. Gekochtes Kalbshirn, Thymusdrüse, Huhn, Taube, Schleim­ suppen, Tapiokamilchbrei, eventuell gekochte Kalbsfüsse. III. Goschabtes Lendenbeefsteak, geschabter roher Schinken, Kartoffelpüree, wenig Weissbrod, versuchsweise kleine Mengen Kaffee oder Thee mit Milch. IV Gebratenes Huhn, Taube, Reh, Rebhuhn, (Hase weniger zu empfehlen), Roastbeaf (rosa), Kalbsbraten (Keule), Hecht, Schill (gesotten), Maccaroni, Bouillonreis, später leichteste Aufläufe, Wein in kleinen Portionen. Ein zweiter praktisch zum Ziele führender W e g besteht darin, die Verdaulichkeit einer möglichst grossen Anzahl Nahrungsmittel in bestimmter Menge, Form und Zubereitung nach gewissen Grund­ sätzen beim Gesunden zu prüfen, u m hieraus Anhaltspunkte für die Beköstigung Magenkranker zu gewinnen. Dieser W e g ist in syste­ matischer Weise seit einer Reihe von Jahren von Penzoldt und seinen Schülern beschritten worden. Maassgebend war hierbei stets die Feststellung des Zeitpunktes, wann der Magen sich nach Ein­ führung bestimmter Mengen von Getränken oder Speisen völlig ent­ leert, Fs wurde hierbei auch das chemische Verhalten der Ingesta geprüft, als vergleichender Maassstab diente indessen die motorische Leistung des Magens. Aus der nachfolgenden, der PenzoldUschen Arbeit entnommenen Tabelle gehen ohne weiteres die in Frage kom­ menden Gesichtspunkte hervor. t) v. Leube, Zeitschrift f. klin. Mediein Bd. VI. '-') Penzoldt, Deutsches Archiv f. klin. Mediein Bd. 51 u. 53. Die Diätetik. 275 Es verliessen den Magen in: 1- 2 Stunden: 100—200 g Wasser, rein, 220 g Wasser, kohlensäurehaltig, 200 g Theo ohne Zuthat, 200 g Kaffee » » 200 g Kakao » » 200 g Bier, 200 g leichte Weine, 100 200 g Milch, gesotten (F. 3—5, F. 3-5, K. 5).i) 200 g kleischbriihe ohne Zuthat, 100 g Eier, weich. 2 — 3 Stunden: 200 g Kaffee mit Sahne, 200 g Kakao mit Milch. 200 g Malaga, 200 g Ofener Wein, 300- 500 g Wasser, 300—500 g Bier, 300—500 g Milch, gesotten, 100 g Eier, roh und Rühreier, hart oder Omelette (E. 12, F 12), 100 g Uindfleiseliwurst, roh, 250 g Kalbshirn, gesotten, 250 g Kalbsbries, gesotten, 72 g Austern, roh, 200 g Karpfen, gesotten, 200 g Hecht, gesotten (F. 18, F. 0-5), 200 g Schellfisch, gesotten (E. 17, F- 0, 5), 200 g Stockfisch, gesotten (E. 80, F. 1). 150 g Blumenkohl, gesotten (E. 2, K. 4), 150 g Blumenkohl als Salat, 150 g Spargel, gesotten (E.2, K.2), 150g Kartoffeln, Salzkartoffeln (E. 2, K. 20), 150 g Kartoffeln als Brei, 150 g Kirschencoinpot, 150 g Kirschen, roh, 70 g Weissbrod, frisch und alt, trocken oder mit Theo (E. 7, K. 52), 70 g Zwieback, frisch und alt, trocken oder mit Thee, 70 g Bretzel, 50 g Albert-Bisquits. 3 — 4 Stunden: 230 g junge Hühner, gesotten (E. 20, F 4), 230 g Rebhühner, gebraten, 220- 200 g Tauben, gesotten, 105 g Tauben, gebraten, 250 g Rindfleisch, roh, gekocht, mager (E. 21, F. 1, 5), 250 g Kalbsfüsse, gesotten, 160 g Schinken, gekocht (E. 24, E. 36), 160 g Schinken, roh, gekocht, 100 g Kalbsbraten, wann und kalt, mager (B. 20, E. 1, 5), 100 g Beefsteak, gebraten, kalt oder warm, 100 g Beefsteak, roh, geschabt, 100 g Lendenbraten, 200 g Rheinsalm, gesotten (E. 16, F. 28), 72 g Caviar, gesalzen (E. 31, F. 16), 200 g Neunaugen in Fssig, Bück­ linge, geräuchert, 150 g Schwarzbrotl (E. 6, F o 5, K, 50), 150 g Schrotbrot!, 150 g Weissbrod, 100—150 g Albert-Bisquits, 150 g Kartoffeln -Gemüse, 150 g Reis, gesotten (E. 31, K. 76), 150 g Kohlrabi,gesotten(E.3,K.8), 150 g Möhren, gesotten (F. 1, K.9), 150 g Spinat, gesotten, 150 g Gurkensalat, 150 g Radieschen, roh, 150 g Aepfel. 4 — 5 Stunden: 210 g Tauben, gebraten, 250 g Rindsfilet, gebraten, i) E bedeutet Eiweiss, F Fett, K Kohlenhydrate. 18* 276 Die Diätetik. 250 g Beefsteak, gebraten, 250 g Rindszunge, geräuchert (E. 24, F. 31), 100 g Rauchfleisch in Scheiben (E. 27, F. 15), 250 g Hase, gebraten, 240 g Rebhühner, gebraten, 250 g Gans, gebraten (E. 16), 280 g Ente, gebraten, 200 g Heringe in Salz, 150 g Linsen als Brei (E. 25, K. 54), 200 g Erbsen als Brei (E. 23, K. 52). 150 g Schnittbohnen, gesotten (E. 3, K 6.). eenzoidcs Auf dieser Grundlage hat Penzoldt in Anlehnung an die er- Kostform -wähnten v. Leube sehen Formen eine neue Kostform aufgestellt, die sich durch Angabe der Gewichtsmengen, der Zubereitung und sonstigen Beschaffenheit der betreffenden Nahrungsmittel vortheilhaft vor jenen auszeichnet, leider aber im wesentlichen gleichfalls im Sinne der licusdiät gedacht ist. So kommen z. B. Gemüse, Mehlaufläufe und Fette, die für die Ernährung bei Gastritis, zum Theil auch beim Carcinom vorzugsweise in Betracht kommen, in dem Schema von Penzoldt sehr schlecht fort. Trotzdem bietet es zweifellos für die Ulcusbehandlung sowie für die sogenannte »schonende Magenbehand­ lung« überhaupt werthvolle Anhaltspunkte. Die Penzoldt'sehe Kostanordnung zerfällt gleichfalls in vier Formen: Speisen oder Getränke Fleischbrühe Kuhmilch Eier Fl ei seh Solu­ tion (Leube- Rosenthal) Cakes (Albert-Bis- quits) I. Grösste Menge auf einmal 250 g (i/4 Liter) 250 g (Vi Liter) 1—2 Stück 30—40 g 6 Stück Kost (circa Zubereitung A u s Rindfleisch Gut abgesotten, event. sterilisirt (Soxhlet'scher Apparat) Ganz weich, eben nur erwärmt oder roh -- 10 Tage). Beschaffenheit Fettlos, wenig oder nicht gesalzen Vollmilch (event. !/3 Kalkwasser, 2/3 Milch) Frisch Darf nur einen schwachen Fleisch- brühgerueh haben. Ohne Zucker Wie zu nehmen Langsam (event. mit etwas Thee) Wenn roh, in die warme nicht ko­ chende Fleisch­ brühe verrührt Theelöffelweise oder in Fleisch­ brühe verrührt Nicht einge­ weicht, sondern gut kauen und einspeicheln Die Diätetik. 277 Speisen oder Getränke Wasser Grösste Menge auf einmal Zubereitung Beschaffenheit Wie zu nehmen V8 Liter Gewöhnliches oder natürliches kohlen­ saures, mit schwa­ chem Kohlensäure- gchalt (Selterser) IL Kost (circa 10 Tage). Nicht zu kalt Kalbshirn Kalbsbries (Thymus­ drüse) Tauben Hühner Rohes Rind­ fleisch Rohe Rinder­ wurst Tapioka 100 g 100 g 1 Stück 1 Stück von Tauben- grösse 100 g 100 g 30 g Gesotten Gesotten Gesotten Gesotten Fein gehackt oder geschabt mit wenig Salz Ohne Zuthat Mit Milch als Brei gekocht Von allem Haut- artigen befreit Ebenso, besonders sorgfältig heraus­ geschält Nur jung ohne Haut, Sehnen und Aehnliches Ebenso (kleine Masthühner) Vom Filet zu nehmen Wenig geräuchert — A m besten in der Fleischbrühe Ebenso Ebenso Ebenso Mit Cakes zu essen Ebenso — III. Kost (circa 8 Tage). Taube Huhn Beefsteak Schinken 1 Stück 1 Stück 100 g 100 g Mit frischer Nur junge ohne Butter gebraten Haut u. s. w. nicht zu scharf Ebenso Mit frischer Butter, halbroh (englisch j Roh, fein ge­ schabt Ebenso Das Fleisch vom Filet, gut geklopft Schwach geräuchert, ohne Knochen sog, Lachsschinken Ohne Sauce Ebenso Ebenso Mit Weissbrod 27« Die Diätetik. Speisen oder Getränke Milchbrod od. Zwieback od. Frciburger Bretzeln Kartoffeln Blumenkohl Reh Rebhuhn Roastbeef Filet Kalbfleisch Hecht, Schill, Karpfen, Forelle Oaviar Reis Spargel Rührei Eier-Auflauf Obstmus Rothwein Grösste Menge auf einmal 50 g 50 g 50 g IV. I 100 g 1 Stück 100 g 100 g 100 g 100 g 50 g 50 g 50 g 2 Stück 2 Stück 50 g 100 g Zubereitung Knusperig ge­ backen a) als Brei durch­ geschlagen b) als Salzkartof­ feln zerdrückt Als Gemüse in Salzwasser gekocht Beschaffenheit Altbacken (sog. Semmeln, Wecken etc.) Die Kartoffeln müssen mehlig, beim Zerdrücken krümelig sein Nur die Blumen zu verwenden Cost (circa 8 — 14 Tage). Gebraten Gebraten ohne Speck Rosa gebraten Ebenso Gebraten [Gesotten in Salzwasser, ohne Zusatz Roh Als Brei, durch­ geschlagen Gesotten Mit wenig- frisch er Butter und Salz Mit etwa 20 g Zucker Frisch gesotten durch geschlagen Leichter, reiner Bordeaux Rücken, abgehängt, doch ohne Hautgout Junge Thiere ohne Haut, Sehnen, die Läufe etc. abgehängt Von gutem Mast­ vieh, geklopft Ebenso Rücken oder Keule Sorgfältige Ent­ fernung der Gräten Wenig gesalzener, rassischer Caviar Weich kochender Reis Weich ohne die harten Theile Muss gut aufge­ gangen sein Von allen Kernen und Schalen befreit Oder eine entspre­ chende reine Roth­ weinsorte Wie zu nehmen Sehr sorgfältig zu kauen, gut einspeicheln — — s W a r m oder kalt Ebenso Ebenso In der Fisch­ sauce — — Mit wenig zer­ lassener Butter Sofort zu essen — Leicht ange­ wärmt Die Diätetik. •279 Wenn wir nun an der Hand dieser Grundlinien zu dem Diät­ plan in einem uns etwa vorliegenden Fall übergehen wollton. so treten uns weitere Schwierigheiton in den Wog. Hierzu uehört die Lorücksichtigung der Lehensgowohiiheiton des Kranken, seiner Nei­ gungen und Abneigungen gegenüber gewissen Nahrungsmitteln, dos Wunsches nach Abwechslung in der Küche, der sucrossiven Abände­ rungen je nach dem Wechsel des Befindens u. a. mehr. Wir werden uns bei der Kostanordnimg im ganzen von dem Prinzip leiten lassen, den Kranken von den passenden Nahrungs­ mitteln zunächst die erfahrungsgomäss am leichtesten verdaulichen zu verordnen. Nun ist der Begriff »Verdaulichkeit < allerdings ein sehr schwankender, ja allgemein gesagt giebt es, wie ich an anderer Stelle schon vor Jahren genauer ausgeführt habe,1) leicht- oder schwerverdauliche Nahrungsmittel überhaupt nicht. Auf der anderen Seite kann über die Verdaulichkeit gewisser Nahrungsmittel die Meinung kaum getheilt sein. Wir wissen, dass grössere Mengen von Fetten, von Kohlarten, von Zucker und zuckerhaltigen Substanzen, dass ferner Alkohol in grossen Quantitäten die Venia.uungsJ'unctioiien mehr oder weniger stark belästigen. Nur in einzelnen Fällen, nämlich bei Atonie des Darmcanals und intacten Mageiitünctionen, können wir von dieser Erfahrung ohne Gefahr abweichen, weil gerade in solchen Fällen die unverdauten, bezw. unverdaulichen Nahrungsreste, sowie der Gährung anheimfallende Substanzen einen salutären Reiz auf die verringerte Bcfiexthätigkeit des Darmcanals ausüben. Je besser wir über die subjeetiven und objeetiven Störungen des Verdauungsgeschäftes im einzelnen unterrichtet sind, u m so sicherer werden wir bei der specietlen Kostbestimmung das Passende für den Kranken wählen. Diese specielle, von Fall zu Fall mit kleineren oder grösseren specien? Kn*t- Abweichungen verbundene Kostanordnung erfordert selbstverständ­ lich eine eingehende Instruction des Kranken. Dieselbe muss ent­ halten : 1. eine genaue Zeitangabe für die einzelnen Mahlzeiten; 2. ein erschöpfendes Verzeichniss der erlaubten Nahrungs- und Genussmittel; 3. eine einigermassen genaue Angabe der in Betracht kommen­ den Gewichtszahlen und Mengen der Speisen und Flüssig­ keiten; ij Boas, Berlin, klin. Wochenschr. ISUO, No. 20 23. 280 Die Diätetik. 4. kurze Notizen über die Zubereitung der Speisen, Temperatur der Getränke und sonstige für den Einzelfall in Betracht kommende Bemerkungen; ö. möglichst specielle Angaben über Verbotenes oder allenfalls Erlaubtes. ad 1. Eine Regelung der Zeit für die einzelnen Mahlzeiten ist erwünscht, weil sehr häufig die Frsache oder wenigstens ein Begleit­ moment der Verdauungsstörungen eine falsche Zeiteintheilung dar­ stellt. Im ganzen wird als Grundsatz festgehalten werden müssen, kleine und häufige Mahlzeiten zu reichen, doch ist dies keineswegs in allen Fällen nützlich oder gar nothwendig. Denn die häufige Ingestion ist auch mit einem nicht zu übersehenden Missstand ver­ knüpft, nämlich dem Mangel an Ruhepausen für das kranke Organ. Die letzteren sind besonders in Fällen von abnorm gesteigerter Drüsensecretion zu berücksichtigen. Im allgemeinen eignen sich die häufigen und kleinen Mahlzeiten bei allen Zuständen von Hypotonie oder Stenose des Pylorus, wo die Magenmuskulatur kleine Quanti­ täten gut bewältigt und erst bei grösseren sich insufficient verhält. Aber auch in den erstgenannten Fällen ist genaue Zeiteintheilung erwünscht, u m nicht einerseits Ueberladung, andererseits frustrane Magensaftabsonderung mit ihren ungünstigen Einwirkungen auf die Magenschleimhaut herbeizuführen. ad 2. Im ganzen pflegt gegen diesen Punkt nach meinen Er­ fahrungen häufig gefehlt zu werden. Man verbietet mehr und erlaubt weniger, als dem Kranken gut ist. Ich hin der Meinung, dass der Arzt die Pflicht hat, sich bei jedem diätetischen Verbot streng zu fragen, oh es nach Lage des Falles berechtigt ist. Der Einwurf, dass man durch grosse Connivenz mehr als durch das Gegentheil schaden könne, ist nicht stichhaltig, da wir auch durch übermässige Entziehung den Gesammtorganisnius schädigen und ihm in vielen Fällen die Möglichkeit nehmen, einen Ausgleich für die an sich schon geschwächte und verminderte Assimilation zu finden. Auch darf nicht übersehen werden, dass sich durch eine zu enge Umgrenzung des Erlaubten leicht eine gewisse Monotonie, ja selbst Ekel gegen die Küche einstellt, die sich entweder in zeitweiser Anorexie oder noch schlimmer in einem violenten Durchbruch der Diätvorschriften äussert und hierdurch das Leiden steigert. ad 3. Die Wichtigkeit genauer quantitativer Dosirung der In­ gesta bedarf kaum einer Begründung. Die erstere ist nicht schwer, wenn man sich über die notwendigen Gewichts- und Volumenzahlen der Speisen und Getränke beim Gesunden einmal praktisch klar Die Diätetik. 281 geworden ist. Auch braucht man hierbei keineswegs pedantisch vorzugehen und die Gewissenhaftigkeit bis zum Skrupel zu treiben — nur soll man nicht Maassoinhoiten wie Ta^senkopf, Weinglas. Fss- löffel, Teller wählen, welche herkömmlich in den weitesten Grenzen differiren. ad 1. Angaben über die Art der Zubereitung der Ingesta sind häutig nothwendig. Zuweilen richtet der Kranke selbst dahingehende Fragen. Die Bemerkungen sollen sich beziehen auf die Zubereitungen des Fleischte (roh, halbweich, weich), auf Beigabe etwaiger Saucen (ein wichtiger Punkt!) und Herstellung der letzteren, fernerauf etwa nothwendige künstliche Zerkleinerung des Fleisches (Wiegen, Haehi- ren u. a.), endlich auf Zuthaten von Gewürzen (Salz, Pfeffer, Paprika, Senf, Citrone, Muskat. Essig, Gel u. a.). Dasselbe gilt auch für Fische. Bei Gemüsen, Mehlspeisen, Compots ist gleichfalls die Frage der Zu­ bereitung von Wichtigkeit; bei erstcren besonders die mechanische Zerkleinerung, die Wahl der Zuthaten (Fette, Zucker, Gewürze, Säuren u. s. w.), bei den Gompots die Art der Herstellung (in ur­ sprünglicher Form, Muss, Zucker-, Säurezusatz oder ähnliches). Für Getränkt1 und Flüssigkeiten (Suppen, Kaffee, Theo) kommt vor allem die Temperatur1) in Betracht. Ausserdem ist für Alko- holica von Bedeutung der Alkohol- und Zucker-, bei Mineralwässern der Kohlensäuregehalt. Für Theo, Kaffee und Gaoao sind Angaben über die Stärke der Aufgüsse, bezw. etwaige Zuthaten (Zucker, Milch, Rum, Gognac) von Wichtigkeit. ad 5. Hierbei muss wohl unterschieden werden zwischen ver­ botenen Nahrungsmitteln und der Art der Zubereitung an sich er­ laubter. Je specioller und eingehender die Angaben, desto besser für den Kranken und u m so seltener der peinliche Vorwurf seitens des Kranken, dass dies oder jenes überhaupt nicht Gegenstand der Be­ sprechung gewesen sei. Häufig spielt auch die Qualität der Substanz eine wichtige Rolle, indem ein an sich erlaubtes Nahrungsmittel (z. B. Hammelfleisch) durch abnorme Beschaffenheit (z. B. grossen Fettgehalt) zu einem schwer verdaulichen wird. Wie man sieht, ist eine lege actis zu ertheilende Diätvorschrift eine complieirte und namentlich für den Anfänger schwierige Aufgabe, zumal es hierin den jüngeren Medicinern (im Gegensatz zum Reeept- schreiben) meist an der nöthigen Anleitung fehlt. Fnsere moderne mit Maschinenbetrieb arbeitende Zeit hat nun auch hierfür einen Ersatz i) Vergl. hierüber die lehrreiche Abhandlung von Fffelmanu, Feber die Temperatur unserer Speisen und Getränke. Wiener Klinik IsbT. lieft 0. 282 Die Diätetik. in der Herstellung diätetischer Abreisskalender finden wollen. Be­ trübend ist es, diesen Unfug auch von wissenschaftlich geschätzten Acrzten ausgeübt und vertheidigt zu sehen, denselben Aerzten, die sich gar nicht genug thun können in der Betonung streng indivi- dualisirender Behandlung. Nach meiner Erfahrung ist eine Schablone auf dem Gebiete der Diät mit dem Geiste einer individualisirenden Behandlung völlig unvereinbar. Als Consequenz dieser Anschauung stelle ich den Satz auf: »Fort mit den gedruckten oder anderweitig vervielfältigten Diätzetteln.« Jeder Kranke muss seinen eigenen, ge­ schriebenen, der Eigenheit des Falles, dem Zustand seiner Ernährung, seinen Lebensgewohnheiten u. s. w. angepassten Küchenzettel empfan­ gen. W e m dies zuviel Mühe macht, versuche sich lieber auf anderen Gebieten als dem der Heilkunst! Ganz anders steht es u m die Frage, ob es angemessen sei, dem Arzte zu didaktischen Zwecken eine Anleitung für das »Verschreiben« von Diätzctteln zu gclicn. Diese Frage ist entschieden zn bejahen. Hervorragende Kliniker, wie Leube, Penzoldt n. a. haben mit vollem Recht für den Gebrauch und zur Anleitung des Arztes derartige Diätformeln angegeben; ich selbst habe im spe- ciellcn Theil dieses Werkes I »iätvorsehriften zum Gebrauch für Aerzte aufgestellt. Sie dienen aber nur als Paradigmen, nicht zum gedankenlosen Abschreiben. Diät bei W a s die diätetischen Vorschriften bei den einzelnen functionellen Functions- Störungen betrifft, so ist mehr als allgemeine Gesichtspunkte zu Störungen, gehen, nicht gut möglich. A m klarsten liegen die Verhältnisse bei schweren Motilitätsstörungen, bedingt durch Stenosebildungen. Hier kommt es vor allem darauf an, die eingeführten Substanzen in einer Form zu reichen, welche dem Durchtritt durch den verengten Pförtner keine Schwierigkeit bereitet. Die idealste Ernährungsart. wäre hier die flüssige. Dies wird durch die praktische Erfahrung in Fällen schwerer Pylorusstenosen vollauf bestätigt. Es steht nur der ungemein wich­ tige Gesichtspunkt entgegen, dass sie zur Förderung, bezw. Erhaltung des Organismus nicht ausreicht. Wir werden also immerhin danach trachten müssen, neben flüssigen auch kleine Mengen fester Sub­ stanzen zu geben. Hierbei spielt aber eine entscheidende Rolle die Magensaftsecretion. Ist dieselbe ausreichend, wie dies bei gutartigen, aber auch zuweilen hei malignen Pylorusstenosen der Fall ist, so kann man von Eiweisssubstanzen auch gut zubereitete in fester Form geben: also die leichteren Fleisch- und Fischarten, von Kohlen­ hydraten die in Breiform zu bringenden und von festen Fetten kleine Quantitäten Butter (etwa 50 — 60 g pro die). Ganz anders dagegen muss sich die Diätvorschrift bei Pylorusstenosen mit erloschener oder nahezu erloschener Secretion verhalten: hier werden in Wasser un­ lösliche Eiweisskörper überhaupt nicht oder nur in sehr geringem Die Diätetik. 283 Umfange verdaut und es besteht daher unsere diätetische Aufgabe darin, die zur Erhaltung notwendigen Eiweisskörper in flüssigen Vehikeln unterzubringen. Dasselbe gilt auch für Kohlenhydrate. Frsteres geschieht durch Albumosen, Peptone, Fleischpulver, Fleisch- und Fischpureesuppon, letzteres durch concentrirte Amylacceu- oder Leguminosensuppen, dextrinhaltige Suppen, von denen wir ja eine grosse Auswahl besitzen (s. u. S. 2!)2). Auch hier sind geringe Butter­ mengen, gleichfalls in Suppen untergebracht, gestattet. Einen wichtigen Einfluss auf die Diät in solchen Fällen üben die bei Pylorusstenosen unausbleiblichen Gährungen und Fäulniss- processe aus. Je mehr wir aber durch eine rationelle Diät uns der Passagestörung anpassen, mit anderen Worten, je mehr wir bei einer genau bestimmten Diät völlige Magonentleerung innerhalb der nor­ malen Zeiten erzielen, u m so weniger wird es zu Magengährungen kommen. Auf die letzteren, die früher immer im Vordergrund der Erwägung standen, wird demnach erheblich weniger Rücksicht zu nehmen sein als auf die rechtzeitige Fortschaftüng des Mageninhalts. Wie wichtig für die Beurtheilung dieser Sachlage systematische Messungen des nüchtern restirenden Mageninhalts sind, wie sie in meiner Privatklinik seit Jahren geübt werden, bedarf wohl keines besonderen Hinweises. Aehnlich wie bei Stenosen liegt die Ernährungsfragc auch bei Atonieen: wir wissen heutzutage, dass Flüssigkeiten jedenfalls den Magen schneller verlassen als feste Substanzen; es wird also auch hier unser Bestreben sein, die Substanzen in breiiger oder flüssiger Form zu reichen und letzteres unisoinehr, je mehr die Magensccretion erloschen ist. W a s weiter die reinen, nicht durch mechanische Insufficienz complicirten Secretionsstörungen betrifft, so sind über unser diäte­ tisches Vorgehen die Ansichten noch sehr getheilt. Bei der Super­ acidität z. B. fordert die Theorie möglichste Vermeidung von Amylaceen und prononcirtc Empfehlung von Fleisch, sowie überhaupt Eiweiss- körpern, in der Annahme, dass hierbei die überschüssige Salzsäure am besten gebunden und so deren Reizwirkung auf die Magenschleim­ haut verhütet wird. Andererseits fohlt es auch nicht an Stimmen, welche gerade umgekehrt von der reichen Fleisch- und Eiweisszufuhr eine Reizung der Magensaftseeretion befürchten und daher der Aniv- laeeennahrung das Wort reden. Dieser Standpunkt, der schon vor einigen Jahren in v. Sohlern 1) einen Veitheidiger gefunden hat, ist M v. Sohlern, Berliner klin. Wochenschrift IS'.U, No. 20 21. 284 Die Diätetik. in jüngster Zeit durch eine interessante Arbeit von JürgensenD in Kopenhagen wieder in den Mittelpunkt der Discussion gerückt. Jürgensen plädirt auf Grund seiner Erfahrungen sowie der Versuche von v. Sohlern und v. Jaksch am Gesunden, denen sich die von A. Schule2) anschliesscn, für eine vorwiegend vegetabilische Diät bei Reizzuständen der Magensaftabsonderung. W a s die letzteren be­ trifft, so giebt sie Jürgcnsen allerdings als zu wenig umfangreich preis. Wichtiger sind die Erfahrungen des genannten Autors, die sich auf mehr als ein Decennium beziehen. Leider fehlen aber gerade hier die notwendigen Details in Form von Krankengeschichten. Der Mangel derselben lässt die Frage offen, ob die vegetabilische Diät bei Superacidität ein Palliativmittel ist, mit anderen Worten, ob die Kranken nur bei dauernder Anwendung derselben von den mit jener verbundenen Reizerscheinungen frei sind, oder ob hierbei die Super­ acidität geheilt wird. W a s den erstgenannten Punkt betrifft, so muss ich auf Grund einer bisher allerdings nicht grossen Beobachtungs­ reihe zugeben, dass vegetarische Diät von Kranken mit Superacidität und entsprechenden Reizerscheinungen bisweilen auffallend gut ver­ tragen wird. In zwei oder drei Fällen hat auch die Prüfung der Säurewerthe Verringerung derselben ergeben, selbstverständlich ohne gleichzeitige Anwendung irgend eines anderen Mittels. In einem weiteren Falle dagegen war die vegetarische Diät ganz ohne jeden Einfluss auf die Beschwerden und auf die Säureproduction. Jeden­ falls verdienen die Erfahrungen des oben genannten Autors weitere sorgsame Nachprüfungen. Die obigen Bemerkungen beziehen sich lediglich auf die un- complicirte Superacidität, sei sie nun ein Vorbote des Ulcus, oder ein Symptom der Gastritis aeida, oder endlich rein nervöser Natur. W o immer zugleich eine motorische Insufficienz vorliegt, überwiegt so sehr die Aufgabe, die Diät unter dem Gesichtspunkte der schnellen Magenentleerung festzustellen, dass die Berücksichtigung der Säure­ production, die wesentlich von letzterer abhängt, erst in zweiter Linie steht. Wiederum andere Grundsätze sind bei der mit llcm ventriculi verbundenen Superacidität vorhanden. Hier tritt vor allem das Be­ strehen in Kraft, mechanische, chemische und thermische Reize und Noxen in der Diät zu vermeiden, wobei die Bevorzugung vegeta­ bilischer gegenüber animalischen Substanzen wiederum in den Hinter- i) Jürgensen, Arch. f. Verdauungskrankheiten Bd. 3, S. 2, 1897. -) Schule, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 28 u. 29. Die Diätetik. 285 grund tritt. Freilich haben die orsteron in Gestalt von Suppen und Breien den grossen Vorzug, dass sie den Magen möglichst schnell verlassen, während Fleisch auch bei sonst passender Zubereitung immerhin eine gewisse Magensaftaction erfordert. Die umgekehrte Functiomanomalie, das Versiegen der Magen­ sattabsonderung, die Aehgiia gastrica, wie sie von Einhorn zuerst genannt ist, mit ihren verschiedenen Durchgangsstadien erfordert fol­ gende diätetische Berücksichtigung: Die Eiweisskörper speciell das Fleisch, sind an sich in normalen Mengen zu reichen, nur in gewählter Qualität und passender Zubreitung; künstliche Eiweisspräparate sind kaum nöthig. Martius1) meint allerdings, man könnte dem Magen auch schwerere Fleischkost zumutheu, und er hat sich von deren vor­ trefflicher »Verdauung« überzeugt. Dass dies bei guter Duodenal- verdauung an sich möglich ist, unterliegt durchaus keinem Zweifel, fraglich ist nur, ob es gerathen ist, dem Darm die Arbeit aufzu­ bürden, die er unter normalen Verhältnissen mit dem Magen zu theilen gewohnt ist. Wir glauben demnach, an den oben genannten Prinzipien festhalten zu sollen. Sehr gut werden hier die vegeta­ bilischen Substanzen, soweit sie in breiige Form zu bringen sind, verdaut, und es muss daher unsere Aufgabe sein, sie in der Diät in Form von amylaceenhaltigen Suppen, Pureegemüscn, Mehlspeisen und Aufläufen, auch Gompots, besonders zum Ausdruck zu bringen. Ausdrücklich zu erwähnen ist, dass Fette bei diesen Formen von Secretionsstörungen, von individuellen Ausnahmen abgesehen, vor­ trefflich vertragen werden. Voraussetzung für diese Diätvorschriften ist, dass die Motilität des Magens gut und der Pförtner durchgängig ist, Bei Complicationen der Achylie mit letzteren treten die Grund­ sätze ein, die wir oben besprochen haben. Recht schwierig gestaltet sich die Diät beim Carcinom. Auch hier ist das Entscheidende, ob eine Verengerung des Magens, also Retention vorliegt oder nicht. Im letztgenannten Falle kann die Diät sich ganz im Rahmen der soeben bei der chronischen Ga­ stritis besprochenen Grundsätze bewegen. Maassgebend ist aber hier vor allem der Appetit, Bei Fehlen desselben sind wir ledig­ lich auf das Probiren angewiesen, scholastische Anschauungen von Schwer- oder Leichtverdaulichkeit treten zurück gegenüber dem weit eindringlicheren Erforderniss, den Kranken überhaupt über Wasser zu halten. Wie leicht kann man solche Kranke durch ein harmloses Genussmittel erfreuen und hierdurch über den Abstand zwischen i) Martius, Ueber Achylia gastrica. Wien und Leipzig 1897. 286 Die Diätetik. einst und jetzt, den sie am meisten an ihrem Magen fühlen, hinweg­ täuschen! Auch das ist ein Theil der ärztlichen Deontologie! Nur absolut schädliche Nahrungsmittel, wie Mayonnaisen, Speck, Salate, Kohlarten verbanne man energisch! Die in den 70er Jahren von Beneke u. a. vertretene Anschauung von der günstigen Beeinflussung des Carcinoms durch vegetabile Kost hat sich in der Praxis nicht bewährt, nur wird dieselbe in den meisten Fällen der animalen vor­ gezogen. Dass aber das Carcinom an sich nichts damit zu thun hat, ersehen wir daraus, dass z. B. Patienten nach erfolgreicher Gastro­ enterostomie wieder zur gemischten Kost wie in gesunden Tagen zurückkehren und dabei ausgezeichnet fortkommen. Ueber Resorptionsstörungen als Symptome von Magenkrank­ heiten sind unsere Kenntnisse leider noch recht lückenhaft. Ob über­ haupt selbständige genuine Störungen im Lymphapparat des Magens vorkommen, darüber fehlt es an Erfahrungen. Im ganzen dürfte aber diese Functionsaiiomalie auf unsere diätetischen .Anordnungen von unerheblichem Einfluss sein. Denn wie wir aus den Thier- versuchen von Ogata 1) und denen am Menschen von v. Noor­ den-) wissen, genügt der Darm für die Resorption völlig, und des­ gleichen lehren die Beobachtungen von Atrophie der Drüsenschicht des Magens, dass hiermit keineswegs directe Ernährungsstörungen ver­ bunden zu sein brauchen, solange nur der Darm seine Schuldigkeit thut. Dagegen dürften bei Erkrankungen der Blut- und Lymphge­ fässe (Varicose, Amyloid u. a.), desgleichen bei degenerativen Pro­ cessen des Nervenplexus und der Gangliengruppen Pesorptions- störungen nicht ausbleiben. In diesen Fällen dürfte Vermeidung schwer resorbirbarer Nährstoffe geboten sein: hier wären also Albu­ mosen, Dextrine und andere ähnliche Nährmittel mit Nutzen ver­ wendbar. Sensorielle Störungen im Magenbereich sind entweder der Aus­ druck einer organischen Erkrankung oder ein Symptom der sogenannten nervösen Dyspepsie in ihren wechselvollen Erscheinungen. In manchen Fällen, namentlich der ersten Gruppe, sind wir im Stande, durch zweckmässige Anordnungen dem sich während der Verdauung äussernden Missbehagen wirksam zu steuern. So können wir bei Gastralgieen, die infolge Genusses kalter Getränke auf­ treten, durch strenge Temperaturregelung den Eintritt derselben ver­ hüten. In anderen Fällen, wo ähnliche Erscheinungen durch Genuss i) Ogata, Arch. für Anatomie und Physiol. Physiol. Abth. 1883, S. 89. •-) v. Noorden, Zeitschr. f. klin. Mediein Bd. 17, 1890. Die Diätetik. 287 scharf gewürzter, saurer Nahrungsmittel bedingt werden, ist gleich­ falls eine Remedur durch Verbot derselben gegeben. Anders bei der nervösen Dyspepsie und den hiermit verwandten Formen. In solchen Fällen fehlt uns jede Berechnung. Dies erhellt schon daraus, dass Substanzen zuweilen gut, ja vortrefflich vertragen werden, die zu anderen Zeiten die unangenehmsten Beschwerden im Gefolge haben. Hierzu gehören keineswegs, wie man glauben sollte, die sog. schwer verdaulichen Speisen, sondern gerade umgekehrt solche, deren Zuträglichkeit allgemein erprobt ist, In diesen Fällen ist ein vorsichtiges Expcrimentiren unerlässlich. Soweit meine Beobachtungen mich gelehrt haben, ist in allen diesen Fällen von caprieiösem, launischem Magen eine abwechselungs­ reiche, dabei reichliche Kost eine wesentliche Bedingung für das Wohlbefinden: nirgends passen Milch- oder Entziehungsriiren schlechter als bei Neurasthenikern des Magens. Namentlich hüte man sich vor Entziehung von Fett, Aehnliches gilt auch für die proteusartigen Formen von »ner­ vösem Erbrechen«. Durch vorsichtiges, systematisches Probiren wird man sich am schnellsten Klarheit verschaffen, was der Magen am besten verträgt, Als Grundsatz gilt aber für alle Fälle von nervösem Erbrechen: Vermeidung grösserer Flüssigkeitsquantitäten, speciell während der einzelnen Mahlzeiten und unmittelbar nachher. Störungen einer einzelnen Function gehören bei chronischen Störungen des Verdauungsapparates zu den Seltenheiten; wir haben nur dem Schema zu Liebe im Vorhergehenden die einzelnen Func- tionsanomalieen behandelt. Es ist daher die Berücksichtigung aller klinisch in Betracht kommenden Factorcn für die rationelle Er­ nährung im Einzelfalle unerlässlich. Auch gilt das Gesagte nur für Fälle idiopathischer Magenstörungen, während bei seeundärer Beein­ trächtigung des Digestionsapparates vor allem die diätetische Berück­ sichtigung des Grund.feidens nothwendig ist. Dass indessen auch hierbei die Kenntniss von dem Verhalten der Vcrdauungsfunotionen nicht zu unterschätzen ist, unterliegt wohl keinem Zweifel. Zu den objeetiven Fntersuchiingsergebnissen gehören streng ge­ nommen auch StoffWechsel'Untersuchungen, insofern sie uns lehren, ob die einzelnen Componenton der Nahrung assimilirt werden und in dem Körper als Fleisch- oder Fettansatz zum Ausdruck kommen oder aus irgend einem Grunde den Körper unausgenutzt verlassen oder trotz guter Resorption im Körper zerstört werden. Derartige systematisch fortgeführte Stoffwcchseluntersuchungen hätten grosse Vorzüge, sie würden präciser als die Wage Antwort schon auf ge- 288 Die Diätetik. ringste Schwankungen des Stoffwechsels nach der einen oder an­ deren Richtung geben. Leider sind sie noch zu complicirt, u m am Krankenbett Verwendung zu finden. Eine weitere Methode, die ge­ legentlich Aufschluss geben und zum Wegweiser für unser diäteti­ sches Flandeln dienen kann, ist die Untersuchung der Faeces. Be­ sonders leicht begegnen wir bei schweren Catarrhen des Magens, die häufig auch mit solchen des Darmes verbunden sind (Biedert, M. E i n h o r n , B. O p p l e r ) , unverdauten Muskelfasern, ja sogar völlig unverdauten Fleischstücken in ansehnlicher Grösse in den De- jeeten. Selbstverständlich kommen geringe Mengen von Muskel­ fasern, zumal bei reichlichem Fleischgenuss, auch normaler Weise vor. Bei gewisser Uebung in der Untersuchung normaler und ab­ normer Faeces und unter Berücksichtigung des letztgenannten Punktes, ist ein Urtheil über pathologische Vermehrung von Muskelfasern mög­ lich, falls wiederholte Untersuchungen gleichsinnig ausfallen. In ähnlicher Weise geben uns Prüfungen der Faeces hinsichtlich etwaiger unvollständiger Stärkeverdauung (Prüfung mit Jod-Jodkalium, Zuckerprobe) oder Fettverdauung (Bestimmung der Fette, Fettsäuren und Seifen nach den hierfür geltenden Regeln) brauchbare Anhalts­ punkte über die Nothwendigkeit etwaiger Einschränkungen betreffs dieser Nährstoffe. Künstliche Nährpräparate. Die Thatsache. dass Eiweisskörper im Magen häufig unverdaut bleiben oder nur zum geringen Theil gelöst werden, bot Chemikern und Physiologen schon seit langem Veranlassung, Präparate herzu­ stellen, die künstlich derart vorbereitet sind, dass sie direct zur Auf­ saugung gelangen können. In ähnlicher Weise wurde auch versucht, Kohlenhydrate durch eigenartige Zubereitung in eine leicht lösliche, von allem Schlackenmaterial befreite Form, meist Pulverform, über­ zuführen. Endlich ist auch der Versuch gemacht worden, Fette in eine für die Verdauung zweckmässigen1! Form zu bringen. W a s zunächst die künstlich verdauten Eiweisskörper betrifft, so sind sie in verschiedener Weise hergestellt, theils durch künst­ liche Digestion mittelst der bekannten Enzyme (Pepsin, Papain, Pan- creatin), theils durch Einwirkung überhitzten Wasserdampfes. Bei einzelnen Präparaten ist die Herstellung unbekannt. Man bezeichnet derartige künstliche Producte als Peptone oder richtiger Albumosen. Im Laufe der letzten zwei Decennien ist eine grosse Zahl der­ artiger Producte auf den Markt gebracht worden, und namentlich Die Diätetik. 289 weisen die letzten 10 Jahre in Bezug auf die Verbesserung des Ge­ schmackes, sowie die Concentration dieser Albumosen, grosse Fort­ schritte auf. Es kann ferner als bewiesen betrachtet werden, dass die Albumosen ebenso wie Fleisch im Körper zum Ansatz gelangen, dass also in denselben bis zu einem gewissen Grade ein Ersatz für Eiereiweiss, Fleisch oder Fisch erblickt werden kann (v. Noor d e n und Deiters1), K u h n und Völker)2). Die Praxis scheint darauf hinzudeuten, dass für derartige Pro­ ducte ein grosses Bedürfniss vorliegt, und das Publikum, verleitet durch ungewöhnliche Versprechungen in den Tagesblättern, verlangt dringend nach der Anwendung dieser Präparate, aus denen es neues Leben und neue Kräfte zu gewinnen hofft. Die exaote Wissenschaft darf sich hierdurch nicht beirren hissen, sie muss, unbeeinflusst von dem Tagesgeschrei, mit dem wahren Werth der Nährmittel rechnen und, falls die Ergebnisse objeetiver Prüfung es heischen, vor deren Ueberschätzung warnen. Die erste Frage lautet nun: Liegt überhaupt ein Bedürfniss für solche künstlichen Mittel vor, und wenn, für welche FälleV Es kann letzteres unter dreierlei Umständen der Fall sein: einmal wo eine natürliche Peptonisinnig oder richtiger Albumosirung nicht stattfindet. Das geschieht am häufigsten bei der chronischen glandulären Gastritis, sodann aber auch bei Fällen von Magencarcinoni, und auch bald dauernd, bald nur vorübergehend bei anderen Magenaffectionen. Bei der chronischen Gastritis, bei der sich eigentlich das Bedürfniss nach derartigen Ersatzmitteln am meisten fühlbar machen sollte, liegt er- fahrungsgemäss nie ein Grund dazu vor. Haben die Kranken Appetit, dann vertragen sie auch natürliches Eiweiss und deren Producte, vor­ ausgesetzt, dass sie passend zubereitet sind. Fehlt es daran, so würden auch künstliche Mittel nicht im Stande sein, das im Körper entstehende Eiweissdefieit in irgendwie in Betracht kommendem Ablasse zu decken. Acimlich liegt es beim Magencarcinoni. Mit den wenigen Grammen Eiweiss, die wir dem Kranken in Gestalt von Albumosen zuführen, ist wenig geholfen: der Kranke selbst erkennt dies nur zu bald, und das Nährpräparat, an das er sich noch heute mit seiner ganzen Hoffnung geklammert, giebt er schon morgen ent­ täuscht preis. Grosse Mengen Albumosen zu reichen, ist wiederum wegen des hohen Preises, sodann aber auch bei dem sich schnell ein- i) v. Noorden, Beiträge zur Lehre vom Stoffwechsel des gesunden und kranken Menschen. Heft 1, 1892. '^) Kuhn und Völker, Deutsche medicinische Wochenschrift 1804. No. 41. Boas, Allg. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Aufl. J9 290 Die Diätetik. stellenden Widerwillen und anderen Unzuträglichkeiten (Diarrhoeen) — Ausnahmen kommen natürlich vor — meistens unmöglich. Zweitens könnten Albumosengemisehe da indicirt sein, wo wir absichtlich den Magen schonen und ihm eine Kost zuführen wollen, die möglichst wasserlöslich und hierdurch geeignet ist, schnell in den Darm überzugehen. Eine solche Indication liegt z. B. beim Flcus ventri­ culi, ferner auch bei hochgradigen Motilitätsstörungen, speciell bei Stenosebildungen am Pylorus vor, welcher Ursache sie auch immer ihre Entstehung verdanken. In der That zählt die Darreichung der Leuhe-Rosenthal'schen Fleischsolution als Unterstützungsmittel der Ernährung bei Ulcus ventriculi zahlreiche Anhänger. Weniger acceptirt ist die Albumosedarreichung bei Pylorusstenosen, obgleich gerade hier, zumal in den Fällen, wo auch die Salzsäuresecretion erloschen ist, eine Unterstützung der Ernährung nicht ohne Werth ist. Endlich könnte man daran denken, die Albumosen als Förde­ rungsmittel der Ernährung überhaupt zu geben, also in Fällen, wo durch die Krankheit selbst oder die nothwendigerweise damit ver­ bundene Diät eine Schwächung des Körpers verursacht ist. Diese In­ dication ist am wenigsten zu begründen. Denn, wie Klemperer 1) noch vor kurzem in treffender Weise ausgeführt hat, ist selbst der Nährwerth der hochconcentrirten Albumosen immer noch ein so ge­ ringer, dass er mit unseren üblichen natürlichen Präparaten, speciell dem Hühnereiweiss oder der Milch, nicht concurriren kann. Etwas besser als mit den künstlichen Albumosegemischen steht es mit den sogenannten Mehlpulvern und Leguminosen, deren Zusatz zu Suppen im Stande ist, den Nährwerth derselben, wenn auch nicht erheblich, zu steigern, namentlich wenn man darauf Rücksicht nimmt, dicke, concentrirte Suppen herzustellen. Auf den Gehalt an Dextrinen bei einzelnen Fabrikaten, z. B. dem Nestle'schen Mehl, dem Kufeke'schen Mehl u. a. ist hierbei kein erheblicher Werth zu legen, da eine natürliche Saccharificirimg der Stärke, selbst bei schweren Magenstörungen, kaum je vollständig vermisst wird. Die künstlichen Fettpräparate endlich haben den Zweck, Fett in möglichst geeigneter Form dem Magen zuzuführen. Besonderen Werth haben einzelne Forscher darauf gelegt, fettsäurereiche Gele herzustellen, um den Darmsäften die Arbeit der Fettspaltung zu er­ sparen, oder die Fettresorption auch da zu ermöglichen, wo dieselbe aus irgend einem Grunde ausbleibt. Als ältestes Fett dieser Art ist der Leberthran, als modernstes das Lipanin und die von v. Mering a) Klemperer, Berliner klin. Wochenschr. 1897, No. 26. Die Diätetik. 291 empfohlene Kraftchocolade zu nennen. Die Zufuhr grösserer Mengen Fett wird besonders behufs Verbesserung des Ernährungszustandes emiifohlen, daneben aber auch auf subjeetive Bekömmlichkeit Werth gelegt. Zweifellos kann man mittelst der genannten Fette ebenso wie mit den natürlichen einen grossen Fettansatz erzielen und hierdurch dem Organismus nützen, es ist nur die Frage, ob dies nicht durch Neutralfette, welche uns die Natur selbst bietet, vor allem Butter, Rahm, Speiseöl in derselben Weise erzielt wird. Letzteres muss ent­ schieden bejaht werden; wir werden daher von künstlichen Fetten nur da Gebrauch machen, wo ein besonderer Grund gegen die An­ wendung der Naturfette spricht, Diese Auseinandersetzungen lehren uns, dass im grossen und ganzen der Werth und die Bedeutung künstlicher Nährpräparate im Publikum vielfach überschätzt werden. Sie verdienen gelegentlich An­ wendung, aber im Ganzen ist ihr Indicationskreis beschränkt, Der Wunsch nach Abwechselung, oder gar das Verlangen, dass etwas geschieht, legt unter Umständen die Verordnung künstlicher Mittel nahe, aber der Arzt thut gut, die Erwartungen der Kranken und be­ sonders der Umgebung nicht zu hoch zu spannen. Wegen des hohen Preises sind künstliche Nährmittel, besonders die Albumosen und Fette, nur für begüterte Patienten zu reserviren, während man bei ärmeren durch zweckmässige Zubereitung natürlicher Präparate den­ selben Effect mit erheblich geringerem Kostenaufwand erreichen kann. Wir geben zum Schluss eine kurze Uebersicht der gebräuch­ lichsten Albumose-, Amylum- und Fettnährmittel. A. Albumosepräparate. Leube-RosenthaUs Fleischsolution (enthält 1,8—6,5% Peil­ ten neben 0—11 % löslichem Eiweiss). K e m m e r i c h s Pepton (enthält 00 % Albumosen, 18 % Pepton |Kühne], ! ) — 1 2 % lösliche Eiweisskörper; dazu kommen 8 — 1 0 % Kaliphosphat, Chlorkalium und Erdphosphate. <>,•>% Fett). Kochs Pepton (enthält 1S,S % Pepton, 10,0% Propepton, 1,4%, unlösliches Eiweiss, 1 0 % sonstige N-haltige Stoffe, 0,8 % Fett, 0,0 % Salze und 40,1 % Wasser). Dcnaver s Pepton (Gemisch von Albumosen und Pepton; ent­ hält 1 0 % , organische Substanz, 10,.") % Albumose, 1,5% Pepton). Ross Kraftbier (enthält ca. 3,8 % Albumosen). Somatose (geschmack- und geruchloses Pulver, aus Fleisch 19* 292 Die Diätetik. hergestelltes Albumosegemisch, in Wasser löslich, enthält 8 0 % Al­ bumose). Eucasin (Case'in-Ammoniak, in Wasser fast völlig lösliches Pulver, enthält 13,1 % N). Nutrose (Casem-Natron; weisses Pulver, in Wasser leicht lös­ lich, geschmack- und nahezu geruchlos). Puro von Dr. Scholl, Fleischsaft (enthält 33 % Eiweisskörper, davon 21 % nativcs Eiweiss, 3 % Leim, 7 % Pepton [Albumosen]). B. Kohlenhydratpräparate. Die gebräuchlichsten Kindermehle finden sich in folgender, A. Stutzer1) entnommenen Tabelle ihrer Zusammensetzung nach geordnet: 1. W . Nestle in Vevev 2. Faust & Schuster in Göttingen 3. Frerichs & Co. in Leipzig 4. Kufeke'sKindcrmehl 5. Rademann in Frank­ furt 6. Ridge in London . 7. Carnriek in Ncw- York 8. Matthinson's Food in Heasby 9. Muffler & Co. in Frci- berg Stick- stoff- sub- stanz % 9,91 10,79 11,96 Fett % 4,46 4,55 6,02 12,51 : 1,81 13,62 5,37 8,70 16,69 0,20 15,10 1,38 5,53 — 5,10 Kol hyd lösl. % 42,37 43,21 28,76 21,92 15,51 5,79 28,11 70,50 32,37 ilen- rate un- lösl. % 35,04 32,99 44,48 Holz­ faser % 0,33 — — 52,22 0,65 55,51 75,75 41,32 — 39,78 0,82 0,68 0,18 — 0,10 1 Asche °/o 1,74 1,92 2,36 2,11 4,06 0,64 3,00 0,90 2,43 Phos- phor- säure % 0,59 0,51 0,52 0,63 1,72 0,29 0,87 — 1,32 Kalk % 0,32 — — 0,11 1,04 0,06 0,64 — 1,00 Was­ ser % 6,15 6,54 6,42 8,78 4,54 7,08 5,17 28,40 4,76 Ausserdem sind noch von Kohlenhydratpräparaten die folgenden in Gebrauch2): Hartenstein s Leguminosen (feinstes Leguminosenmehl in vier Mischungen, je nach dem Verhältniss von N-haltiger zu N-freier Sub­ stanz, und zwar ist das Verhältniss in Mischung I = 1:2,3, in i) A. Stutzer, Nahrungs- und Genussmittel, Weyl's Handbuch für Hygiene. Jena 1894, Fischer. 2) Nach Penzoldt-Stintzing, Handbuch der spec. Therapie Bd. IV, S. 257. Die Diätetik. 293 Mischung IT = 1 : 3,3, in Mischung III = 1 :3,9. in Mischung IV = 1:4,8). Knorr's präparirte Mehle (Hafer-, Gerste-, Reis-, Linsenmohl. Hafergrütze-Gerichte, präparirte Kochgerste etc.). Liebe's Leguniinosenniehl (löst sich nur zum Theil im Wasser, enthält viel Stärke). Meilin s Nahrung (soll gänzlich frei von Stärke sein, ziemlich löslich, enthält viel Zucker, aber auch mit Jod sich blaufärbcnde Antheile). T i m p e s Präparate (1. lösliche Leguminose, 2. lösliches Hafer­ mehl, nur zum Theil löslich; ausserdem T i m p e s Milchpulver, wenig- Starke enthaltend und Maizena [Maisstärke]). Dr. Theinhardt s Hygiama (röthliches Pulver von schwachem Oacaogcschmack). Weibezahn s Präparate (feines Hafermehl, Hafergrütze und andere Präparate). Zu den Amylumpräparaten gehören auch die verschiedenen aus präparirten Mehlen hergestellten Zwiebäcke, wie z. B. Opel s Nähr­ zwieback, R a d e m a n n s Nährtoast, Strohschein s Beef-Cakes, Aleu- ronatzwieback u. A. Dieselben stellen eine brauchbare, schmackhafte Zubereitungsform dar. C. Fetthaltige Präparate. Lipanin enthält 0 % Oelsäure. Kraftchocola.de von v. Mering enthält 99,1 % Trockensubstanz, 4 , 4 % Eiweiss und Alkaloide 20,97% Fett, 72,44 ° „ X-freie Sub­ stanzen, 1,25 n/o Asche (wird nach meinen Erfahrungen sehr gern ge­ nommen und gut vertragen). Nährklystiere. W o aus irgend einem Grunde die Ernährung per os unmöglich ist oder wo der Magen oder Darm nur geringe Mengen von Nah­ rungsmitteln aufzunehmen und zu verarbeiten fähig ist, oder endlich, wo aus therapeutischen Gründen eine temporäre Entlastung des Ver­ dauungsapparats indicirt ist, sind die Nährklystiere ein wichtiges Hilfsmittel der Ernährungstherapie. Die physiologischen Grundlagen der bereits von Celsus em­ pfohlenen und angewendeten Clysmata nutrientia sind erst durch die Untersuchungen von Aoit und Bauer 1) sowie Eichhorst'-') ge- i) Voit und Bauer, Zeitschrift f. Biol. Bd. 5. -') Eichhorst, Pflüger's Archiv Bd. 4, 1871. 294 Die Diätetik. schaffen worden. Die erstgenannten Forscher haben durch Thier- versuche festgestellt, dass Eiweisskörper auch ohne vorhergehende Peptonisirung der theilweisen Resorption anheimfallen, gewöhnliches Hühnereiweiss dagegen erwies sich nur bei Gegenwart von Kochsalz der Resorption zügängig. Eichhorst fand, dass auch die Eiweiss- stoffc der Milch, sowie Lösungen von Myosin und Alkalialbuminaten von der Mastdarmschleimhaut aus zur Aufsaugung gelangen können. Versuche am Menschen von Czerny und Latschenberger 1) hatten für die Albuminate dasselbe Resulsat ergeben, ausserdem aber ge­ zeigt, dass auch Fett in Emulsion sowie Stärkekleister resorbirt wurden, wobei es zweifelhaft blieb, ob letzterer vor der Aufsaugung verzuckert oder als solcher resorbirt wurde. Als besonders zweckmässiges und leicht resorbirbares Material wurden dann von v. Leube 2) die Fleischpancreasklystiere empfohlen und deren gute Ausnutzung im Mastdarm durch Harnstoffunter­ suchungen dargethan. Wie gross die Eiweissmenge und der Gehalt an X-losen Sub­ stanzen behufs Erhaltung des Stickstoffgleichgewichts sein muss bezw. ob es überhaupt gelingt, Kranke ausschliesslich oder vorwiegend vom Mastdarm aus zu ernähren, ist eine viel ventilirte Frage. Voit und Bauer meinen, dass nur 1/i der Eiweissmenge zur Aufsaugung ge­ langt und dass es, zumal bei der Schwierigkeit, die nothwendigen Mengen stickst off loser Substanz dem Körper zuzuführen, unmöglich ist, einen Menschen oder Thier vom Rectum aus vollständig zu er­ nähren.3) Eine wesentliche Klärung der Frage des Nährwerthes der alimentären Klysmate verdanken wir E w a l d 0 und Huber.*) Der erstgenannte Autor hat durch Stickstoffbestimmungen des Harns und Koths am Menschen gezeigt, dass Eierklysmata, präparirt oder nicht präparirt, nicht nur eben so prompt wie die käuflichen Albumosen resorbirt werden, sondern auch einen erheblichen, den Peptonen durchaus an die Seite zu stellenden Ansatz bewirken können. Ferner hat E w a l d festgestellt, dass die Albumosen für die Aufsaugung keine besseren Bedingungen bieten als gewöhnliches emulgirtes Hühnerei­ weiss. 41 üb er hat die Angaben der früheren Forscher und besonders die Ewald's gleichfalls an der Hand von X-Bestimmungen nach- 0 Czerny und Latschenberger, Virch. Arch. Bd. 59, S. 661. *) v. Leube, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 10, S. 13. 3) Bauer, v. Zicmssen's Handbuch der allgein. Therapie Bd. 1, S. 264. i) Ewald, Zeitschr. f. klin. Mediein 1887 Bd. 12, S. 407—425. s) Huber, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 47, S. 495. Correspondenzblatt f. Schweiz. Aerzte 1890, 15. Nov. Die Diätetik. 295 geprüft und die Thatsarho dass Eiereiwoiss vom Mastdarm aus re­ sorbirt wird, bestätigt, gleichzeitig aber gezeigt, dass geringer Koch­ salzzusatz (auf 1 Ei 1 gXaCl) die Resorption der enmlgirten Eier ausserordentlich begünstigt. Durch die Peptonisirung der Eier wurde tue Pesorptionsfähigkoit der Klystiere nicht wesentlich gesteigert. Feehnik und Zusammensetzung der Nährklystiere. Ewald 1) Technik und giebt folgende Verordnung: 2 (oder 3) Eier werden mit 1 Esslöffel ^ " kalten Wassers glatt gequirlt. 1 Messerspitze Kraftmehl wird mitNährklysliorP r> Tasse einer 2 0 % Traubonzuckerlösung-0 gekocht und 1 Weinglas Rothwoin zugesetzt. Dann wird die Eierlösung langsam eingerührt, wobei darauf zu achten, dass die Lösung nicht mehr so heiss ist. dass das Eiweiss gerinnt. Die ganze Masse darf nicht mehr als knapp 1/4 Liter betragen. Dein Gemisch kann man 1 Theelöffel Pepton beigeben, doch ist dies nicht nöthig, da die Eier auch so re­ sorbirt werden. Auf Grund der oben angeführten Untersuchungen IIüb er s würde man diesem Gemisch eine kleine Messerspitze Koch­ salz zufügen. Ein Rcinigungsklystler von % Liter Wasser oder Kochsalz­ lösung muss der Injection des Nährklysma, vorangehen und dann ab­ gewartet werden, bis die oft mehrmaligen Entleerungen vorüber sind. Die Menge des Klysma soll nicht mehr als 250 ccm betragen. Die Eingiessung geschieht entweder mit einer Spritze mit langem weichem Ansatzrohr oder mit dem Irrigator, der ebenfalls ein weiches Ansatzrohr mit weiter Oeffnung haben muss. Nach dem Einlauf soll der Patient noch einige Minuten in Rücken- oder Seitenlage bleiben. Jaccoud empfiehlt als Nährklystiere: 250 g Bouillon, 120g Wein, 2 Gelbeier und 4—20 g Peptonum siecum.3) Ich verwende neben Eiern seit mehreren Jahren Milch zum Nährklysma und habe mich davon überzeugt, dass der grösste Theil derselben durch Resorption verschwindet, während ein geringer, offen­ bar in Folge Bacterienwirkung, gerinnt und später ausgestossen wird. Die von mir verordneten Klystiere haben folgende Zusammensetzung: 250 g Milch, 2 Gelbeier, 1 Messerspitze Kochsalz, 1 Esslöffel Rothwein, 1 Theelöffel Kraftmehl. i) Ewald, Therapeut. Monatshefte 1887, S. 159. -) Von Traubenzucker ist wohl am besten Abstand zu nehmen, da er leicht Durchfälle macht. 3) Ich halte diese Zusammensetzung schon des Peptonzusatzes wegen für im- 29ß Die Diätetik. Ich habe mich an einer grossen Reihe von einschlägigen Fällen (s. u.) überzeugt, dass dieses Quantum durchaus vom Mastdarm auf­ genommen und erst nach vielen Stunden ein geringer Bruchtheil aus- gestossen ward. Fast derselben Zusammensetzung bedient sich auch Riegel.1) Die Eingiessung applicire ich mittelst Hegar'sehen Trichters und langen weichen Mastdarmrohrs. Weniger zweckmässig ist ein Irrigator, weil man hierbei das letztere nach der Application des Rei- nigungsklystiers wieder entfernen muss, während man bei Anwendung des Trichters durch einfaches Heben und Senken das Wasser aus dem Mastdarm ausfiiessen lassen und unmittelbar das Nährklysma eingiessen kann. In leichteren Fällen von Mastdarmschwäche oder übermässiger Erregbarkeit setzt man dem Nährklysma zweckmässig 4—5 Tropfen Tinctura thebaica hinzu. Man kann Klysmata dieser Art je nach der Schwere des Falles und je nach der Grösse des Ausfalls der Magen- verdainnig ein- bis viermal in 24 Stunden appliciren indicationen Indicationen der Nährkl.gsmatu. W e n n wir die Krankheiten Nahrkiysmata. des Oesophagus, die ja in engster Beziehung zu den Erkrankungen des Magens stehen, hier mitberücksichtigen, so sind in erster Reihe die Stenosen und Stricturen der Oesophagus, ferner die Oesophagus- divertikcl als geeignetes Object für Mastdarmernährung zu nennen, selbstverständlich nur in dem Stadium, in welchem auch Flüssig- keiten gar nicht oder nur theilweise in den Magen gelangen. Spas­ men des Oesophagus und der Cardia (Oesophagismus, Cardiospasmus) machen wohl nur ausnahmsweise und vorübergehend Rectalernährung nothwendig. Von eigentlichen Magenaffectionen erfordert vor allem das Cardiacarcinom im Stadium des völligen oder nahezu völligen Ver­ schlusses des Magenostiums systematische Rectalernährung, falls die Ernährung nicht etwa durch die Gastrostomie auf andere Weise in- stituirt wird. In den soeben erwähnten Fällen entspricht Rectalernährung aus­ schliesslich der Indicatio vitalis, bei den folgenden Magenaffectionen kommt zu dieser Indication eine zweite hinzu: Schonung und Ent­ lastung des erkrankten Organs. Es gilt dies insbesondere für das Carcinom des Magens, die gutartige Stenose des Pylorus oder Duo­ denum mit consecutiver Ectasie und das Flcus ventriculi rotundum. geeignet; Peptone (Albumosen), rectal injicirt, erzeugen fast ausnahmslos Durchfall. !j Riegel, Die Erkrankungen des Magens. Wien 1896, S. 247. Die Diätetik. 297 Beim Carcinom des Magens, gleichgültig ob dem Pförtner oder der übrigen Magenhöhle angehörig, rechtfertigt sich die Unterstützung der Ernährung mittelst Rectalklysmata einmal durch die mangelhafte Verdauung der Ingesta in Verbindung mit der Entwicklung gewisser toxischer Producte, die theils den Magen, theils weite Darmanschnitte ungünstig beeinflussen. A m notwendigsten erscheint die comple- mentäre Mastdarmernährung beim Pylorusearcinom, wo sich diese Schädlichkeiten in grösstem Umfang finden und hierdurch der Kräfte- zustand des Kranken ganz besonders stark herabgesetzt wird. Auch die infolge der mangelhaften Resorption im Magen sich geltend machende Wasserverarmung der Gewebe mit ihren ungünsti­ gen Folgen für den Gesammtkörper begründet die Rectalernährung. Klar und von den meisten Autoren übereinstimmend befür­ wortet ist die Unterstützung der Ernährung durch alimentäre Klys- mata bei Ectasie des Magens, welcher Ursache dieselbe auch immer entspringen mag. In solchen Fällen liegt die Gefahr für den Orga­ nismus vor allem in der mangelhaften Flüssigkeitsaufnahme. Ein praktischer Maassstab für die Notwendigkeit systematischer Flüssig­ keitszufuhr per rectum liegt in der Grösse der Frinsecretion. Geht dieselbe wesentlich unter 1000 ccm in 24 Stunden herunter, so lasse ich in der Regel sofort rectal ernähren. Der günstige Einfluss zeigt sich nicht allein in der Vermehrung der Diirrese, sondern auch in der Verringerung des qualvollen Durstes, sowie Zunahme des Körper­ gewichts. Man kann als Flüssigkeiten auch einfach Wasser oder Wasser mit Kochsalz (Wegele1), und zwar 2 — 3mal je % Liter in- jiciren, oder nach dem Rathe Fleiner's2) schwach gesalzene Fleisch­ brühe oder Fleischbrühe (%) mit Weiss wein (Oft) gemischt appliciren lassen. Selbstverständlich sind aber die obigen, zugleich einen ge­ wissen Nährwerth enthaltenden Einlaufe den Wassereingiessungen vorzuziehen. In mehreren besonders schweren, durch hochgradige Gährungs- processe characterisirten Fällen habe ich, u m die letzteren zu be­ seitigen und ausserdem den Magen zu entlasten, eine 10—14 Tage fortgeführte ausschliessliche Rectalernährung durchgeführt, und zwar mit auffallend gutem, wenn auch selbstverständlich temporärem Er­ folg. Dieser günstige Erfolg äusserte sich, abgesehen von dem besseren subjeetiven Befinden, durch wochenlangen Schwund der Gährungserreger (Hefezellen, Bacillen aller Art), durch augenschein- V) Wegele, Münchener mediein. Wochenschr. 1894. -') Fleiner, Lehrbuch der Krankheiten der Verdauungsorgane 1896, 1. Hälfte, S. 367. 298 Die Diätetik. lieh günstigere Resorption (reichliche Diurese, Verbesserung der Obstipationsbeschwerden), ja selbst durch temporäre Gewichtszunahme. In einer meiner Beobachtungen hielt dieser Erfolg 3 -4 Monate lang an, ein nicht zu unterschätzendes Resultat gegenüber einer allen therapeutischen Maassnahmen (incl. der Magenausspülung) hartnäckig trotzenden Magenaffection. Auch Rössler1) hat, wie es scheint, ohne meine Empfehlung der Nährklystiere für diese Krankheiten zu kennen, in vier Fällen von Dilatatio ventriculi ein ähnliches Ver­ fahren gleichfalls mit günstigem Erfolge eingeschlagen. Eine nicht weniger bedeutungsvolle Indication für partielle oder complete Mastdarmernährung stellt das Ulcus ventriculi. Wir unter­ scheiden hierbei streng das Ulcus im Stadium der Blutung und kurz nach demselben von dem chronischen in der Vernarbung begriffenen, bezw. reeidivirenden Ulcus. Im Stadium der Blutung und mehrere (mindestens fünf) Tage nachher erscheint mir, wenn überhaupt Nahrungszufuhr erforderlich ist, die ausschliessliche Rectalernährung als die beste und sicherste Methode der Heilung, da nur hierdurch die Vorbedingungen für eine schnelle Thrombenbildung in ausreichendem Maasse erfüllt wird.2) Da zudem Rectalernährung für die Erhaltung des Kranken zunächst völlig ausreicht, so entbehrt eine Abweichung hiervon, etwa in Form gleichzeitiger Nahrungszufuhr per os, meines Erachtens jeder Be­ gründung. Frühestens 3 — 4 Tage nach dem Aufhören der Magenblutung kann man neben Rectalernährung vorsichtig in der üblichen Weise (Milch, Beeftea, Bouillon, weiche Eier, Thee etc.) mit der Ingestion flüssiger Nahrungsmittel heginnen. Ausser in dem Stadium der Hämatemesis ist nun in neuerer Zeit besonders von englischen Verzten, von denen ich Mc Call An­ derson'*) und besonders D o n k i n O hervorhebe, auf die günstigen Resultate hingewiesen worden, die man mit ausschliesslicher Rectal­ ernährung auch in Fällen von chroniseh-reeidivirendem ITcus erzielt. Donkin hat in mehreren Fällen die absolute Rectalernährung bis auf 23 Tage ausgedehnt und berichtet über vortreffliche Resultate. Ich habe, hierdurch angeregt, als der erste in Deutschland in Fällen von schwerem, häufig reeidivirendem und mit heftigen Gastral- i) Rössler, Wiener klin. Wochenschr. 1803, No. 40. a) Vergl. hierüber den speciellen Theil, 3. Aufl., S. 58 u. 51). 3) Mc Call Anderson, British medic. Journal. 1890, May 10. i) H. B. Donkin, The Lancet 1890, Sept. 27. Die Diätetik. 299 gieen einh-rgehendem Ileus ventriculi, bei welchen die üblichen Behandlungsmethoden von nur vorübergehendem oder aar keinem Erfolg begleitet waren, die ausschliessliche Ernährung per Klysma tu \uwendttng gezogen und in zahlreichen Fällen dauernde Heilung erzielt Die Periode der Klysmenernährung, die selbst­ verständlich in dauernder Bettruhe der Kranken vorgenommen wird, beträgt in der Regel 10—14 Tage. Täglich werden drei, in seltenen Fällen vier Eingiessungen, aus der oben (S. 295) genannten Mischung bestehend, applicirt. Eine Medication kommt, abgesehen von warmen Priessnitz-Einschlägen oder heisson Breiumschlägen nicht zur An­ wendung. Bei grossem Durst kann man ab und zu kleine Quantitäten eines alkalischen Säuerlings trinken lassen, doch suche ich dies mög­ lichst zu vermeiden. Nach Beendigung der Abstinenzkur beginne ich nach wenigen Tagen mit kräftiger aber leicht assimilirbarer fester Kost (Fleisch, Weizenbrod, Gemüsebrei, Mehlspeisen), die nunmehr, ohne Schmerzen hervorzurufen, vertragen werden. Meine Erfahrungen über die Rectalernährung beziehen sich seit meiner ersten Mittheilung an dieser Stelle auf mehr als 100 Fälle, wovon etwa 1/:i klinisch beobachtet ist. Ich darf daher mein Urtheil als ein einigermasscn abschliessendes betrachten. Danach kann ich sagen, dass sie in einem Theil der Fälle gut vertragen wird und fast sofort und «lauernd, die Schmerzen beseitigt. Diesen Fällen stehen andere, an Zahl nicht geringere, gegenüber, bei denen der Erfolg ein guter, aber nicht anhaltender ist; mit der Einleitung der natürlichen Ernährung beginnen auch die Schmerzen wieder. Weiter giebt es Fälle, in denen der Erfolg überhaupt ausbleibt. Fls ist aber zweifelhaft, ob es sich in diesen (übrigens seltenen) Fällen nicht u m Magennourosen, die zuweilen ganz unter dem Bilde eines Ulcus ver­ laufen können, gehandelt hat. Endlich verfüge icli über zwei Beob­ achtungen, die mich gelehrt haben, dass zuweilen die Empfindlich­ keit des Magens die Application von Nährklystieren überhaupt nicht zulässt, so dass man davon absehen muss. Wie man sieht, ist weder der Erfolg der Ernährungsklysmata ein absolut sicherer, noch ist die Methode als angenehme zu be­ zeichnen. Ja in der Privatpraxis, ohne genügendes Wärterpersonal, ist sie überhaupt nicht durchführbar. Ich habe schon schwere Col- lapse, Inanitioiisdelirien u. a. bei Kuren in der Häuslichkeit gesehen, die mich nöthigien. das Verfahren vorzeitig abzubrechen. Jedenfalls soll die Klvsmenernährung bei Ulcus ventriculi nur das äusserste Hilfsmittel sein und nur bei völlig sicherer Diagnose in Frage kommen. 300 Die Diätetik. Wenn Ratjen1) demgegenüber in neuester Zeit die Rectalernährung als souveräne Ulcuskur überhaupt empfiehlt, so liegt darin eine Ver- kenimng der Schwierigkeiten, die mit jeder 10—14 Taue systematisch durchgeführten Klysmenernährung für Kranken, Arzt und Wartung verknüpft sind. Abgesehen hiervon kommen wir in gut T/s aller Fälle mit den üblichen, weit weniger eingreifenden Methoden zum Ziele. Eine wichtige Indication für die Keetaleniährung bilden endlich die häufigen Fälle von nervösem Erbrechen oder Hyperästhesie des Magens (irritable stomach); die theilweise Vehernahme des Nahrungs­ geschäftes durch den Darm ist hier nicht allein durch die starke Depotenzirung des Organismus, sondern mehr noch dadurch be­ gründet, dass die Entlastung des Magens offenbar beruhigend auf die Magennerven wirkt. Literat ur. Molesehott, Die Physiologie der Nahrungsmittel, ein Ilandb. <1. Diätetik. 1859. Payen, Precis theoretiqne et practhuie des substanees alimentaires. 18(34. Baltzer, Die Nahrungs- und Genussmittel des Menschen. 1874. Dobell, On diet and reghnen in siekness and health. 1874. Smith, Die Nahrungsmittel. 1874. Pavy, On treatise, on food and dieteties. 1875. Ranke, Die Ernährung . Bauer, Handbuch der allgemeinen Therapie. 1883, Bd. 1. F. A. Hoffmann, Vorlesungen über allgemeine Therapie. Leipzig 1885. Germain See, Regime alimentairc, Traitement hygienique des Malades. Paris 1887. Munk und Uffelmann, Die Ernährung des gesunden und kranken Menschen. Wien und Leipzig lft<)5, 3. Aufl. Stutzer, Nahrungs- und Genussmittel. Jena 1894. Boas, Diät und Wegweiser für Magenkranke. Berlin 1891, 3. Aufl. Chr. Jiirgcnsen, l'rocentische chemische Zusammenstellung der Nahrungs­ mittel des Menschen, graphisch dargestellt. Berlin 1888. <\ v. Noorden, Lehrbuch der Pathologie des Stoffwechsels. Berlin 1893. IL Schlesinger, Diätetische Verordnungen. Frankfurt a. M. 1897, C>. Aufl. C. Wegelc, Die diätetische Behandlung der Magen-Darmerkrankungen, mit einem Anhang: Die diätetische Küche. Jena 1893. (Praktische, übersichtliche Zusammenstellung alles Wissenswerthen.) i) Hatjen, Deutsche medicinische Wochenschrift 1896, No. 52. Die Diätetik. 301 Anhang'. Diätetische Kuren bei Magenkrankheiten. 1. Milchkuren. In dem llcilapparat gegen Verdaiiungsstörun- Miu-neuren. gen kommt der Milch eine wesentliche Bedeutung zu; man wendet sie gegen die allervorschiedeiisteu Krankheiten des Magen-Darmcanals an, oft mit durchschlagendem, zuweilen mit geringem Frfolg, nicht selten mit schwerem Schaden für den Kranken. Diese Versehieden- artigkeit der Wirkung wird nicht allein durch die früher betonte ver­ schiedene Toleranz gegen dieses Nahrungsmittel, sondern auch durch die eigenartigen Umwandlungen bedingt, welche die Milch im Vordauungs- canal erfährt und die uns erst zum geringen Theile bekannt sind. Inzwischen besitzen wir wenigstens einige für die Milchverdauung und deren Einfiuss auf den Stoffwechsel giltige, klinisch brauchbare Anhaltspunkte, welche die Ordination von Milchkuren aus dem breiten Fahrwasser der Empirie in das enge Bett wissenschaftlicher Kritik zu leiten geeignet sind. Wir müssen bei der Ventilirung dieser Frage wohl unterscheiden zwischen systematischen Milchkuren, wie sie1 Kareil zuerst metho­ disch durchgeführt und begründet hat, und zwischen gelegentlicher Beigabe von mehr oder weniger grossen Quantitäten Milch zu der übrigen Kostration. Bei der ersteren müssen wir stets im Auge haben, dass die Milch selbst in den höchsten in Betracht kommenden Mengen (3000 g pro die) zur Deckung des Bedürfnisses an Stickstoff, besonders aber an Kohlenstoff in keiner Weise genügt. Dies gilt allerdings nur fin­ den Gesunden unter normalen Verhältnissen, und es ist zweifellos, dass der in seinen vegetativen Functionen geschwächte Organismus, wie uns die Stoffwcchselimtersuehungen von Fr. Müller1) und Kleni- perer-) gelehrt haben, sielt mit diesen Nährst offzahlen ins Gleich­ gewicht setzen kann. Indessen darf nicht übersehen werden, dass in derartigen Fällen die Ausnutzungsfähigkeit des Organismus stark herabgesetzt und der Yerdaiiungseanal zur Aufnahme derartig grosser Mengen von Nährmaterial ungeeignet ist. W e n n irgendwo, so muss gerade hei Intestinalerkrankungen das Bestreben herrschen, mit wenig Substanz eine grosse Nährkraft zu verbinden, d. h. die Nährstoffe in comprimirter Form zu reichen. i) Fr. Müller, Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. 16. S. 496. 2) Klcmperer, Zeitschr, f. klin. Medicin Bd. 16, S. 550. 302 Die Diätetik. indicationen Auf der anderen Seite muss zugegeben werden, dass für ehi- indicaüonen zelne Fälle von Digestioiiski'ankheiteu die Milch nicht nur ein souve- „., , für räites Nahrungs-, sondern selbst ein Heilmittel darstellt. Hierzu ge- Milchcuren. ' 7 hört in erster Linie die folliculäre Gastritis und das Ulcus ventriculi, bezw. duodeni. Hier, wo es, namentlich in frischen Fällen, darauf ankommt, jeden mechanischen Insult zu vermeiden und ausserdem die überschüssige freie Säure zu binden, füllt die Milchcur, wie wir seit langem wissen, besser als jedes andere Nahrungsmittel ihren Platz aus. Soweit eigene Wahrnehmungen mir ein Urtheil gestatten, sind ausser den eben erwähnten Magenerkrankungen systematische Milch­ kuren noch bei denjenigen Formen der Dyspepsie von Nutzen, die, meist im Gefolge anderer Krankheiten (Phthise, Anämie u. a.), sich »unter dem Bilde der Mageninsuffirienz« äussern. Hier wird die Milch sowohl subjeetiv vertragen als auch gut ausgenutzt. Auch in einzelnen Fällen von nervöser Dyspepsie und Fehlen objeetiver Ver­ dauungsstörungen können Milchkuren von Frfolg begleitet sein, aber durchaus nicht in allen; hier giebt es eben keine Kegel. Deshalb lasse ich vor Antritt einer systematischen Milckhur eine Art Vorkur gebrauchen, deren Ausfall für die eigentliche Kur entscheidend ist. Sehr schlecht vertragen wird die Milch häutig bei Dyspepsieeil mit constantem HCl-Verlust; man muss einmal die gelben, dick­ flüssigen, stark nach Fettsäuren riechenden, ungeronnenen Massen dem Magen entnommen haben, u m die Beschwerden dieser Patienten nach Milchgenuss zu begreifen. Hier verbindet sich mit dem .Mangel der Coagulation noch die Gefahr abundaiiter Gabrangen im Magen- Darme anal. Dagegen hat die Milch einen wichtigen Platz bei allen Ver­ engerungen am Pylorus, nicht in Form von Milchkuren im Sinne Karell's sondern als Theilernährung in wiederholten, kleinen Dosen, kühl gereicht, sorgfältig sterilisirt und. wo nofhwendig, mit verschiedenen Mehlen (s. o. S. 29-2) abgekocht, Fast unentbehrlich ist die Milch, w o mit der motorischen eine chemische Insuffizienz verbunden ist, also bei der chronischen Pylorushyportrophie oder dem Pyloruscarcinom u. a. Hier haben nur flüssige Substanzen Aussicht, den verengten Pförtner zu passiren. In einem Falle von chronischer Pvlorushypcrtrophic gelang es mir durch ausschliessliche Ernährung mit Flüssigkeiten, darunter 4 — 5 Liter Milch in 2-1 Stunden, Bildung von Rückständen im Magen zu verhüten, die Diurese bis 2000 g zu bringen und erhebliche Gewichtszunahme des aufs äusserste abgema­ gerten Patienten zu erzielen. Die Diätetik. 303 Weniger geeignet sind Milchkuren im strengen Sinne bei Atonieen und mechanischer Insuffizienz ohne Stenose. Hier würden grössere Milchmengett der Indication, die Magenniuskulaüir möglichst zu schonen, entgegen wirken. Auch die Erfahrungen sprechen hier gegen die Anwendung systematischer Milchkuren. Uoiitraindieirt erscheint mir auch der kurgemässe Milchgehrauch bei starker Flatulenz, ferner bei chronischen Diarrhöen, bei Darmtuherculose, Amyloid des Darmes und auch wohl bei uicerativen, mit Diarrhöen einhergehenden Pro­ cessen des Darmes. Doch giebt es einzelne Fälle, in denen Milch, besonders heisse Milch, gut vertragen wird. I eherhaupt erfordert bei vielen Milchcuren der Darm mehr Rücksicht als der Magen. In einer grossen Keilte von Digestions- krankheiten besteht z. B. als lästiges Symptom Obstipation, das durch systematischen Milchgcnuss in manchen Fällen noch gesteigert wird. Die Verdaulichkeit der Milch kann durch gewisse Zusätze mehr oder w e ­ niger erhöht werden, so durch Zusatz von Gersten- oder (O'ioschleini (1 Theil Milch zu 2 — 3 Theilen Schleim) event. auch durch Versetzen mit Kalkwasser, schliess­ lich durch Beigabe von Gognac oder Arrae (im Yerhältniss von 10:200). Nament­ lich bewirkt die Beigabe von Alkohol, vielleicht wegen der gährungswidrigen Einwirkung, recht häufig bessere Verdauungsbedingungen. Ein für manche Fälle von Verdauungsstörungen sehr geeignetes Mitch- präparat ist der liolim w e g e n seines ausserordentlichen Fettgehalts (30—33 °0). Seine Darreichung ist besonders da angezeigt, w o grössere Flüssigkeitsniengen vermieden werden müssen. Allerdings k o m m t die subjeetive Toleranz auch hier­ bei in Frage. Aehnlich wie der R a h m ist auch die kürzlich von W . J a w o r s k i i ) angegebene und empfohlene »Kraftniilcli« durch einen hohen Fettgehalt aus­ gezeichnet. J a w o r s k i verwendet zwei Arten, eine fettere mit 10 % Fett, 1 , 8 % Kiweiss, (i '»/„ Milchzucker und eine weniger fette mit 7 % Fett, 1 , S % Fiweiss, 6 IJ.ö Milchzucker. Die Herstellung der Milch geschieht so, dass die frische Milch zuerst mit Wasser verdünnt, der Itahin von 10 "/„ herauscenfrifugirt und mit 6 % Milchzucker versetzt wird. Beachtung verdient ferner die Gärtner'sche Fettmilch, deren Herstellung in der Weise geschieht, dass frisch gemolkene Kuhmilch durch Zusatz von Wasser verdünnt wird, bis der Casoüigehalt d e m der Muttermilch gleicht. Das G e m e n g e wird hierauf eentrifugirt, und zwar soweit, dass die aus d e m iiahinrohr aM'liessendc Milch den Fettgehalt der Muttermilch besitzt. Das Deficit an Zucker wird durch Zusatz einer entsprechenden M e n g e Milchzucker ersetzt. A u f diese Weise er­ halten wir eine Milch, die in Bezug auf ihre wesentlichsten Bestandteile der Muttermilch gleicht. Dementsprechend gerinnt auch bei künstlicher Verdauung die Gärtner'sche Fettmilch feinflockiger als Kuhmilch; nach neueren Unter­ suchungen von E m i l Schütz-] verlässt die Gärtner'sche Fettmilch schneller den M a g e n als Kuhmilch. Eigene Erfahrungen über die zunächst für die Säug­ lingsernährung hergestellte Gärtnermilch fehlen mir; nach K i e g e l s, allerdings i) W Jaworski, Therapeut. Monatsh. 1SU7, Maiheft. -) Emil Schütz, Wiener klin. Wochenschr. 1896, No . 48. 304 Die Diätetik. nicht zahlreichen, Erfahrungen wird dieselbe von den meisten Magenkranken besser vertragen als Kuhmilch. Andere Milchpräparate, die concenfrir/e Milch (von ü r e n k h a n in Sten- dorf bei Eutin), die eondensirte Schweiz er milch (von der Anglo-Suisse Compagnie in Chaux), die von verschiedenen Fabrikanten hergestellten Älilch/mlcer. endlich die Lahmann'schc vegetabile Milch haben eine allgemeine Verbreitung für diäte­ tische Zwecke bei Magenkrankheiten nicht gefunden. Ein häufig bei Magen- und Darmkrankheiten seit der Empfehlung von K r u k e n b e r g angewendetes diätetisches Mittel ist ferner die Buttermilch. Sie wird häufig theils wegen ihres angenehmen, erfrischenden Geschmacks, theils wegen der (durch den Milch- und Buttersäuregehalt bedingten) Einwirkung auf die Peristaltik mit grossem Nutzen gereicht, wenngleich nicht in dem Umfang Avie süsse Milch. Aehnlich wie die Buttermilch werden auch Kumys und Kefir angewendet. Ich selbst habe vom Kefir in einzelnen Fällen von Darmatonie recht zufriedenstellende Erfolge beobachtet. Durch die Veröffentlichungen von Weiss,1) Eckervogt'-) u. a. ist die Wirksamkeit des Kefirs bei Magen-Darmkrankheiten gleichfalls erwiesen. Literatur: siehe bei Bauer, Handbuch der allgemeinen Therapie Bd. 1, Theil 1, S. 334. Mastkur. 2. Weir Mitchell-üTwr3) (Playfair-Jf^r,4) Mastkur). Man hat wie bei anderen Neurosen auch bei denen des Magens den Ver­ such gemacht, die Ernährungsverhältnisse und das Allgemeinbefinden unter Anwendung von Mastkuren zu verbessern und zu kräftigen. Im ganzen lauten aber die Erfahrungen der maassgebenden Autoren hinsichtlich der nervösen Dyspepsie wenig ermuthigend. Nach Burk- hart hat die Mitchell'sche Kur bei der nervösen Dyspepsie keinen sicheren, nicht selten einen ungünstigen Erfolg. Ferner gelten nach diesem Autor als Uontraindicationeu der Mastkur: Erregungszustände des Gehirns sowohl nach der depressiven als nach der excitirenden Seite hin, ferner Hysterie mit unstillbarem Erbrechen und viscerale Neuralgieen, die sich als Sympathicuserkranlamgen herausstellen. Im wesentlichen würden also als geeignet für die Mitchellkur Formen von Neurhastenie oder Hysterie in Betracht kommen, bei denen hoch­ gradige Anorexie und in Folge dessen starke Abmagerung, im übrigen aber objeetiv gute Verdauung besteht. Nach meinen sehr zahlreichen Erfahrungen eignen sich für Mast- i) Weiss, Klin. Zeit- und Streitfragen. Wien 1890, Heft 10. ~ l) Eckervogt, Kefir, seine Darstellung aus Kuhmilch. Berlin und Neu­ wied 1890. 3) Weh-Mitchell, Fat and blood. Third. edit. 1884 und Die Behandlung gewisser Formen von Neurasthenie und Hysterie, übersetzt von Dr. G. Klemperer. Berlin 1887. •<) Playfair, Systematische Behandlung der Hysterie und Nervosität. Deutsch von Tischler. 1883. Die Diätetik. 305 kuren am meisten solche Fälle, wo eine Unterernährung bei normaler Magen- und Darmthätigkeit besteht. Gerade die nervöse Dyspepsie, soweit sie mit Unterernährung verbunden ist, giebt also, wie ich im Gegensatz zu Burkhart hervorhebe, die günstigsten Aus­ sichten. Hier werden glatte Resultate fast immer erzielt. Anders dagegen, wo neben der nervösen Dyspepsie eine wirkliche organische Erkrankung besteht: Gastritis, Myasthenie, Descenstts ventriculi, Ectasie u. a. In solchen Fällen kommt es, wie ich beobachtet habe, leicht zu acuten Verdauungsstörungen (Erbrechen, Durchfall, Druck, Schmerzen), die zeitweilig eine Unterbrechung der Kur erfordern. Bei der grossen Zahl von Mastkuren bei nervöser Dyspepsie, die ich im Verlaufe der letzten zehn Jahre unternommen habe, sei es mir gestattet, einige Regeln für deren Technik zu geben, ohne hier­ bei auf alle Details einzugehen: Die Kranken haben 4—5 Wochen absolute Bettruhe zu halten. Die Ernährung erfolgt alle 2 — 3 Stunden und ist möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Die grossen Quan­ titäten Milch, die ursprünglich als integrirender Bestandtheil em­ pfohlen wurden, sind nach meinen Erfahrungen durchaus unnöthig, ja sogar in Fällen von Magenatonie ein directer Ballast. Sie werden am besten durch V2 Liter Sahne in 3 — 4 Portionen ä 150 g ersetzt. Die Ernährung enthalte viel Kohlenhydrate und Fette, berücksichtige aber auch unter allen Umständen die Genussmittel. W o Obstipation vorhanden ist, hat die Diät durch Zufuhr von viel Süssigkeiten, sowie Säuren (Apfel-, Moselwein, Citronenlimonade 11. a.) darauf Rücksicht zu nehmen. Massage und Faradisation wirken nach meiner Erfahrung im wesentlichen suggestiv. Der Erfolg, d. h. das sub- jeetiv gute Befinden und die Gewichtszunahme werden durch letztere kaum beeinflusst. Dagegen hat die Massage vielleicht den Werth, das Fett besser zu vertheilen, was bei Frauen kosmetisch unter U m ­ ständen von Werth ist. Zur Orientirung gebe ich die Diätvorschriften, die sich mir in zahlreichen Fällen bewährt haben. 7 Uhr: V'4 Liter Kraftchocolade in Satine, 3—4 Zwieback (2 Semmeln), 20—30 g Butter. 91/2 Uhr: Kaltes oder warmes Fleisch, Eier, Eierspeisen, Weissbrod (event. Grahambrod, Butter [20 g]), 150 g Saline. | Salat. Boas Allg. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Aufl. 20 12 Uhr: 150 g Sahne, 2—3 Cakes. 2 Uhr: !/4 Liter Suppe (mit Einlauf), Gemüse 1 . T1 , Kartoffeln / m 1 Uree' Fleisch und Fisch (auch die fettenb 306 Die Diätetik. Compots (süss), Mehlspeise, 1—2 Glas Apfel- oder anderen Fruchtwein (event. auch rohes Obst). 4V2 Uhr: Kaffee oder Thee mit Sahne (150 g), Zwieback, Cakes, Butter (20 g) oder Honig. 5 Uhr: Kaltes oiler warmes Fleisch oder Fisch, Eier, Eierspeisen, Weissbrod, Butter (30 g), Compot, 1 Glas Fruchtwein oder 1 Flasche Malzbier. 91/2 Uhr: 200—300 g Sahne mit 2—3 Cakes. Selbstverständlich kann man an derselben variiren, ja in ein­ zelnen Fällen revidire ich den Küchenzettel von Tag zu Tag und ändere solange, bis der Wunsch des Kranken mit meiner Intention der Gewichtszunahme zusammenfällt. Die von mir erzielten Gewichts­ zunahmen betragen bei diesem Regime durchschnittlich 6 — 8 kg in vier Wochen, übersteigen demnach die anderer Autoren, z. B. Ewald's,1) der bei einer aufs äusserste abgemagerten Patientin in sieben Wochen nur e empor- gerissen worden. Eine Seite der pharmakodynamischen Wirkung der alkalischen Säuerlinge wird auch in deren schleimlösenden Eigenschaften ge­ sucht. Aber auch diese Wirkung ist mehr theoretisch postulirt als praktisch erwiesen. Ausserdem handelt es sich nicht Mos darum, den den Magenwänden anhaftenden Schleim zu lösen, sondern die Bedingungen für die Bildung desselben aufzuheben. Vielleicht liegt auch eine der therapeutischen Agentien in der Temperatur des Wassers, die theils nativ ist (Vichy, Neuenahr), theils künstlich bewirkt wird. Diese Wirkung, der auch bei den Thermal- wässern Karlsbads eine gewichtige Rolle zufällt, ist besonders in sen­ sitiver Hinsicht von nicht zu unterschätzender praktischer Bedeutung. Die Irritabilität des Magens, die grosse Empfindlichkeit gegen Tem­ peraturdifferenzen und gegen stärkere, an sich physiologische Reize, vor allem aber die abnorme Rcaction gegen viele sonst leicht assimilirbare Ingesta wird, wie klinische Beobachtungen lehren, durch temperirte Wässer herabgesetzt. Hierdurch wird andererseits das Allgemeinbefin­ den gehoben, der Appetit nimmt zu, und das Körpergewicht steigt an. Wir geben nun im folgenden eine Uehersicht der am häufigsten angewendeten alkalischen Säuerlinge nach der Stärke ihres Gehalts an doppeltkohlensaurem Natron geordnet, wobei wir bemerken, dass die Wässer Bilin, Vals, Vichy und Fachingen wegen ihres hohen Xatrium- bicarhonatgehaIt.es und des Reichthums an freier Kohlensäure sich tun meisten für unsere Zwecke eignen. Die Zahlen der folgenden Tabelle, sowie der übrigen sind mit geringen Aenderungen dem vortrefflichen »Grundriss der klinischen Balneotherapie« von Kiseh entnommen. Doppeltkohlensaures Natron in 1 Liter Freie C 0 2 in 1 Liter Vals Bilin Fachingen Vichyi) (Grande Grille) Fei lathal quelle Preblau. Salzbrunn Geilnau. Giesshübel N'euenahr1) 7,28 6,47 0,55 4,88 4,30 2,86 2,42 1,06 1,26 1,05 1039,8 1337,6 945,02 460,57 609,12 637,91 630,49 1468,8 1537,7 498,5 i) sind Thermalwässer. 312 Balneotherapie. Atkaiisch- 2. Alkalisch-muriatische Säuerlinge. Es sind dies Wässer, säueriing0e welche neben Kohlensäure und doppeltkohlensaurem Natron noch Koch­ salz in hervorragender oder wenigstens wirksamer Menge enthalten. Auch bei diesen Wässern, die eine Combination dreier Factoren darstellen, lässt sich eine bestimmte Art der Wirkung nicht abstra- hiren. Denn einerseits ist der Kochsalzgehalt (s. Tabelle) bei den meisten so gering, dass von einer wesentlichen Wirkung kaum die Rede sein kann, andererseits kann auch in dem schwachen Gehalt an doppeltkohlensaurem Natron ein wesentlich therapeutisches Agens nicht gesucht werden. Bezüglich des Antheils, welchen die Kohlensäure in allen derartigen Fällen hat, haben wir den Mangel einschlägiger Untersuchungen bereits oben hervorgehoben. Die klinische Balneotherapie weist den genannten Quellen eine wichtige Stellung hei der Behandlung des chronischen Magencatarrhs, namentlich im Gefolge atonischer Zustände zu. Meine eigenen Er­ fahrungen reserviren die genannten Quellen in erster Linie für secun- däre Formen der Dyspepsie, besonders bei der incipienten Phthise, beim Emphysema pulmonum, bei Bronchitis mit Dyspepsie, ferner für die chronische Enteritis, die Stauungsleber und Abdominalplethora leichterer Grade. Die hervorragendsten alkalisch-muriatischen Quellen finden sich, nach dem Gehalt an Kochsalz und Natriumbicarbonat geordnet, in folgender Tabelle zusammengestellt: Sczawnicza (Magdalenenquelle). Luhatschowitz (Vincenzbrunnen) Gleichenberg (Constantinquelle) Tönisstein Ems 1) (Fürstenbrunnen) Selters Doppeltkoh­ lensaures Na­ tron im Liter 8,45 4,29 3,55 2,57 2,036 1,23 Kochsalz im Liter 4,61 3,06 1,85 1,41 1,01 2,33 Freie Kohlensäure im Liter 711,5 1452,6 1149,7 1269,6 599,3 1204,3 Aus dieser Tabelle springt sofort der imponirende Natrium- bicarbonatgehalt von Luhatschowitz (in Mähren) und besonders Sczaw­ nicza (in Galizien) hervor, mit dem sich auch ein beträchtlicher Gehalt an Kochsalz und bei dem erstgenannten an Kohlensäure verbindet. Es würde sich daher der Gebrauch dieser Quellen bei den oben be­ zeichneten Störungen des Verdauungstractus am meisten empfehlen. i) hat Thermalquellen. Balneotherapie. 313 3. Alkalisch-salinische Quellen (Glaubersalzwässer), ausge- oiaubersaiz- zeichnet durch einen bedeutenden Gehalt an Natriumsulfat, mit dem sich noch mehr oder minder grosse Mengen von Natriumbicarbonat, Kochsalz und freier Kohlensäure eomhiniren. Die Quellen sind theils kalte (Elster, Franzensbad, Marionbad, Rohitsch, Tarasp), theils Ther­ men (Karlsbad, Bertrieh). Das Prototyp der genannten Quellen stellt Karlsbad dar. Bei der anerkannten Wirkung der Karlsbader Thermalquellen ist es er­ klärlich, dass man den Versuch unternommen hat, die Pharmako­ dynamik derselben, die bis in unsere Zeit hinein in einen gewissen Mysticismus gekleidet war, zu enthüllen. Das Verdienst, einen ersten Schritt in dieser Richtung hin ge- than zu haben, gebührt unstreitig Jaworski. Derselbe hat in einer eingehenden Untersuchungsreihe theils bisher Bekanntes zusammen­ gestellt und auf seinen kritischen Werth hin geprüft, theils neue Gesichtspunkte für die Klarlegung der Wirkungsweise geschaffen. Die Beobachtungen Jaworski's1) haben Wirkungen des Thermal- wassers ergeben: a) auf die Magenfunctionen, b) auf die Gallen-(und Pancreassaft-V) Secretion, c) auf die Sensibilität des Digestionstractus. W a s die ersteren betrifft, so bestehen sie in einem mächtigen Reiz auf die Magenschleimhaut in dem Sinne, dass die Magensecre- tion stark angeregt wird. Repetirte kleine Dosen ivirken kräftiger als einmalige grosse. Bei grösseren Gaben Karlshader Wasser tritt eine Herabsetzung oder selbst Aufhebung der Magcnsaftabseheidung ein. Längerer Gebrauch des Karlshader Thermalwassers (analog einer Karlshader Kur) hatte eine entschiedene Herabsetzung der Acidität des Magensaftes zur Folge. Als für die Praxis gültiges Resume seiner Untersuchungen führt Jaworski an: dass sehr geringe Quantitäten von Karlsbader Wasser oder Salz im Stande sind, die Säuresecretion und Verdauungsthätig- keit anzuregen, dass grössere Quantitäten die Secretionstüchtigkeit des Magens successive so herabsetzen, dass durch die gewöhnlichen digestiven Reize eine Säure- oder Fermentahscheidung nicht mehr statt hat. Auf die Gallensecretion und die Duodenalfunctionen wirkt das Karlsbader AVasser in der Weise, dass es erstere steigert und auch die Peristaltik des Duodenums stark anregt. Endlich wirkt das Karlsbader AVasser auch derart, dass es den im Magen angesammel­ ten Schleim und zurückgetretene Galle in die Därme überführt. i) Jaworski, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 37, Sep.-Abdruck.; ferner: Wiener med. Presse 1888, No. 3 und 4. 314 Balneotherapie! Auch die Herabstimmung der Irritabilität ist als Wirkung des Karlsbader Thermalwassers nicht zu unterschätzen, wobei sicherlich der Temperatur die wesentliche Bedeutung zukommt. Eine gewisse Einschränkung haben die genannten Resultate durch Beobachtungen von Fwald und Sandberg1) erfahren, insofern dieselben eine wesentliche Beeinflussung der Acidität, der peptischen Kraft und schliesslich der Labfermenteinwirkung nicht constatiren konnten. Eine Ucbereinstimmung mit den Resultaten Jaworski's besteht nur darin, dass bei den Personen mit erhöhter Acidität nach Beendigung des Versuches (30—36 Tage) eine Herabminderung der Acidität eintrat. Nach den neuesten ITntersuchungen von W Spitzer,2) welche sich bezüglich der Einwirkung auf die Acidität des Magen­ inhalts mit den Erfahrungen von Jaworski und denen der eben­ genannten Autoren im ganzen decken, soll durch den Gebrauch der Karlsbader Thermalquellen auch die motorische Thätigkeit des Magens erhöht werden. Die klinischen Erfahrungen stimmen mit den Beobachtungen Jaworski's im ganzen gut überein. Jedenfalls sind sie geeignet, uns hinsichtlich der Dosirung die bemerkenswerthe Directive zu geben, dass zu lange fortgesetzte Karlsbader Kuren selbst unter An­ wendung schwacher Dosen schädlich wirken können. Endlich glaube ich hieraus unter gleichzeitiger Berufung auf mehrfache ungünstige Erfahrungen aus meiner Praxis vor zu häufig wiederholten Karls­ bader Kuren warnen zu müssen. In jedem Falle sollte vor dem Ge­ brauch von Karlsbad eine genaue JTntersuchung der functionellen Störungen des Magens vorgenommen werden, da ohne diese die Ver­ ordnung einer Karlsbader Kur stets ein Experiment ist, das schlecht und gut ausfallen kann. Da, wie oben betont, die Wirkung des Karlsbader Wassers eine complexe ist und sich auf verschiedene Digestionsabschnitte erstreckt, so wird die Prognose der Wirkung und auch die Indicationsstellung wesentlich erschwert. Wenn wir trotzdem versuchen, Indicationen für den Gebrauch der Karlsbader Thermalquellen aufzustellen, so ge­ schieht dies lediglich auf Grund persönlicher Frfahrungen, die in ein­ zelnen Punkten möglicherweise der (Zrrectur bedürfen. rndicationen Die Karfsbader Thermen sind indieirt: rar den j i)ej frjs(qien Formen von Dvspepsie, besonders solchen mit lebrauch der - i i ** '"'" "«.u Karlsbader Aciditätssteigeruug und massiger Obstipation; Thermal- i) Kwald und Sandberg, Centralblatt für die medicin. Wissenschaften 1888, No. 16 u. 18. ••9 W . Spitzer, Therap. Monatsh. 1894, Aprilheft. Balneotherapie. 315 2. bei Gastritis acida, namentlich den mit abnormer Sehleim­ bildung einhergehenden Formen; 3. bei manchen (nicht nervösen) Formen von Superaeidität, continuirlichcm Magensaftfluss. Pvrosis hydroehlorica; 4. bei leichteren Formen von Atonie der Magenmuskulatur, bedingt durch sitzende Lebensweise, einseitige Ernährung (Suppen), habituelle Obstipation und consecutiver Steigerung der Secretion; 5. hei Insiiffieienz des Chemismus und Verringerung (nicht Ver­ lust) der freien Salzsäure; (>. als Nachkur nach Heilung eines chronischen Ulcus ven- triculi et duodeni; besonders den mit Superaeidität ein­ hergehenden Formen ; 7. bei dyspeptisehen Beschwerden, welche durch Obstipation, Leberanschoppung und Aehnliches bedingt sind und wo das primäre Leiden noch nicht die äussersfen Grade erreicht hat. Contraindicirt ist der Gebrauch von Karlsbad; rontramdi- . i • n . -,-, T -r • • cationen für 1. bei vorgeschrittenen lormen der Dvspepsic, namentlich mit den < ^ brauch Salzsäureverlust; **£?££- 2. bei allen Formen der echten, durch die Mageninhaltsunter- maiqueiien. suchung erwiesenen Gastritis chronica mit Salzsäureverlust. 3. bei Gastrectasieen, mögen sie vorgeschrittene Stadien einer Atonie oder Folgezustände einer Pylorusstenose darstellen; 4. hei allen Formen nervöser Dyspepsie, auch solchen mit gut erhaltener chemischer und motorischer Thätigkeit;1) 5. bei allen Dvspepsieen, die mit hartnäckiger habitueller Ob­ stipation einhergehen; b\ bei Verdacht auf maligne Processe des Magcndarmtractus. Bei 1., 2., 3. und 6. werden im ganzen grössere Dosen (5—600 g) Thermalwasser pro die, bei den übrigen nur kleine Dosen (2—400 g) zu gestatten sein. W a s die einzelnen Quellen Karlsbads angeht, so unterscheiden sie sich bekanntlich im wesentlichen nur durch die Temperatur. Im ganzen sind die mittclwarmcn Quellen (Felsenquelle | (50,9"], Mühl­ brunnen |57,N<>], Schlossbrunnen | 5(5 J) °], Marktbrunnen [50°]) den höher tomporirton (Sprudel |73,N"], Ncubruiinen |()3,4°| und Theresien- brunnen |(>1 "]) vorzuziehen. Unbedingt ist dies, wie v. Letibc betont, bei Ulcus ventriculi der Fall; dagegen wähle ich in Uebereinstimmung i) Doch sind hier nur Trinkkuren contraindicirt, nicht der Aufenthalt in Karlsbad selbst, welcher Gelegenheit zur Vornahme hydropathisch er Kuren sowie zur Heilgymnastik, Ma.ssage u. s. w. bietet. 316 Balneotherapie. mit Anderen bei catarrhalischen Affectionen des Dünn- und Dick­ darms mit Vorliebe und gutem Erfolg die hochtemperirten Quellen. Im übrigen ist ein wesentlicher Antheil der eminenten Karls­ bader Kurerfolge auf die in ihrer Weise einzig dastehende Diät zu beziehen, die im weitesten Sinne des Wortes als »Schoiiungsdiät« bezeichnet werden muss. Daher der günstige Erfolg bei allen denen, die den Genüssen der Tafel in allzu reichem Maasso huldigen und hierdurch Zustände von Magen-Darmschwäche acquiriren. Anderer­ seits ist durch die neuesten Stoff Wechseluntersuchungen von Friedr. Kraus 1) erwiesen, dass unter dem Gebrauch von Karlsbader Wasser eine durchaus normale Fettresorption im Darmcanal stattfindet, eine Erfahrung, die empirisch bei einsichtigen Aerzten schon längst fest­ stand. Thatsächlich gehören denn auch heute die früher berüchtigten Karlsbader Consumptionskuren immer mehr zu den Seltenheiten, da Fette nicht mehr in dem Umfange wie früher verboten werden. Von den übrigen Glaubersalzwässern (s. Tabelle) zeigen einige, von der Temperatur abgesehen, sehr ähnliche Zusammensetzungen wie Karlsbad: hierzu gehört Rohitsch (Tempelbrunnen) und die Fran­ zenshader Salzquelle, während Marienbad und Elster durch den fast doppelten Glaubersalzgehalt und Tarasp (Luciusquelle) durch einen beträchtlichen Mehrgehalt an Alkalien von Karlsbad nicht unwesent­ lich abweichen. Ich wähle die Quellen von Elster und Marienbad in den Fällen, in denen an sich Karlsbad indicirt wäre, wo aber eine ausgesprochene Darmträgheit besteht, während ich Tarasp für solche Fälle reservire, wo neben der Einwirkung auf den Magen auch solche auf das Nerven­ system und das Allgemeinbefinden in Frage kommen. Die Zusammensetzung der Glaubcrsalzquellen erhellt aus der folgenden, dem Glaubersalzgchalt nach geordneten Tabelle: 1. •> 3. 4. 5. 6. 7. Elster (Salzquelle) Marienbad (Ferdinandsbrunnen) Franzensbad (Salzquelle) Karlsbad. Tarasp (Luciusquelle) Rohitsch (Tempel braunen) Bcrtrich (31° C) Schwefel­ saures Natron im Liter 5.2(5 5,05 2,SO 2,37 2,1 2,02 0,91 Doppelt­ kohlen­ saures Na­ tron im Liter 1,68 1,S2 o,t)6 1,92 5,45 1,075 0,26 Kochsalz im Liter 0,S2 2,00 1,14 1,03 3,67 0,09 0,435 Freie Kohlen­ säure im Liter 986,84 1127,74 S31,42 104,1 1060,00 1129,02 120,09 ]) Fr. Kraus, Berliner klin. Wochcnschr. 1897, No. 21. Balneotherapie. 317 4. Koch Salzwässer. Aehnlich wie bei den Glaubersalz^ässern Kochsais- besteht hei den Koehsalzwässem ein scheinbar unlöslicher Wider­ spruch zwischen Theorie und Praxis. Das Experiment hat gelehrt, dass das Kochsalz ungünstig auf die Magen Verdauung wirkt, theils weil es die Proteolyse hemmt theils weil es an Stelle der Magen- saftabsonderung alkalische Transsudate producirt, durch welche jene unwirksam gemacht wird; die Praxis zeigt das Gcgentheil, und es muss unsere Aufgabe sein, diese Contraste zu vereinigen. Man hat, wie ich glaube, hier den Fehler begangen, von ungleichen Voraus­ setzungen auszugehen. Wenn z. B. Wolff,1) in der Absicht, den Einfluss des Kochsalzes auf die Magen Verdauung zu studiren, auf ein Mal 5 g Kochsalz in den Magen bringt, so entspricht diese Gabe un­ gefähr 1 Liter Rakoczy-Wasser = 5 Becher, eine Dosis, die wohl kaum jemand als Einzeldosis ordiniren würde. Es unterliegt für mich keinem Zweifel, dass speeiell kleine Koch- salzgaben von grosser balneodynamischer Wirkung sind, und daher pflege ich unter den vielen kochsalzhaltigen Quellen, die uns zur Ver­ fügung stehen, den kochsalzärmeren (bis zu 1 °/0) den Vorzug zu geben. Bei einigen Wässern ist vielleicht neben dem Kochsalz- noch ein beträchtlicher Kohlensäuiegehalt von Bedeutung. Durch letzteren zeichnen sich, wie nachstehende Tabelle lehrt, besonders aus: Kis­ singen, Homburg, Pyrmont (Salzquelle) und Soden (Milchbrunnen). Ueber die Wirkung der Kohlensäure ist bereits oben (S. 310) das Wichtigste ausgeführt. Den Kochsalzwässern kommt im Gegensatz zu den Sulfatquellen, wie es scheint, keine Wirkung auf die grossen Unteileibsdrüsen (Leber, Pancreas), sondern einzig und allein auf den Magen, bezw. Darm zu. Die wesentliche Wirkung der Kochsalzwässer besteht nach meinen Erfahrungen in einer Anregung der Drüsensecretion, Besse­ rung des Appetits und Beseitigung des Schleims. Geradezu typisch ist diese günstige Wirkung in Fällen be- indicationen ginnender, mit HCl-Verlust einhergehender Gastritiden, bei "ndicSoneii denen sieh subiectiv Störungen durch Druck und Völle nach dem für Kochsalz- Essen, Salivation, Uebelkeit, Brechneigung oder wirkliches Erbrechen, objeetiv durch mehr oder weniger verminderte HCl-Production und Schleimt»ildung äussern. In diesen Fällen wirkt, vorausgesetzt, dass nicht etwa ein seeundärer Process vorliegt, der Gebrauch der Koch- salzwässcr (event. in Verbindung mit Salzsäure) nahezu ausnahms­ los in wenigen Wochen vortrefflich. Gleichzeitig hiermit kann man, wie ich dies eonsequent verfolgt habe, ein kräftiges Ansteigen der i) L. Wolff, Zeitschrift f. klin. Medicin Bd. 16, S. 256. wasser. 318 Balneotherapie. HCl-Production und damit wesentlich bessere Chymification und Schwund der dicken zähen Schleimmassen beobachten. Diese von v. Sohlern1) und mir zuerst gemachte Erfahrung ist in neuester Zeit auch von D a p p e r bestätigt worden. Freilich hat D a p p e r 2 ) auch umgekehrt bei Hyperacidität in einer kleinen Zahl von Fällen Nachlass der Störungen sowie Verringerung der Säurewerthe erzielt. In Fällen von langjährigen Gastritiden und constantem HC1- Verlust und gleichzeitigem Fennentmangel konnte ich zwar gleich­ falls günstige Resultate, dagegen keine Einwirkung auf den Chemis­ mus verzeichnen. In den meisten dieser Fälle wirken Kochsalzwässer (in mittleren oder grossen Dosen) auch günstig auf die Magen- und Darmperistaltik, wenigstens sieht man sich den Stuhl regeln und die Neigung zu Flatulenz abnehmen. In kleinen Dosen (1 — D / 2 Becher pro Tag) wirken sie obstipirend. Hieraus folgt schon, dass Fälle mit gesteigertem Chemismus sich nicht für Kochsalzwässer eignen. Ich habe dies auch praktisch bei Patienten, die mich nach erfolgloser Kur in Kissingen aufsuchten, wiederholt beobachten können. Dieselben Erfahrungen hat im Gegen­ satz zu Dapper auch v. Sohlern3) gemacht, und auch ich bin in meinen Anschauungen trotz der oben erwähnten Beobachtungen Dappers nicht erschüttert worden. Dieselben beziehen sich augen­ scheinlich auf Zustände von nervöser, irritativer Dyspepsie, wobei die Darreichung des Rakoczy gegenüber einer rationellen Diät in den Hintergrund tritt. Ob in solchen Fällen die Acidität zu- oder abnimmt, ist meines Erachtens völlig gleichgültig, wichtig allein ist die Förderung der Ernährung und des Kräftezustandes. Für Fälle von Pyrosis hydrochlorica, ulceröser Hyperacidität und Gastritis acida, das steht bei mir fest, sind die Trinkkuren in Kissingen nicht zu empfehlen. Desgleichen bin ich in einem weiteren Punkte ebenso sicher: Atonieen und Mageudilatationen gehören nicht in Kochsalz­ bäder Bei den ersteren besteht in der Regel, zumal in relativ frischen Fällen, Steigerung der Magensaftseeretion. Lässt man wenig trinken, so erhält man einen Effect, der unerwünscht ist: die Säuresecretion steigt noch mehr an; wählt man grosse Dosen, so findet eine weitere 1) v. Sohlem, Berlin, klin. Wochenschr. 1897, Nu. 21. 2) Dapper, Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. 30, Heft 3 u. 4. 3) v. Sohlern 1. c. Balneotherapie. 319 Hyperextension des Magens statt. Ich könnte dieses Raisonnement mit einer großen Anzahl von Krankengeschichten belegen. Noch woniger passen Kochsalzwässer oder überhaupt Mineral­ wässer für Dilatationen in Folge organischer Stenosen oder Myasthenie. Hier ist unsere wesentliche Aufgabe, die Abflussbedingtuigeii günstiger zu gestalten, jede überflüssige Wasseizufuhr, sei sie kochsalz-, oder glauborsalzlialtig, ist daher dringend zu vermeiden. Bezüglich des Ulcus ventriculi hat sich Karlsbad einen so donii- nirenden Ruf erworben, dass es vergebliche Mühe wäre, hieran etwas ändern zu wollen. Indessen möchte ich glauben, dass für einzelne Fälle von chronischem Magengeschwür, namentlich für die nicht mit Superaeidität einhergehenden, leichte Kochsalzwässer nicht weniger iudicirt wären, eigene Erfahrungen hierüber stehen mir indessen nicht zur Verfügung. Von der Anwendung von Kochsalzwässern bei Uarciiiom, selbst wenn dasselbe sich in seinen Anfangstadien be­ findet, ist selbstverstädlich Abstand zu nehmen. So wenig sich die Glaubersalzwässer für die Behandlung von Mageimeurosen eignen, so wenig auch die Kochsalzwässer. Aller­ dings gilt dies nur für solche Fälle, in denen nachweislich die ein­ zelnen Magenfunctioiieu in normaler Weise vor sich gehen. In den gemischten Fällen, wo nervöse Symptome im Bilde der Verdauungs­ störungen sich nur schärfer abheben, können, wenn letztere keine Oontraindication darstellen, Kochsalzwässer mit Vortheil zur Anwen­ dung kommen. Die wichtigsten Kochsalzquellen und deren Zusammensetzung sind aus nachstehender Tabelle ersichtlich:1) In 1000 Theilen Wasser Nauheim (Kurbrunnen) Neuhaus (Bonifaciusquelle) Also - Sebes Homburg (Elisabeth 1 irunnen) Schnialkalden Pyrmont (Salzquelle) Wiesbaden (Kochbrunnen) Temperatur 68" C. Mergentheim Bourbon les Bains, Temperatur 50° (' Kissingen (Hakoczy) Soden (Milchbrunnen) Kochsalz in g 15,42 14,77 11,77 9,86 9,34 7,05 6,83 6,67 5,98 5,82 5,42 Kohlensäure in ccin 995 1138 1039 115 954 200 297 228 1305 951 i) Wir haben in der Tabelle die unter 2 pro mille enthaltenden Wässer nicht mehr unter die Kochsalzwässer rubricirt, da sie diese Bezeichnung kaum noch verdienen. 320 Balneotherapie. Von den verzeichneten Quellen repräsentiren Bourbon les Bains und Wiesbaden Kochssilzthermen. Eisenwässer. 5. Eisenwässer. Dieselben kommen häufig bei der Behandlung chronischer Dyspepsieen in Anwendung, und zwar meist in Form der sogenannten alkalischen Säuerlinge, da reine Eisenwässer bei aus­ geprägten Dyspepsieen schwer vertragen werden. In erster Reihe stehen hier Franzensbad und Elster, weil beide neben den Eisen­ säuerlingen eine fast reine Glaubersalzquelle haben, deren Gebrauch wegen der fast bei allen Anämieen bestehenden habituellen Obsti­ pation von grösstem Werthe ist. Hierin gehören auch die Eisen­ wässer von Reinerz und Cudowa in Schlesien, Rippoldsau, Bart­ feld u. v. a. Ich selbst habe in einer grossen Reihe von Fällen vom Gebrauch der Eger-Franzensquelle und der Eisenquellen von Elster vortreffliche Resultate gesehen. Kalkhaltige 6. Die kalkhaltigen Wässer, darunter in erster Linie die an Wässor kohlensaurem Kalk reichen, werden in denjenigen Fällen angewendet, wo neben dyspeptischen Störungen Neigung zu Durchfällen besteht, speciell bei Dünndarmkatarrh. Ganz besonders eignen sich diese Wässer auch als Tafelwässer, zur Vermischung mit Wein, Cognac u. a. Die wichtigsten Quellen dieser Art sind: Wildungen (Königsquelle), Driburg (Hersterquelle), Lippspringe (Arminiusquelle), Rappoldsweiler (Carolaquelle), Coburg (Mariannenquelle) und Marienbader Rudolfs­ quelle. Die genannten Quellen sind sämmtlich kalte Quellen. Bitterwässer. 7. Bitterwässer. Dieselben kommen für die Behandlung von Magenaffectionen nur insoweit in Betracht, als letztere die Folgen habitueller Obstipation oder Abdominalplethora, Hämorrhoidalleiden u. a. darstellen. Bei primären Störungen der Verdauung ist ihr Gebrauch thunlichst einzuschränken. Direct contraindicirt ist der Gebrauch der Bitterwässer beim Ulcus ventriculi oder duodeni. Ich habe in der Praxis eines Collegen nach Anwendung von Bitterwasser bei Ulcus den Tod eintreten sehen, in zwei anderen Fällen erfolgten wesentliche Verschlimmerungen des Zustandes. Auch in allen Magen- Darmaffectionen, die zu adhäsiven Verklebungen geführt haben oder führen könnten, z. B. bei der Typhlitis stercoralis, sind Bitterwässer stets durch milde Purgantien (Oleum Ricini, Rheum, Frangula) oder noch besser durch diätetische Abführmittel zu ersetzen. In den meisten Fällen von Störungen im Bereich des Ver- dauungstractus werden mit Trinkkuren Badekuren combinirt. Einer besonders grossen Beliebtheit erfreuen sich hier die Sool- und Moor- Balneotherapie. 321 beider, während in einzelnen Fällen auch die einfachen Akratothermen, sowie Stahlbäder von günstigem Einfluss sein können. Die ersteren eignen sich besonders bei exsudativen Processen im Boreich des Magen- darmcanals, peritonitischen Verklebungen, Adhäsionen u. a. Kisch1) rühmt hei Magenneurosen mit erhöhter Sensibilität die Anwendung von Moorcataplusinen. Ich empfehle heisse Moorcataplasmen be­ sonders bei Ulcus ventriculi. A m häufigsten und erfolgreichsten an­ gewendet werden die Moorbäder von Marienbad, Franzensbad und Elster. Von den Soolbädcrn eignen sich für die Anwendung hei Digestionskrankhciteii besonders diejenigen, die auch mit Trinkkuren comhinirt werden können, also Kissingen, Soden, Wiesbaden u. a. Hierdurch soll der Nutzen der allein zu Soolbädcrn dienenden Quellen, von denen wir eine überreiche Auswahl besitzen, selbstver­ ständlich in keiner Weise geschmälert werden. Unsere obigen Auseinandersetzungen haben zu dem Resultate geführt, dass zwei Gruppen von Magen- und Darmaffectionen sieh im allgemeinen für den Gebrauch von Mineralwässern nicht eignen: 1. Zustände muskulärer Frschlaffung des Magen- und Darmrohrs, so­ wie Magendilatationen in Folge von Stenosen oder Atonie, 2. Neu­ rosen des Verdautingstractus. Damit soll nicht gesagt werden, dass in speciellen Fällen nicht auch Neurosen in Badeorten, die ihrem Mineralwasser ihren Ruf verdanken, gut fortkommen; aber ich möchte diesen Erfolg mehr auf die günstigen äusseren Verhältnisse, den Klima­ wechsel, die geeignete Diät, die Anwendung sonstiger Hilfsmittel, über die heutzutage jeder grössere Badeort verfügt, zurückführen. Auch spreche ich nur von solchen Neurosen, bei denen die objeetive Untersuchung keinen Anhaltspunkt für die Gegenwart functioneller oder anatomischer Veränderungen bietet. 3. Sind bei Oarcinomen Brunnenkuren grundsätzlich zu unterlassen, da selbst von einer palliativen Wirkung keine Rede sein kann. Magenearcinome bleiben am besten der häuslichen Pflege oder dem Krankcnhause reservirt. W o Mineral Wasserkuren contraindicirt sind, bleiben uns zwei Klimatisch grosse und mächtige Heilpotenzen: die klimatischen Karorte (Höhen- Kurorte- luft, Waldluft u. a.) und Seeluft und Seebäder Zwischen diesen beiden zu wählen, ist im Einzelfalle recht schwielig. Spezielle In- dicationen lassen sich hier kaum aufstellen, nur einige ganz allge­ meine Gesichtspunkte mögen hervorgehoben werden. Klimawechsel, i) Kisch, Balileo-, Hydro- und Kliniatotherapie. Wien und Leipzig 1883. Boas, Allg. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Aufl. £1 322 Balneotherapie. namentlich Höhenluft, passt überall da, wo die Neurose offenbar durch unzweckmässige sitzende Lebensweise bedingt ist, wo ferner geistige oder körperliche Ueberanstrengungen zu Grunde liegen. Man kann es von solchen Patienten selbst hören, wohin sie passen: ein sorgfältiges Krankenexamen ergiebt, dass ihre Beschwerden, sobald sie den Staub der Grossstadt von sich abgeschüttelt haben und in Zurückgezogenheit leben, wie mit einem Schlage beseitigt sind. Für Seeluft und Seebäder passen andererseits Individuen mit ausgeprägten nervösen Störungen im Bereiche der Magen- und Darm- nerven. Hierzu gehört: Mangel an Appetit oder perverser Appetit, Abgeschlagenheit, deprimirte Gemüthsstimmung, Obstipation, Ge­ wichtsabnahme. In diesen P'ällen hat man allerdings zu beachten, ob sich neben den nervösen Störungen nicht functionelle Abweichungen finden, die eine strenge Diät erfordern. Da die meisten Seebäder, zumal die an der Nordsee gelegenen, in Bezug auf rationelle Diät viel zu wün­ schen übrig lassen, so bedarf es einer sorgfältigen kritischen Aus­ wahl. In den Ostseebädern, deren Verbindungen mit dem Festlande (wenigstens von Deutschland aus) äusserst günstige sind, lässt sich die Führung eines eigenen Haushaltes oder Anschluss an Familien, die einen solchen führen, leichter ermöglichen. Ein in einzelnen Fällen unentbehrlicher Heilfactor ist die Be- • handlung in geeigneten Heilanstalten.]) Die Bedeutung der An­ staltsbehandlung liegt in der Möglichkeit, den Kranken beständig zu überwachen, seine Diät im Verfolg fortlaufender Untersuchungen der Magen- und Darmfünctionen zu regeln und ihm mit Bezug hierauf eine richtige Directive für sein späteres Verhalten zu geben. Es eignen sich daher für die Anstaltsbehandlung solche Kranke, die einer sehr subtilen Diät bedürfen oder bei denen aus äusseren Gründen eine zweckentsprechende Beköstigung undurchführbar ist. Auch wo n Unter geeigneten Heilanstalten verstehe ich nicht grosse, allen möglichen Disciplinen dienende Sanatorien, in denen Chirurg und Frauenarzt, Haut- und Nervenarzt und dazu der Magenspecialist zusaunnenfHessen, sondern kleinere An­ stalten, die ausschliesslich der rationellen Ernährung Magen- und Darmkranker dienen, also über eine lediglich für solche Kranke bestimmte, sachgemäss geleitete Küche verfügen. Eine Reihe von Sanatorien entsprechen diesen An­ forderungen nicht und stehen daher den anderen im obigen Sinne eingerichteten entschieden nach. Dass ausserdem die Persönlichkeit des Leiters der Anstalt, seine wissenschaftliche Befähigung und praktische Erfahrung bei der Wahl der Anstalt in Betracht kommen, liegt auf der Hand. Eine Auswahl bekannter A n ­ stalten findet sich bei Penzoldt-Stintzing, Handbuch der speciellen Therapie Bd. IV S. 247. Balneotherapie. 323 die Application technischer Heilmethoden indicirt ist (Massage, Elec- tricität, hydriatisehe Behandlung) ist die Anstaltsbehandlung der am­ bulanten vorzuziehen. Im einzelnen halten wir die Anstaltsbehand­ lung für indicirt in Fällen von hartnäckigem, häufig recidivirendem Ulcus ventrieuli oder dttodeni, ferner bei vorgeschrittenen Ectasieen des Magens, bei gewissen Neurosen (nervösem Erbrechen, Gastralgieen, nervöser Dyspepsie), bei Enteroptose, bei Darmcatarrhen in vorge­ schrittenen Stadien, endlich bei solchen Individuen, die zu energie­ los sind, sich einer strikten, diätetischen Kur zu unterwerfen. L i t e r a t u r Ditterich, Klinische Balneotherapie, 1861. Seegen, Lehrbuch der allgemeinen und speciellen Heilquellenlehre. Wien 1862, 2. Aufl. Kisch, Handbuch der allgemeinen und speciellen Balneotherapie. Wien 1864. Valentiner, Handbuch der allgemeinen und speciellen Balneotherapie. Ber­ lin 1873. Helfft, Balneotherapie, herausgegeben von Thilenius, 8. Aufl. Berlin 1874. Lehmann, Bäder- und Brunnenlehre. Bonn 1877. 0. Leichtenstern, Allgemeine Balneotherapie, v. Ziemssen's Handbuch der allgemeinen Therapie Bd. 2, S. 215. Leipzig 1880. (Daselbst erschöpfende Lite­ raturzusammenstellung und kritische Beleuchtung des umfangreichen Materials). Kisch, (irundriss der klinischen Balneotherapie einschliesslich der Hydro­ therapie und Kliniatotherapie. Wien und Leipzig 18SI5. Braun, Systematisches Lehrbuch der Balneotherapie, herausgegeben von B. Fromm, 5. Aufl. Braunschweig 1887. Flechsig, Handbuch der Balneotherapie für praktische Aerzte, 2. Auflage. Berlin 1892. 21* 324 Massage, electrischc, hydriatische, orthopädische Behandlung. ELFTES CAPITEL. Massage, electrische, hydriatische, orthopädische Behandlung. Die Massagre. Der Umstand, dass motorische Schwäche, Erschlaffungszustände des Digestionscanais ungemein häufige Leiden sind, weist der mecha­ nischen Behandlung eine bedeutende unterstützende Kolle zu. Die dieser Behandlung zu Grunde liegende Idee beruht darauf, dass 1. die träge, paretische Muskulatur gekräftigt, event. ligamen- töse Verbindungen gelockert und gelöst werden, 2. der abnorm lange im Magen-Darmcanal verweilende Inhalt mechanisch weiter­ geschafft wird. Während die Massage des Darmes sich im Laufe der Jahre all­ gemein Geltung verschafft hat und praktisch erprobt ist, kann man dies weniger vom Magen sagen. Es hängt dies damit zusammen, dass genaue Indicationen noch fehlen, so dass unter Umständen die mechanische Behandlung geradezu Schaden stiften kann. indicationen I m allgemeinen ist Massage indicirt: der Massage. i_ |)ej solchen Magenleiden, bei denen einfach eine Atonie der Muscularis oder eine Erschlaffung der Fixationsbänder und infolge dessen ein mangelhafter Halt des Organs (Gastroptose) vorliegt; 2. sodann auch bei gewissen Formen von Gastrectasie auf Grund einer Pylorusstenose. Ueber günstige Erfolge in solchen Fällen hat in neuerer Zeit besonders Zabludowski 1) berichtet. Die hierfür geeigneten Fälle erfordern indessen eine sorgfältige Auswahl, insofern, als bei allen mit ausgesprochenen Gäki'ungsprocessen einhergehen­ den Pylorusstenosen Massage von erheblichem Nachtheil sein kann da hierbei die gährenden Massen in die weit günstigere Vegetations­ verhältnisse bietenden Därme gepresst werden; 3. bei gewissen Formen von nervöser Dyspepsie, zumal den sensiblen Formen (Druck-, Schmerzgefühl, irritable stomach u. a.). Auch hier eignet sich nicht jeder Fall für die mechanische Behand­ lung; ein Vorversuch muss event. hierüber entscheiden; i) Zabludowski, Bert kliu. Wochenschr. 1886, No. 26 u. ff. .Wa^a^-e electi-ische. hydriatische. orthopädi-che Behandlung. ;}•_'.) 4. Massage i>t indicirt in allen den Fällen, wo eine primäre Darniatonie vorliegt, die zu secundären Störungen der Mauenfunrtioiien geführt hat. Der Nutzen der mechanischen Behandlung ist hier durch zahlreiche Erfahrungen erwiesen. • >: dunstige Uhauceii bietet die Application der Massage bei allen localen Entzünduiigsprocossen am Magen, Adhäsionen, entzünd­ lichen Verdickungen it. a. doch ist hier grosse Vorsicht und ein­ gehende Prüfung des Falles unerlässlich. (onfrautdicirt ist Massagt1 einmal in frist'Jicn Fällen von Ulcus Cuntrain.n- •. li-- i r i i i 1 - v T , , n . , n , cationen der mit adhäsiven \ erklebungen der Aachharorgane, bei denen es selbst M,,S,;II,0. bei vorsichtiger A])])lieatioii derselben zur Perforation des Ulcus in ein Nachbarorgali mit den traurigen Folgen derselben kommen kann. Auch bei abnormer Anfüllung d(^ Magens und Darmes mit Uoiitcntis oder Luft ist grosse Vorsieht angebracht. »Ist die Muskulatur des Magens spontan in voller Aetion, sind die poristaltischon Bewegungen stark und häutig, manchmal sogar wie im tetanischen Zustande und fühlt sieh der Magen mit der aufgelegten Hand etwa wie ein contra - hirter Uterus posf partum an, dann Hände weg!« (Zabludowski.) Dass Massage ferner bei allen (ioscliwulstbildungcn, an welcher St die des Abdomens sie auch sitzen und welcher Art sie auch sein mögen, contraindicirt ist, zu erwähnen sollte eigentlich überflüssig sein, wenn ich nicht wiederholt Gelegenheit gehabt hätte, die trau­ rigen Folgen derartigen Thafondrangs leider auch bei Acrzten zu beobachten. Ich bemerke hier beiläufig, dass Massage auch bei Gholelithiasis vermieden werden sollte; wenigstens habe ich mehr­ mals Anfälle schwerer Art unmittelbar nach Batichmassage beobachtet. Was die Methodik der Massage betrifft, so müssen wir uns an Technik der dieser Stelle auf einige Angaben allgemeiner Natur beschränken. Es Mass;1-e- ist zunächst klar, dass bei den einzelnen Krankheitsformen die me­ chanische Behandlung verschiedene Zwecke im Auge hat. In manchen Fällen (Pylorusstenose) soll der Mageninhalt zum Theil oder ganz unter Anwendung mechanischer Hilfsmittel durch den Pvlorus ge- presst und hierdurch die Durchgängigkeit des letzteren forcirt werden, ähnlich wie es bei der chirurgischen Digitaldilatation in acuter Weise der Fall ist. In anderen Fällen soll die mechanische Behandlung die Muskulatur des Magen-Danncanals tonisiren und zu einer er­ höhten dvnamischen Leistung befähigen. In diesen Fällen wird man selbstverständlich gut thun den Magen im leeren i. e. erschlafften Zustande zu massiren. Dasselbe gilt auch für die Massage bei den oben erwähnten Formen der nervösen Dyspepsie. Die von Cseri1) i) Cseri, Wiener medicin. Wochenschrift 1894. No. 46—48. 326 Massage, electrische, hydriatische, orthopädische Behandlung. wiederholt und eindringlich gegebene Weisung, stets bei gefülltem Magen zu massiren, mag für einzelne Fälle ihre Vortheile haben, darf aber nicht verallgemeinert werden. Die Wirkung der Massage mit Sicherheit festzustellen ist schwer möglich, da sie meist in Verbindung mit anderen Heilmitteln wie diätetischen Verordnungen zur Anwendung kommt. Nicht einmal die Frage, ob die Muskulatur durch Massage dauernd oder vorüber­ gehend oder überhaupt zu ergiebiger Thätigkeit angeregt wird, ist mit Sicherheit beantwortet. Versuche von A. Schmidt 1) unter Pen- zoldt's Leitung scheinen dafür zu sprechen, dass unter dem Ein- fluss von Massage der Chymus den Magen schneller verlässt, doch ist die Zahl der genannten Versuche zu klein, u m sichere Schlüsse zu gestatten. Nach meiner Ueberzeugung wirkt die Magenmassage, die übrigens meist mit Bauchmassage verbunden wird, vorwiegend auf den Darm, und insoweit die Darmperistaltik durch letztere günstig beeinflusst wird, wird auch die Magenmotilität indirect günstig be- einflusst. Bei circumscripten Entzündungen und Verwachsungen wird selbstverständlich der betreffende Abschnitt des Magens allein oder vorwiegend Gegenstand der Behandlung sein. Je nach den der mechanischen Behandlung zu Grunde liegen­ den Intentionen wird auch die Technik eine andere sein müssen. Bei der passiven Entleerung des Magens durch den Pylorus hindurch empfiehlt Zabludowski,2) mit der ganzen rechten Hand möglichst tief einzugreifen und linksseitig ein Stück am Fundus zwischen dem gestreckten Daumen und den vier anderen Fingern zu fassen. Man bekommt auf diese Weise eine Art Falte, enthaltend Bauchdecken, Magenwand mit dem darin eingeschlossenen Chymus. Durch ruck­ artige, resp. Schleuderbewegungen, an der Falte hervorgebracht, wirft man gleichsam den Mageninhalt gegen den Pylorus. In vorgeschritteneren Fällen, bei paretischer Muskulatur theilt man durch Druck auf die Wirbelsäule den Magen gewissermaassen in zwei Abtheilungen, eine der Fundusregion und eine der Portio pylorica angehörige. »Die in die letztere eingeschlossene, als un- comprimirbarer Körper anzusehende Speisebreisäule dient beim Druck von aussen als Bougie zur Erweiterung der stenosirten Stelle« (Za­ bludowski). Beim eigentlichen Kneten (petrissage und massa"e i) A. Schmidt eitirt bei Penzoldt, Allgemeine Behandlung der Magen- und Darmkrankheiten, Penzoldt-Stintzing's Handbuch der Therapie Bd. IV S. 304. '<*) Zabludowski 1. c. Manage, electrische. hydriatische, orthopädische Behandlung. .'J27 a friction) soll man nach Zabludowski möglichst tief in die zu bearbeitenden Partieen hineingreifen. »Man knetet den Bauch in querer Lichtung, wie wenn man Teig kneten würde, mit grossen für beide Hände gleichniässigeii Ilandschwinguiigeii und macht abwech­ selnd mit letzterer Manipulation mit der einen Hand kreisförmige, mit der andern Längsbewegimgen.« Hin und wieder kommt auch der Credo sehe Handgriff zur An­ wendung, nur mit dem Unterschied, dass dort der Druck in der Längs-, hier jedoch in der Ouerrichtung des Abdomens ausgeübt wird. Weniger geeignet sind nach Zabludowski das eigentliche Streichen, die Efficurage und das Tapotement. Doch bin ich auf Grund eigener Erfahrungen nicht zu dem absprechenden Urtheil wie der genannte Autor gelangt, Das Tapotement wegen der Befürchtung einer Reflexwirkung auf das Herz (Goltz'scher Klopfversuch) völlig aufzugeben, liegt, soweit ich sehe, keine Veranlassung vor. Die Dauer jeder Sitzung soll 10 Minuten, die der einzelnen Manipulationen 2 — 3 Minuten nicht übersteigen. Mit der Massage des Magens kann zweckmässig die des übrigen Abdomens, namentlich der Därme, soweit eine Indication hierzu vor­ liegt, eombinirt werden. Bezüglich der hierbei in Frage kommenden Technik muss auf die Lehrbücher der Massage verwiesen werden. Vielfach sind auch Apparate in Form von Kugeln oder Rollen zur Selbstmassage empfohlen worden und beim Publikum verbreitet. Etwaige Erfolge dieser Methode dürften weniger dieser als der Auto­ suggestion zuzurechnen sein. Z u m Schluss noch die Bemerkung, dass Magen- und Bauch­ massage überhaupt am besten vom Arzte selbst, niemals von Laien applicirt werden sollte.1) Indessen stellen sich dieser Forderung in praxi insofern Schwierigkeiten entgegen, als die Massage noch heut­ zutage an unseren Hochschulen eine äusserst stiefmütterlich bedachte Disciplin ist und nur wenige Aerzte mit der Technik so vertraut sind, dass sie die rationellen und technisch erprobten Methoden be­ herrschen. Nur hierdurch war es möglich, dass dieses wichtige und erfolgreiche Gebiet der Heilktinst der ärztlichen Bcthätiguiig nahezu völlig verloren gegangen ist. i) Hoffa sagt in seiner kürzlich erschienenen, vortrefflichen «Technik der Massage«: «Ich behaupte, dass jeder Laienmasseur, der selbständig die Massage ausübt, ein Pfuscher ist und bleibt.« 328 Massage, clectrische, hydriatische. orthopädische Behandlung. Die eleetrisehe Behandlung-. Zwar fehlt uns noch vielfach die Einsicht in die Art der Wir­ kung des electrischen Stromes, wie denn auch die bisherigen experi­ mentellen Forschungen an Widersprüchen und Gegensätzen reich sind. Bis zur Klärung dieser Differenzen müssen wir an der klinischen Er­ fahrung festhalten, die sich fast allgemein für die Anwendung der electrischen Behandlung ausspricht. Die Anwendung der electrischen Therapie bei Magenkrankheiten bezieht sich wie auch sonst in der Electrotherapie auf den faradischen und galvanischen Strom, und zwar soll der erstere mehr auf den motorischen, letzterer mehr auf den socretorischen Apparat wirken; einzelne vermuthen auch eine Einwirkung auf die Resorption. Die physiologischen Grundlagen dieser Lehren, soweit sie sicli im Augen­ blick übersehen lassen, basiren auf folgenden Beobachtungen und Experimenten: a) Hinsichtlich der Motilität; Nachdem schon von älteren Autoren (v. Ziemssen, Rossbach, Lüderitz) festgestellt war, dass Reizungen des Magen­ fundus durch faradische Ströme an Thieren in recht geringfügigem Maasse Oon­ tractionen hervorrufen, hat Meltzcri) durch eingehende Untersuchungen an Hunden diese Angaben bestätigt und erweitert. Niemals traten bei noch so starken fara­ dischen Strömen auf den Fundustheil des Magens Oontractionen ein, nur wenn Meltzer sich dem Pylorustheil näherte gelang es, Zusammenziehungen zu er­ zielen, am stärksten am Pylorus selbst. Dagegen gelang dies nicht von der correspondirenden Stelle der Schleimhaut aus. Wurde ferner nach Freilegung des Magens eine Elektrode auf die Bauchwand in der Nähe des Magens aufgesetzt. während die andere am Rücken angebracht oder in den Magen eingeführt wurde, so trat selbst bei stärksten Strömen nur eine Contraction der Bauchmusku­ latur, keineswegs aber eine solche des Magens auf. Diesen Versuchen hat Ein­ horn andere zum grossen Theil an Fröschen gegenübergestellt aus denen die Contractilität der Fundusregion hervorgehen soll, indessen ergeben doch auch diese Versuche nur eine sehr geringe Activität der Funduspartie bei Reizung mit dem faradischen Strom. Ganz analoge Resultate liefern auch die neueren Unter­ suchungen Goldschmidt's-) und (! ol d b a u m s,'\) welche weder eine seereto- rische noch eine motorische Beeinflussung des Magens durch faradische oder galva­ nische Ströme nachweisen konnten. Damit ist schon eine von dem Altmeister der Klinik, v. Ziem ssen,') geäusserte Ansicht als bewiesen zu betrachten, welcher sich folgendermaassen ausdrückt: «Die Auffassung, als handle es sich bei der Fdectrisation des Magens vor allem um die Tendenz Oontractionen der Magenmuscularis und Verkleinerung eines eetatischen Magens zu bewirken, kann ich in der Hauptsache nicht als zutreffend bezeichnen.« i) Meltzer, New-York medic. Journ., June l.~>; s. a. Areh. f. Verdauungs­ krankheiten Bd. a, Heft 2, 1897. 2) Goldschmidt, Deutsch. Areh. f. klin. Medicin Bd. 5(i, 1896. 3) Goldbaum, Archiv f. Verdauungskrankheiten Bd. 3, Heft 1, 1897. ') H. v. Ziemssen, Die Electricität in der Medicin 1887, S. 445. Massage, electrische. hydriatische, orthopädische Behandlung. 329 b) Hinsichtlich der Srcretion: Auch bezüglich der'Secretion sind die Unter- siichungsergebiiisx» schwer in Einklang zu bringen, v. Zienissen und Rossi hatten auf Grund von Thierversuchen, und zwar mit beiden Stromesarten Secre- tionsverinehrung bewirkt. Zu demselben Resultat kam II off m a n n an Menschen, die mit galvanischen Strömen, und zwar intraventriculär behandelt wurden. D e m gegenüber konnten weder G oldschmidt noch Goldbaiini bei ihren bereits er­ wähnten, gleichfalls am Menschen ausgeführten Untersuchungen irgend eine deut­ lich erkennbare Beeinflussung, sei es durch Application des galvanischen oder des faradischen Stromes erweisen. Die Frage muss demnach als nicht spruchreif betrachtet werden. Uebrigens ist dem Umstand der Secretions- oder Motilitätssteigerung wiihrend der electrischen Reizung meiner Ansicht nach kein erhebliches Gewicht beizulegen. Denn die Praxis verlangt keinen schnell abklingenden, nur während der Phase der electrischen Behandlung erfolgenden Reiz, sondern eine dauernd anhaltende günstige Beeinflussung. In dieser Hinsicht liegen zwar noch keine Versuche vor, indessen thut man gut, sieh kennen zu grossen Hoffnungen bezüglich der Dauer­ wirkung des electrischen Stromes hinzugeben. c) Hinsichtlich der Resorption liegen nur wenige Versuche von pjinhorn vor, welche an der Hand der Penzol dt'sehen Jodkaliumprobo angestellt wurden und eine Steigerung der Resorption bei innerer Magenfaradisation ergaben. d) Hinsichtlich der Sensibilität haben L e u b e und neuerdings Einhorn von der Galvanisation günstige Erfolge gesehen, und zwar besonders bei hart­ näckigen Gastralgieen. Mehr Uehereinstimmung zeigen die klinischen Erfahrungen mittelst der lokalen und electrischen Behandlung. Bevor wir zu diesen übergehen, seien wenige Bemerkungen zur Technik voraus­ geschickt: Man kann den galvanischen und faradischen Strom anwenden, beide entweder percutan oder besser extraabdominal und intra­ abdominal. Was zunächst die letztere Methode betrifft, so ist sie zuerst wohl von K u s s m a u l praktisch ausgeführt, von Bürdet später auch auf den galvanischen Strom ausgedehnt worden. Die Methode besteht in ihrer einfachsten Form darin, dass ein Mctall- draht, der mit dem Inductions- oder constanten Apparat in Verbindung gebracht wird, in eine Sonde geschoben und verschluckt wird. Bar­ aus haben sich nun in neuester Zeit eine ganze Reihe ^electrischer Magensonden« entwickelt, die indessen alle auf den genannten Prin- cipien beruhen und nur unwesentliche technische Vorzüge aufweisen. Die in Fig. 40 abgebildete, von mir angegebene electrische Magen- sonde, welche sich vor anderen dadurch auszeichnet, dass sie eine Platinspirale besitzt, und gleichzeitig Wasserzu- und Abfluss gestattet, hat sich mir seit mehreren Jahren für die endofaradische und galva­ nische Behandlung besonders bewährt. Zweckmässig erscheint mir auch die der mehligen sehr ähnliche von Wegejo 1) construirte electrische i) Wegele, Therapeut. Monatsschrift 1895, 330 Massage, electrische, hydriatische, orthopädische Behandlung. Magensonde. Es existiren aber ausserdem noch zahlreiche andere Son­ den, mit denen man selbstverständlich ebenso gut zum Ziele gelangen kann. Vor dem Beginn der electrischen Behandlung, besonders der galvanischen, füllt man den Magen mit etwa 3—f>00 ccm Wasser an. Im ganzen lauten die Erfahrungen über die intraventriculäre Electrisation sehr verschieden: günstige Erfolge sah Kussmaul, 1) unbefriedigende, namentlich bei Ectasieen, v. Ziemssen.2) Erb 3) reservirt sie nur für seltene Fälle und empfiehlt mehr nach dem Vor­ gange von de Watteville die combinirte Galvanofaradis'ation. E w a l d (1. c.) tritt für die intraventriculäre Behandlung ein und meint, dass die ungünstigen Erfahrungen v. Z i e m s s e n s aus einer Zeit stammen, wo die Technik der Magenbehandlung noch nicht auf der Hohe der Fig. 40. Electrische Magensonde des Verfassers. modernen Zeit stand Meine Erfahrungen sprechen gleichfalls nicht zu Gunsten der intraventriculären Application, wenngleich ich nicht so weit gehe, dieselbe durchaus und in allen Fällen durch die per- cutane Methode zu ersetzen. So scheint sie mir z. B. sehr geeignet in Fällen von Cardiaparese als Folge centraler Innervationsstörungen oder Neurasthenie, wo die genannte Lähmung nach meinen Wahr­ nehmungen eine häufige und lästige Complication darstellt. Einhom's Eine neue Methode der intraventriculären Magenelectrisation Methode. ^ at -n neuerer zeit M. Einhorn 4) angegeben und für die Praxis i) Kussmaul, Areh. f. Psychiatr. und Nervenkrankh. 1877, Bd. 8, S. 205. 2) v. Ziemssen, Ueber die physikalische Behandlung chronischer Magen- und Darmkrankheiten. Leipzig 1888, S. 10. 3) Erb, Handbuch der Electrotherapie 1882, S. 662. i) M. Einhorn, Berl. klin. Wochenschr. 1891, No. 23. Massage, electrische, hydriatische orthopädische Behandlung. 331 empfohlen. Der genannte Autor hat nach dem Princip des bereits oben erwähnten »Mageneimers« (S. 134) eine Electrode construirt, welche von dem Kranken verschluckt wird und so von selbst in den Magen gelangt. Der Seidenfaden des Eimers wird durch einen ganz dünnen Gummischlauch ersetzt, durch dessen Lumen ganz feine Leitungsdrähte zur Batterie führen; das Endstück der Electrode be­ steht aus einer vielfach durchlöcherten Hartgummi-Kapsel, in der sich ein Metallknopf befindet und dieselbe mit dem Schlauch verbindet. Her Patient trinkt nun, am besten im nüchternen Zustande, 1—2 Glas Wasser und schluckt, gleichfalls mit Hülfe von Wasser, die Hartgummi-Kapsel herunter, womit gleichzeitig die Electrode in den Magen gelangt. Die andere Electrode wird am besten entweder an den Rücken links vom 7. Brustwirbel oder vorn ans Epigastrium angesetzt, oder man lässt sie einfach in der Hand halten. Einhorn hält diese Methode, über die mir keine Erfahrungen zur Verfügung stehen, für »äusserst einfach und bequem für Patienten und Arzt« und ebenso leicht auszuführen wie die percutane Electrisation. Dem­ gegenüber hat Ewald 1) daraufhingewiesen, dass die Einführung der Ein hörn'sehen verschluckbaren Electrode häufig auf Schwierigkeiten stösst, und verwendet deshalb unter Beibehaltung der Form der genannten Electrode statt des Leitungsdrahtes einen gewöhnlichen Magenschlauch (entsprechend Charriere 13), der mit der Electrode passend verbunden wird. Bezüglich der Technik hei der extraabdominalen Electrisation Technik der des Magens ist zu erwähnen, dass nach dem Vorgänge v. Ziems- Pei\c",a°en - ^ >-• Electrisation. sen sa) die grossen Platteneleetroden den üblichen kleinen entschie­ den vorzuziehen sind. v. Ziemssen legt die grössere (600 qcm) auf die vordere Bauchwand in der Richtung vom Pylorus zum Fundus. die kleineren (500 qcm) vom Fundus zur Wirbelsäule der Lage des Magens entsprechend. »Der Abstand zwischen den über dem Fundus ventriculi liegenden Bändern der Electroden von einander soll nicht mehr als 1—2 cm betragen. Die Stromstärke muss bei der Grösse des Electrodenquerschnitts sehr beträchtlich sein. Beim Inductions- strom, sowie bei Commutationeii des constanten Stromes, Stromstärke (10—20 M.-A.) müssen kräftige Contractionen der Bauchmuskeln u. s.w. eintreten, welche durch Verkürzung der Bauch- und Rückenmuskeln Rumpfbewegungen und auch wohl Zwerchfellcontractionen auslösen, ohne indesson erheblich schmerzhaft zu sein.« (v. Ziemssen.) Die i) Ewald, Berl. klin. Wochenschr. 1892, No. 26,27. 2) v. Ziemssen 1. c. 332 Massage, electrische, hydriatische, orthopädische Behandlung. Einzelsitzung soll nicht länger als 10 Minuten dauern. Zweckmässig kann man Massage mit Electricifüt combiniren. Hierzu eignet sich auch vortrefflich die »electrische Rolle«, bei deren Anwendung, speciell bei atonischen Zuständen des Magen-Darmcanals, ich einige überraschende Resultate zu verzeichnen habe. Desgleichen hat sich mir bei Atonie des Magen-Darmcanals die Behandlung mittelst -wlcefrischcr Barste« als wirksam erwiesen, na­ mentlich auch hinsichtlich der Förderung der Peristaltik. specieite Was die speciellen Indicationen für die Anwendung der electri- erdecM-" sehen Behandlung betrifft, so kommen vor allem die häufigen Ah- schen Be- Schwächungen der mechanischen Thätigkeit des Magen-Darmcanals handlung. in Betracht, also Erschlaffungen der Muskulatur desselben mit ihren Folgezuständen, und zwar empfehlen hier Einhorn und mit ihm die meisten anderen die Faradisatinn, Rosen heim umgekehrt die Gal­ vanisation. Keine glänzenden Resultate sind bei Pylorusstenosen zu erzielen, weil hierdurch die Causalindicntion, d. h. die Beseitigung des Hindernisses selbstverständlich in keiner Weise tangirt wird- Vielleicht fällt aber der Mageiielectrisation eine wichtige Rolle in der Nachbehandlung operativ beseitigter (z. B. cicatricicller) Stenosen zu. Grosser Erfolge hat sich die Faradisirung des Bauches zuweilen bei habitueller Obstipation zu rühmen. Doch eignen sich hierzu offenbar nur die auf muskulärer Trägheit beruhenden Fälle, während bei Vorhandensein mechanischer Hindernisse ein wesentlicher Erfolg kaum zu erwarten ist. Die Bauchelectrisation haben manche Elec- triker durch die Einführung einer Electrode in den Mastdarm ersetzt, in einzelnen Fällen mit grossem oder selbst überraschendem Frfolg- Ich selbst halte, nachdem ich früher mit schlechten electrischen Sonden ungünstige Resultate erzielt hatte, diese Methode namentlich bei Atonie der unteren Pickdarmabschiiitte für sehr erfolgreich. Die zweite Indicalion stellt das grosse Heer der Magenneu- rosen. Welche Fälle im einzelnen günstige Chancen für das elec­ trische Regime bieten, ist schwer zu sagen Häufig ist ein befriedi­ gendes Resultat der combinirten Anwendung verschiedener Heil­ factoren zu danken. v. Leube 1) sah vortreffliche Erfolge von der Anwendung des constanten Stromes bei Gasfralgieen, S e m m o l a - ) desgleichen bei nervösem Erbrechen Hysterischer und Schwängeret'. Rosenthal 3) i) v. Leube, Ziemsscn's Handbuch Bd. 7, Theil 2. S. 205. 2j Semmola, Gaz. med. ital. Lombard. G7S. • f) Kosenthai, Magenneurosen und Magencatarrh, sowie deren Behandlung. Wien 1880. Massage, electrische. hydriatische. orthopädische Behandlung. 333 wendet bei der asthenischen Dyspepsie allgemeine Faradisation an, daneben Galvanisirung des Sympathicits und der Wirbelsäule. Bur- kart1) berichtet Günstiges vom faradischen Strom bei Gastralgieen und nervösen und neurasthenischen Dyspepsieen. Rosenheim 2) und Brock 3) rühmen gleichfalls die Calvanisation bei Magenneuroseii, besonders bei sensiblen Beizeischeinuiigcii. Nach (ioldschmidt's neuesten Fiiteisiichuiigeii ist kein wesentlicher Fntersehied zwischen Eiidogalvanisation und Endofaradisation, doch scheint die Galvani­ sation (Anode im Magen) mehr für die schmerzhaften, die Faradi­ sation mehr für die functionellen Störungen des Magens zu passen. Endlich sahen Caron 1) und in neuester Zeit G o l d b a u m sehr be- inerkenswerthe Erfolge von der intraventriculären Faradisation in hartnäckigen Fällen von habituellem (nervösem) Erbrechen. In neuerer Zeit hat sich besonders Einhorn"') eingehend mit der Technik und den Indicationen sowie seinen Erfahrungen mit der intraventriculären Faradisation und Galvanisation beschäftigt. Der­ selbe stellt folgende Indicationen auf: Die directe Gastrofaradisation zeigt vielfach Nutzen bei den meisten Erkrankungen des Magens (ausgenommen Krebs), sehr deut­ lich ist die Wirkung bei Atonie des Magens, gleichgiltig, ob ein zu hoher oder zu niedriger Säuregehalt besteht. Ferner empfiehlt Ein­ horn die innere Faradisation bei Pvlortts- und Cardiaerschlafft!ng. Die directe Galvanisation wurde mit viel Erfolg in Fällen von hart­ näckigen Gastralgieen angewandt, sei es, dass sie auf nervöser Basis, sei es, dass sie auf llcusnarhen beruhen. Ausserdem beobachtete Einhorn einen günstigen Effect bei Herzaffectionen, welche mit Gastralgieen vergesellschaftet sind. Für die intraventriculäre Gastrofaradisation und -Galvanisation giebt Ein­ horn folgende Vorschriften: 1. Gastrofaradisation: Sitzung 10 Minuten; zuerst breite Plattenelectmde im Epigastrium fünf Minuten. Darauf kleine Schwammelectrode; quer durch die Magengegend; bei Obstipation zugleich Gegend des Colon (in der Iloocöcalgegend anfangend, dann Colon ascendens, transversum, descendens). Dann links um den Magenl'undus herum nach dem Kücken 7. Brustwirbel (eine Minute), sodann nach vorn zurück, die Magengegend auf- und altstreichend (zwei Minuten); allmählich i) Burkart, Zur Pathologie der Neurasth. gastrica. Bonn 1882. ••i) Rosenheim, Berliner Klinik lM)f>. Heft 71. 3) Brock, Therap. Monatshefte, Juni I80f>. •i) Cantn, These de Paris l.s) M. Einhorn, Ncw-Vorker med. Wochensehr. 1801, No. '.); Deutsche medi- cinische Wochenschrift 1893, No. 33 aö; Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. 23, Heft 3 und 4; ferner: Diseases of the stomach. New-Vork 1897, p. 136 u. f. 334 Massage, electrische, hydriatische, orthopädische Behandlung. Nachlassen des Stromes. Der Strom soll so stark genommen werden, dass deut­ liche Coiitractionen ausgelöst werden, jedoch nicht so stark, dass Schmerz her­ vorgerufen wird. 2. Gastrogalvanisation: Negativer Pol im Magen, kleine Schwammelectrode. Dauer acht Minuten. Zuerst zwei Minuten an der Stelle unterhalb des Processus ensiformis (langsam Anschwellenlassen); drei Minuten in der Magengegend auf- und abstreichen, dann nach hinten gehen (eine Minute am 7. Brustwirbel), nach vorn zurückkehren (eine Minute streichen), eine Minute unterhalb des Processus ensi­ formis, langsam den Strom abschwächen und aufhören. Stromstärke 15—20 Milli­ amperes. Die hydriatisehe Behandlung. Dieselbe bildet einen wesentlichen Theil unserer Therapie bei Verdauungsstörungen. Die einfachste Form der hydriatischen Be­ handlung bilden die bekannten Priessnitz'sehen Umschläge, deren Nutzen bei vielen Krankheiten des Magendarmtractus über jedem Zweifel steht. Doch erfordert, wie jeder Praktiker aus Erfahrung weiss, selbst die Application dieser einfachen Einwickelung eine be­ sondere Technik, die es nothwendig macht, dem Kranken genaue Vorschriften zu geben. Bei nicht genügendem Abschluss der nassen Binde entwickelt sich nämlich fortwährend Verdunstungskälte, durch welche der Leib und die inneren Organe beständig einem Tempe­ raturwechsel unterworfen werden, der namentlich von sensiblen Kranken höchst lästig empfunden wird. Also absoluter Abschluss durch Wachstaffet und ein den nassen Umschlag überragendes wolle­ nes Tuch ist dringend erforderlich. Die methodisch ausgeführte hydriatische Behandlung verfügt über die verschiedensten Variationen, die grösstenteils der Empirie ihren Ursprung verdanken. Hierzu gehören die Frottirungen, feuchte Abklatschungen, nasse Einwickelungen, die kalten, lauen und ab­ geschreckten Voll- und Halbbäder (von 24—20° C), die Douchen, Frottirungen u. v. a. Rosenthal empfiehlt besonders die schottische Douche (mit Wasser von 28°, dem schnell solches von 12° C folgt) bei Dyspeptikern mit lästiger Pneumatose und Luftaufstossen, von der auch ich in einigen Fällen recht Zufriedenstellendes gesehen habe. Ein gleichfalls hier zu erwähnendes wichtiges Hilfsmittel sind die heissen Cataplasmen, welche zuerst von v. L e u b e in die Therapie des Magengeschwürs eingeführt, seit dieser Zeit Allgemeingut der ärztlichen Praxis geworden sind. Leinsamen werden mit Wasser unter Zusatz von etwas Borax1) zu einem Brei gekocht und so in i) Der Zusatz, der, wenn ich nicht irre, von Quincke herrührt, hat den Zweck, den unangenehmen Geruch des Leinsamens zu verhüten. Massage, electrische, hydriatische. orthopädische Behandlung. 335 ein Tuch eingeschlagen. Darauf kommen sie in die sogenannte Cata- plasmamaschine, einen viereckigen, mit Blecheinsatz versehenen Kasten, der durch eine Spirituslampe eonstant heiss gehalten wird. Letztere Methode eignet sich besonders für die klinische, aber auch für die häus­ liche Behandlung. Der Kranke selbst kann den heissen Umschlag aus dem an seinem Bett aufgestellten Blechkasten entnehmen. Statt der heissen Breiunischläge kann man sieh auch nach meinem Vorschlage des in heisses Wasser getauchten Filzschwanmies bedienen. Doch veranlassen mich meine Erfahrungen, die heissen Breiumschläge vor­ zuziehen. Ausser bei Ulcus ventriculi kommen sie auch bei Gastral­ gieen, Cholelithiasis, Nephrolithiasis, Colica flatulenta u. a. mit Er­ folg zur Anwendung. Einfacher und in den letztgenannten Fällen gleichfalls erfolgreich sind die jetzt überall käuflichen und ver- schlicssbaren Guminiflaschen, die mit heissem Wasser gefüllt werden und sich lange auf constanter Temperatur halten. In neuerer Zeit hat Winternitz 1) ein Verfahren empfohlen, Hydriatische das sich ihm sowohl bei Magenneurosen als auch bei organischen M^t°ttLlT ' \> I I) I O l I11T.A. Yerdauungskrankheiteii (Ulcus ventriculi, Magendilatationen) bewährt hat. Dasselbe besteht darin, dass er auf die kalten, feuchten, gut trocken verbundenen, erregenden Leibumschläge einen Kautschuk­ schlauch mit durchmessendem heissem Wasser (40°) applicirt. Diese directe locale Wärmezufuhr übertäubt nach Winternitz die unan­ genehme Kälteempfindung der den Leib umhüllenden kalten Tücher »wie ein höherer Nervenreiz einen weniger intensiven übertäubt.« Bemerkenswert!! ist, dass in den von Winternitz mitgetheilteii Fällen die einfache Wärmeapplication auf die Magengegend von keinem günstigen Resultat begleitet war. Im allgemeinen eignen sich für die hydriatische Behandlung indicationen Fälle von Gastro- und Enteroneurosen der verschiedensten Art. Spe- tische^ Be- ciellere Indicationen sind hier schwer aufzustellen, da die Reaction handlung-- gegen hydriatische Proccduren bei einzelnen Individuen eine äusserst verschiedene ist. Bei manchen Kranken wirken dieselben calmirend und angenehm tonisirend, bei anderen im höchsten Grade excitirend. Namentlich ist dies bei der irritativen Form der Neurasthenie der Fall, hei der hydriatische Kuren unter Umständen eine Verschlimme­ rung der Symptome herbeiführen können. U m die Reaction des Organismus gegen hydriatische Behandlung zu prüfen, pflege ich vor definitiver Beschlussfassung einer systema­ tischen Kur die Reaction des Kranken in Bezug hierauf durch einen i) Winternitz, Deutsche Medicinal-Zeitung 1891, No. 38. 336 Massage, electrische, hydriatische, orthopädische Behandlung. Vorversuch (kalte Abreibung, kalte Uebergiessungen im lauwarmen Bade, Abklatschungen u. s. w.) festzustellen. Der Frfolg dieses Vor­ versuches ist ein brauchbarer Anhaltspunkt, was etwa von einer der­ artigen Kur zu erwarten ist. Die methodische Wasserbehandlung ist mit Nutzen meist nur in Heilanstalten, von denen wir ja eine überreiche Auswahl haben, durchführbar. Dort kommen auch in der Regel die übrigen physika­ lischen Behandlungsmethoden (Massage, Electricität) in zweckmässiger Weise mit jenen combinirt zur Anwendung. Einen wesentlichen Heil- factor bietet auch die geordnete Diät, wenngleich gerade hierin manche Anstalten noch viel zu wünschen übrig lassen. Nur ausnahmsweise und in leichteren Fällen kann auch eine externe Behandlung von günstigem Erfolg begleitet sein. Die orthopädische Behandlung-. Die orthopädische Behandlung bei Affectionen des Magen-Darm­ canals verfolgt das Ziel, einzelnen dislocirten Organen der Bauch­ höhle Halt und Stütze zu gewähren, bezw. weiteres Herabsinken der­ selben zu verhüten. Das unvollkommenste, wenn auch häufig ange­ wendete Stützmittel stellt die »Leibbinde« in ihren verschiedensten Formen und Arten dar. Dieselbe hat den grossen Nachtheil, dass sie sich sehr leicht verschiebt, und zwar meist dahin, wo das dis­ Bandagen- locirte Organ gar nicht liegt. Es sind daher seit langem Binden ' ehandlun&-construirt worden, die den Zweck verfolgen sollten, das dislocirte Organ (am häufigsten die Niere) durch eine der Grösse der letzteren entsprechende Pelotte zu stützen. Man hat, da dieser Zweck nur in höchst unvollkommener Weise errreicht wird, diese Art Bandagen in den letzten Jahren vollkommen fallen gelassen und ist dazu über­ gegangen, einfach die Batiehdecken in ihrer Gesammtheit zu stützen oder, wie sich L a n d a u treffend ausdrückt, »künstliche Batiehdecken« zu construiren. Diesem Zweck entspricht das von L a n d a u angege­ bene und von anderen mehr oder weniger zweckmässig modificirte Leibcoiset am besten. Dasselbe besteht aus einer herzförmigen über- polstertcn Blechplatte, die auf ihren Aussenseiten je eine Feder trägt, an welcher ein elastischer Leibgurt befestigt wird. Recht praktisch und für alle Formen der Dislocation von Unterleibsorganen an­ wendbar ist die von Bardenheuer angegebene Binde. Dieselbe besteht aus zwei Federn, welche die Hüftbcinkämme einschliessen und daselbst ihren Stützpunkt finden. Die beiden Federn sind an der Symphyse durch eine dritte Feder verbunden. Von letzterer gehen Magonaiisspülung, Magenpuinpe und Mageiidouclu'. 337 lächerartige Blanchets aus. welche oben mit einem Gurt versehen sind, der dieselben fest zusammen hält. Bandagen ähnlicher Art sind in so vielen Varietäten vorge­ schlagen worden, dass es unmöglich ist, auch nur die gebräuchlich­ sten hier anzuführen. In jedem Falle sollten sie nach Maass ge­ arbeitet sein; auch hat der Arzt die Pflicht, sich von dem guten Sitz und der Wirksamkeit des Corsets zu überzeugen und betreffen­ den Falles Aeiiderungen zu veranlassen. Die genannten Binden leisten, wenn man nicht unbillige An­ sprüche stellt, in den meisten Fällen recht gute palliative Dienste. Die Kranken fühlen sich weniger beschwert und ermüdet, können körperliche Arbeiten in grösserem Maasse verrichten, klagen weniger über ziehende Schmerzen und trennen sich schwer von der Binde, deren Vortheile sie erprobt haben. Literatur: Yergl. die Lehrbücher der Massage, Llectricität, Hydrotherapie und Orthopädie. ZWÖLFTES CAPITEL. Magenausspülung, Magenpumpe und Magendouche. Technik der Magfenausspülung". Man bedient sich hierzu am zweckmässigsten der Hebcrvorrich- Technik der tung, indem man an der Sonde ein Schaltstück aus Glas anbringt ausspüiung. und dieses am andern Ende mit einem Gummisehlaueh verbindet, an welchem ein nicht zu kleiner Glastrichter angebracht ist. Nach Einführung der Sonde wird der hochgehaltene Trichter mit Wasser gefüllt und nach Abfluss desselben gesenkt, wobei durch Höh er­ wirkung etwaige Speisereste nach aussen befördert werden. Durch Heben und Senken des Trichters kann der Magen in dieser Weise bis zum klaren Abfliessen des Wassers gereinigt werden. Ausser dieser einfachen Vorrichtung kann man sich behufs Mageiiausspülting namentlich zum Selbstgebrauch des von L. Rosen­ thal angegebenen und von v. Leube modificirten Apparates be­ dienen. An den Schlauch eines Irrigators wird ein Y-Bohr befestigt, dessen beide seitlichen Schenkel mit langen Gummischläiiehen ver­ bunden sind. Oeffnet man den Hahn des Irrigators und schliesst zugleich den des Abflussschlauches, so fliesst das Wasser in den Boas, Allg. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Aufl. 22 338 Magenausspülung, Magenpumpe und Magendouche. Magen, wird letzterer dagegen geöffnet, so stürzt der Mageninhalt heraus. Für poliklinische Zwecke habe ich früher ein 5 Liter-Gefäss an einem (Znsol angebracht und den Abflusshahn nach v. L e u b e - Rosenthal mit einem Triangel verbunden, dessen einer Schenkel mit einem Gummischlauch verbunden ist, der an seinem Ende einen Glastrichter trägt. Hierdurch ist die Möglichkeit gegeben, die Be­ schaffenheit des ausfliessenden Mageninhalts in jedem Augenblick zu besichtigen. Aehnlich ist auch ein neuerdings von Litten1) ange­ gebener Apparat. Indessen haben sich weder der Rosenthal'sche noch der letztgenannte in der Praxis eingebürgert, weil auch diese zur Bedienung (d. h. zur Füllung des Irrigators) einer zweiten Person bedürfen. Die für die Lavage gebrauchte Flüssigkeit muss lauwarm (etwa 25 °R) sein. Das Quantum der zur Reinigung des Magens noth- wendigen Flüssigkeit hängt von der Art der Magenkrankheit ab, zu­ weilen sind 5 — 6 Liter Wasser und noch mehr zur völligen Säube­ rung erforderlich. Man achte darauf, dass der Ahfluss dem Zufluss entspricht, giesse demnach die Ausspülflüssigkeit nicht auf einmal, sondern allmählich ein. Stockt der Abfluss, so kann dies einmal daran liegen, dass das Sondenfenster nicht eintaucht, oder dass das­ selbe durch Speisepartikel verlegt ist. Im ersten Falle stellt weiteres Einfliessenlassen sofort den unterbrochenen Abfluss her, im zweiten treibe man mittelst Ballon vorsichtig Luft durch die Sonde, wobei man unter einem zischenden Geräusch das Herausfliegen der ein­ gekeilten Substanz hören kann. Ganz ähnlich sind die zur Behebung etwaiger Hindernisse in der Passage angegebenen Apparate von Friedlieb2) (Fig. 41) und von II. Strauss.3) Der Apparat von Strauss hat ein für allemal die Einschaltung eines Doppelballons zwischen Sonde und Schlauch mittelst T-Stückes. Dadurch wird der ganze Apparat etwas unhand­ lich, und ich sehe den Vortheil nicht ein, den das Verfahren gegen­ über der Application eines Doppelballons besitzt, wenn man des­ selben benöthigt. Man kann den instrumentellen Apparat, wie be­ reits bemerkt, nicht einfach genug gestalten. Sobald der Abfluss klaren Spülwassers aus dem Magen auf­ hört, entferne ich den Gummischlauch und Trichter und lasse den noch im Magen befindlichen Flüssigkeitsrest durch Expression ent- i) Litten, Therap. Monatsh. 1893, S. 255. 2) Friedlieb, Deutsche medicinische Wochenschrift 1893, No. 51. 3) 11. Strauss, Therapeutische Monatshefte 1895, Märzheft. Maxenausspülung, Magenpumpe und Magendouche. 339 leeren. Derselbe ist im ectatischen Magen durchaus nicht gering und das Entfernen desselben von hoher Wichtigkeit. Man kann auch nach Kleiner si) Vorschlage die Kranken mich der Ausspülung im Sitzen sich hinlegen lassen und in dieser Position noch mit einem oder mehreren Litern Wasser weiter spülen, wobei häufig noch ansehnliche Reste zum Vorschein kommen, indessen setzt dieses Vorgehen schon eine gewisse Uebung voraus. Vortheilhaft ist auch die von Fleiner gegebene Vorschrift, den Kranken im Sitzen oder noch besser im Liegen Schüt- telbewcgungen ausführen zu lassen, wodurch bessere Mischung und Ver­ dünnung etwa im Magen befind­ licher Reste stattfindet. Der Ausspülflüssigkeit können einmal Salze oder Mineralwässer oder deren Constituentien, sodann antiseptische Mittel, endlich auch adstringirende Mittel zugesetzt wer­ den. Von ersteren kommen am häufigsten zur Anwendung: Koch­ salz 1 o/o, Nati'iumcarbonat oder bicarbonat 2 —5<>/0, Karlsbader Salz, die Karlsbader Thermalwässer, die Quellen von Ems, Vichy, Kis- Friedlieb's Saugapparat für Magen­ singen, Giesshübel u. v. a. entweder anss])ülungen. in ihrer ursprünglichen Form oder, a Gummiballon, h, c Schaltstücke was wohl für diese Fälle stets vor­ zuziehen ist, in Form der künstlichen, von San (low in zweck­ mässiger Weise hergestellten Mineralsalze. Als gähmngswidrige Zusätze zur Ausspülflüssigkeit sind mit Ausnahme der giftig wirkenden (Carbolsäure, Sublimat) fast alle Antiseptica vorgeschlagen worden, insbesondere Kalium hyperman- ganieum, Thymol (Va °/n), Resorcm^) (2—3°/0), Salicylsäure (3 : 1000), Natriumsalicylat (0,5—1%), benzöesaures Natron ( 1 — 3 % ) , Borsäure (3%) u. a. Dujardin B e a u m e t z hat auch das Schwefelkohlenstoff- i) Fleiner, Volkmann's Sammlung klin. Vorträge 1894, Xo. 103. 2) Dasselbe muss chemisch rein sein (Resorcin. resublimatum!). 22* 340 Magenausspülung, Magenpumpe und Magendouehe. wasser empfohlen, ohne dass, wie es scheint, diese Empfehlung Nach­ ahmung gefunden hat. M. Rosenthal empfiehlt Ausspülungen mit amylnitrithaltigem Wasser (3 — 4 Tropfen Amylnitrit auf V-' Liter Wasser). Ich bediene mich ausschliesslich der Borsäure in 3°/0iger Lösung, der Salicylsäure, des Creolin (10 — 15 Tropfen auf 1 Liter Wasser), des Lysol O/4 — V'2°/oige Lösung) und des Chloroformwassers,1) mit denen ich im einzelnen Falle gewöhnlich alle Woche wechsele.'2) Der praktische Werth dieser Zusätze ist mir, je grösser meine Erfahrungen werden, u m so geringfügiger erschienen. U m eine wirkliche Beseitigung der (tährungserreger zu bewirken, ist die Bespülung mit antiseptischen Mitteln sicher unzureichend, für die mechanische Herausschaffung dürfte aber sterilisirtes Wasser völlig ausreichen. Nur bei Fäulnisszuständen (exuleerirenden Carcinomen) sind antiseptische Magenspülungen (Lysol, Creolin, Solveol u. a.) indicirt und 'nach meinen Erfahrungen auch nützlich. Von adstringirenden Substanzen kommen in Betracht: das Bis- muthum subnitricum und das Argentum nitricum. Das erstere wirkt nach Fleiner3) bei Reizzuständen des Magens, bedingt durch alte Magengeschwüre, bei ulcerirenden Carcinomen, bei hämorrhagischen Erosionen, bei Magenblutungen, die bei der Ausspülung entdeckt oder während derselben entstanden sind. Die Technik ist nach Kuss­ maul's und Fl ein er's Vorschriften die folgende: Zunächst wird der Magen früh nüchtern gründlich ausgespült, sodann eine Wismuth- suspension (10—20 g : 200 Wasser) per Sonde eingegossen. Der Patient wird nun je nach dem Sitze der Ulceration auf die rechte Seite (beim Sitz am Pylorus) oder auf den Rücken (beim Sitz an der kleinen Curvatur) gelagert und der Schlauch durch einen Hahn abgesperrt. Nach 5—10 Minuten schlägt sich das Wismuth so voll­ kommen auf die Magenwände nieder, dass das Spülwasser nunmehr klar abläuft. Bei unruhigen Patienten kann man den Magenschlauch gleich nach der Eingiessung entfernen. Die Eingiessung soll zunächst täglich, sodann einen u m den andern Tag applicirt werden. Ver­ giftungserscheinungen sind von Fleiner trotz lang andauernder Wis- muthhehandlung nicht beobachtet worden. Das Argentum nitricum wende ich seit einiger Zeit mit grossem Erfolge bei der mit Hypersecretion einhergehenden Myasthenie des i) Dasselbe wird in der Weise hergestellt, dass man einen 1 Liter haltigen Ballon zu :V4 mit Wasser füllt, eine unbestimmte Menge von Chloroform hinzu­ fügt, kräftig schüttelt und von dem abgesetzten Chloroform abdekantirt. -) Anwendung verdienen auch die von Trommsdorf in Erfurt hergestellten, zum Theil in Wasser leicht löslichen Sozojodolsalze, z. B. das sozojodolsaure Natrium, Kalium und Zink. 3) Fleiner, Verhandl. d. X U . Congr. f. innere Medicin, Wiesbaden 1893. Magenaiis>pülung, Magenpumpe und Magendouehe. ;)41 Magens an, indem ich anfangs taglich, später mehrmals w(ichentlieh nach vorhergegangener Ausspülung Einlaufe von 1 Liter Argentum nitricum (1 : 1O0U) mache. Nach kurzer Einwirkung wird die Flüssig­ keit entfernt. Macht sich starkes Brennen bemerkbar, so lässt man eine verdünnte Kochsalzlösung (1 : 200) nachtrinken, doch ist das in der Hegel nicht nothwendig.1) Wichtig ist die Frage: wie oft und zu welcher Zeit am Tage soll man ausspülenV Hinsichtlich der ersten Frage bin ich der An­ sicht, dass, wo überhaupt eine bestimmte Indicatioii für Ausspülungen vorliegt, dieselbe täglich vorgenommen werden soll. Nur bei hoch­ gradiger Schwäche kann man die Lavage in 1 — 2tägigen Intervallen vornehmen. Mehr als einmal am Tage den Magen auszuspülen, dürfte wohl nur selten erforderlich sein. Hinsichtlich der Zeit kommen in Betracht: die am frühen Morgen, bezw. bei nüchternem Magen und die vor dem Schlafengehen. Beide Zeitpunkte haben ihre Vorzüge und Schattenseiten. Die Vorzüge der abendlichen Ausspülung, für welche Riegel-) und seine Schüler insbesondere eintreten, bestehen, wie der genannte Forscher mit Recht betont, darin, dass der Magen eine längere Ruhepause hat, was gewiss für die Wiedergewinnung des normalen Tonus von Werth ist. Auch darin sehe ich einen Vortheil, dass bei abendlicher Evacuirung die Gelegenheit zu Gährungs- und Zcrsctzungsprocessen im Magen während 12 Stunden fortfällt. Andererseits liegt in den abendlichen Ausspülungen der Nachtlieil, dass durch die Ausspülung mehr oder weniger zahlreiche Mengen von Ingcsta dem Organismus entzogen werden. Dieser Nachtlieil fällt bei der am Morgen vor­ genommenen Lavage fort, da die über Nacht nicht in den Darm ge­ schafften oder vom Magen nicht resorhirten Chymusrestc kaum noch für die Ernährung Verwendung finden können. Auch einen wichtigen diagnostischen, bezw. prognostischen Anhaltspunkt gewährt die La­ vage am Morgen. Man kann sich leicht überzeugen, wie gross die Behinderung der Peristaltik ist und ob dieselbe im Laufe der Be­ handlung zu- oder abnimmt. Endlich ist der noch schwer ins Ge­ wicht fallende Gesichtspunkt hervorzuheben, dass die abendliche, un­ mittelbar vor dem Zubettegehen zu applicirende Ausspülung in der Praxis mit grossen, zuweilen nicht überwindbaren Schwierigkeiten verknüpft ist. Ich pflege daher meist den Magen des Morgens aus- !) Nachdem ich einen Fall von Argvrie nach abundanteni Oebrauch von Argentunispülungen gesehen habe, empfehle ich grosse Vorsicht und nicht über­ mässig lange Anwendung. •±) Riegel, Die Frkrankungeii des .Magens I. Theil, S. 293. Wien 189(1. 342 Magenausspülung, Magenpumpe und Magendouche. zuwaschen und wähle in besonderen Fällen, z. B. bei häufigen Schmerzen zur Nachtzeit, die Lavage am Abend.J) Als Magenpumpe werden verschiedene mehr oder weniger zweckmässige Apparate angewendet, die alle auf demselben Princip beruhen, d. h. Pumpen mit doppeltem Ventil darstellen, durch welche Saug- und Spritzwirkung in einfacher Weise erreicht wird. Ein sehr brauchbarer Apparat ist der von W y m a n n construirte und von C. M ö c k e in Leipzig dargestellte. Ich selbst habe praktisch die Magenpumpe niemals angewendet und halte sie aus den bereits (S. 135) entwickelten Gründen für ein entbehrliches Instrument. Der früher von v. Leube dem Heber gegenüber betonte Nachtheil, dass hierdurch nur flüssige Substanzen den Magen verlassen könnten, ist durchaus hinfällig, da es sich hier­ bei wesentlich u m die Weite des Sondenlumens und der Fenster handelt. Dass man übrigens auch durch den Heber ansehnlich grosse Nahrungsreste herausbefördern kann, davon habe ich mich oft zu überzeugen Gelegenheit gehabt. Alles in allem bin ich der Ansicht, dass sich durch die Magen- pumpe kein Erfolg in Hinsicht auf die Reinigung des Magens er­ zielen lässt, der nicht auch durch die Heberung erreicht werden könnte. Die Magenpumpe dürfte daher mit der Zeit ihren Platz in der Nähe ihrer Zwillingsschwester, der Klystierspritze, finden. Dass wir hiermit die epochemachende Erfindung Kussmaul's nicht schmälern wollen, folgt aus den einleitenden Worten dieser Schrift: nicht in der mechanischen Ausführung der Idee, sondern in der letzteren selbst erblicken wir das unsterbliche Verdienst dieses genialen Klinikers. Indicationen der Mag-enausspülung*. Wenn wir von den Magenausspülungen, die bei Vergiftungen, Ileus, Cholera infantum, Cholelithiasis, Icterus, drohender Magen- ruptur u. a. applicirt werden, an dieser Stelle als nicht zu unserem Gegenstand gehörig absehen, so können wir die Indicationen der Magenausspülungen dahin präcisiren: Magenausspülungen sind indicirt: 1. falls mechanische Hindernisse für die Fortschaffung des Chv- mus im Magen-Darmcanal bestehen, die zu abnormen Zer­ setzungen Veranlassung geben; i) Febrigens scheint Riegel der Frage eine grössere Bedeutung beizumessen als ihr in Wirklichkeit zukommt. Ich glaube, dass man mit beiden Methoden bei sonst zweckmässiger Behandlung des Kranken zum Ziele gelangt. Magenansspülung, Magenpumpe und Magendouche. 343 2. falls fremdartige Ansammlungen dem Mageninhalt beigemischt sind, welche mit der Zeit die Verdauung stören. Aus diesen Indicationen folgt, dass Magenausspülungen in der Praxis weit öfter applicirt werden, als sie indicirt sind. Je mehr wir aber die Anwendung beschränken, u m so weniger werden wir dieses bei richtiger Indicationsstellung souveräne Heilmittel in Miss- credit bringen. ad 1. Hierzu gehört, wie bekannt, vor allem die Gastrectasie in Folge narbiger Verengerungen am Pylorus oder Duodenum, sowie die Beeinträchtigung der motorischen Thätigkeit in Folge von orga­ nischen Schleimhauterkrankungen des Magens (Carcinom, Atrophie der Magenschleimhaut, Myasthenie, Amyloid, Anätzungen der Magen­ schleimhaut durch Säuren und Laugen u. a.), soweit sie zur Retention der Ingesta führen. Damit ist auch die Art und der Grad der Di­ latation, bei der meinem Dafürhalten nach Magenausspülungen am Platze sind, genügend begrenzt. Denn ich bin auf Grund vielfacher Misserfolge der Ansicht, dass die einfache Atonie, hei der es sich nicht u m directe Abflusshindernisse, sondern lediglich u m Verlang­ samung der Peristaltik handelt, durchaus kein geeignetes Object für die Lavage darstellt. Im Gegentheil beobachtet man, falls nicht auf sorgfältige Entleerung des Spülwassers geachtet wird, nicht selten directe Verschlimmerungen. M a n muss sich nur klarmachen, dass die Ausspülung hierbei in keiner Weise die Krankheitsursache trifft oder in hervorragender Weise symptomatisch wirkt, dass sie hin­ gegen — als unerwünschtes Moment — die Gefahr der Hyper- distension der Magenwand in sich schliesst. W a s die Erfolge der Magenspülung bei Gastrectasie betrifft, so muss man wohl unter­ scheiden, in welchen Stadien sie applicirt werden: Ist eine hoch­ gradige cicatricielle Pylorusstenose vorhanden, die Resorption und Urinsecretion stark herabgesetzt, so ist der Effect nur ein palliativer. Die Patienten sind stets an den Gebrauch der Sonde gebunden. Das­ selbe gilt für Fälle vorgeschrittener, jahrelang bestehender Atonieen. Ganz anders dagegen steht es mit frischeren und an sich mil­ deren Fällen der genannten Arten: ich habe in den letzten Jahren wiederholt Kranke dieser Art zur Heilung kommen sehen. Der Be­ weis ist folgender: Der nüchterne Magen enthielt nach Ablauf der Behandlung nichts oder geringe Mengen freier Salzsäure, die Patienten assen und vertrugen unter nicht eben grossen Vorsichtsmaassregeln die gewöhnliche Kost. Diurese und Stuhl wurden normal, die Kranken nahmen an Gewicht erheblich zu. Wahrscheinlich handelt es sich hier u m eine eompensatorische Hypertrophie der Muskulatur, 344 Magcnausspiüung, Magenpumpe und Magendouchc. durch welche der Magen befähigt wird, die Ingesta wieder in der solennen Zeit auszutreiben. Es unterliegt keinem Zweifel, dass durch übergrosse Belastung des Magens von neuem Störungen in der Mechanik eintreten können, trotzdem bleibt die für mich un­ anfechtbare Thatsache bestehen, dass noch nicht zu weit vorge­ schrittene Ectasieen durch angemessene Behandlung zur Heilung zu bringen sind. ad 2. Es handelt sich hierbei einmal um übermässige Säure­ abs chei dun g, bezw. um Magensaftfluss. Durch die Ausspülungen (bei nüchternem Magen!) werden theils objeetiv die Verdaiiungsbedinguiigen gebessert, theils auch die subjeetiven Beschwerden (Sodbrennen, Ge­ fühl von Völle, Verstopfung u. a.) wesentlich gemildert. Zweitens ist die Lavage indicirt in Fällen von Schleimansammlungen im Magen, wie wir sie bei chronischer Pharyngitis und Oesophagitis und bei mueösen Catarrhen des Magens finden. Hier liegt die Berechtigung der Lavage, die in solchen Fällen zweckmässig mit den leichten Säuerlingen oder angemessener deren Constituentien oder mit Aqua Calcis, Kochsalz, Natriumcarbonat, und zwar in warmer Lösung vor­ zunehmen sind, auf der Hand. Auch bei starkem Galle- und Pan- creassaftrückfluss in den Magen in Folge von Duodenalstenose ist die Ausspülung indicirt und, wie mich meine Erfahrungen lehrten, von gutem Erfolge begleitet. Endlich giebt die Ansammlung von Fäulnissproducten (bei ulcerirendem Carcinom) oder die Harnstoff- ansammlung (in Folge von Urämie) eine Indication für die Vornahme der Lavage ab. Contraindicirt sind Magenausspülungen überall da, wo auch die Einführung der Sonde contraindicirt ist (S. 100). Namentlich bilden frische Magenblutungen selbst da, wo eine Veranlassung zu Ausspülungen vorliegt (z. B. Pylorusstenose mit reeidivirendem Ulcus), nach meinen Erfahrungen eine entschiedene Contraindicatioii für die Lavage. Erst 3—4 Wochen später können die Ausspülungen wieder aufgenommen werden. Gegen das planlose Probiren der Magenuusspidungen, das leider auch con angesehenen Klinikern nicht genügend cerur- theilt wird, möchte ich mich aufs entschiedenste aassprechen; auch giebt es thatunehlich nur selten Fälle, bei denen »zufällig« die Magoiuasspähtngen von Erfolg begleitet sind. Bei einigen derselben möchte ich der Ansicht Raum geben, dass der Erfolg ledig­ lich der Einführung der Magensonde zu danken gewesen sei. So habe ich z. B. zwei Fälle von habituellem Erbrechen (irritable sto- mach) einfach durch längeres Liegenlassen der Mageiisonde im Magen Magenaiisspülung, Magenpumpe und Magendouche. 345 geheilt. In dem einen waren innerlich fast sämmtliehe Nervina ohne jeden Erfolg versucht worden. Ich griff daher zur Mageiiausspülung, kam aber auf Grund der obengenannten Uebeilegungen zu der An­ sicht, dass der Wassoreingiessung keine wesentliche Bedeutung zu­ kommen könne. Der Verlauf zeigte die Berechtigung dieser Piä- sumption indem in beiden Fällen lediglich die Soiidenapplication dauernde Heilung brachte. Die Mag-endouehe. Unter Magendouche versteht man die Berieselung des Magens Ma^ -n- mit Wasser unter starkem Druck behufs therapeutischer Einwirkung douc1"' auf die Magenschleimhaut Diesem zuerst auf der Kussmaul'schen Klinik geübten, von Malbranc 1) beschriebenen Verfahren soll die Wirkung zukommen, die vasomotorischen Magcnnerven zu stimuliren, hierdurch die Circulation anzuregen und vor allem die Peristaltik mechanisch zu fördern. Malbranc hat besonders bei hartnäckigen Gastralgieen günstige Erfolge davon gesehen. Als Ausspülflüssigkeit bediente sich Malbranc warmer Sodalöstingen (38" C). Ich habe mich in mehreren Fällen von Magenneurosen des Verfahrens in der Weise bedient, dass ich eine mit vielen kleinen stricknadelknopf- grossen Oeffnungen versehene Sonde einführte und hierdurch Wasser in den Magen einfliessen Hess. Dasselbe berieselt in fontaineartigem Strahl die Magenwandungeii. Diese Mageubeileselungeii waren in mehreren Fällen von heftigen Gastralgieen von vortrefflichem Erfolge begleitet. Auch bei nervöser Inacidität habe ich von der Magen­ douche (mit physiologischer Kochsalzlösung) ausgezeichnete Erfolge nicht allein mit Rücksicht auf die Besserung der subjeetiven Er­ scheinungen, sondern specicll auch der Secretion gesehen. Ich kann sie in den genannten Fällen (vielleicht versuchsweise auch bei anderen Neurosen) warm empfehlen. Rosenheim'2) hat in neuerer Zeit gleichfalls die Magendouche, theils mit warmem Wasser, theils mit Kochsalzlösung, kohlensätirc- haltigem Wasser und Cliloroformwasser bei Individuen mit Dyspepsie nervöser Natur, mit und ohne allgemeine neurasthenischc Beschwerden, ferner bei solchen mit mittelschweren catairhalisehcii Erscheinungen, mit und ohne Herabsetzung der motorischen Function, endlich auch bei verschiedenen Magenneurosen angewendet. Specicll sah Rosen- ') Malbranc, Berliner klin. Wochenschrift ls7S, No. 4. •2) Rosenheim, Therap. Monatsh. 1892, Augustheft; Berliner Klinik 1894, Heft 71 und Bert klin. Wochenschr. 1897, No. 11 u. 12. 346 Magenausspülung, Magenpumpe und Magendouche. heim günstige Wirkung der Magendouche auf Störungen der Sensi­ bilität mittleren Grades, ferner bei Störungen der Motilität. Die Secretionsenergie kann gelegentlich durch Kochsalzirrigationcn er­ höht, durch Argentum nitricum-Berieselungen herabgesetzt werden (s. o. S. 340). Meine eigenen Erfahrungen mit der Magendouche haben mich wenig ermuthigt, das Verfahren häufig zu verwenden, auch Penzoldt1) drückt sich recht skeptisch aus. Immerhin mögen die Magcnberieselungen, namentlich bei Neurasthenikern, als »Suggestiv­ mittel« Anwendung finden. Fleiner2) rühmt der Magendouche eine besondere Anregung des Hungergefühls nach und verwendet zur Verstärkung der Wirkung Berieselungen mit Aufgüssen von Hopfen oder von Quassiaholz. Einhorn'5) bedient sich zum Zweck der Magenberieselung eines mit einer Nelatonsonde verbundenen Sprayapparates. Er empfiehlt den Apparat: 1. behufs Desinfection der Magenschleimhaut; 2. u m adstringirend zu wirken; 3. u m in geeigneten Fällen, speciell bei Gastralgieen, analgesirend einzuwirken. Einhorn hat die Methode in mehreren Fällen angewendet und findet, dass dieselbe leicht und gut von statten geht. Literatur Kussmaul, Behandlung der Magenerweiterung durch eine neue Methode mittelst der Magenpumpe. Deutsches Areh. f. klin. Medicin. 1869, Bd. (5, S. 455. Leube. Die Magensonde. Erlangen 1879. (Daselbst die interessante Ge­ schichte der Sonde und Literatm-.) Sticker, Magensonde und Magenpumpe. Berlin 1887. Oser, Artikel Magenpumpe in Eulenburg's Rcalencyclopädie. 2. Aufl., Bd. 12, S. 465. i) Penzoldt, Allgemeine Behandlung der Magen- und Darmkrankheiten in: Pcntzoldt-Stintzing's llandb. Bd. IV, S. 299. 2) Fleiner, Volkmann's Sammlung klin. Vorträge, N. V 103. 3) Einhorn, New-Yorker med. Monatsschrift 1891, Octobcr. Anwendung von Säuren und Alkalien. 347 DREIZEHNTES CAPITEL. Anwendung von Säuren und Alkalien. Die Säuren. Von Säuren wendet man bei chronischen Erkrankungen des Magens wesentlich die Mineralsäuren an, und unter diesen vor allem die Salzsäure. Es scheint, dass die Salzsäure wenigstens digestiv die günstigste Gombination darstellt: Schwefelsäure, Salpetersäure, Phosphorsäure vermögen in weit geringerem Grade Pepsin und Lab­ ferment aus dem Labdrüsensecret abzuspalten. Welches ist die Wirkung der Salzsäure im Magen? Hierüber Wirkung sind die Anschauungen sehr gctheilt du Mesnil1) glaubt sich auf Salzsäure Grund von Versuchen an Gesunden, denen er zugleich mit dem Probefrühstück in steigenden Dosen Salzsäure gab, zu dem Schluss berechtigt, dass Salzsäure die Acidität steigere. Indessen ist dieser Schluss, wie Riegel zutreffend bemerkt, aus du Mesnil's eigenen Zahlen nicht zu ziehen, welche in der That ohne und mit Salzsäure- darrcichung die erheblichsten Schwankungen aufweisen. Neuere Untersuchungen von Schule2) haben denn auch absolut keinen Ein- fluss selbst von grossen Dosen Salzsäure ergeben. Viel wahrschein­ licher ist, dass die Salzsäure auf die Motilität des Magens einwirkt; hiefür sprechen vielleicht Versuche von Eichenberg,3) der unter Salzsäuredarreichung eine Beschleunigung der Verdauung von 20 bis 25 Minuten beobachtete. Die Unsicherheit der Kenntniss der physiolo­ gischen Wirkung spiegelt sich auch in der Therapie wieder. Soll man grosse, soll man kleine Dosen, soll man sie vor oder nach dem Essen, soll man sie in wiederholten kleinen oder in einmaligen grösseren Dosen geben? Soviel Fragen, soviel verschiedene Antworten. So befürwortet Ewald 4) die Darreichung möglichst grosser Dosen (90 bis 100 Tr.) drei- bis viermal in einviertelstündigen Intervallen, während i) du Mesnil, Deutsche medicinische Wochenschrift 1892, No. 49. *) Schule, Habilitationsschrift. Berlin 1895, S. 69 u. f. ••') Eichenberg, citirt bei Penzoldt, Allgemeine Behandlung der Magen- und Darmkrankheiten und Penzold-Stintzing's Handbuch 130, IV, S. 273. i) Ewald, Berliner klin. Wochenschr. 1886, No. 4, 348 Anwendung von Säuren und Alkalien. Cahn 1) diese Dosis für zu gross erachtet. Auch andere Autoren, z. B. v. Leube begnügen sich mit weit geringeren Dosen. Riegel-') ist der Ansicht, dass man die Dosis von Fall zu Fall feststellen müsse. Ich selbst habe von kleinen Dosen Salzsäure, die bei den grossen Mahl­ zeiten wiederholt werden, nicht schlechtere Erfolge gesehen, als bei den grossen, bin aber der Ansicht, dass die Frage durchaus nicht geklärt ist. Man könnte z. B. erwarten, dass durch grössere Salz­ säuremengen mehr Eiweiss in Acidalbumin umgewandelt, also, wenn auch nur unvollkommen, angedaut wird. Andererseits wissen wir ja, dass auch bei hochgradigster Achylie, bei der nachgewiesener- maassen Weissbrod, Fleisch den Magen wieder so verlassen, wie sie in denselben hineingelangt sind, weder objectiv noch subjectiv die geringsten Störungen zu entstehen brauchen. Und wenn wirklich unter Gebrauch von Salzsäure subjective Störungen schwinden, ist dies wirklich Folge der Salzsäuretherapie oder vielmehr der hierbei kaum je ausser Acht gesetzten Diät zu verdanken? Man sieht, die Dinge liegen nicht so einfach. Im Ganzen haben sich mir folgende Principien bewährt: Bei beabsichtigter digestiver Wirkung lasse ich die Salzsäure (Acid. hydrochlorat. offic.) sofort oder kurz (15—30') nach der Ingestion in Dosen von 8—10 Tr. in einem Weinglas Wasser, und zwar bei den kleinen Mahlzeiten ein-, bei den grösseren zwei- bis dreimal wiederholt nehmen. U m zu stimuliren, bezw. antizymotisch zu wirken, verlege ich die Darreichung der Salzsäure ausserhalb der Digestions­ zeiten, da in diesem Zustande die beabsichtigte Wirkung am besten zu erzielen ist. Ich lasse in solchen Fällen die Salzsäure Morgens nüchtern und Abends vor dem Schlafengehen, und zwar in gleicher Dosis gebrauchen. U m die Zähne zu schützen, thut man gut, die Salzsäure aus Glasröhrchen einsaugen zu lassen. Die Frage, ob man durch Salzsäure allein die geschwundene Secretion der Magendrüsen zur Norm zurückführen kann, ist gleich­ falls verschieden beantwortet. Jaworski 3) ist der Ansicht, dass im Gegentheil nach längerer IKl-Darrcichung die Acidität allmählich sinkt. Riegel4) dagegen konnte bei einem Patienten, bei dem monate­ lang vergeblich nach freier Salzsäure gefahndet wurde, nach Htägi- gem Gebrauch von 11ji g Salzsäure im nüchternen Mageninhalt wieder­ holt freie Salzsäure nachweisen. Fbenso konnten R e i c h m a n n und i) Cahn, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 12, S. 42. 2) Hiegel, Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. 11, S. 213. •'9 Jaworski, Deutsche medicinische Wochenschrift 1887, No. 36—38. ') Riegel, Deutsch. Areh. f. klin. Medic. Bd. ;><>. Anwendung von Säuren und Alkalien. 340 Mintz 1) in mehreren Fällen von herabgesetzter Saftsecretion durch Salzsätirebehaiidluug die Magensaft-, bezw. die II tl-Abschcidung an­ regen. L. W o l f U ) konnte wiederum bei keinem seiner Versuchs­ individuen nach achttägiger Anwendung grosser Salzsäuredosen eine Veränderung des Chemismus wahrnehmen. Eigene Erfahrungen haben mir bewiesen, dass der Erfolg der dauernden Salzsäuretherapic sehr verschieden ist, d. h. dass in einer gewissen Gruppe von Krankheiten freie Salzsäure von selbst wieder auftritt, in einer andern Faibstoff- reactionen selbst bei jahrelang fortgesetzter Salzsäuretherapie aus­ bleiben, dass endlich es in einer dritten zur Bildung von Spuren freier Salzsäure kommt, bei denen es meist bleibt. Dies ist ganz natürlich, wenn man, worauf von mir wiederholt hingewiesen ist, bedenkt, dass der HCl-Maitgel den verschiedensten Ursachen entspringen kann. Dass in geeigneten Fällen (Neurosen, Stauungscatarrhen) Salzsäure- mangel weniger durch Salzsäuredarreiehuiig als durch passende Diät sowie durch Verbesserung der äusseren Verhältnisse des Kranken (Luftwechsel, Seebäder u. s. w.) dauernd gehoben werden kann, ist für mich eine unumstößliche Thatsache. In fast allen grösseren Officinen sind Pillen oder Dragees mit Salzsäure, Pepsin und aromatischen Pflanzenpulvern vorräthig. Ich halte diese Art der Dar­ reichung für eine Spielerei und bin der Ansicht, dass die damit erzielten Erfolge in das Gebiet der Suggestion gehören. Wenn man, wie ich, sich überzeugt hat, in wie seltenen Fällen secretorischer Störungen die eingegebene Salzsäure zur Action gelangt, der wird von der Meinung, durch 2—3 Pillen einen nennenswerthen Einfluss auf die Verdauung auszuüben, bald abkommen. Wie es im übrigen be­ züglich des Pepsins steht, wird weiter unten entwickelt werden. Als Contraindication der Salzsäuretherapie müssen, wie kaum cont.aindi- noch erwähnt zu werden braucht, alle Formen von krankhaft ge- ''^°eäui-r steigertet' Drüsenseeretion betrachtet werden. Auch soll es nach Anwendung-. Talma 3) eine Art Hyperästhesie gegen Salzsäure geben, doch wirft Riegel4) mit Recht die Frage auf, ob es sich nicht in den Fällen von T a l m a u m Zustände von Hyperchlorhydile gehandelt habe. Die Alkalien. Die häufige Anwendung der Alkalien bei Krankheiten des In- Aikaiien. testinaltractus und ihr grosser Nutzen bei richtiger Indicatioiisstelluiig rechtfertigt es, auf die Art der Darreichung und die physiologische i) Reichmann und Mintz, Wien. klin. Wochenschr. 1892. No. 2.1. •S) Wolff, Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. 1<>, S. 224. 3) Talma, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 8, S. 407. i) Riegel 1. c. 350 Anwendung von Säuren und Alkalien. Wirkung derselben genauer einzugehen, wenngleich uns die letztere erst zum Theil bekannt ist. In der Regel kommen Alkalien allein oder (meist) in Verbin­ dung mit anderen Salzen oder pflanzlichen Pulvern zur Anwendung, meist aber bilden die Basis der Verordnungen das Natriumbicarbonat (Kaliumbicarbonat) oder (seltener) Natriumcarbonat, der kohlensaure Kalk und die Magnesiapräparate. Die Combination dieser Mittel mit anderen mehr oder weniger indifferenten Zusätzen bilden die Grundlage der im Handel unter den hochtönendsten und vielver­ sprechendsten Namen vorkommenden Magenmittel (u. a. des bekannten Barella'schen Magenpulvers,1) das neben Natrium bicarbonicum auch — sehr sinnreich — Pepsin enthält). Karlsbader Als Antacidum wie überhaupt als Magenmittel spielt seit langer Zeit das Karlsbader Salz, theils als natürliches Product aus dem Thermalwasser, theils als künstliche Mischung eine so hervorragende Rolle, dass es unumgänglich ist, den Werth und die Indicationen dieses Mittels mit einigen Worten zu berücksichtigen. Von den Karlsbader Thermalwässern werden zwei ihrer Zu­ sammenstellung nach ganz verschiedene und daher auch pharmakody- namisch verschiedenartig wirkende Producte gewonnen: das natür­ liche Karlsbader Sprudelsalz (krystallisirt) und das natürliche Karlsbader Sprudelsalz (pidverförmig). Das erstgenannte, zuerst von dem berühmten Karlsbader Badearzt David Becher (1764) in grösserem Umfang hergestellte Salz besteht, wie die folgende Analyse lehrt, vorwiegend aus Natriumsulfat, während kohlensaures Natrium und Kochsalz in einer, gegenüber der Zusammensetzung der Thermalwasser sehr ge­ ringen Menge darin enthalten sind. Das krystallisirte Sprudelsalz zeigt folgende Zusammensetzung: Schwefelsaures Natron 37,695 " 0 Chlornatrium 0,397 °'0 Kohlensaures Natron 5,997 % Schwefelsaures Kali Spuren Krystallwasser 55,520 g. Dies gilt für die grossen Mahlzeiten, für die kleineren genügt die Hälfte. Bei einer Acidität über 3 p. m. HG1 kann man mit Natriumbicarbonat bis auf 12 g, mit den Magnesiasalzen bis auf 5, bezw. 7,5 g steigen. In allen diesen Fällen liegt als Mageninhalt eine Flüssigkeitsmenge von 400 com zu Grunde, und es ist dabei völlige Neutralisirung vorausgesetzt Da aber ein Theil des Alkali in die Därme geschafft und ein zweiter (wenigstens vom doppelt­ kohlensauren Natron) aufgesaugt wird, da endlich der Berechnung nur der augenblickliche Salzsäitrevorrath zu Grunde liegt, so sind die im Vorhergehenden genannten Zahlen eher noch zu niedrig als zu hoch gegriffen. Die genannten Zahlen sollen indessen kein absolutes Maass, sondern nur einen Maassstab für die Dosen geben, von denen wir bei der Behandlung auszugehen haben. Ein gewisses Probiren wird hierbei nicht ganz zu umgehen sein. Ob man kohlensaure Alkalien oder die genannten Erdsalze wählt, ist selbst abgesehen von den oben erwähnten Momenten nicht ohne Bedeutung. Kohlensaure Salze legen die Gefahr nahe, den Magen durch die Gasentwicklung auszudehnen, und wenn die Anwendung täglich, womöglich zu mehreren Malen geschieht, so ist die Möglich­ keit einer arteticiellen Ueberdehnung durchaus nicht von der Hand zu weisen. Deshalb sind die Erdsalze den kohlensauren bei etwa schon vorhandener Mageiiatonie vorzuziehen. Ebenso wird man hei grosser Gasansamniluiig im Iiitestiiialtractus mit Neigung zur Ob­ stipation den Magnesiasalzen entschieden den Vorzug geben, während man für die übrigen Fälle zwischen beiden wählen kann. Das Karlsbader Thermalsalz und desgleichen das künstliche Karlsbader Salz eignet sich nach Jaworski besonders für die Be­ handlung der Hypersecretion (Magensaftffuss), für Magensäure-Iii- sufficienz und Magengeschwür (bei letzteren beiden kleine Dosen), ferner bei habitueller Obstipation und schleimigen Gatarrhen. Bei Eetasiecn des Magens empfiehlt Jaworski das Thermalsalz nur zu Ausspülungen. Ein dem Karlsbader Salz ähnlich zusammengesetztes empfiehlt L. Wolff 1) für die Behandlung der Superaeidität. Es hat die fol­ gende Zusammensetzung: i) L. Wolff, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. IG, S. 263. 23* 356 Anwendung von Säuren und Alkalien. Natrium sulfuric. 30 g Kalium sulfuric. 5 g Natrium chlorat. 30 g Natrium carbon. 25 g Natrium biborac. 10 g Von dieser Mischung lässt Wolff dreimal täglich einen halben Theelöffel in einem halben Glase lauwarmen Wassers gereicht nehmen, und zwar nüchtern, 2 Stunden vor dem Mittag- und 2 Stunden vor dem Abendessen. Bei Anwendung dieses Pulvers verringert sich die Menge des nüchtern abgesonderten Magensaftes und erhält immer weniger Salzsäure, desgleichen sinkt auch der HCl-Gehalt des auf der Höhe der Verdauung ausgeheberten Mageninhalts. Auch ich habe mich der von Wolff angegebenen Mischung häufig mit gutem Erfolg bedient, in der Regel aber verordne ich seit Jahren behufs Herabsetzung krankhaft gesteigerter Secretion die folgende Mischung: Pv Magn. ust. 15,0. Bism. carbon. Natrii carbon. ää 5,0. Extr. Belladonn. Extr. Strychni ää 0,1—0,2. D. S. 3 x tägl. 1 Theelöffel V* Std. nach den einzelnen Mahlzeiten. In keinem Falle darf der Arzt sich in Fällen von Säureüher- schuss auf die Verordnung antacider Mittel beschränken; die Haupt­ sache hierbei ist die Regelung der Diät und Lebensweise. Bezüglich der ersteren verweisen wir auf das Capitel Diät (S. 267 u.f.). Dass man durch letztere allein zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Be­ schwerden gelangen kann, unterliegt keinem Zweifel. Besonders ist dies bei der Form der Superaeidität der Fall, die aus einem zu langen Verweilen der Speisen im Magen resultirt (Insufficienz, Hypersecretion, gutartige Pylorusstenose.) Aber auch bei der ein­ fachen nervösen Superaeidität kann man, wie dies Jürgensen 1) kürzlich besonders hervorgehoben hat und wie ich, wenn auch zu­ nächst nur in bescheidenem Umfange, bestätigen kann, mit einer rationellen (möglichst vegetabilischen) Diät bemerkenswerthe Erfolge erzielen. i) Archiv für Verdauungskrankeiten Bd. HI, H. 3, 1897. Künstliche Fermente. 357 VIERZEHNTES CAPITEL. Künstliche Fermente. (Ptyalin, Diastase, Pepsin, Pancreatin, Papayotin, Papain.) Die künstlichen Fermente finden in der Therapie der Magen- ptyalin und krankheiten ihren Platz da, wo ein Ersatz für mangelhafte Prodtiction DinMils/0 iges. •2) Werther, Berliner klin. Wochenschr. 1892, No. 27- 3) Hugonneng, Lyon media 1892, No. 9. 4) Georges, Archiv, de medecine experimentale et d'anatomie pathologique 1890, S. 88. 360 Künstliche Fermente. genau untersucht und kommt zu folgendem Schluss: »L'action digestive des pre- parations citees plus haut est nulle dans tous les cas.« Für eine grosse Reihe der in Deutschland vertriebenen Digestivmittel gilt nach meinen Erfahrungen genau dasselbe. Indicationen der Pepsinanwendung. indicationen Die Anzeige für die Ordinirung von Pepsinpräparaten scheint der Pepsin- theoretisch klar zu sein; man soll es da verordnen, wo die Magen- anwendung. ~ Schleimhaut zu wrenig oder gar kein peptisches Ferment abscheidet. In praxi erleidet dieser Satz indessen wesentliche Einschrän­ kungen. Wir müssen nämlich hierbei zwei Möglichkeiten scharf aus­ einander halten. Die erste besteht darin, dass von der Magenschleim­ haut ausschliesslich oder fast ausschliesslich Pepsinogen abgeschieden wird und es nur an der nöthigen Menge Salzsäure mangelt, die zweite ist darin gegeben, dass die Enzymproduction überhaupt zum grossen Theil oder ganz erloschen ist. Im ersten Fall ist die Verordnung von Pepsin überflüssig, da die Darreichung von Salzsäure völlig ausreicht, u m eine genügende Fermentproduction zu Stande zu bringen. Im zweiten Fall ist zwar die Einführung eines peptischen Ferments in den Magen sehr er­ wünscht, indessen ist das Pepsin deswegen hierzu nicht geeignet, weil es einer so enormen Menge H C l bedarf, u m dem Pepsin Wir­ kung zu verleihen, wie sie, ohne subjeetive oder objeetive Störungen hervorzurufen, nicht gereicht werden kann. Im allgemeinen wird demnach Pepsin viel zu oft verschrieben. Ich kann nicht umhin, die grossartigen Erfolge von Pepsinessenzen, Lactopeptin u. a. den Suggestivwirkungen zuzurechnen. Dann sollte man sich aber an weniger kostspielige Präparate halten! Pancreatin. pancreatin. Das Pancreatin (richtiger Pancreaspulver) ist zuerst von En­ gesser1) in grösserem Maassstabe dargestellt und therapeutisch ver­ sucht worden. Indessen wurde es praktisch wenig verwendet, da man von der Vermuthung ausging, dass es im Magen zerstört würde­ in neuester Zeit ist mit der Aufstellung präciserer Indicationen das Interesse für die Pancreasfermente mit Recht ein regeres geworden. Wie vom Pepsin kommen auch vom Pancreaspulver ver­ schiedene Fabrikate vor, von denen einzelne brauchbar, andere wegen völligen Fehlens der tryptischen Wirkung absolut unverwerth- bar sind. Ich habe Gelegenheit gehabt, eine ganze Anzahl aus ver- i) H. Engesser, Deutsches Areh. f. klin. Medicin Bd. 24, S. 539. Künstliche Fermente. 361 schiedenen Officinen bezogener Pancreaspräparate auf ihre Wirksam­ keit hin zu prüfen und darunter fast die Hälfte absolut inaetiv ge­ funden. Fs ist daher unerläßlich, und ich entbinde mich in keinem Falle von dieser Pflicht, das Präparat vor dem Gebrauch auf seinen digestiven Werth hin zu untersuchen. Das Engesser'sche Präparat stellt, obgleich es von groben Verunreinigungen verschiedener Art nicht frei ist, jedenfalls ein durch­ aus wirksames und im ganzen auch subjeetiv gut bekömmliches Präpa­ rat dar. Auch ein mir neuerdings von Merck in Darmstadt zur Ver­ fügung gestelltes Pancreatin (Pancreatinum absolutum) ist ein recht kräftig trvptisch und amylolyfisch wirkendes Pancreaspulver, das von Nebenprodueten ziemlich frei ist Ausserdem habe ich noch auf ihre Wirksamkeit geprüft: das Simon'sehe Pancreatin, das Witte sehe und Schering'sche Pancreatin. Alle diese Mittel stellen brauch­ bare Mittel dar, nur ist der Preis derselben leider noch höher als der des Pepsin. Die Dosis, in welcher man Pancreaspulver verschreibt, beträgt Dosts und 1—2 g, sehr zweckmässig in Combination mit Natriunicarbonat Ich r°de"ung verwende hier namentlich gern die Tablettenform und ordinire: Paucreas- pulvers. R' Pancreatin. Nattli. carbon. ää 0,5 M. f. pulv. f. tabul. compress. S. 1/4 Std. nach dem Essen 2 — 4 Tabletten zu gebrauchen. Reichmann 1) empfiehlt statt der häufig unwirksamen Fan- creatinpräparate ein alkoholisches Extra et vom Ochsenpancreas,2) davon ein kleines oder grösseres Weingläsehen nach dem Essen zu gebrauchen. Indication der Pancreatindarreichung. Die einzige Indication bildet Mangel oder noch besser indication vollkommenes Fehlen der HCl im Mageninhalt. Namentlich Pailer e e r atin. sind hiervon diejenigen Fälle geeignet, bei denen die M("»glich- darreienung. keit einer Magensaftsecretion ausgeschlossen oder unwahrscheinlich ist Hier ist das Pancreaspulver das souveräne Mittel, und die Er­ folge damit sind — ich kann dies auf Grund einer grossen Er- 1) Reichmann, Deutsche medicinische Wochenschrift 1889, No. 7. -) Nach Reichmann übergicsst man ein frisches Ochsenpancreas mit !'._> Liter 12 150;'0igem Alkohol, lässt 2—ö Tage an einem kühlen Orte stehen und filtrirt. Nach meinen Erfahrungen sind Fäulnissproeesse bei diesem Verfahren äusserst schwer zu vermeiden, 362 Künstliche Fermente. fahrungsreihe aussprechen — recht befriedigend. Besonders günstig wird in Folge der besseren Proteo- und Amylolyse die Stuhl­ entleerung beeinflusst. A'on der directen digestiven Wirkung des Pancreaspulvers im Magen habe ich mich, u m Täuschungen zu ent­ gehen, fast in jedem einzelnen Falle überzeugt. U n n a hat versucht, durch Herstellung keratinirter Pillen, die sich erst im Darm lösen sollen, das Pancreaspulver vor dem zerstörenden Einflüsse der Magen­ säure zu schützen. Dieser Versuch ist illusorisch, da man hierbei übersehen hat, dass die saure Reaction sich bis auf den Dünndarm hin fortsetzt. Ausserdem hat E w a l d gezeigt, dass die Pillen häufig ungelöst den Darmcanal passiren. Papayotin und Papain. Papayotin Dieselben werden aus dem Milchsaft der Carica Papaya, eines 1- zur Familie der Papayaceen gehörigen und von den Molukken kom­ menden, besonders in den Tropenländern (namentlich in Central- und Südamerika) gedeihenden Baumes dargestellt. Aus diesem haben W u r t z und Bouchut 1) zuerst das Papain und Peckolt das Pa­ payotin bereitet. Das Papain soll nach den \Tersuchen von W u r t z bis zu 1000 Theilen seines Gewichtes an Fibrin verdauen, auch dem Papayotin kommt nach Untersuchungen von Peckolt eine kräftige digestive Wirkung zu. Zudem sollen das Papain und Papayotin so­ wohl in neutraler als auch in schwach saurer und alkalischer Lösung- wirksam sein. Indessen ist die Wirkung des Präitarates nach Control- untersuchungen von verschiedener Seite (Rossbach, A. Eulenburg u. a.) eine sehr ungleiche, und es ist auch hier, zumal hei dem hohen Preise des Mittels erforderlich, sich von der Activität desselben durch einen Vorversuch zu überzeugen. indicationen Fink 1 er2) empfiehlt das Mittel zur Unterstützung der Magen- der Papain- . anwendung. Verdauung und zieht es dem Pepsin sogar vor. Alb recht3) be­ richtet über günstige Erfolge von Papayotinpräparaten bei Kindern mit Verdauungsstörungen. Rossbach 4) glaubt das Papayotin bei Mangel der Verdauungssäfte empfehlen zu sollen. Trotzdem hat das Papain erst in neuester Zeit wieder Beachtung gefunden, seitdem Sittmann5) wieder auf den Nutzen dieses pflanzlichen Fermentes bei Verdauungsstörungen hingewiesen hat. Er bediente sich eines von der Firma Böhringer & Rettss in Caniistatt in den Handel ge- i) Wurtz et Bouchut, Compt. rend. 1879, Bd. 89. 2) Finkler, The Therap. Gaz. 1887, Aug. 15. 3) Albrecht, Correspondenzbl. für Schweizer Aerzte 1880, Bd. 10. i) Rossbach, Zeitschr. f. klin. Medio. 1880, Bd. 6. :>) G. Sittmann, München, medicin. Wochenschr. 1893, No. 29. Amara und Stomachica. 363 brachten Präparates, welches nach den Angaben des Autors Hühner- eiweiss in neutraler, alkalischer und schwach saurer Lösung energisch auflöst Günstige Erfolge mit dem Mittel in Dosen von 0,3—0.5 g sah Sittmann bei acutem und chronischem Magencatarrh, bei Magen­ dilatationen, bei Carcinom des Magens, bei Dyspepsie nach chroni­ schem Ulcus. Diese günstigen Resultate sind von anderen nicht bestätigt worden. Untersuchungen von Hirsch1) aus meinem Laboratorium ergaben allerdings, dass Papain leicht verdauliche eiweisshaltige Nahrungsmittel, namentlich Eiereiweiss, Milch und rohes Fleisch besser peptonisirt, als ein salzsäurefreier Magensaft, dass indessen die Wirkung weit hinter der des Pepsins zurückbleibt. Grote2) glaubt sogar, vor der Anwendung des Papain bei hyporaeiden und ulcerativen Zuständen des Magens warnen zu müssen, während es bei In- und Subacidität versuchsweise Anwendung verdient. FÜNFZEHNTES CAPITEL. Amara und Stomachica. Amara. Gewissen Mitteln wird von Alters her die Eigenschaft zuge- Amara. schrieben, die Magcnfunctionen zu stimulircn, die Secretion der Ver­ dauungssäfte zu fördern und gleichzeitig die Appetenz zu steigern. Inwieweit dies thatsächlich zutrifft, ist bis heute noch eine offene Frage. Die Lösung derselben begegnet fast unüberwindlichen Schwie­ rigkeiten. Denn es ist offenbar, dass Mangel an Esslust und Eintritt der Appetenz den allerverschiedensten Ursachen entspringen können, ja es giebt kaum einen Fall, bei dem die Wirkung der Stomachica so klar und unumstößlich ist, dass der Erfolg zwingend auf den Gebrauch dieser zurückgeführt werden darf. Die experimentellen Untersuchungen wenigstens haben für die Annahme gewisser topischer Einwirkungen auf die Magenschleimhaut, namentlich hinsichtlich der Secretion, eine brauchbare Unterlage kaum i) Hirsch, Therapeut. Monatshefte 1894, December. •J) Grote, Deutsche medicinische Wochenschrift 1896, No. 30. 364 Amara und Stomachica. ergeben. Schon B u c h h e i m und Engel1) fanden die Amara sowohl für die Peptonisirung des Eiweiss als auch für die Verzuckerung der Stärke indifferent und sahen ihre wesentliche Bedeutung in dem anti- fermentativen Einfiuss, den sie ausüben. Tscheizoff2) experimentirte theils an künstlichen Verdauungs­ gemischen, theils an Thieren. Die letzteren, besonders werthvollen Versuche haben ergeben, dass grosse Dosen der bitteren Extracte die Magensaftabsonderting stark hemmen, auch bei mittleren erwies sich die Secretion verringert. Nur kleine Dosen rufen passagere Steige­ rung der Saftsecretion, indess ohne Besserung der Verdauungskraft hervor. Erst aus neuester Zeit liegen systematische pharmakologische Studien über Bittermittel von R a m m 3 ) und Bokai 4) vor. Die ersteren, unter Roberts Leitung ausgeführten Untersuchungen an Thieren ergaben als auffallende und sehr beachtenswerte Wirkung der Bittermittel eine Vermehrung der Leucocyten und (in geringem Grade) auch der Erythrocyten. Ferner war Verstärkung der nor­ malen Magen- und Darmcontractionen nachzuweisen. Die Unter­ suchungen Bokai's und seiner Schüler führten zu dem Ergehniss, dass die Bittermittel (Gentianin, Erythrocentaurin, Quassin, Absyn- thin, Lupulin, Cetrarin, Columbin, Condurangin) die künstliche Magen­ verdauung ein wenig hemmen, die Pancreasverdauung dagegen un_ beeinflusst lassen. Antibacterielle Eigenschaften besitzen die bitteren Mittel nicht, dagegen wurden unter dem Gebrauch der Bittermittel die gepaarten Schwefelsäuren im Harn vermindert. Einzelnen Bitter­ mitteln (Cetrarin, Absynthin, Columbin) kommt auch eine energische Wirkung auf die Darmperistaltik zu, während Quassin nur sehr ge­ ringe Wirkung zeigt. Die Versuche Jaworski's5) am Menschen haben gleichfalls eine Verminderung der Magensaftabscheidimg und Peptonisirung untei der Einwirkung von Bitterstoffen ergeben, aber er wünscht dieselben trotzdem nicht aus der Therapie zu verbannen, da sie calmirend aui die Magenschleimhaut wirken könnten. Weitere eingehende Bearbeitungen dieses Gebietes verdanker wir S tekho v en, besonders aber Reichm ann und L. W o 1 f f. Stek• i) Buchheim und Engel, Beiträge zur Arzneimittellehre 1849. *) Tscheizoff, Centralbl. f. d. med. W . 1886, No. 23. •"») Ramm, Kobert's historische Studien II, S. 1; nach Virch. Hirsch Jahresb 1890, Bd. I, S. 442. i) Bokai, Magyar orvosi Archiv; nach Centralbl. f. klin. Medicin 1894, No. 11 •>) Jaworski, Zeitschr. f. Therapie 1886, No. 23. Amara und Stomachica. 365 hoven 1) kommt zu dem Resultate, dass durch keinen der zur An­ wendung gezogenen Bitterstoffe (Quassiatinctur, Gentianatinctur, Cala- musinftisionen etc.) eine erhöhte Salzsäuresecretion eintritt, sobald sie nicht länger als eine Stunde im Magen blieben; nach l1/2stündi- gem Verweilen scheint nur das Infusum Calami eine stärkere Salz- säurereaction hervorzurufen. Reichmann's 2) recht eingehende und sorgfältige Untersuchun­ gen mit verschiedenen Amaris führten zu dem Ergebniss, dass Ein­ führung der bitteren Mittel in den nüchternen, nicht verdauenden Magen eine geringere Abscheidung von Magensaft hervorruft, als die einfache Einnahme destillirten Wassers; in zahlreichen Fällen war durch Anwendung von Amaris Magensaft nicht zu erhalten, wo dies durch destillirtes Wasser vollkommen gelang. Ebensowenig war in Fällen, wo destillirtes Wasser Magensaftsecretion nicht hervorrief, eine solche durch bittere Mittel zu erreichen. Nach dem ATerschwin- den des bitteren Mittels tritt in der Regel eine Steigerung der Drüsenthätigkeit und demzufolge vermehrte Absonderung von Magen­ saft ein. In Fällen von normaler Verdauungsthätigkeit rufen die ge­ nannten Mittel keine Aenderung der Secretionsverhältnisse hervor. W o dagegen saurer, aber nicht HCl-haltiger und, wenn überhaupt, nur äusserst schwach peptonhaltiger Magensaft abgesondert wurde, konnte nach Darreichung bitterer Mittel (insbesondere des Absynths) ein stärkerer Aciditätsgrad, deutliche Reaction auf HCl und Pepton im Mageninhalt constatirt werden. In Fällen mit erloschener Drüsen- funetion war es nicht möglich, durch Darreichung der bitteren Mittel einen wirksamen HCl-haltigen Magensaft herbeizuführen. Bei Er­ höhung der Magensaftabscheidung steigerten die Amara den Säure­ gehalt noch mehr. EineFunetionsänderung erzeugten bittere Mittel weder im gesunden noch im kranken Magen. Die Untersuchungen Wolff's3) über diesen Gegenstand, denen die Prüfung des Strychnins, der Conditrangorinde und der Galle zu Grunde lag, führten ungefähr zu demselben Resultate. Von der Con- durango fand Wolff, dass sie auf die Secretion des Magensaftes ab­ solut einflusslos blieb, einen merklichen Erfolg vermochte Wolff da- i) Stekhoven, Over den infloed van eenige Stoffen op the soutzuursechretie. Weekbl. v. het Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. 1887. Refer. in Schmidt's Jahrb. Bd. 219, S. 42. a) Reichmann, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 14, Heft 1 u. 2. 3) L. Wolff, Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. 16, S. 222. 366 Amara und Stomachica. gegen in dieser Richtung von Strychnin zu beobachten, das wenig­ stens in einzelnen Fällen die Drüsenreaction anzuregen scheint Desgleichen fand auch Penzoldt, dass mit Rheum, Condurango u. a. eine Abkürzung der Magenverdauungszeit nicht zu erzielen ist.x) Wenn wir das Facit aus dem bisher vorliegenden Material ziehen, so scheint die Wirkung der Amara sich theils auf die Magen-, theils auf die Darmthätigkeit, theils endlich auf die Blut be­ reitenden Organe zu beziehen. Ob diese Wirkung allen Bittermitteln eigen ist, muss fraglich erscheinen. Desgleichen ist fraglich, ob in den genannten Effecten die Haupt- oder nur secundäre Wirkungen liegen. Die eigentliche Einwirkung auf die Appetenz ist trotz der vielen verdienstvollen Arbeiten über Amara nicht gelöst und wird auch solange ungelöst bleiben, als wir die Nervenbahnen, welche vom Magen aus zum Hungercentrum leiten, noch nicht kennen. Bis dahin bleibt für Hypothesen noch ein grosser Spielraum. Stomachica (sive Dig-estiva). stomachica. Man versteht hierunter Substanzen, welche in ähnlicher Weise wie die Amara den Digestionsact im einzelnen, sowie die Ver­ dauungsvorgänge überhaupt günstig beeinflussen. Von Substanzen, die derartige Wirkungen prätendiren, befinden sich, abgesehen von den künstlichen Digestivfermenten, unzählige im Handel, darunter aber nur wenige, die eine strenge Kritik der ihnen zugesprochenen Wirkung vertragen. Auch hier steht die wissenschaftliche Begründung der genannten Mittel auf recht schwachen Füssen. Dies hängt mit dem Umstände zusammen, dass die Ansichten über das, was ein Stomachicum leisten soll, noch ausserordentlich getheilt sind. Eine ganze Reihe von Autoren besonders der neueren Zeit betont, dass ein Stomachicum neben dem Appetit auch die Secretion des Magensaftes und die motorische Thätigkeit steigern müsse. A m weitesten gellt wohl Penzoldt'-*), welcher von einem echten Stomachicum prätendirt, dass es säniintliche Magenfunctioncn ein­ schliesslich des Appetites zu verbessern im Stande sein müsse. Dieser Auffassung kann ich mich nicht anschliessen. Sie wäre berechtigt, wenn Darniederliegen der Appetenz stets oder auch nur häufig Folge oder Ausdruck verringerter funetio- neller Leistungen des Magens wäre. Dies ist alter keineswegs der Fall. Denn es kann Appetitlosigkeit sogar in sehr hohem Grade bei normalen oder krank­ haft gereizten Verdauungsfunetionen bestellen, bei denen eine Stimulirung der letzteren durch Stomachica durchaus nicht erwünscht ist, praktisch auch nicht zum Ziele führt. In anderen Fällen, z. B. bei Pylorusstenose mit Stagnation des i) Vergl. Eichenberg, Erlanger Dissertation 1889, citirt Therap. Monatsh. 1890, S. 60. 2) Penzoldt, Therap. Monatsh. 1890, No. 2. Amara und Stomachica. 367 Mageninhalts, wird dasjenige Mittel als Stomachicum anzusehen sein, welches die abnormen Fermentationszustände einschränkt oder anflicht, bezw. die Ueberführung des Mageninhalts in das Duodenum befördert. Mit anderen Worten: es giebt, allgemein ausgedrückt, überhaupt keine Stomachica im obengenannten Sinne, sondern jede I>igestion»törung erfordert ihr eigenes, den Ursache/) der letzteren Rechnung tragendes Stomachicum. Fs kann liierfür unter Umständen ein Sti­ mulans passend sein, in anderen Fällen kann aber gerade umgekehrt ein Seda­ tivum in Betracht kommen, in noch anderen sind antifermentative Mittel die besten Stomachica. Mit dieser Auffassung deckt sich auch die weitere, unten beim Orexin zu erörternde Thatsache, dass bestimmte Stomachica auch nur in ganz bestimmten Fällen wirken. 1. Das Kochsalz. Nur über die Wirkung des am häufigsten Kochsat gebrauchten Stomachicum, des Kochsalzes, besitzen wir einige Unter­ suchungen von Werth. Allerdings gehen die Resultate derselben noch vielfach aus einander. Die älteren Forscher (Lehmann, Frorichs u. a.) vindicirten auf Grund künstlicher Verdauungsversuche dem Kochsalz eine günstige Rolle, während AI. Schmidt, Petit, W o l - berg, Pfeiffer, Klikowicz und Roberts zu dem Resultate kamen, dass die Eiweissverdauung schon durch geringe Kochsalzmeiigen (0,1 bis 0,4 o/0) gehemmt, durch grössere aufgehoben werde. Die Versuche am Lebenden haben diese Thatsache bestätigt und zum Theil erklärt, namentlich ergab sich aus den Untersuchungen von Reichmann 1), dass mich Einnahme von Kochsalz überhaupt kein sauer reagirender Mageninhalt ausgehebert werden konnte, son­ dern nur eine neutrale, ja selbst alkalische Flüssigkeit Wolff und Schule-^) kamen gleichfalls auf Grund von Untersuchungen an Kranken zu dem Ergebniss, dass Kochsalz in grösseren Mengen die Acidität des Magensaftes und demgemäss die Peptonisirung herab­ setzen, unter Umständen die HCl-Secretion selbst völlig aufheben. Nach Schule soll auch die Zuckerresorption gestört sein. D e m gegenüber zeigten experimentelle Untersuchungen von Cahn 3), Forster4) die grosse Bedeutung dieses Salzes für die Magen­ saftsecretion. Die genannten Forscher zeigten, dass im Salzhunger auch der Magensaft seine Salzsäure einbüsst, ohne dass an Stelle der­ selben eine andere Säure tritt, falls digestive Reize auf ihn einwirken. Mit Zufuhr derselben im Ueberfiuss beginnt sofort die Salzsäure- abscheidung durch den Magen. Unsere eigenen Erfahrungen beziehen sich auf natürliche Koch- !) Reichmann, Areh. f. exper. Pathologie Bd. 24, Heft 1 u. 2. 2) Schule, Untersuchungen über die Secretion und Motilität des normalen Magens. Habilitationsschrift, Berlin 1895, S. 42. 3) Cahn, Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 10, S. 522—530. 4) Forster, Zeitschr. f. Biologie Bd. 9. 368 Amara und Stomachica. Salzwässer (Kissinger Rakoczy, Wiesbadener Kochbrunnen und Hom­ burger Elisabethbrunnen) und haben in nicht zu vorgeschrittenen Fällen von Gastritis fast ausnahmslos Steigerung der HCl-Secretion bei drei- bis vierwöchentlichem Gebrauch der betreffenden Quellwässer ergeben (s. o. S. 316). Ich kann daher, wenngleich ich die über­ einstimmenden entgegengesetzten Ergebnisse der genannten Autoren gebührend würdige, mich von der LTeberzeugung nicht trennen, dass kleine, häufig gebrauchte Dosen von Chloriden langsam eine Steige­ rung der Drüsensecretion herbeiführen. Ich habe denselben Effect auch bei Gebrauch der Kissinger Quellen, an Ort und Stelle ge­ trunken, zu beobachten Gelegenheit gehabt. In der That lassen sich die experimentellen Untersuchungen von Reich- m a n n , Wolff und Schule mit den durch die Erfahrung gewonnenen vereinigen. So fand z. B. Schule (allerdings entgegen Wolff), dass kleine Kochsalzdosen (5 g) die HCl-Secretion nicht tangiren. Dass grössere Gaben eine Vernichtung der Salzsäuresecretion hervorrufen, ist einfach Folge der Transsudaten, die — teleolo­ gisch betrachtet — den Zweck hat, sich durch Verdünnung des Reizmittels vor dessen irritativen Wirkungen auf die Magenschleimhaut zu schützen. Alkohol. 2. Alkohol. Eine wichtige Rolle als Stomachicum spielt be­ kanntlich der Alkohol, und es ist wahrscheinlich, dass bei mannich- fachen unter pomphaftem Namen angepriesenen Tincturen und Elixiren dem Alkohol die Hauptwirkung zufällt. Ueber die Einwirkung des­ selben auf den Magen sind die Ansichten noch nicht genügend ge­ klärt. Aeltere Forscher (Gosse 1760, Frerichs 1846) sahen indem Alkohol ein die Secretion des Magensaftes beförderndes Mittel, auch Cl. Bernard constatirte, dass geringe Mengen verdünnten Alkohols die Secretion im ganzen Verdauungscanale anregten. Von anderen dagegen (Buchheini, Brinton) wurde dem Alkohol eine weniger günstige Bedeutung für den Digestionsablauf beigemessen. Die neueren Versuche ergaben, soweit sie künstliche Digestions­ gemische betrafen, fast ausnahmslos schon bei geringem Alkoholzusatz keine wahrnehmbare Verzögerung, bei höherem mehr oder weniger starke Verlangsamung und bei starkem Alkoholzusatz Sistirung der Verdauung (Buchner, Schellhaas, Bikfalvi, Ogata, Klikowicz, W . Roberts u. a.). Weniger übereinstimmend sind die Resultate am Menschen: Richet fand, dass der Alkohol die Acidität des Magensaftes steigerte, Kretschy, dass er sie schon in geringen Quantitäten verzögerte. Buchner's Versuche am Lebenden ergaben gleichfalls, dass Bier und Wein in massigen Quantitäten die Verdauung zu verlangsamen scheinen. Eingehende und mit ebensoviel Sorgfalt als Kritik angestellte Amara und Stomachica. 369 Versuche über die Wirkung des Alkohole verdanken wir Gluzinski1) und L. Wulff-'). Festerer kam auf Grund seiner Beobachtungen zu dein Resultate, dass man zwei Phasen der Alkoholverdaitung consta- tiren könne; während der ersten wird die EiweissVerdauung bei nor­ maler oder selbst vermehrter HCl-Secretion behindert. Nach dem Verschwinden des Alkohols (2. Phase) steigt die HCl-Secretion zur zwei- bis dreifachen Höhe der sonst stattfindenden, und zwar geht diese Steigerung proportional mit der Menge des Alkohols. Die mecha­ nische Kraft des Magens wird nur in massigem Grade beeinträchtigt. Die Secretion von Magensaft dauert nach Beendigung der Verdauung länger als bei Abwesenheit von Alkohol. Bei dem Eintiuss des Alkohols auf den Magen in pathologischen Fällen ist zu unterscheiden zwischen geringer und gesteigerter Aci­ dität. In den letztgenannten Fällen soll eine deutlich ausgesprochene zweite Phase fehlen, mit anderen Worten, es besteht entweder gar kein oder ein minimaler Unterschied in der Acidität. Bei Verringerung der Acidität ist der Alkohol nicht mehr im Stande die Secretion anzuregen, daher auch hier keine Aenderung der Säureproduction. In allen Fällen mit gesteigerter oder verringerter Magensaft­ absonderung soll daher der Gebrauch starker geistiger Getränke ver­ mieden werden. Wolff's Versuche gipfeln in dem Resultate, dass Alkohol, resp. Cognac in kleinen Dosen einen speeiell auf die Acidität, resp. die HCl-Absonderung im menschlichen Magen schwach fördernden Einfluss hat, in grösseren Dosen jedoch die Acidität und vielleicht auch die Peptonbildung herabzusetzen vermag. Ausserdem scheint durch die obigen Versuche die längst bekannte Thatsache ihre physiologische Erklärung zu finden, dass nach öfterem Einwirken des genannten Genussmittels der Reiz der gewöhnlichen Kost nicht mit der früheren Energie von Seiten des Magens beantwortet wird. Klemperer •"•) kommt auf Grund seiner Untersuchungen über diesen Gegenstand zu dem Resultate, dass der Alkohol die Secretion nicht wesentlich steigert, dagegen die motorische Thätigkeit bedeutend stimulii't Umgekehrt findet Wolffhardt4) bei Darreichung von absolutem Alkohol (D>—30 g) auf einmal oder in kleinen Einzeldosen eine Ver- langsamung der Chynmsaustreibung gegen die Norm von 30—40' i) Gluzinski, Deutsch. Areh. f. klin. Med. Bd. 39, S. 405—430. 2) L. Wolff, 1. c. S. 229. •H) Klemperer, Zeitschr. f. klin. Medic. Bd. 17, Supplementheft. •i) R. Wolffhardt, Münch. med. Wochenschr. 1890, No. 35. Boas, AUg'. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Aufl. ^4 370 Amara und Stomachica. Andererseits ergeben wieder die Versuche mit geringen Mengen Cognac (30—40 g, 5 0 % Cognac) auf einmal oder in bestimmten Rationen genommen, eine Beschleunigung der Verdauung um 30—35' Auch Roth- und Weissweine üben einen verdauungsbefordernden Einfluss aus, sowohl wenn sie während der Mahlzeit als vor derselben ge­ nommen werden. Die genannten Untersuchungen, wenngleich sie in der Methodik noch manche Lücke aufweisen, zeigen wenigstens soviel, dass dem Alkohol in massigen Mengen kein direct schädlicher Einfluss auf die Magenverdauung zukommt. Allerdings würde es auch nicht viel bedeuten, wenn der thatsächliche Beweis einer Verdauungsver­ zögerung oder Verringerung der Secretion erbracht wäre. Denn es fände eine desto bessere Duodenalverdauung statt, welche das Deficit an gebildeten Peptonen völlig ausgleichen würde. Für bedeutungsvoll halten wir beiläufig auch den leider bisher zu wenig in Betracht gezogenen antizymotischen Effect des Alkohols namentlich auf die Duodenalverdauung.1) Kreosot. 3. Kreosot. Man hat neuerdings das Kreosot, das als anti- fermentatives Mittel von Alters her geschätzt war, auch als Stomachi­ cum empfohlen. Namentlich führt G. Klemperer 2) die Heilerfolge bei der Phthise auf die günstige Beeinflussung des Magendarmcanals zurück. In neuerer Zeit hat der genannte Forscher3) diesen Ge­ danken noch weiter ausgeführt und zu zeigen versucht, dass der wesentliche Effect des Kreosots in seiner stimulirenden Wirkung auf die Peristaltik zu suchen sei. Desgleichen konnte er einen, wenn auch weniger ins Auge fallenden secretionserhöhenden Einfluss be­ obachten. Klemperer bediente sich der bekannten Bouchard- Fräntzersehen Mischung. (Kreosot 13,5, Tinct Gentian. 20,0, Vin. Xerens. 800,0, Spirit. 200,0). orexin. 4- Orexin. (Phenyldihydrochinazolin.) Penzoldt4) empfahl vor kurzem das genannte Mittel, ein Chinolinderivat, als »echtes Stomachicum« gemäss den von ihm hierüber geäusserten Anschau­ ungen (s. S. 366). Besonders günstige Erfolge sah Penzoldt bei !) Der Fehler unserer bisherigen experimentellen Forschung besteht über­ haupt darin, dass alle Mittel lediglich unter dem Gesichtswinkel der Magen Ver­ dauung betrachtet werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass günstige oder un­ günstige Wirkungen eines Mittels sich erst unterhalb des Magens äussern können und gewiss auch thatsächlich äussern. 2) G. Klemperer, Beil. klin. Wochenschr. 1889, No. 11. 3) G. Klemperer, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 17, Supplementheft. 4) Penzoldt, Therap. Monatsh., Februarheft 1890. Amara und Stomachica. 371 Phthisikern, Anämischen, in der Ernährung Heruntergekommenen, bei der Nachbehandlung von Reronvalesecnten nach schweren Opera­ tionen, bei denen die Fsslust daruiederliegt P>ci eigentlichen Magen­ kranken hat Penzoldt das genannte Mittel wegen seiner sehleim- hautreizenden Eigenschaften nur in wenigen Fällen probirt Ueber das Mittel ist seit Penzoldts Empfehlungen fast eine Literatur entstanden, die sich in der letzten Arbeit dieses Autors übersichtlich zusammengestellt findet. Die Ansichten über den Werth des Mittels sind getheilt: es überwiegen alter entschieden die günstigeren Resultate (nach Penzoldt unter 27S Fällen 144 Erfolge). Die Resultate werden nach der positiven und negativen Seite hin getrübt: nach ersterer durch den nie ganz auszuschaltenden Suggestionsvcrdacht, nach letzterer durch die häufig verkehrte Indicationsstellung. Aber auch abge­ sehen davon, kommen neben überraschenden Wirkungen unerklärliche Versager vor. Erst Erfahrungen im grossen und womöglich in einer Hand werden hierin Wandel schaffen. Nach Penzoldt und Kronfeld1) bewirkt das Orexin eine Er­ höhung der Salzsäuresccretion. Möglicherweise findet auch eine An­ regung der motorischen und resorptiven Hurtigkeit im Magen statt. Die eigentliche Domäne der Orexin Wirkung liegt in den leichteren Formen der Dvspepsie (Magenatonie, beginnende Gastritis). Bei Ulcus und Hyperacidität dagegen dürfte es contraindicirt sein. Das früher von Penzoldt empfohlene (>rcxinum hydrochloricum hat der Autor wegen der Reizerscheinungeii, die dasselbe gelegentlich hervor­ ruft, durch die Orexinbase ersetzt'2) (Orexinum basicum). Man lässt dasselbe als feinstes Pulver in Oblaten, Oblatenkapseln oder auch ohne weiteres (mit einem Schluck Wasser) einnehmen und reichlich, etwa i/4 Liter Wasser nachtrinken. Die beste Darreichungszeit ist etwa 10 Uhr Vormittags. Die mittlere Dosis für den Erwachsenen beträgt 0,3, event kann man bei mangelnder Wirkung bis 0,5 steigern Tritt die gewünschte Wirkung nach ein- oder mehrmaliger Dar­ reichung ein, so kann man aussetzen und abwarten, ob der Effect ein dauernder ist Hat man mich 5--10 tägiger Anwendung keinen Effect, so kann man nach s tägiger Pause den Versuch wiederholen. i) Kronfeld, Wien. klin. Wochenschr. 1891, No. 3 u. 4. 2) Penzoldt, Therap. Monatsh. 1893, Maiheft. 24* 372 Operative Behandlung bei Magenkrankheiten. Anhang. Die Bedeutung: und Grundsätze der operativen Be­ handlung1 bei Magenkrankheiten. Die operative Behandlung Magenkranker ist heutzutage keine ausschliessliche Domäne der Chirurgie, wie zur Zeit, da Bill­ roth und Pean ihre ersten berühmt gewordenen Operationsresultate mittheilten. Aus dem Rahmen blosser chirurgischer Kraftproben, die nur zeigen sollten, was alles die Technik unter dem Schutze der Asepsis und Antisepsis wagen dürfe, ist die Magen- und Darm­ chirurgie bereits zu einem wissenschaftlich wie praktisch gleich be­ deutungsvollen Zweige der Heilkunst emporgewachsen, und wie die innere Medicin der Bacteriologie das entlehnte, was ihr praktisch förderlich schien, so hat sie auch die Pflicht, sich u m die Wand­ lungen und Fortschritte der Abdominalchirurgie zu kümmern, soweit hierdurch die Behandlung und Heilung von Magendarmkrankheiten ernstlich gefördert wird. Ob letzteres der Fall ist, darüber gehen die Anschauungen allerdings noch weit auseinander. Die Gegner der operativen Chir­ urgie weisen auf die allgemeinen Statistiken hin, die noch eine erhebliche Mortalitätsquote aufweisen. Nirgends sind aber umfassende Statistiken von geringerem Werth als in der Abdominalchirurgie. Was wird hier nicht alles in Zahlen bunt zusammengewürfelt: richtige und unrichtige Indicationen, schlechte und gute Technik, mangel­ hafte und tadellose Asepsis, zweckmässige und unzweckmässige Nach­ behandlung, Resultate aus der ersten und der gegenwärtigen Periode der Abdominalchirurgie. Es liegt auf der Hand, dass der Arzt sich aus einer solchen kaleidoskopischen Zusammenstellung kein Urtheil bilden kann. Es ist dies nur möglich an der Hand von Statistiken einzelner hervor­ ragender Abominalchirurgen. Wenn man dieselben verfolgt, so unter­ liegt es gar keinem Zweifel, dass die Resultate im Laufe der letzten Jahre ganz erheblich günstigere geworden sind. Sehr characteristisch sind in dieser Hinsicht die Resultate eines unserer hervorragendsten Abdominal Chirurgen, Mikulicz. Im Ganzen wurden von ihm, resp. seinen Assistenten in den Jahren 1882—1895 103 Operationen a m Magen ausgeführt mit 231/3°/0 Mortalität1). Theilt man die Fälle !) Mikulicz, Areh. für klin. Chirurgie Bd. öl, Heft 1, Sonderabdruck S. 4. Operative Behandlung bei Magenkrankheiten. ;J73 in zwei Gruppen und rechnet zur er>ten die der ersten 10 Jahre. so handelt es sich hier um 35 Magenoperationen mit 37"/o Mortalität. In der zweiten Periode dagegen, welche die letzten -J' , Jahre nin- fasst, starben von ßs Operirten nur 11 1(5%. Ich -elbsf habe an einem grossen Material von Magenkranken, das ich operativ habe behandeln lassen, dieselbe Erfahrung machen können. Während ich noch vor 3 — 4 Jahren hin und wieder über Verluste nach Operatio­ nen zu klagen hatte, werden dieselben in den letzten Jahren immer seltener. Dazu tragen offenbar mehrere Umstände bei: erstens die grössere Technik und Sicherheit der Operateure, zweitens die bessere Aus­ wahl der Fälle, drittens der Umstand, dass die Kranken nicht mehr in einem so desolaten Zustande zur Operation kommen wie vordem. In diesen letztgenannten Momenten liegt das Interesse, das die interne Medicin an der heutigen Entwickelung und Gestaltung der Abdominalchirurgie nimmt Der Internist hat die Aufgabe, und man kann bei dem heutigen Stande der Chirurgie sogar sagen, die Pflicht, dem Chirurgen seiner Wahl die operativ geeigneten Fälle zuzuführen, er hat die Indication zur Operation zu stellen. Das kann er aber nur, wenn die Diagnose so scharf und sicher wie möglich gestellt ist. Ist der praktische Arzt hierzu im Stande — und es giebt zahlreiche Aerzte, die, ohne Specialistcn zu sein, genügende Sicherheit in der Diagnose auch schwieriger Fälle besitzen, dann kann ohne Weiteres der Rapport mit dem Chirurgen beginnen; falls nicht, ist eine vor­ gängige Berathung mit einem erfahrenen Specialarzt für Verdauungs­ krankheiten, an denen es jetzt in grösseren Städten nicht mehr mangelt, wie dies auch Penzoldt räth, sehr erwünscht Denn es ist immer eine Art macnla levis für den Arzt, wenn er einen Kran­ ken auf die Notwendigkeit einer Operation vorbereitet oder sie auch nur andeutet, während der Chirurg sie auf Grund eingehender Untersuchung für nicht oder für nicht mehr indicirt erklärt. Nur in seltenen Fällen wird der Internist zur Operation rathen, ohne dass die Situation klar liegt Die Hoffnung, dass die Eröffnung der Bauchhöhle die Sachlage klären werde, ist keineswegs stichhaltig. Gewöhnlich erstreckt sich der Bauchschnitt über ein so kleines Terrain, dass selbst während der Laparotomie die Orientirung auf Schwierig­ keiten stösst Zudem ist eine allzulange Beschäftigung mit der Diagnose, das Abpalpiren der verschiedenen Abdominaltheile fin­ den Patienten nicht unbedenklich, mindestens dehnt sie die Narkose länger als nöthig aus, wodurch auch die Gesammtdauer und damit die Chancen der Operation beeinfiusst werden. Immerhin ist zuzugeben, ,374 Operative Behandlung bei Magenkrankheiten. dass gelegentlich einmal auch Fälle dieser Art vorkommen. Im Ganzen sollten sie möglichst eingeschränkt werden. Wenn wir nun zu den einzelnen Magenaffectionen übergehen, bei denen unter Umständen eine Operation in Frage kommt, so kann es sich hier nur u m die Erörterung einiger allgemeiner Gesichts­ punkte handeln, die Details sind bei den einzelnen Magenkrankheiten im zweiten Theil dieses Werkes besprochen. Das Gebiet, auf welchem die Abdominalchirurgie die grössten Triumphe feiert, ist die Beseitigung von gutartigen Pylorusstenosen, welchen Ursachen sie auch immer ihre Entstehung verdanken. U m für die Indication der operativen Behandlung solcher Fälle eine feste Basis zu finden, muss man vor allem die Frage aufwerten, was leistet die interne palliative Behandlung in solchen Fällen? Und da lehren uns die Erfahrungen, dass die operative Behandlung von nicht malignen Pylorusstenosen nur in einem Theil der Fälle indicirt ist. Eine nicht unbeträchtliche Zahl wird durch zweckentsprechende Diät, Magenausspülungen, wahrscheinlich auch durch eine sich bei zweckmässigem Verhalten entwickelnde compensatorische Muskel­ hypertrophie dauernd geheilt. Da aber die erstgenannten Factoren vielfach vernachlässigt werden, zuweilen aber auch aus den ver­ schiedensten Gründen nicht durchführbar sind, so tritt die Noth- wendigkeit einer operativen Behandlung seihst da heran, w o an sich die Möglichkeit einer erfolgreichen internen Behandlung gegeben wäre. Es giebt endlich Kranke, welche lieber die Gefahren einer Operation laufen, als sich für Jahre hinaus an eine monotone, sie von vielen Lebensgenüssen ausschliessende Diät gebunden sehen wollen. Keineswegs gehören aber, wie dies einzelne Chirurgen heutzu­ tage schon fordern, sämmtliche gutartigen Pförtnerverengerungen vor das chirurgische Forum. Wir können es bei dem heutigen Stande unseres Wissens keinem Fall ohne Weiteres ansehen, ob er sich nicht bei zweckentsprechendem Verhalten — im weitesten Sinne des Wortes — und rationeller Behandlung in solchem Maasse bessern wird, dass die Operation vor der Hand unterbleiben, mindestens aber noch verschoben werden kann. Die Erschöpfung aller möglichen palliativen Maassnahmen ist daher wichtigste Vorbedingung für die Indication eines operativen Eingriffes. Dass man dieselben nicht zu weit treiben und den Kranken bis zur höchsten Inanition bringen darf, ist hierbei selbstverständlich vorausgesetzt Was die Art des operativen Vorgehens betrifft, so handelt es sich im wesentlichen u m zwei Operationen, Anlegung einer Magen- Operative Behandlung bei Magenkrankheiten. ?,~ih dünndarmfistel (Gastroenterostomie)1) oder um die Herstellung der natürlichen Pyloruspassage durch die sogenannte Pvloroplastik nach Heinecke-Mikulicz. Die forcirte Digitalerweiterung des Pylorus nach Loreta ist wegen ihrer Unsicherheit heutzutage als völlig auf­ gegeben anzusehen. Welche von den oben genannten Methoden im einzelnen Falle den Vorzug verdient, das zu entscheiden wird natür­ lich stets Sache des Chirurgen sein, wobei die individuelle Vorliebe für die eine oder andere Operation und die damit erzielten Resultate mitsprechen dürften. Doch kann man soviel sagen, dass die Gastro­ enterostomie das allgemeine, in allen oder fast allen Fällen ausführ­ bare Verfahren ist, während die Pvloroplastik eine gute Beweglichkeit des Pylorus und eine noch leistungsfähige Magenmuskulatur voraus­ setzt, Momente, die nur in einem Theil der Fälle vorhanden sind. Welches Verfahren leichter ausführbar ist oder kürzere Operationsdauer beansprucht, darüber ist schwer zu urtheilen: nach eigenen Erfahrungen dürften sich beide Methoden, gute Operationstechnik vorausgesetzt, ungefähr das Gleichgewicht halten. In den überwiegend häutigen Fällen meiner Erfahrung wurde die Gastroenterostomie .ausgeführt und zwar in den letzten drei Jahren in keinem Falle mit irgend einem functionellen Misscrfolg. Einfacher liegt die Frage der operativen Behandlung von Fällen schwerer muskulärer Insufficienz. Hier kommen bezüglich der Indi­ cation die oben bereits geschilderten Grundsätze in Betracht, nur dass hier eine einzige Operation ernstlich in Frage kommt: die Gastro­ enterostomie. Ein vor einigen Jahren von Bircher empfohlenes Ver­ fahren, die Gastroplicatio (Faltenbildung), die darauf hinauslief, einen vergrösserten Magen gewissermaassen einzunähen, beruht auf falschen mechanischen Voraussetzungen, da hierdurch der Magen nichts an seiner Functionsfähigkeit gewinnt, sondern, was gleichgültig ist, nur an Grösse verliert: statt eines grossen schlaffen Magens resultirt, wie B. U l l m a n n sich treffend ausdrückt, ein kleiner schlaffer Magen.-) Neben der Pylorusstenose erfordert am häufigsten chirurgisches i) Die Resection des durch ein Geschwür verengten Pförtners wird nur noch selten ausgeführt und ist wohl meist entbehrlich. 2) Es ist auffallend, wie selten Fälle von einfacher muskulärer Insufficienz zur Operation kommen; ich verfüge über keinen einzigen. In der Zusammen­ stellung von Mintz vom Jahre 1894 finden sicli nur zwei Fälle von nicht steno- tischer Ectasie. In einem meiner Fälle glaubte ich die Diagnose einer primären muskulären Insufficienz des Magens stellen zu sollen, die Operation ergab zwar eine solche, aber als Ursache ein Careinoin des Duodenum. Ein Tumor war weder von dem Chirurgen noch von mir gefühlt worden, da er tief unter dem rechten Leberlappen versteckt lag. 376 Operative Behandlung bei Magenkrankheiten. Eingreifen das Carcinom des Magens. Die zunehmenden Erfahrungen der Internisten und Chirurgen haben die hier in Frage kommenden Punkte in den letzten Jahren gleichfalls wesentlich geklärt. Die Hoffnung, in der Mehrzahl der Fälle das Carcinom durch Radical- operation zu entfernen, ist bei dem heutigen Stande der Wissenschaft als aufgegeben anzusehen. Fs hängt dies damit zusammen, dass das Carcinom, solange es bequem exstirpirbar wäre, latent oder doch so wenig characteristisch verläuft, dass es selbst unter Anwendung der modernen und modernsten Hilfsmittel der Diagnose nicht mit Sicherheit zu erkennen ist; häufig sind Krebskranke in diesem Sta­ dium nicht einmal Gegenstand ernster ärztlicher Behandlung. Hin und wieder gelingt es aber doch, eine Frühdiagnose des Carcinoms zu stellen und hieran auch eine radicale Operation anzuschliessen. Die Gesammtmortalität wird hierdurch freilich nicht wesentlich be- einflusst Wir müssen uns in den überwiegend häufigen Fällen mit einer Behebung der mechanischen Beschwerden, wiederum durch die Gastro­ enterostomie, begnügen. Die Gefahren derselben sind hier zwar etwas grösser, schon weil wir es mit hämoglobinverarmten, unter­ ernährten, manchmal selbst schon im Stadium vorgeschrittenen Maras­ mus befindlichen Individuen zu thun haben, indessen werden doch bei geschickter Auswahl der Fälle und wachsender Technik die Re­ sultate günstiger. Die durchschnittliche Lebensdauer nach erfolg­ reicher Gastroenterostomie beträgt ca 7 Monate. W e n n diese Frist ganz beschwerdefrei wäre, so müsste man unbedingt jeden Fall von Magencarcinom mit mechanischer Insufficienz, Erbrechen, zunehmen­ der Entkräftung der Gastroenterostomie unterwerfen, leider hat nur eine, wenn auch erhebliche, Zahl von Kranken wirkliche und bis zu ihrem Erlöschen anhaltende Vorthcile. Wir werden also gut thun, nur solche Fälle der Gastroenterostomie zu überweisen, welche einen gewissen Fonds an Kräften besitzen und ausgesprochene Symp­ tome der Mageninsufficienz aufweisen, die durch palliative Behand­ lung nicht oder nur unwesentlich zurückgehen. Andere Operationsmethoden des Carcinoms. wie Auskratzungen u. s. w., haben sich kein Bürgerrecht in der operativen Therapie des Magcnearcinoms erworben. Zu erwähnen wäre noch die Anlegung einer Magenfistel bei Cardiacarcinomen (Gastrostomie). Sie tritt ineist erst in Frage, wenn flüssige Nahrungsmittel nicht oder nur zum Theil in den Ma'en <>o- langen. Weit günstiger lägen die Chancen in einem früheren Stadium wenn breiartige Substanzen dem Hindurchpassiren Schwierigkeiten Operative Behandlung bei Magenkrankheiten. 377 bereiten. Die Technik der Fistelanleguug hat in den letzten Jahren grosse Fortschritte zu verzeichnen. Trotzdem ist der Gewinn der Gastro­ stomie ipioad vitam kein sehr erheblicher: die Lebensdauer wird um etwa 3) — ,") Monate, nur in seltenen Fällen u m mehr verlängert Da­ bei ist aber zu berücksichtigen, dass die Patienten wenigstens nicht dem grausamen Geschick des Hungertodes ausgesetzt sind. Eine erst der neuesten Zeit angehöilge Indication bildet die operative Behandlung von Magengeschwüren. Zwei hervorragende Kliniker, v. Leube 1) und Mikulicz-), haben jüngst, der eine vom internen, der andere vom chirurgischen Standpunkte aus, ihre reichen Erfahrungen hierüber mitgetheilt. Dieselben haben zu folgenden, im Princip übereinstimmenden Ergebnissen geführt: Klar und unbestritten ist die Indication zur Operation bei eingetretener Perforativperitonitis, vorausgesetzt, dass die Perforation bei nachweisbar gefülltem Magen eingetreten ist, und die Frist nach derselben 10—12 Stunden nicht wesentlich überschritten hat. Eine weitere Indication liegt vor bei unstillbaren, wiederholt eintretenden und der palliativen Behandlung nicht weichenden Blu­ tungen, ferner ist die Operation indicirt bei Perigastritis, Verwach­ sungen des Magens mit der Nachbarschaft, subphrenischen Abseessen. Eine relative Indication zur Operation liegt auch dann vor, wenn ein Ulcus trotz wiederholter rationell durchgeführter Citren immer erneut Sehmerzen und Erbrechen hervorruft und hierdurch den Kräftozustand des Patienten in bedrohlicher Weise herabsetzt Eine weitere Indication zu operativen Eingriffen bilden Ad­ häsionen des Magens mit anderen Organen. Leider liegt es mit der Diagnose solcher partiellen Verwachsungen noch sehr im Argen. Es sind einzelne Symptome, so besonders von Landerer, angegeben worden, indessen sind dieselben nicht .ausreichend, u m einen Eingriff zu rechtfertigen. Heber mehr als eine Vermuthungsdiagnose wird man, wie ich im Gegensatz zu anderen Autoren hervorhebe, selten kommen. Andererseits kann die Intensität der Beschwerden einen Eingriff erfordern, ja in mehreren meiner Beobachtungen verlangten ihn die Patienten selbst. Wenn (bis Arsenal unserer diätetischen und medikamentösen Therapie erschöpft ist, die Patienten durch ihre Beschwerden ihrem Berufe entzogen sind und abmagern, halte ich die Probelaparotomie für berechtigt, selbst auf die Gefahr hin, dass deren Ergebniss negativ ausfällt i) v. Leube, Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin und Chi­ rurgie Bd. 2, lieft 1 und 2, 1897. a; Mikulicz, ibid. 378 Operative Behandlung bei Magenkrankheiten. Schliesslich haben wir noch einer Operation zu gedenken, die ihre Berechtigung erst noch erweisen soll: die Jejunostomie. Die bisherigen Erfahrungen von M a y dl1), H a h n 2 ) , v. Eiseisberg3), Karewski4) sind nicht gerade ermuthigend. Die Operation kommt in Frage, wo der Magen verätzt oder stark geschrumpft ist Von H a h n rührt der Vorschlag her, bei Fällen von Ulcus ventriculi durch die Jejunostomie den Magen völlig auszuschalten und hier­ durch die Heilung des Ulcus zu bewerkstelligen. Praktisch ist die an sich discutable Idee bei dem letztgenannten Magenübel noch nicht ausgeführt. Die vorstehende kurze Uebersicht zeigt die mannichfachen Fort­ schritte, welche die moderne Abdominal Chirurgie aufweist. Die in­ terne Medicin erkennt sie dankbar an, indem sie in wachsendem Maasse geeignete Fälle der operativen Behandlung zuweist. Sie hat aber auch die Pflicht, übermässigen Ansprüchen gegenüber ihren Be­ sitzstand zu schützen. Sie wird dies am besten dadurch thun, dass sie ihr eigenes therapeutisches Armamentarium verbessert und vervoll­ kommnet Denn die höchste Aufgabe der Therapie besteht nicht darin, neue Operationen zu erfinden, sondern unnöthig zu machen. i) Maydl, Wiener medicin. Wochenschr. 1892, No. 18—20. 2) Hahn, Deutsche medicinische Wochenschrift 1894. No. 27. 3) v. Eiseisberg, Areh. f. klin. Chirurgie Bd. 50, Heft 4, 1895. 4) Karewski, Berlin, klin. Wochenschr. 1896, No. 50. Sachregister Abdomen, Inspection des 70. Acetessigsäure im Harn 256. Aceton im Mageninhalt 225. Acctonurie bei Magenerkrankungen 256, Aehroodextrin 17. Achylia gastrica, Diät bei 285. Acidität, wechselnde 183. A corie 53. Adhäsionen der Magenwand 82. Albuminurie b. Magenerkrankungen 255. Albumosen 24. - Reactionen auf 24. Albumosepräparate 288. 291. Algesimeter 78. Alimentation forcee 305. Alkalien, Anwendung u. Dosirung 354. - therapeutische Verwendung 340. — Wirkung auf den Magen 352. Alkalische (Säuerlinge 309. Alkalisch-muriatische Säuerlinge 311. — salinische Quellen 312. Alkohol als Stomachicum 368. Almen'sche Blutprobe 220. Amara 363. Amidulin 17. Ammoniak im Erbrochenen 142. — magnesia, phosphorsaure im Magen­ inhalt 237. Amylodextrin 17. AmvlumVerdauung, Producte der 17. Amicidität 182. Anämie, pernieiöse bei Magenerkran­ kungen 262. Anamnese 47. Anatomie des Magens 4. Anorexie 52. Antiseptik bei der Magensondirung 97. Apepsie 129. Appetit, Bedeutung für die Diät 273. — Verhalten bei Verdauungskrank­ heiten 52. Argentum nitricum zu Magenausspü­ lungen 340. Aspiration des Mageninhalts 1:55. Atrophie der Magenschleimhaut, Appetit bei 53. Aucrbach'scher Plexus 13. Aufblähung des Dickdarms 104. Magens 102. Aufstossen 00. Auscultation des Magens 92. Azofarl tstoffe 156. B. Bacillen im nüchternen Mageninhalt 228. Bacillus aeidi lactici 30. — butyricus 31. Bactericnflora des Magens 234. Ballonaspiratoren zur Mageninhaltsge­ winnung 136. Balneotherapie 308. Bandagenbehandlung 336. Benzopurpurin 157. Bewegungen, active des Magens 37. Bindegewebsgerüst des Magens 12. Bisinuthuni subnitricum zu Magenaus­ spülungen 340. Bitterwässer 319. Biuretreaction 203. Blähungen 67. Blut bei Magencarcinom 260. — — Ulcus ventriculi 260. - im Erbrochenen 63. 129. - Mageninhalt 21«.). — — Magensaft 141. Stuhl 65. — Untersuchung, diagnostische Bedeu­ tung der 259. Brillantgrün 155. Bulimie 52. Buttermilch 302. Buttersäuregährung 31. — nachweis 194. - diagnostische Bedeutung 195. c. Capacitätsbestimmung des Magens 106. Cardiaparesc 60. Cellulose im Mageninhalt 2:51. Chemische Functionsprüfmig des Ma­ gens 128. — Untersuchung des Mageninhalts 150. 380 Sachregister. Eiter im Stuhl 66. Eiweissausnutzung bei mangelnder Salz­ säurepepsinverdauung 269. — füulniss im Magendarincanal 225. — körper im Magen, diagnostische Be­ deutung 204. — — künstlich verdaute 288. - Verhalten im Mageninhalt 202. Electrische Behandlung 328. — Bürste 332. — Magensonde 330. — Rolle :5:12. Enteritis membranacea 6."). Enzyme, diagn. Bedeutung der 200. — Untersuchung auf 196. Epigastrium, Druck im 57. Epigastrische Hernien 75. Epithel des Magens 7. Epithelien im Mageninhalt 232. Erbrechen 61. — bei chronischer Gastritis 62. — — Dünndarmstenosen 63. - — Magencarcinom 63. - Magenerweiterung 62 — — Superaeidität 62. - — Ileus ventricnli 62. — Diät bei nervösem 287. — von Galle und Darmsaft 132. Schleim 132. Speichel 131. Erbrochenes, Ammoniak im 142. — Aussehen und Menge 63. — Blut im 63. 129. — Eiter im 130. — Halle im 130. und Pancreassaft im 64. 132. - Geruch und Geschmack des 64. — Harnstoff im 142. — Parasiten im 131. — Schleim im 64. 130. — Schleimhaut- und Geschwulstpartikel im 130. — Speisereste im 128. 130. Ervthrodextrin 17. Essigsäuivgährung 32. - nach weis 195. — — diagnostische Bedeutung 196. Expression des Mageninhalts 138. Chemische Untersuchungsmethoden 125. Chloride des Harns 250 Cholestearmnachweis 217. Coefl'ieient de partage 186. Congoroth 153. Crises gastriques 59. D. Danninhalt im Magen 142. Darmsaft im Mageninhalt 216. — im nüchternen Magen 141. van Deen'sche Blutprobe 220. Diät, Bedeutung der objeetiven Unter­ suchung für die 273. - subjeetiven Beschwerden für die 271. - des Appetits für die 273. — bei Achvlia gastrica 285. Atonie 283. - Magencarcinom 285. - Motilitätsstörungen 282. — — nervösem Erbrechen 287. - nervöser Dyspesie 287. Pylorusstenosen 282. - Eesorptionsstürungen 286. - Secretionsstörangen 28:5. — — sensoriellen Störungen 286. — — bei Superaeidität 283. - Ulcus ventriculi 2*4. - Beziehung zum Körpergewicht 55. Diätbestimmung, speciclle 279. Diätetik 267. Diätetische Kuren 301. Diätformen für Magenkranke 274. Diastase 357. Diastatisches Ferment, Nachweis im Mageninhalt 18. Dickdarm, Aufblähung des 104. Dimethylamidoazobenzol 157. Divertikal 56. Druck im Epigastrium 57. Druckempfindlichkeit des Magens 73. Druckpunkte 75. Drüsen des Magens 8. Drüsenschläuche im nüchternen Magen­ inhalt 227. Dünndarmsaft 141. - im Mageninhalt 218 Dünndarinstenosen, Erbrechen bei (53. Durchleuchtung des Magens 113. Durst 55. Dyspepsie, Diät bei nervöser 287. Dysphagie 56. E. Eisenprobe auf Blut im Mageninhalt 221. — wässer 320. Eiter im Erbrochenen 130. Mageninhalt 112 219. 232. F. Fäulnissproducte. abnorme, im Magen­ inhalt 221. Fermente im Harn 253. — künstliche 357. Fermentgehalt des Mundspeichels p>6 Fettmilch 303. - präparatc 290. 293. — säuren, Nachweis der flüchtigen 194 - trüpfchen und Fettsäurekristalle in Mageninhalt 232. Sachregister. 381 Flasclienaspiratoren zur Mageninhalts- gewinnung 136. Flatulenz 67. Fleiscliniilchsäure, Nachweis der 187. Fremdkörper im Magen 81. — gefühl 67 Functionsprüfung des Magens, che­ mische 128. — praktischer Werth der einzelnen Me­ thoden 212 Fundus ventriculi, Lage des 5. G. (iährungsproduete, abnorme, im Magen­ inhalt 221. -- Vorgänge im Magen 29. — — — Ucctalernährung bei 297. Cärtner'sche Fettmilch 303. Galle im Erbrochenen 64. 130. — — Mageninhalt 216. Magensaft 140. Gallenerbrechen 13.2. — farbstoffnachweis 216. — säurenaehweis 217. Gasgührung im Magen 222. Gastralgie, periodische 59. Gastritis chronica, Appetit bei 53. — — Erbrechen bei 62. Gastrodiaphanie 113 Gastroenterostomie 375. 376. Gastro faradisation 333. Gasti'ogalvanisation 334. Gastroskopie 118. Gastrostomie 376. Gastroxynsis 59. Gaumen, Inspection des 69. Gavage 305. Gefässe des Magens 12. Gasainmtacidität, Bestimmung der 161. Gesammtsalzsäure, Bestimmung der 164. Geschmack, Bedeutung für die Diagnose von Magenaffectionen 55. Geschwulstpartikel im Erbrochenen 1:50. — — Mageninhalt 238. Getränke, Einfluss von Menge und Art auf den Magen 56. Glaubersalzwässer 313. Globusgefühl 50. Glykogen 19. Guajacprobe 220. H. Hämatemesis 131. Häminprobe 220. Hämorrhoiden 66. Harn, Aceton und Aeetessigsäure im 256. — Albumen im 255. — Chloride im 250. — Fermente im 253. Ilarnindican und Indigoroth im 257. — Pepton im 255. — Phosphate im 251. - Reaction des 248. — Schwefelsäuren im 251. -- spoeifisches Gewicht des 250. — Stickstoff im 253. Harnstoff im Erbrochenen 142. Harnuntersuchung, diagnostische Bedeu­ tung der 448. llefegährung 33. — pilzc im Mageninhalt 2:53. 23.5. Heilanstalten 322. 336. Ueller'sche Blutprobe 219. Hernien. Schmerzempfindüngen am Ma­ gen bei epigastrisehen 75. Histologie des Magens 7. Höhenkurorte 322. Ilvdriatisehe Behandlung 334. Ilypermotilität 149. I. Inacidität 182. lndicanurie hei Magenerkrankungen 257. Indigoroth im Harn 257. Inguinaldrüsen, Palpation der 83. Innervation des Magens 41. Inspection der Mundhöhle 68. Zunge (59. — des Abdomens 70. — — Gaumen« und des Pharynx 69. Insufflation des Magens 102. J. «Jodkaliumprobe zur Prüfung der Re­ sorptionsfähigkeit des Magens 214. Jodoformmethode zur Prüfung der mo­ torischen Function des Magens 209. K. Kalkhaltige Wässer 320. Karlsbader Curen 313. — Salz 350. 355 Kataplasnien, heisse bei Ulcus ventri­ culi 334. Kefir 304. Klimatische Curortc 321. Kochsalz als Stomachicum 367. — wässer .'517. Körpergewicht und Diät 55. Kohlcnhydratprüfung, diagnostische Be­ deutung der 206. - Verdauung im Magen 205. Kohlensäureaufblähung des Magens 102. Kostbestininiung, specielle 279. — formen 274. - niaass bei Krankheiten des Ver­ dauungsapparats 267. 382 Sachregister. Kotherbrechen 130. — tumoren 82. Krankenuntersuchung 68. Krebszellennester im Mageninhalt 232. Kreosot als Stomachicum 370. Künstliche Nährpräparate 288. Kuniyss 304. L. Lab, quantitative Bestimmung des 29. Labenzvm 27. — Nachweis des 28. — qualitative Prüfung auf 199. — quantitative Prüfung auf 200. Labzytnogen 27. - Nachweis des 28. — Prüfung auf 200. Lactate, Darstellung behufs Milchsäure­ nachweises 186. Leguminosepräparate 290. 292. Leucin im Mageninhalt 230. 237. Luftaufblähung des Magens 103. —• füllung des Magens zur Capacitäts- bestimmung 109. Lymphdrüsen, Palpation der 83. — gefässe des Magens 13. M. Magen, active Bewegungen des 37. — Aenderungen der Pcrcussionsfigur des 90. — Anatomie des 4. — Antiseptik bei der Sondenuntersu­ chung des 97. — Auscultation des 92. — Befestigung des 6. — Bestimmung der Lage und Capacität des 106. — Bindegewebsgcrüst des 12. — chemische Fimctionsprüfung des 128. — Darminhalt im 142. — Druckempfindlichkeit des 73. — Eiweissfäulniss im 225. — Epithel des 8. — Fremdkörper im 81. — Gährungsvorgänge im 29. — Gasgährung im 222. — Gefässe des 12. — Grösse und Capacität des 6. — Histologie des 7. — Innervation des 41. — Insufflation des 102. — Kohlenhydratverdauung im 205. — Kohlensäureaufblähung des 102. — Lage des 4. — Luftaufblähung des 103. — Lymphgefässe des 13. — Nerven des 13. — Neubildungen des 79. Magen Milchsäuregährung im 33. — 'motorische Function des 206. -— Verrichtungen des 36. — Muscularis des 12. — Palpation des 71. — Percussion des 85. — Peristaltik des 36. 42. — Physiologisch-chemische Vorbemer­ kungen 14. — Resorption im 34. — Resorptionsprüfung im 214. — Rotation des 37. — Sondenuntersuchung des 94. — Speichel Wirkung im 19. — Submucosa des 12. — Tunica propria des 8. Magenatonie, Diät bei 283. —• ausspülung 337. —• bacterien 234. — blutung, vicariirende 131. •— breite, percutorische Bestimmung der 90. — carcinom, Appetit bei 53. Blut bei 260. — — Consistenz des 80. Diät bei 285. — — Erbrechen bei 63. — — Emährungsergebnisse bei 270. — — Lage und Grösse des 80. - Nährklystiere bei 297. — — operative Behandlung des 375. respiratorische Verschiebung d. 81. — — Verschieblichkeit des 80. — douche 345. — drüsen 8. — durchleuchtung 113. — electrisation, percutane 331. — erkrankungen, Acetonurie bei 256. — — Albuminurie bei 255. diätetische Kuren bei 301. diagnostische Bedeutung derBlut- untersuchung bei 259. — — electrische Therapie bei 328. — — hydriatische Behandlung bei 33.4. — — Indicanurie bei 257. — — Kostformen für 274. Nährstoffbedarf bei 269. — — operative Behandlung bei 372. Peptonurie bei 255. — — pernieiöse Anämie bei 262. — erweiterung, Appetit bei 53. — — Erbrechen bei 62. Magenausspülung bei 343. Nährklystiere bei 297. — — Schmerzen bei 58. — funetionspräfung nach chemischen Reizen 143. nach digestiven Reizen 144. nach electrischen Reizen 144. — — nach thermischen Reizen 143. — gegend, Schmerzen in der 57. Sachregister. 383 Magengeräusche 92. — grenze, Bestimmung der oberen 89. der rechten und linken 90. — — — der unteren 87. — höhe, pcrcutorischeBestimmung d. 90. — inhalt, abnorme Bestandteile des 216. — — abnorme Gährungs- und Fäulniss- processe im 221. Aceton im 225. • Aussehen 147. — — Bacillen im nüchternen 228. Blut und Eiter im 219. — — Cellulose im 231. — — chemische Untersuchung des 150. — — Darnisaft im nüchternen 141. — — Drüsenschläuche im nüchternen 227. — — Eiter im 142. — — Epithelien im 232. Fetttröpfchen und Fettsäurekry- stalle im 232. — — Galle und Darmsaft im 216. Geruch des 150. — — Geschwulstpartikel im 238. Hefepilze im 233. 235. Leucin im 230. 237. — — Magensaft im nüchternen 139. — — makroskopische Untersuchung des 147. Menge des 148. — — mikroskopische Untersuchung des 226. — — mikroskopische Untersuchung nach Nahrungsaufnahme 230. — — Muskelfasern im 231. Pflanzenzellen im 231. — — phosphorsaure Aninioniakmag- nesia im 237. — — Reaction 152 — — Sarcina ventriculi im 235. — — Schleinihautfiagniente im 238. — — Schleim u.Eiterkörperchen im 232. — — — und Speichel im 216. — — Schnecken- u. Spirallzellen im 232. — — Schwefelwasserstoff im 224. — — Spaltpilze im 233. — — Speiche] und Schleim im nüch­ ternen 140. — — Speisereste im nüchternen 139. — — Spiralzellen im nüchternen 226. — — Tyrosin im 230. 237. — — Untersuchung auf Eiweisskörper 202. — — — des nüchtern gewonnenen 138. — inhaltsprüfung 147. — — Untersuchung, übersichtlicher Gang der 246. — — gewinnung durch Ballonaspira- toren 136. — — — — die Magenpumpe 135. — — — — Expression 138. Mageninhaltsgewinnung durch Flaschen­ asp iratoren 136. — neurosen, Druckbezirke bei 76. — muskulatur, Prüfung des Tonus der 88. — pumpe 342. — saft 21. Blut im 141. Galle im 140. im nüchternen Magen 139. — — Salzsäuregehalt des 21. — — secretion, Prüfung der 133. — schmerz, circuniscripterchronischer74. diffuser 74. — secret, mikroskopische Untersuchung des nüchternen 226. — sonde, Form u. Beschaffenheit der 97. —• sondirung, Indicationen und Contra- indicationen der 100. Technik der 98. — Verdauung, Einwirkung des Spei­ chels auf die 20. — wand, Adhäsionen der 82. Magnesia animonio-phosphorica 354. — usta 354. Maltose 18. Malzdiastase 357. Massage 324. Mastkur 304. Megastrie 91. Mehlpulver 290. 292. Meissner'seher Plexus 13. Mervcisnius 61. Metliylviolett 155. Micrococcen im nüchternen Magen­ inhalt 228. Mikroskopische Untersuchung des Ma­ geninhalts 226. 230. Mikroskopischer Nachweis von Blut im Mageninhalt 21t). Milchkuren 301. — ernährung, verschiedenes Verhalten Erwachsener gegen die 271. — säure 183. — — quantitative Bestimmung der 189. — — Reaction auf 183». — —• bestimmung, praktischer Werth der einzelnen Methoden der 192. — — gährung 30 — — — im Magen 33. — •— nachweis, diagnostische Bedeu­ tung 192. — durch Darstellung ihrer Salez 186. — nach Boas 187. — — — nach Hoffmannu.Vollhardtl86. — — reaction nach Uffelniann 183. — — Untersuchung, Cautelcn bei derl91. Mineralwässer, Eintheilung der 309. Moorbäder 320. — kataplasmen 321. Motilitätsstörungen, Diät bei 282. 384 Sachregister. Motorische Verrichtungen des Magens 36. — Schwäche, Ursachen der 212. Mucin im Speichel 16. Mundhöhle, Inspection der 68. — speichel 15. — — Farbenreactionen des 127. — — Fernientgehalt des 126. - — Reaction des 125. — — Rhodangehalt des 127. — — Untersuchung des 125. Muscularis des Magens 12. Muskelfasern im Mageninhalt 231. Myasthenie, Schmerzen bei 58. N. Nährklystiere 293. — präparate, künstliche 28s. Nährstoffbedarf 2(58. Natriumbicarbonat 354. Nerven des Magens 13. Nervöse Dyspepsie, Diät bei 2*7. - Magenaffectionen, Appetit bei 54. Nervöses Erbrechen, Diät bei 287. Neubildungen des Magens 79. Norniallösungen 162. O. Oelmcthode zur Prüfung der motorischen Function des Magens 209. Oesophagismus 56. Operative Behandlung bei Magenkrank­ heiten 372. Orexin 370. Organische Säuren im Magen 183. Orthopädische Behandlung 336. P. Palpati on der Lymphdrüsen 83. — des Magens 71. Pancreassaft im Erbrochenen 64. Pancreatin 360. Papain 362. Papayotin 362. Parasiten im Erbrochen 130. Stuhl 66. Parorexie 53. Pepsin 23. 196. 358. — qualitative Bestimmung 196. — quantitative Besitmniung 26 196. Pepsinogen 23. 196. Pepsinproben 196. Peptische Fermente im Harn 253. Peptone 23. — Reactionen auf 24. Peptonpräparate 288. Peptonurie bei Magenerkrankungen 255. Percussion des .Magens 85. Percussionsfigur des Magens, Acnde- I rangen der 90. Perigastritis 74. : Peristaltik des Magens 36. 42. Peristaltische Unruhe (57. 70. Peristole 36. | Perniciöse Anämie bei Magenerkran- ; klingen 2(52. Pflanzenfarbstoffe 157. — zellen im Mageninhalt 231. Pharynx, Inspection des 69. Phloroglucin-Vanillin l.">7. Phosphate des Harns 251. Physiologisch-chemische Vorbemerkun­ gen 14. Plätschergeräusch 83. Playfair-Cur 304. Polyphagie 53. Probeabendessen von Boas 207. — frühstück von Ewald und Boas 145. — — Jaworski 146. Klemperer 145. — zur Prüfung der motorischen Function des Magens 207. - mahlzeit von v. Leube 207. - Riegel 145. - — (.erniain See 146. Propepton 203. Ptyalin 16. 357. Pt'valismus 307. Ptyalose 18. Pvloroplastik 375. Pylorus, Lage des 4. — driisen 11. — stenose, Diät bei 282. Operative Behandlung 374. Pyrosis 59. R. Rahm 30: i. Reaction auf Albuniosen 24. - freie Salzsäure 154. Peptone 24. I — des Mageninhalts 152. i — Solera'sche 16. Reactionen auf Milchsäure 183. Reagens, Boas'sches 158. Günzburg'sehes 157. Rectalernährungbei(b'ihrungs\'oigängen im Magen 297. Ulcus ventriculi 298. Regurgitation 61. Resorcinprobe 158. Resorption im Magen 34. Resorptionsfähigkeit des Magens, Prü­ fung der 214. — Störungen, Diät bei 286. Respiratorische Verschiebung von Ma- I gentumoren 81. Rhodangehalt des Mundspeichels 127 Sachregister. 38 f) Rhodankalium im Mundspeichel 16. Röntgenstrahlen, Anwendung in der Diagnostik der Magenkrankheiten 122. Rotation des Magens 37. Elimination 61. 310. he 312. auf die Speichel- 160. und s. Säuerlinge, alkalische — alkalisch-muriatisi Säuren, Einwirkung diastase 19. — freie und gebundene 152. — organische, im Magen 183. — therapeutische Verwendung 347. Salolmethode zur Prüfung der nioto rischen Function des Magens 208. Salpetrige Säuren im Speichel 16. Salzsäure, Bestimmung der freien 177 — — — gebundenen 179 — quantitative Bestimmung der — Reaction auf freie 154 — therapeutische Wirkung ,"547. — Wirkung auf die Verdauung : Salzsäurebestimniung nach ('ahn v. Mering 164. — — Hehner-Seeniann 164. -- — Hayem und Winter 17t. — — Hoifmann 178. Leo 169 Lüttke 172. — — v. Mierzvnski 175. Mintz 177. — — Monier und Boas — — v. Moracewski 17< — — Sjöquist 166. Töpfer 174. — praktischer Werth Methoden 180. Salzsäuregehalt des Magensaftes 2 — nachweis, diagnost. Bedeutung — proben, praktischer Werth der Sarcina ventriculi 235. Schleim im Erbrochenen 64. 130. Mageninhalt 216. 232. \: der einzelnen ISO. 158. — nüchternen Mageninhalt 140. Stuhl 65. Schleimdrüsen des Magens 11. Schleiinerbrechen 132. Schleimhautfragniente im Mageninhalt 238. Schleimhautpartikel im Erbrochenen 130. Schluckgeräusche 92. Schmerz, circumscripter chronischer des Magens 74. Schmerzen bei der Defäcation 66. — — Magendilatationen 5x. — bei Myasthenie 58. Ulcus ventriculi 58. — — und duodeni 74 — beim Schlucken öd. Schmerzen in der Magengegend 57. Schmerzhaftigkeit, diffuse des Magens 74. Schmerzeiiipfindung am Magen bei epi- gastrisclien Hernien 75. Sclineckenzellen 226. — im Mageninhalt 232. Schwefelsäure im Harn 251. Schwefelwasserstoff im Mageninhalt224. Secretionsstörungen, Diät bei 283. Seebäder 322. Sensorielle Störungen, Diät bei 286. Solera'sche Reaction 16. Sondenpalpation 94. — Untersuchung des Magens 94. Soolbäder 320. Spaltpilze im Mageninhalt 233. Specfroskopiseher Nachweis von Blut im Mageninhalt 219. Speichel 15. - Einwirkung auf die Magenverdau-20. 130. 19 — im Erbrochenen 64. — — Mageninhalt 216 — — nüchternen Mageninhalt 140. Speicheldiastase 16. — Einwirkung von Säuren auf die Spcichelwirkung im Magen 19. Speisereste im Erbrochenen 128. - nüchternen Magen 139. Spiralzellcn 226. — im Mageninhalt 232. Stickstoff im Harn 253. Stoff Wechseluntersuchungen 287. Stomachica 306. Stuhl, Aussehen, Farbe u. Geruch d. Cu). — Blut im 65. — Eiter im 66. — Parasiten im 06. — Schleim im 65. Stuhlentleerung, Bedeutung des Verhal­ tens für die Diagnose (54. Subacidität 182. Subniucosa des Magens 12. Succussionsgeräusch 93. Superaeidität 182. — Diät bei 283. — Erbrechen bei 63. Supraclaviculardrüsen, Palpation der 83. Suralimentation 306. Svntonin 203. Takadiastase 357. Therapie, allgemeine 265. Traubeneuren 307. Tropaeolin 156. Trvpsinnachwcis 218. Tunica propria des Magens 8. Tyrosin im Mageninhalt 230. 237. Boas, Allg. Diagnostik u. Therapie d. Magenkrankheiten. 4. Aull. •2ö 386 Sachregister. U. Uebelkeit 61 rebercrnährung 306. Ulcus ventriculi, Appetit bei .">4. — — Blut bei 260. - — Diät bei 284. - Druckbezirke bei 7U - — Erbrechen bei 02. — — Kataplasmenbehandlung 334. — — Kostformen für 274 — — operative Behandlung 377. — — Rectalernährung bei 298. — — Schmerzen bei 58. — — et duodeni, Schmerz bei 74. Fntcrsucluingsniethodcn, chemische 125 V. Verdauungsproben 196. Vicariirende Magenblutung 131. Vollsein, Gefühl von 57. Vomitus matutinus 131. W. Wasserfüllung des Magens 106. Weir Mitchell-Kur 304. Z. Zunge, Aussehen u. Verhalten der 69. Namenregister Abele 215. Abelous 228. 234. Abraham 258. Albrecht 362. Alison 255. 256. Almen 220. Anderson 298. v. Anrep 34. 35. Arthus 28. B. Bäklin 134. Bamberger 262. Bardenheuer 336. Bürdet 329. de Bary 233. Bauer 293. 294. 307. Baum 37. Baumann 176. 252 Beaumont 21. 37. 38. Becher 350. Benderskv 254. 255. Beneke 106. 286. Bernard 368. Berthelot 186. Bctz 37. 224. Bialocour 31. Bidder 16. Biedert 2*8. Bienstock 229. Biermer 258 Biernacki 21. 252 Bikfalvi 368. Billroth 372. Binet 310. Bircher 375. Black 34. Blanchier 29. Blass 161. Bleibtreu 268. Blum 153. 179. Boas 17. 19. 27. 28. 29. 34. 53. 59. 95. 114. 121. 132. 138. 140. 141. 115. 153. 155. 156. 157. 158. 159. 159. 167. K58. 177. 187. 191. 19.'i 201. 207. 215. 222. 225. 252. 254. 279. 328. 341. Bocci 144. Böttieher 153. B< ihland 268. Bokai 364 Bongers 29. Bonnet 9. 10. 12. Bouchut 362. Bourget 167. Bouveret 156. 251. Brandl 35. Braun 165. Breisacher 269. Breusing 254. Brieger' 226. Brinton 38. 79. 106. 368. Brock 333. Brown 17. 18. Brück 113. Brücke 17. 26. 42. 140. 253. Brunner 208. 254. Buchheim 3(54. 108. Buchner 368 Bunge 22. 181. Burchardi 209 Burkart 333. Burkhart 304. Cahn 13,2. 164. 181. 194. 348. 367. Caron 333. Cazenave 113. Chittenden 16. 19. 24. Cohn 31. 33. Cohnheim 227. 243. 245. Contejean 10. Corvisart 358. Crämer 135. Cseri 325. Curchod 307. Cyrniaiiski 138. Czennak 113. Czernv 294. D. Daland 260. Danisch 104. Dapper 309. 318. Dauber 225. Debove 306. Decker 208. van Deen 220. Dehio 88. Deiters 289. Devoto 204. 261. Donders 8. Donkin 298. Drechsel 217. Drosdorff 36. Dujardin -Beauinetz 253. 307. 339. E. Ebstein 10. 79. 104. 135. Eckervogt 304. Edinger 9. 10. 133. Edkins 23. Ehrenberg 226. Eichenberg 347. Eichhorst 71. 86. 87. 237. 293. 294. Einhorn 113. 114. 116. 134. 175. 2:59. 285. 288. 326. 329. 330. 331. 332. 333. 346. v. Eiseisberg 378. Ellenbergei- 19. Emminghaus 224. Engel 364. Engcsser 360. Epstein 114. Erb 330. Eulenburg 362. Eves 19. 25* 3SS Namenregister. Ewald 6. 19. 60. 92. 97. 9.S. 103,. 136. U58. 145. 155. 186. 20S 224 232 258. 294. 295. 306. 3.14. 330 331. 347. F. Faber 214 Falk 22. _ Falkenheim 236 Favizky 168. Fcnwick 127. 238 2(52. Finkler 362. Fischcl 255. Fite 358 Fitz 31. Fleiner 13,5. 146. 297. 339. 340. 246. Fleischer 108. 184. 209 Flügge 31. 32. Fonssagrives 113. Förster 181. 3,(57. Fränkel 10. Frank 22. Frerichs 34. 102. 125. 367. 3,68. Friedenwald 358. Friedheim 170. Friedlich 23«. Friedreich 224. Fürbringer 136. G. Gültig 251. Gärtner 303. Gans 254. Gehrig 253. 254. Geigel 161. Georges 156. 359. Gerhardt 113. 130. Gillepsie 234. Ghizinski 250. 369. (Jorges 24*. Goldbaum 3,2*. 329. 333,. Goldschmidt 144. 211. 328. 329 3,33. (Josse 368. Grande 20s. Grawitz 26o. (Jriswold 19. Grote 363. Grünewald 21. Grützner 10. 26. 197. 253 254. Gabler 251. Günzburg 133. 157. 158. H. Haas 185. Habennann 237. Häberlin 214. 257. 259. 260. Hahn 378 Hamburger lo. 17. 22 Ilaminarsten 19. 27. Hamnierschlag 121. 193. 198 201. 261. Häri 157. 165. 175. Harnack 35. 350. Härtung 201. Ilassmann 261. Hausmann 3()7. Havem 171. Helmer 164. HeidenliainS. 9 10. 3,6.218. [leinecke 375. van Helniont 3,8. Heule 106. Henne 13,4. llenrv 262. rileritier 125. 127. lleron 17. 18. Heiter 252. Kernig 114. 115. Herz 13,2. Herzen 23. Ilerzfeld 17. 55. llevnsius 25. Hirsch 38. 42. 3,63,. Hirschfeld 31. 26s Hlasiwctz 237. Hochhaus 132. v. Hösslin 153. Hoffa 326. Hoff mann 13,9. 144. 170. 172. 178. 186. 23,0. 254. 329. Hofmeister 19. 36. 38 41. 255. Holovtschiner 254. Honigmann 13,2 164 174. Iloppe-Seyler 3,6. 195. 218. 222 224 ''52 Huber 208. 209. 294. 295. Hübner 126. 249. Hueppe 30. 31. Hugonneng 359. Hyrtl 7. I. Immermann 262. J. Jaccoud 295. Jacobsohn 114. 115. 116. v. Jakseh 152. 154. 157. 164. 194. 225. 254. 255. 256. 260 284. Jawein 125. Jaworski (55. 107. 109. 138. 143. 146. 197. 221. 226. 250. 303. 310. 313. 314. 348. 351. 353. 355. 364. Johannessen 189. Johnson 27. Jones 248. de Jong 189. Jürgensen 284. 356. Jukcs 9. K. Kandidoff 29. Kareil 301. Karewski 378 Käst 22. 252. Katz 168. Katzenellenbogen 79. Kaufmann 23,4. 307. Kaulisch 256. Kelling 110. 114. 116. 117. 119. 121 184 185. 189. Kirmisson 253. Kisch 311. 321. Kjeldahl 198. Klemensiewicz 5. 10. Klemperer 27. 28. 126. 145. 264. 209. 253. 268. 270. 271. 290. 301. 369. 370. Klikowicz 367. 368. Klug 10. Knauthe 307. Kotiert 364. Koch 22. Köttnitz 255. Korezvnski 221. Kossler 172. 174 179. Kraus 309. 316. Krause 9. Kretschy 368. Kronfehl 371. Krukenberg 156. 160. 304. Küchenmeister 131. Kühne 24. 25 Külz 17. Kulm 222. 223. 224. 289. Kumagava 268. Kupffer 9. 11. Kurloff 22 Kussmaul 1. 70. 93. 106. 135. 3,29. 330. 340. 342. 345. Kutner 97. 114. 115. 116. 117. 131. Kypke 209. L. Laache 260. Laborde 155. Lahmann 304. Laker 94 Landau 336. Landerer 377. Namenregister. 389 Landwehr 140. Langerhans 114. 116. Langley 19. 22. 23. Lannois 155. Latschenberger 294. Laudcnheimer 251. Lazarowicz 113. Lebert 79. Lehmann 367. Leichtenstcrn 85. 132. 260. 262 Leineweber 29. Leiter 118. Lenioine 352. .'553. Leo 27. 28. 77. 153. 167. 169. 170. 194. 199. 253,. 254. 255 3,58. Lepine 59 155. 260 Lesshaft 3,7. v. Leube 1. 60. 72. 81. 94. 135. 143 165 197. 206. 207 212 274. 276. 282. 294. 315. 329. 3,32. 334. 336. 312. 3,48. 377. Lewaschew 310. v. Leyden 59. 270. 307. Lindemann 123. Linossier 352. 353». Litten 238. 256. Lorenz 225. 256. 257. Loreta 375. Lovcn 13. Loye 144. Lubarsch 23,8. 243. 246. Lublinski 131. Ludwig 144. 350. v. Ludwig 309. Lüderitz 328. Lüttke 34. 156. 158. 1(59. 172. 173. 178. 193 Luschka 5. 106. Luton 79. Macfadven 22. Maier 213. Maixner 255. 256. Malassez 260. Malbranc 13,5 345. Malv 155. 165. 181. 248. Mannkopf 102. Marfan 134. Martins 34. 114 139 152. 156. 158. 169. 172. 178. 192. 285. Mathieu 148. 156. 210. Maurer 209. Mavdl 378. Meiner! 114. 116. Meltzer 92. 328. Meltzing 114. 116. v Mering 17. 35. 39. 164. 194. 215. 219. 293. Mesehede 310. du Mesnil 347. 352. 353,. Moster 252. Mierzynski 175. Mikulicz 118. 119. 122 3,72 375. 2,77. Miller 15. 22. 29. 3,0. 35. C>^. 123. 203. 206. 223,. Milliot 112,. Minkowski 105. 234. Mintz 172. 177. 349. Mitchell 304. Monier 177. v Moracewski 176. Moritz 3,5. 2,7. 39. 41. 153,. 223,. Müller 65. 213. 218. 251. 252 253,. 255 259. 270. 271. 301. Munk 3,6. 269. Musculus 17. Melius 217. N. Naegeli 32. Nasse 18. 3,10. Mc Naught 59. 222 224. Naunvn 230 Neubauer 108. Noumeister 24. 25. Nencki 29. v Noorden 164. 251. 252. 255. 269. 286. 289. 308. 309. Nothnagel 65 262 Nylon 19. o. Obrastzow 89. Ggata 29. 286. 368. v. Openehowski 3,9. 41. Oppenheimer 259. 260. Oppler 198. 201. 234 236. 288. Oppolzer 127. Oser 40. 41. 98. 103. 118. Osler 262. Ost 106. 110. Osterspey 260. 262. P. Pacanowski 88. 89. 90. 102. Pages 28. Pal 208. Palm 189. Pariser 114. 239. Pasteur 30. 33. Patella 253,. Pean 123. 372. Peckolt 3,62. Peiper 261. 307. Penzoldt 88. 185. 214. 225. 274. 276. 282. 326. 329. 3,4(5. 366. 37o. 371. 373. Petit 367. Retters 256. Fever 53. Pfeiffer 367. Pflüger 268. v. Pfungen 42. 153. 169 Pick 13,9. PhllTV 88. Piria*230. Plavfair 304. Podwvssotzki 23. Poch 123. Popoff 224. Potain 2(50. Prazniowski 31. Prevost 310. Q. Quetsch 214. Quincke 106. 131. 248. 249. 262. 332,. R. Ramm 364. Ratjen 300. Raudnitz 27. Raw 123. Reale 208. Rees 248. Regnard 144. Reiche 132. Reichmann 114. 115. 139. 146. 149. 348. 352 353 361. 364. 365. 367. 368. Reid 123. Reineboth 238. Reinert 259. 260. 262. Remond 59. 148. Renvers 114. 116. Riebet 186. 368. Riegel 76. 132. 145. 146. 153. 223,. 296. 303. 341. 347. 3,48. 349. Ringstedt 249. Robert 248. Roberts 2,67. 368. Robin 250 251. Robitschek 255. 256. Rochefontaine 29. Röhrig 310. Röntgen 122. Rössier 298. 390 Namenregister. Rollet 8. 9. Ronnnelaire 253,. Rosenbach 104. 107. 112. 127. 217. 23,8. 3,57. Rosenberg 254. Rosenheim 119. 120. 121 122. 140. 152. 174. 177 180. 181. 222. 269 332 333. 345 Rosenthal 28. 127. 250 33,2. 334. 33,6. 3,40. Rosin 139. 257. Rossbach 39. 40. 59. 328 362. Rossi 329. Kühner 268. Runeberg 103. Rutherford 310. S. Sachs 9. 10. Saldi 134. 253. Salkowski 152. 218 252 Samojloff 27 Sandberg 314. Sansoni 172. Savclicff 225. Schäffer 153. Schcllhaas 368. Schenk 217. Scheurlen 29. Schleich 241. Schlesinger 125. 234. Seh maltz 261. Schmidt 16. 21. 243. 326. 367. Sclmiilinsky 95. Schneider 260. Schneyer 261. Schön bein 16. Schreiber 82. 139. 140. Schule 139. 284. 347. 3,52. 353. 367 368. Schüren 106. Schütz 27. 38. 41. 97. 303. Schuld 21. Schnitze 224. Schumburg 27. Schwartz 114 See 146. Seemann 165. Sehrwald 10. Semmola 332. Senator 131. 224. Sievers 208. Silberstein 209. Sittmann 3,62 363. Sjöquist 166. 168. 1(59. 174. ' 179. Smith 34 35. Soemmering 106. Sörcnsen 260. v. Sohlern 283. 284. 318. Soxhlet 18. Späth 133. Spitzer 3,14. Stadelmann 253,. 254. 310. Stadel er 23,0. Stein 208. 248. Stekhoven 364. Sticker 16. 21. 59. 12(5. 214. 249. 250. Stiller 104. Stintzing 10. 11. 242. Stöhr 8 9. 10 Störk 113. Strauer 261. Strauss 22. 31. 148. 157. 174 175. 184. 222. 224. 234. 238. Stroh 250. Strümpell 93. Stutzer 292. v. Swiecicki 10. T. Tadler 260. Talma 146. 349. Tappeincr 34. 35. Tcllcring 227. Thiriar 253. Thorspeckler 93. Töpfer 157. 174. Trzehinski 26. 2'.». 201. Tscheizoff 364. U. Uffclmann 157. 183. 281. Ullmann 375 V. Vagedes 59. Vaughan 226. van den Veldcn 19. 20. 155. 252. Vignal 310. Völker 289. Vogel 17. v. Voit 267. 268. 293. 294. Yolhard 172. Vollhardt 186. Voltolini 113 Wagner 22. 89. 170. 172. Waidenburg 224. Wasbutzki 252. de Wattevillc 33,0 Weber 144. 218 219. 220. Wegele 123. 297. 329 Weil 86. Weiss 3,04. Wenz 24. Werther 359. Wesener 22. van der Wevdc 114. White 123. Wiener 176. Wilkes 104. Williams 93. Winter 171. Winternitz 335. Wolbcrg 367 Wolff 214. 3,17. 349. 355. 3,5(5. 3,64. 365. 367. 368. 369. Wolffhardt 369. Wotitzkv 208. 209. Wright '127. Wullstein 123. Wunderlich 127. Wurster 230. Wurtz 22. 3,62. Wyniann 342. Z Zabludowski 324. 325. 326. 327. | Zawadzki 224. Ziemke 252. v. Ziemssen 102 104. 135. 144. 328. 329. 330. 331. Zweifel 214. 215. Druck von Martin Oldenbourg, Berlin C, Adler - Strasse 5. IVTedicmi.scher Verlag* von Greorg- T h i e m e in Leipzig-. Der II. Theil des vorliegenden Werkes enthält: Specielle Diagnostik und Therapie der Magenkrankheiten. Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft bearbeitet von Dr. I. Boas, Specialarzt für Magen- und Darmkrankhoiton in Berlin. .'I.Auflage. Mit s Holzschnitten. — 8 Mark, geb. 9 Mark. Der Verbrecher in anthropologischer Beziehung von Geh. San.-Rath Dr. A. Baer, Oberarzt am Strafgefängniss in Plötzensee. Mit 4 lithographischen Tafeln und 18 Tabellen. — 15 Mark. Einführung' in die Psychiatrie mit specieller Berücksichtigung der Differentialdiagnosc der einzelnen Geisteskrankheiten von TDr. Th. Becker. 1 Mark 60 Pf. Die Bekämpfung der Infectionskrankheiten. Herausgegeben von Geh. Rath Prof. Dr. Behring-. Hygienischer Theil von Oberingenieur Brix in Wiesbaden, Professor Dr. Pfuhl in Berlin und Hafenarzt Dr. Nocht in Hamburg. Mit 14 Abbildungen und 3 Tafeln. 12 Mark. — Geb. 13 Mark. Physiologie der Bewegungen nach elektrischen Yersucheu und klinischen Beobachtungen mit Anwendungen auf das Studium der Lähmungen und Entstellungen von G. B. Duchenne. Aus dem Französischen übersetzt von Prof. Dr. 0. Wernicke. Mit 100 Abbildungen. — 12 Mark. Medicinischer Verlag« von G e o r g T h i e m e in Leipzig". Grundriss der gerichtlichen Medicin für Aerzte und Juristen. Mit besonderer Berücksichtigung der einschlägigen Reichsgerichtsentscheidungen von Dr. R. Gottschalck, Königl. Kreisphysikus. Gebunden 5 Mark Einführung in das Studium der Bacteriologie. Mit besonderer Berücksichtigung der mikroskopischen Technik. Für Aerzte und Studirende bearbeitet von Dr. med. Carl Günther. Mit 90 Photogrammen. 5. Auflage, ca. 12 Mark, geb. ca. 13 Mark 50 Pf. Grundriss der Physik für Medianer und Pharmaceuten zum Selbststudium von 'I **. p, Dr. Walter Guttmann. > $T Mit 114 Abbildungen. — 3 Mark. Einführung in die Augenheilkunde von Geh.-Rath Dr. J. Hirsehbergr, a. o. Professor an der Universität Berlin. Erste Hälfte. - - Mit 112 Holzschnitten. — S Mark. Lehrbuch der Ohrenheilkunde Tür Aerzte und Studirende von Dr. L. Jacobson, Privat-Docent an der Universität Berlin. Mit 318 Abbildungen auf 20 Tafeln. 2. Auflage. — Gebunden ca. 13 Mark. lehr buch der Haut- und Geschlechtskrankheiten für Aerzte und Studirende von Dr. Max Joseph in Berlin. Theil I: Hautkrankheiten Mit 33 Abbildungen und 3 Photoeraviirmi •> 1..11« noiogiavuien. - 2. Aullage. - Broschirt G Mark. Gebunden 7 Mark. ihcii li: Gesehleehtskrankheilpn Mit 29 Abbildungen und 1 farbigen Tafel _ 2 Aufl.™ R . } ' fc ale1, ^.Auflage. - Brosohirt 6 Mark. Gebunden 7 Mark.   ORIENTAÇÕES PARA O USO Esta é uma cópia digital de um documento (ou parte dele) que pertence a um dos acervos que fazem parte da Biblioteca Digital de Obras Raras e Especiais da USP. Trata-se de uma referência a um documento original. 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